Wilde Verfolgungsjagd – den Franzosen auf den Fersen

Der Tag nach unserem Ausflug ans Cape Reinga fing so friedlich an … blauer Himmel, strahlender Sonnenschein. Hätten wir gewusst, was uns an dem Tag erwartete, wohl kaum wäre unser Frühstück so entspannt draußen sitzend verlaufen.

Beim Zusammenpacken stellten wir fest, dass unsere Mappe mit all unseren Unterlagen verschwunden war: Flug- und Mietwagenbestätigungen, Visa für Australien, detaillierte Reiseroutenausarbeitungen, Impfpässe, internationale Führerscheine … Auch mehrmaliges intensives Suchen brachte diese Mappe nicht wieder ans Licht. Zuletzt hatten wir sie bei einer späten Kaffeepause am Vortag an einem Rastplatz nahe dem Kap benutzt. Also blieb uns nur, dort wieder hinzufahren. Gesagt, getan. Wieder 60 Kilometer Richtung Kap. Unterwegs gehen wir im Geiste den Inhalt der Mappe nochmal detailliert durch …. Eigentlich alles nicht so arg … Die meisten Unterlagen waren zur Sicherheit elektronisch in einem Dropbox-Ordner abgelegt. Nur die fehlenden internationalen Führerscheine könnten zum Problem werden. Ob die australische bzw. gegebenenfalls die neuseeländische Polizei mit PDFs zufriedenzustellen wäre? Das war zu bezweifeln. Und wenn jemand die Mappe gefunden hätte, was würde er/sie damit machen? Liegenlassen? Bei der Polizei abgeben oder sonstwo abgeben? Mitnehmen? Uns anrufen? Alles Mögliche denkbar. Wolfgang hatte ja durch die neuseeländische SIM-Karte eine andere Nummer, nicht die in den Unterlagen angegebene.

Am Rastplatz angekommen mussten wir feststellen, dass die Mappe weg war. Offizielle Ansprechpartner fanden wir auch am 5 Kilometer entfernten Kap nicht, nur Parkplatzeinweiser. Dazu war Sonntag und ein langes Wochenende durch den Tag der Arbeit, der auf den folgenden Montag fiel. Enttäuscht fuhren wir die 50 km wieder zurück nach Houruka, dort sollte laut Parkplatzeinweiser eine Polizeistation sein. Und da war auch wieder eine Netzabdeckung, die es Richtung Kap weiter im Norden nicht gibt. Mittlerweile war es Mittag und Zeit für einen Kafffee. Und dabei erhielt Wolfgang eine erlösende Mail:

Wir haben eure Dokumente, ruft uns an. Nadine F.

Große Freude auf unserer Seite. Wir erinnerten uns, dass ein Campervan mit einem französischen Paar gleichzeitig am Rastplatz gewesen war. Wir hatten noch bei der Abfahrt rübergeschaut, die sahen ganz nett aus. Das anschließende Telefonat gestaltete sich dann allerdings sehr schwierig. Nicht nur eine schlechte Verbindung, sondern auch mäßige Englischkenntnisse bzw. ein schnell genuschelter Französischfluss mit südfranzösischem Akzent. Zum Haareraufen. Wir verstanden so viel, dass die beiden mit unserer Mappe mittlerweile 50 km weiter südlich in Ahipara waren. Wir baten sie darum, die Mappe dort bei einem Campingplatz zu lassen, schickten die genaue Adresse per Mail und SMS an die beiden und machten uns wohlgemut auf den Weg. Fast dort angekommen, kam ein Anruf der beiden, dass sie inzwischen mit unseren Papieren auf einer Fähre Richtung Rawene, weitere 60 Kilometer weiter südlich seien. Oh nein, das wurde jetzt einem Katz-und-Maus-Spiel. Wir machten uns ein weiteres Mal auf den Weg. Um unterwegs dann festzustellen, dass unsere Nachrichten die beiden wohl nicht rechtzeitig erreicht hatten, denn in diesem Bereich (der Westküste) gibt es nur eine rudimentäre Netzabdeckung.

Schließlich erhielten wir von den beiden die Nachricht, dass sie sich in der Nähe von Omapere (nochmals 50 km weiter) eine Übernachtungsmöglichkeit suchen und uns die Adresse schicken würden. in Omapere angekommen waren wir sicher, dass nun die Verfolgungsjagd ein gutes Ende finden würde, nur ein bisschen Geduld bis zum Eintreffen der Nachricht. Aber dann war da nur noch Schweigen. Kein Anruf, keine SMS … Ratlos fuhren wir in Omapere die Küstenstraße rauf und runter. Bei einem Halt kamen wir mit einem französischen Pärchen ins Gespräch. Die hatten auch eine verückte Geschichte zu erzählen. Sie waren ursprünglich als Tramper unterwegs, hatten jetzt aber einen alten Van. Ein Neuseeländer, der sie mitgenommen hatte, hatte ihnen diesen für umgerechnet 300 Euro (!) überlassen, weil er ihn nicht mehr wirklich brauchte. Und was sie uns sonst noch erzählten, wäre Stoff für eine (andere) Kurzgeschichte …

Plötzlich klingelte das Telefon. Die Finder unserer Unterlagen hatten eine Bleibe weiter südlich mitten im Waipouri Forest gefunden, wo es noch einige namhafte alte Kauribäume gibt. Ein riesiges Waldgebiet, weitere 40 km weiter. Bei Dunkelheit machten wir uns wieder auf den Weg. Weitere 40 Minuten … schlechte Straße, eng und kurvig … dann endlich ein Hinweis auf den Campingplatz, nochmal 3 Kilometer Schotterpiste. Dort angekommen sind wir mit der Taschenlampe über den Campingplatz gestolpert und habe „unsere Franzosen“ aus dem Bett geklopft. Nach einem kurzen Plausch am offenen Auto (Achtung Stechmücken!) und einem herzlichen Merci hielten wir dann endlich wieder unsere Dokumente in der Hand. Bei der nächsten Kaffeepause an einem Rastplatz werden wir wohl doppelt hinschauen, ob wir nichts vergessen haben!

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