Mit dem Zug über den Wolkenpass nach Da Nang

Es gibt unzählige Berichte über diesen legendären Abschnitt zwischen Hue, der alten Kaiserstadt nördlich vom Wolkenpass, und Da Nang südlich davon. Hier ist die geografische Trennlinie zwischen den beiden Landesteilen Nord- und Südvietnam, die zeitweilig auch zwei Staaten waren. Der Pass verläuft über einen knapp 500 Meter hohen Ausläufer der Truong-Son-Berge und bildet eine Wetterscheide, so dass die kühlen Wolkenmassen zumeist bei Hue abregnen und das 30 Kilometer entfernte Da Nang bedeutend besseres Wetter hat.

Für uns ist es sozusagen das Finale einer fünfzehnstündigen Zugfahrt von Hanoi nach Da Nang, wieder im Schlafwagen des Laman Express, dessen Dienste wir schon mehrfach in Anspruch genommen haben. Dieses Mal haben wir uns ein VIP-Abteil mit zwei Betten gegönnt, was definitiv eine gute Idee war. Sehr freundlicher Empfang, guter Service mit Getränken und Frühstück … Auch Toiletten und Waschmöglichkeit tadellos. Einzig die Klimaanlage scheint nicht richtig zu funktionieren. Da muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes warm anziehen!

Alles bestens im Abteil …
… nur die Klimaanlage kühlt auf gefühlte 12 Grad 😱.

Wenn sich der Zug den Berg hochquält, wird man schon ziemlich durchgeschüttelt. Immer wieder meint man, dass die Lokomotive es wohl nicht schafft, aber dann rumpelt die Bahn doch weiter. Wir haben Blick Richtung Küste. In aller Regel schaut man ins Grüne, hin und wieder sieht man die Felsküste, hier und da sogar einen Sandstrand.

Gegen Ende wird die Strecke etwas freier.
So ist das Fahrgefühl.
Da Nang in Sicht!
In Da Nang mit Gepäck noch rasch über die Schienen hüpfen und schon ist man da.

Die Fahrt ist auf jeden Fall ein Erlebnis. Als Alternative bietet sich eine (geführte)! Passüberquerung mit dem Motorrad oder -roller an. Was nicht ganz ungefährlich, aber insbesondere bei jungen Travellern sehr beliebt ist.

Wasserpuppentheater

Die Kunstform des Wasserpuppenspiels gibt es nur in Vietnam und ist mindestens 1.000 Jahre alt. Dabei werden in der Regel Szenen aus dem (reisbäuerlichen) Alltag wie das Pflanzen von Reis oder der Fischfang dargestellt. Das Schauspiel wird musikalisch begleitet von einem kleinen Orchester, das den Figuren auch ihre Stimmen leiht. Die Puppen werden an Stangen von Spielern bewegt, die hinter einem Bambusvorhang im Wasser stehen.

Wir haben in der Nähe von Hanoi eine Vorstellung besucht, die wir insgesamt interessant fanden, aber uns wohl auch nicht öfter anschauen würden. Der Gesang wirkte auf uns gewöhnungsbedürftig.

Zum Auftakt eine Gesangsdarbietung vom Boot aus.
So hört es sich an.
Tanz der Hühner
Reisbauern beim Pflanzen

Hier noch eine kurze Live-Kostprobe:

Diese Damen in langen Gummihosen sorgen für die Action auf dem Wasser.

Trekkingtour bei Sapa

Die Gastgeberin unseres Homestays, Lucie, hat auch Wandertouren in die nähere Umgebung im Angebot. Ein Telefonanruf, und schon eine Stunde später stellt sie uns ihre Tanze Mha vor, die auch zur ethnischen Minderheit der Hmong gehört. Dieses Bergvolk ist eher etwas kleinwüchsig, die Frauen erkennt man an der dunklen, mit Indigo gefärbten Kleidung. Mha wirkt sehr freundlich auf uns, und nachdem wir uns an ihre etwas eigentümliche Aussprache und Grammatik des Englischen gewöhnt haben, klappt es mit der Kommunikation recht gut.
Mha hat einen Mann und zwei Söhne, die ebenfalls im Dorf wohnen. Sie hat auch drei Töchter, von denen eine ebenfalls als Trekkingguide tätig ist.Sie nimmt uns gleich mit in ihr Haus und zeigt uns, wie sie lebt. Ihr „Haus“ ist sehr einfach. Es besteht im Prinzip aus einem Raum, der durch eine halbe Seitenwand unterteilt ist. Nach oben hin sehen wir in einer Ecke einen Dachboden, wo ein Geräte und Reis aufbewahrt werden. Die Kleidung der Hausbewohner – meist nur wenige Teile – wird zumeist im Freien, unter Dachvorsprüngen, aufbewahrt. Das hält sie so trocken es geht bei der vorherrschenden hohen Luftfeuchtigkeit.
Die Menschen in Mhas Dorf leben in erster Linie vom Reisanbau, Wasserbüffelaufzucht und Tourismus. Wenn jemand ein paar Brocken Englisch kann, eröffnen sich neue Möglichkeiten, zusätzliches Einkommen zu generieren.

Blick vom Hauseingang in die Nachbarschaft
Der Reis wird hier oben trocken gelagert.

Mha demonstriert uns detailliert ihre in mehreren Schichten anzulegende Kleidung, die sie selbst hergestellt hat.

Danach geht’s los auf eine etwa 15 Kilometer lange Strecke: über mehr schlecht als recht betonierte Pfade, oft sehr steil bergauf und -ab, wo uns auch mal ein Moped entgegenkommt. Durch die Reisfelder, an kleineren Siedlungen und einzelnen Gehöften vorbei, über Flüsse und durch Bambuswälder. Bei letzteren ist immer Moskito-Alarm – gut, dass wir unser Spray von einer Australienreise im Rucksack haben. Die sattgrüne Landschaft beeindruckt uns sehr. Aber auch Mhas Fitness. Scheinbar mühelos geht sie steile Anhöhen hoch, balanciert über Mauern, springt im Fluss von Stein zu Stein, ohne ein einziges Mal ab- oder auszurutschen. Und natürlich freuen wir uns sehr, als sie uns bestätigt, dass wir ebenfalls gut zu Fuß unterwegs sind. Dennoch sind wir froh, als wir schließlich nach drei Vierteln der Strecke zum Lunch einkehren können. Hier ein paar Eindrücke:

Immer trittsicher unterwegs …
… und wir immer hinterher.
Etwas Dunst ist in dieser Region normal.
Auch gerne mal rutschig und schlammig.
Harte Arbeit auf den Reisfeldern.
Da muss man sich etwas einfallen lassen!
Zum Beispiel übers Mäuerchen gehen 😊.
Landschaft zum Träumen
Fachsimpeln über Reis …
… und andere Pflanzen😉.
Wieder gut im Homestay angekommen.

Homestay im Hmong House bei Sapa

Nach der etwa anderthalbstündigen Anfahrt von Lao Cai aus wuchs die Spannung, was für eine Unterkunft wir denn nun erwarten konnten. Zumal uns bereits während der Fahrt und vor allem bei unserem Fußmarsch zum Hmong House deutlich wurde, wie arm hier viele Menschen sind. Der Name der Unterkunft war für uns sozusagen Programm: Wir wollten bei unserem Trekking-Vorhaben möglichst viel Kontakt zu diesen Menschen bekommen, die zu den im Norden Vietnams lebenden ethnischen Minderheiten gehören. Und das Hmong House ist ein Familienbetrieb, bei dem man auch die Mahlzeiten gemeinsam einnimmt.

Die Unterkunft bietet sowohl Doppelzimmer als auch kleine freistehende Ein-Raum-Bungalows mit eigenem Bad und Balkon an. Wir hatten uns für Letzteres entschieden.

Das Hmong House liegt mitten in der Natur, mit Blick auf die Reisterrassen und einen Fluss. Herrlich!

Der Fußweg zum Haus

Hier das Haupthaus von außen:

Und so sieht das Haupthaus von innen aus:

Unser Bungalow im Grünen 😊:

Also, ein sehr schönes Ambiente für die drei Tage.

Herz und Seele des Hmong House ist unsere Gastgeberin Sue, die mit einem offenen Wesen und großem Kommunikationstalent ausgestattet ist, Mitte/Ende 30. Als wir ihr eine Anfrage unseres vietnamesischen Kommunikationsanbieters hinhalten und sie um eine Übersetzung bitten, sagt sie uns mit einem goldenen Lächeln, dass sie uns leider nicht helfen könne. Weil sie noch nie in ihrem Leben eine Schule von innen gesehen habe und deshalb auch nicht lesen oder schreiben könne. Und trotzdem schmeißt sie den Laden! Schreibt ihren Gästen Mails und organisiert die Buchungen über Buchungsplattformen wie Booking.com (dazu nutzt sie sprachgeführte Übersetzungsprogramme). Englisch hat sie nur übers Hören und praktisches Üben gelernt. Sie hat mit 14 geheiratet und mit 16 ihr erstes, mit 16 ihr zweites Kind bekommen. Ihre Kinder sind die Woche über bei ihren Eltern.

Diverse Familienmitglieder teilen sich die Aufgaben im Homestay: Ein Bruder fährt Taxi, eine Tante macht als Guide Trekkingtouren durch die Reisfelder, einige Cousinen kochen und putzen usw.

Was auffällt: Die Frauen sind bienenfleißig und fortwährend am Arbeiten, während die Männer meistens herumsitzen und mit ihren Handys beschäftigt sind. Ansonsten machen sie wohl hauptsächlich die körperlich schwere Arbeit auf den Reisfeldern. Aber man wird das Gefühl nicht los, dass sie eher einen Wasserbüffel übers Reisfeld tragen als einen Besen in die Hand nehmen würden.

Hier bei den Mhongs erben übrigens immer nur die Männer.

Mit dem Zug von Hanoi über Lao Cai nach Sapa

Die Anreise in die nördlichen Bergregionen von Vietnam stellt sich inzwischen als unkompliziert dar. Das war vor wenigen Jahrzehnten noch ganz anders. Mittlerweile sind die Straßenverbindungen – für hiesige Verhältnisse – gut, die für den Zug ebenso. Auch bekennt sich die Regierung bekennt nun zur Förderung des Tourismus hier und investiert in die Infrastruktur. Das war nicht immer so, denn das Verhältnis zwischen den auf Autonomie bedachten Bergvölkern des Nordens und der Zentralregierung war über lange Zeit von gegenseitigem Misstrauen geprägt.
Wer die Straße favorisiert, reist in aller Regel mit einem sogenannten „Sleeper Bus“ an, häufig über Nacht (in ca. sieben Stunden von Hanoi nach Sapa). Wie haben uns für die wohl bessere (bequemere, aber teurere) Zug-Variante entschieden, bei der man den Endbahnhof Lao Cai anfährt. Auch auf der Schiene geht’s richtig günstig, in der Holzklasse (nur für Leidensfähige mit guter Wirbelsäule), und auch etwa luxuriös, zum Beispiel mit dem Laman Express, der unter anderem Schlafwagen mit vier Betten anbietet. Das ist kein eigener Zug, sondern sozusagen ein Anhängsel an den normalen Zug. Da darf man Hoffnung auf ein paar Stunden Schlaf haben, abgesichert durch Ohrstöpsel. Da wir dann gleich eine Trekkingtour angehen wollten, war das für uns die beste Option. Wir teilten unser Abteil mit einem jungen Paar aus den Niederlanden und kamen unmittelbar ins Gespräch. Nach zwei Stunden Bier-Schwätzchen hielten wir es dann doch für angebracht, mal ans Schlafen zu denken. Und das gelang schließlich ganz gut. Plangemäß erreichten wir Lao Cai nach siebenstündiger Fahrt gegen sechs Uhr morgens.

Beim Laman Express checkt man in Hanoi in einem Hotel neben dem Bahnhof ein und wird dann persönlich zum Zug begleitet. Auch ein kleiner Imbiss und Getränke stehen zur Verfügung.

Sobald man den Zug in Lao Cai verlässt, kommen schon die ersten „Akquisiteure“ auf einen zu, die Unterkünfte und Fahrten in die nähere Umgebung anbieten, vor allem nach Sapa und andere Trekkinggebiete. Mit dem Taxi, Pkw, Kleinbus … Da ist ohne Frühstück im Bauch ein gewisses Verhandlungsgeschick angesagt und Schnelligkeit im Rechnen mit den vietnamesischen Dong, denn in hierzulande gibt es nichts ohne Handeln. Wer beim ersten Angebot einsteigt, hat verloren. Wir hatten vorgesorgt und über unsere Unterkunft eine Abholung organisiert. Das klappte tadellos. Unser Fahrer stand mit einem Namensschild am Ausgang, nahm uns das Gepäck ab und los ging die Fahrt über etwa vierzig Kilometer Gebirgsstraße. Unsere erste „Fahr-Stunde“ in Vietnam, die es mit Überholmanövern bei Gegenverkehr und in der Kurve in sich hatte. Da könnten selbst die Italiener sich in puncto Wagemut noch eine Scheibe abschneiden.

Am Zielort angekommen staunten wir nicht schlecht, als unser Fahrer uns bedeutete, dass hier nun die Autofahrt beendet sei und unser Gepäck auf ein Moped verladen werden müsse. Wir machten uns dann mit unserem Handgepäck zu Fuß auf den letzten Wegabschnitt, etwa 800 Meter einen schmalen Pfad hoch, vorbei an sehr ärmlichen Behausungen. Tja, so ist das, wenn man eine Unterkunft mitten in den Reisterrassen bucht 😊.

Solche Fußmärsche laufen üblicherweise nicht ohne Begleiterinnen ab, denn es gesellen sich dann schnell Frauen und Kinder dazu, die kleine Taschen, Armbänder und andere Mitbringsel verkaufen wollen, alles „handgemacht“ natürlich.

Die Frauen gehen einfach ein Stück mit, versuchen in rudimentären Englisch ein Gespräch, um schließlich mit hohem emotionalen Druck ihre Waren anzubieten.

Dann kamen wir zu unserer Unterkunft, dem Hmong House Sapa, an – und der erste gute Eindruck sollte sich bestätigen.

Sapa: Tourismusdrehscheibe im hohen Norden von Vietnam

Sapa (Sa Pa) ist etwa 310 Kilometer nordöstlich von Hanoi entfernt. In den letzten drei Jahrzehnten hat die Bergstadt eine rasante Entwicklung durchlaufen – von einer Ansiedlung im Nirgendwo im chinesischen Grenzgebiet zur Drehscheibe für Naturtourismus in Nordvietnam. Sapa bietet Unterkünfte, Gastronomie, Shopping, touristische Agenturleistungen und Transportangebote für jeden Geldbeutel an. Die meisten Touristen wollen hier Outdooraktivitäten nachgehen, und das Trekking steht dabei ganz oben auf der Wunschliste. Viele beziehen also hier ein Quartier und suchen sich aus dem reichlichen Aktivitätenangebot das Passende aus, je nach Neigung, Zeit und persönlicher Fitness.

Angebotsbeispiel, wie man sie zuhauf findet.

Wenn man nicht über Nacht bleibt, lohnt Sapa durchaus einen halbtägigen Besuch, zum Shoppen (Funktionskleidung!), Essen und Relaxen. Beim Schlendern um den zentralen See und durch die Straßen gewinnt man den Eindruck, dass jeder dritte Laden Massagen für geschundene Trekkerrücken und -beine anbietet. Dafür muss es offensichtlich einen Bedarf geben 😉.

Man muss sich bei der Stadterkundung darauf einstellen, fortwährend von Schnickschnack verkaufenden Frauen von ethnischen Minderheiten (hauptsächlich Schwarze Mong und Rote Dao) und Taxifahrern angesprochen zu werden.

Sapa hat an zentraler Stelle eine überdachte Markthalle, die von Souvenirs über Lebensmittel aller Art und Spielzeug und Kleidung so ziemlich alles abdeckt, was der Mensch braucht und womit er sich vergnügt.

Erstmal ne Pho, die typischen Reisnudelsuppe (hier mit Huhn – Essen kann man in der Markthalle natürlich auch.

Eine besondere Attraktion in Sapa ist die Seilbahn auf den Fran Si Pan, der mit 3.146 Metern der höchste Berg Vietnams ist. Die Gipfelfahrt soll bei gutem Wetter wegen der Aussicht sehr schön sein. Allerdings raten inzwischen die meisten europäischen Besucher in den Medien von einem Besuch ab, da der Gipfel sich inzwischen in privatunternehmerischer Initiative in eine Art Disney-Funpark entwickelt haben soll. Manche meinen, der Berg habe „seine Seele verloren“ (so der aktuelle Stefan-Loose-Reiseführer). Die Bodenstation ist auf jeden Fall sehenswert, da sie sich in einem mondänen Hotelgebäude befindet, das 1920-30 von den Franzosen gebaut wurde.

Und schöne Mosaikarbeiten gibt’s auch!

Maslenica-Brücke und Zrmanje-Canyon

Im September 2023 war ich mit ein paar Freunden für eine Woche auf der Zadar vorgelagerten Insel Ugljan, von wo aus wir verschiedene Ausflüge unternahmen. Einer führte uns ans Novigradsko more, das Novigrader Meer. Obwohl wir uns in Kroatien gut auskennen, war uns diese Gegend bislang unbekannt. Schon wieder ein Stück Kroatien, das sich als Abenteuer- und Wunderland erweisen sollte …

Das Novigrader Meer ist eine Bucht der oberen Adria, die etwa 25 Kilometer nordöstlich von Zadar tief in das nördliche Dalmatien einschneidet. Nur durch die schmale Meerenge von Maslenica besteht eine Verbindung zur Adria.

Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss zwangsläufig eine der beiden Brücken überfahren. Eine besondere Berühmtheit hat die Maslenica-Brücke erlangt, da sie sich an der Adria-Magistrale (nahe dem Autobahntunnel Sveti Rok) befindet und als strategisches Nadelöhr gilt. Aus diesem Grund war sie im Kroatienkrieg auch heftig umkämpft und wurde zerstört. Die imposante rote Stahlbogenkonstruktion mit einer Gesamtlänge von 315 Metern und einer lichten Höhe von 55 Metern wurde 2004/5 in Rekordzeit wieder errichtet. Man sollte auf jeden Fall einen Stopp einlegen und sich die Brücke anschauen. Mit etwas Glück kann man sogar dabei sein, wenn sich ein Waghalsiger am Bungee-Band in die Tiefe stürzt.

Wer jedoch die spektakuläre Landschaft in der weiteren Umgebung aus der Nähe erleben möchte, sollte wie wir ein Boot chartern und gemächlich den Zrmanje hinauffahren.

Dieser smaragdgrüne Karstfluss hat im Laufe der Jahrtausende eine einzigartige Landschaft in den Fels geschnitten. Ein solches Naturschauspiel dürfte in Europa kaum seinesgleichen finden. Die Felsen fallen teils fast senkrecht ins Wasser, an einzelnen Stellen sammelt sich moränengleich Gestein und Geröll. Es verwundert kaum, dass die Winnetou-Macher dieses Szenario für die Dreharbeiten von verschiedenen Handlungssequenzen und Szenen genutzt haben.

Auch mit dem Kayak oder einem SUP ist die Zrmanje-Schlucht in geführten Touren gut zu erkunden. Kleinere Orte am Flusslauf sind auf Gäste eingestellt.

Unterwegs im Stiefelsporn – Gargano

Der Gargano, eine Art Halbinsel, deren Fläche vor allem aus einem Vorgebirge besteht (Promontorio del Gargano), hat sowohl zerklüftete Felsküsten als auch ausgedehnte Sandstrände. An heißen Tagen verspricht das Hinterland mit seinen tiefen Wäldern Kühlung. Als Ausgangspunkt für unsere Erkundungstouren haben wir Peschici ausgesucht.

Der Campingplatz liegt nur ein paar hundert Meter vom Strand entfernt, unser Stellplatz ist umsäumt von hohen, alten Olivenbäumen – gut so, denn das Thermometer bewegt sich oberhalb der 30-Grad-Marke. Diese Temperaturen und die Anfahrt über den Berg haben die Auflaufbremse unseres Wohnwagens derart in Wallung gebracht, dass die Schutzkappen der Radmuttern einfach weggeschmolzen sind. Dergleichen haben wir bislang noch nicht erlebt. Hoffen wir mal, dass die relativ neuen Bremsbeläge keinen Schaden genommen haben.

Das passiert, wenn man einen heißen Reifen fährt!

Peschici, 4.000 Einwohner, ist ein klassischer Badeort. Schöne Lage, direkt an den Berg geklebt. Die Sandstrände sind fest in der Hand der Lidos, die „ihren“ parzellierten Strand mit Schirmen und Liegestühlen bestücken. Da kann dann schon mal ein Tagespreis von hundert Euro für eine Familie zusammenkommen. Der öffentliche Strandabschnitt ist, wie andernorts auch, recht klein und wirkt im Vergleich zu den Strandsektoren eher etwas ungepflegt; war aber dort OK, wo wir uns aufgehalten haben. Beim ersten Strandspaziergang bekamen wir die volle Dröhnung des italienischen Strandlebens: alles dicht an dicht, laute Partymusik, Animation, Yoga-Gymnastik unter Anleitung, fliegende Händler, die von der Badehose über Strandkleider bis zur Kokosnuss alles anbieten. Wir stehen staunend davor und wissen nicht so recht, was wir aus dem Spektakel machen sollen. Auf jeden Fall scheint es den Italienern zu gefallen, und darauf kommt es schließlich an. Über Mittag nimmt der Geräuschpegel erheblich ab, Siesta eben. Hier ein paar Impressionen.

Je voller desto doller.
Strandladen mit zwei Beinen.
Wassergymnastik ist meist weiblich.

Der abendliche Bummel durch die Altstadt hat bei uns einen durchaus angenehmen Eindruck hinterlassen. Nicht nur deshalb, weil wir ausgezeichnet gegessen haben 😉.

Ein ganz anderes Kaliber freilich ist Vieste. Die 14.000-Einwohner-Stadt gilt als Tourismuszentrum des Gargano. Ihr Wahrzeichen ist ein etwa 20 Meter hoher, blendend weißer Monolith, im Süden der Altstadt, direkt am Strand. Er heißt, ganz unbescheiden, Pizzomunno, also „Spitze der Welt“. Manchmal ist die Welt eben doch klein und überschaubar …

In Vieste kann man gut mal einen Tag verbringen. Insbesondere die Altstadt lädt zum Bummeln und Entdecken ein. Viele kleine Gassen und historische Gebäude, u.a. die Cattedrale Santa Maria Oreta aus dem 11. Jahrhundert (mehrfach umgebaut) und die mächtige Festung, um 1240 unter Friedrich II. errichtet, die heute vom Militär genutzt wird. Besonders beeindruckend fanden wir einen Spaziergang entlang der meerseitigen Stadtmauer. Der Blick von da oben ist faszinierend, und macht – bei über 39 Grad – mit einem kühlen Getränk in der Hand besonders viel Freude.

Ganz aus der Nähe betrachten konnten wir in Vieste auch eine besondere Fischfangtechnik namens Trabucco. Dabei steht der Fischer mit beiden Beinen auf festem Boden und kann dennoch mehrere Netze auswerfen. Wir hatten davon noch nie gehört. Wie das funktionieren soll? So:

Derartige Konstruktionen findet man an vielen Stellen an der adriatischen Küste von Italien. Wir haben zum Beispiel weitere gesichtet auf der Höhe von Ravenna, etwa 500 Kilometer nördlich von Vieste. Heutzutage werden die Trabucci nicht selten von Fischrestaurants genutzt.

Sehr gelungen fanden wir auch eine Skulptur von Lorenzo Quinn, die sechs Händepaare darstellt (Hilfe, Hoffnung, Freundschaft, Glaube, Weisheit, Liebe); 6 Meter hoch, 5 Meter breit.

Monopoli – recht hübsch hier!

Uns geht’s wie vielen anderen Touristen auch: Wir setzen zunächst auf die Top-Sehenswürdigkeiten, insbesondere wenn wir ein Land zum ersten Mal intensiv bereisen. Was steht in den Reiseführern? Was haben wir in Dokumentationen gesehen? Welche Tipps haben wir im Netz gefunden? Was sagen Freunde, die schon mal dort waren? Der Nachteil bei einem solchen Vorgehen ist natürlich, dass man dann stets auf das Außergewöhnliche oder Spektakuläre setzt und die schönen Blümchen am Wegrand gar nicht wahrnimmt.

Uns ist es mit Monopol, einem Küstenort etwa 40 Kilometer südlich von Bari/Apulien so ergangen. Dort waren wir (etwas außerhalb des 50.000-Einwohner-Städtchens) fünf Nächte auf einem schönen Campingplatz mit Strandanbindung (Santostefano). Von hier aus haben wir die Umgebung erkundet. Und am letzten Abend sind wir mit dem Rad nach Monopoli gefahren. Ein lauer Sommerabend, ein bisschen herumschlendern, vielleicht etwas trinken …

Tja, und da haben wir uns die Augen gerieben. Wie schön, diese Strandpromenade, alles ganz entspannt, viele Menschen an den kleinen Sandstränden. Lang gezogene Kaimauer mit Zugang zum Wasser. Beeindruckende Festungsanlage, direkt am kleinen Hafen. Interessante Altstadt mit historischen Bauwerken, alles recht gut erhalten. Viele kleine Läden, Restaurants, Bars … Trubelige, offene Plätze, verschlungene Gässchen. Alles wirkte gepflegt und einladend.

Da sind wir dann doch ein bisschen länger geblieben und haben uns noch einen Absacker gegönnt …

Auf die hübschen Blümchen am Wegrand!

Trulli – die Zipfelmützenhäuser von Alberobello

Wenn man zum Beispiel von Bari oder Monopoli aus ins Valle d’Itria fährt, stößt man unweigerlich auf kleine Rundhäuser, zum Teil freistehend, manchmal integriert in größere Wohnkomplexe. Hier einige Beispiele von unserer Fahrt über Land:

Sie werden als Trulli bezeichnet. Von diesen runden bzw. konisch zulaufenden, weiß getünchten Bauten, die von kegelförmigen Dächern aus Bruchstein gekrönt werden, gibt es in dieser Gegend etwa 5.000 Exemplare.

Wer gerne mal für einen halben Tag in die Zauberwelt der putzig anmutenden Behausungen eintauchen möchte, begibt sich am besten nach Alberobello. Der etwa 12.000 Einwohner zählende Ort ist so eine Art Trulli-Epizentrum und daher ein sehr beliebtes Ziel von italienischen wie auch ausländischen Touristen in Apulien.

Die Trulli von Alberobello teilen sich im Wesentlichen auf zwei Viertel auf, die einander gegenüber liegen. Der Stadtteil Monti (ca. 1.000 Trulli) auf der einen Seite des Hangs ist stark geprägt von Läden und Gastronomiebetrieben. Wohltuend dabei ist, dass das Kaufangebot sich überwiegend auf handwerklich erstellte Waren bezieht (deswegen konnten wir auch bei gewebten Tischläufern und Trockentüchern nicht widerstehen). Es ist durchaus vergnüglich, mit Muße durch die Trulli-Gassen zu schlendern und hier und da zu verweilen. Aber: Hier kann auch mal drangvolle Enge entstehen, denn Monti erfreut sich großer Beliebtheit. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich deshalb, vor zehn Uhr morgens einen der ausgewiesenen Parkplätze anzusteuern. Wir fanden an diesem Sonntag Mitte Juni übers Netz einen Parkplatz in einem Olivenhain, nur ein paar Schritte vom Zentrum entfernt, das Ganze für sechs Euro den Tag. Nicht schlecht … Da fühlte sich der erste Cappuccino mit Hörnchen zum Auftakt der Erkundungstour gleich mitfinanziert an. Wer übrigens mal eine Pause einlegen möchte, ohne sich in einem Restaurant oder Café niederzulassen, ist gut in einem Park nahe der Kirche Sant‘Antonio (auch sie in Trulli-Baustil) aufgehoben. Hier gibt es sogar Bänke mit Tisch, und ein Lebensmittelladen, der leckere Panini auf die Faust anbietet, ist gleich nebenan.

Viele Dächer sind oben mit einem Schlussstein versehen, manche sind mit religiösen, magischen Symbolen oder dergleichen bemalt.

Die Symbole sollen den bösen Blick abwenden, die Fruchtbarkeit erhalten … oder dienten der Wiedererkennung

Der zweite Stadtteil, den man sich unbedingt anschauen sollte, ist Aia Piccola (etwa 400 Trulli). Hier geht es bedeutend weniger geschäftig zu. Da Verkaufsläden und auch Bewirtungsangebote fast komplett fehlen, bewegt man sich mit viel mehr Muße durch die engen Gassen. Die Häuschen sind allesamt hübsch herausgeputzt und frisch gestrichen, so dass man zeitweilig vergisst, dass das ja früher Behausungen für arme Leute waren. Wenn man sich ein Trullo von innen anschaut, wird einem schnell wieder bewusst, dass sich hier vormals durchaus mal zehn Menschen in einem einzigen rechteckigen Raum mit kleinen Nischen zum Schlafen, Kochen und Waschen aufgehalten haben. Kleine Kinder schliefen im oberen Bereich auf einem Holzboden, der über eine Leiter zu erreichen war. Selbstverständlich musste auch der Esel noch ein Plätzchen finden. Glücklicherweise war in jenen Zeiten das Wort „Privatsphäre“ noch nicht erfunden … Den Aufbau eines typischen Trullo verdeutlicht dieses Modell:

Aia Piccola hat aus unserer Sicht bedeutend mehr Charme und wirkt „ursprünglicher“ als Monti. Natürlich soll man sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen hüben wie drüben Geld verdienen müssen. Im Viertel Monti liegt der kommerzielle Schwerpunkt in unserer Wahrnehmung in der Kurzzeitvermietung.

Da kann man schon ins Träumen kommen. Wer würde nicht gerne ein paar Nächte in einem dieser schmucken Häuser verbringen und vielleicht mal die besondere Atmosphäre in einem Trulli-Viertel bei Nacht erleben?

Ein anderes Erwerbsmodell praktiziert eine Familie, die ihr Haus für Besucher öffnet. Der Hausherr spricht sogar Deutsch, weil er in den 1960er-Jahren einmal bei Opel in Rüsselsheim gearbeitet hat. Mit großem Stolz präsentieren er und seine Frau nicht nur das Trulli-Innenleben, sondern auch die Fotogalerie mit bekannten Gesichtern aus der italienischen Glitzerwelt. Gegen eine Spende, versteht sich 😉.

Die Bambini schlafen oben …
Die Galerie der Schönen und Reichen, die diesen Trulli bereits besucht haben. Mit von der Partie ist der italienische Nationalspieler Marco Materazzi, der die französische Fußballlegende Zinédine Zidane 2006 in der Verlängerung des WM-Finales derart provozierte, dass dieser ihn mit einem Kopfstoß niederstreckte – die Italiener gewannen das Spiel.

Zu einer dauerhaft erfolgreichen Touristenattraktion gehört selbstverständlich eine gute Story. Bei den Trulli ist es die nicht vollends geklärte Entstehungsgeschichte. So soll der Bau von Trulli im 15. Jahrhundert im Itria-Tal dadurch einen besonderen Schub erfahren haben, dass man sie schneller ab- als aufbauen konnte. Kündigten sich die Steuereintreiber der Obrigkeit an, rissen die Menschen kurzerhand ihre Häuschen ein und die Steuereintreiber mussten mit leerer Steuerschatulle von dannen ziehen. Erst als Ferdinand IV. von Neapel Alberobello zur königlichen Stadt ernannte, gaben die Bewohner diese Bauweise auf und fingen an, Mörtel zu verwenden. Ganz schön schlau, oder?