Stadtspaziergang Zadar

Auch an der dalmatinischen Sonnenküste ziehen hin und wieder dunkle Wolken auf und fallen ein paar Tropfen Regen, wie wäre auch sonst das viele Grün zu erklären. Bevor man sich dann mit einem Kaffee und einem guten Buch in den Wohnwagen zurückzieht (das geht ja auch abends noch, und dann kann man den Kaffee gegen ein Glas Plavac Mali eintauschen), bietet sich ein Stadtbesuch an. Zadar liegt für uns (von der vorgelagerten Insel Ugljan aus) zum Greifen nah, die Fähre pendelt fast wie ein Bus ab Preko (dem Fährhafen von Ugljan) zum Festland und zurück. Die Personenfähre hat den Vorteil, quasi direkt in der Altstadt von Zadar anzulegen. Diese liegt auf einer Halbinsel, die nicht sonderlich weitläufig ist. Nach einer etwa halbstündigen Fährfahrt ist man also direkt im Zentrum des touristisch relevanten Geschehens.
Also Stadtbesuch für uns!
Wir kennen die etwa 75.000 Einwohner zählende dalmatinische Küstenstadt von früheren Besuchen und sind gespannt, ob wir im September 2022 Neues entdecken und Bekanntes wiedererkennen werden. Nachdem wir von Bord gegangen sind, führt unser erster Weg zur Meeresorgel. Die ist auf jeden Fall sehens- und erlebenswert, auch zum wiederholten Mal. Zur ihr sind es von der Anlegestelle der Fähre nur ein paar Schritte. Die Orgel, im April 2005 eingeweiht, ist wahrscheinlich inzwischen eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Zadar, und ihr einziges Problem ist, dass es nichts zu sehen gibt. Die Musik spielt sozusagen unter Tage. Die Orgel macht allen Besuchern Spaß, weil sie mit ihren bauchigen Tönen immer wieder neue Melodien produziert, abhängig von Wellengang und Tide. Unter den Stufen und unterhalb vom Meeresspiegel befindet sich ein System von Röhren unterschiedlicher Länge und Durchmesser, die in einem Winkel von 20 Grad angebracht sind. Diese münden in Orgelpfeifen. Durch das Ein- und Ausfließen des Wassers entstehen dann die Klänge. Schon 2006 erhielt die Meeresorgel den „European Prize for Urban Public Space“ – unseres Erachtens vollkommen zu Recht! Leider gibt das Werk fotografisch gar nichts her. Aber, viel wichtiger, es erzeugt Freude und sorgt für kindliches Staunen und Verzückung in den Gesichtern der Menschen ;-).

Zadar wartet mit 3.000 Jahren Geschichte auf, und wo man geht und steht begegnet man Hinweisen darauf. Manchmal eher dezent, dann wieder geradezu wegversperrend. Gelegentlich kommt sie auch als Ansammlung wuchtiger Stolpersteine daher.

Häufig stehen die Zeugnisse der vergangenen Epochen unmittelbar nebeneinander, so wirkt beispielsweise die Korinthische Säule am Petra-Zoranića-Platz etwas deplatziert, wie hingestellt und nicht mehr abgeholt.

Ob diese Säule wohl wirklich in der Römerzeit mal hier gestanden hat?

In der Gesamtbetrachtung dominiert im Stadtbild der venezianische Baustil, was nicht verwunderlich ist, weil die Venezianer vom 15. bis 18. Jahrhundert in Zadar das Sagen hatten. Sie bauten die Stadt auch zu einer imposanten Wehranlage aus (als Reaktion auf die Expansion der Osmanen). Teil dessen ist die Stadtmauer mit ihren vier Toren, das berühmteste davon ist das sogenannte Landtor (Porta Terraferma) mit dem kleinen angrenzenden Hafen Foša.

Der venezianische Markuslöwe über dem Landtor
Treppe zur Stadtmauer
Seetor

Ein Spaziergang über die Stadtmauer lohnt sich. Von dort hat man einen schönen Blick auf die Stadt einerseits und auf den Hafen anderseits.

Die Reste der Stadtmauer lassen sich zum großen Teil begehen. Der Spaziergang endet an einer Stelle, wo die sogenannten Barkajoli seit dem 14. Jahrhundert ihre Fährdienste anbieten. Sie rudern unermüdlich Bewohner und Touristen auf die andere Seite des Stadthafens in die Neustadt und zurück. Eine Tradition, die vom Vater auf den Sohn übertragen wird.

Fährmann im Einsatz

Enge Gassen und große Plätze, oft vor Kirchen, sorgen für Atmosphäre in alten Städten. Zadar hat davon reichlich.

Glockenturm der Kathedrale der Heiligen Anastasia
Der Fünf-Brunnen-Platz – die Brunnen wurden während der türkischen Belagerung im 16. Jahrhundert gebaut.
Das Forum und die Kirche des Heiligen Donatus (9. Jahrhundert; hier finden auch Konzerte statt)

Beim Streifzug durch die Stadt aufgelesen:

So richtig begeistern können wir uns an diesem Tag für Zadar leider nicht. Das liegt sicherlich nicht nur am wolkenverhangenen Himmel. Geschichte und Geschichtliches gibt es zwar reichlich hier, auch die Museen sind offenbar sehr interessant. Aber das Ganze wirkt auf uns eher etwas disparat, wenig homogen. Und vielleicht hat dies wiederum mit der (jüngeren) Geschichte zu tun: Zadar lag Anfang der Neunzigerjahre im Kroatienkrieg unter heftigem Beschuss. Davon waren auch viele historische Bauten betroffen. Und zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Stadt noch lange nicht von den Flächenbombardements durch die Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs erholt. Wenn alles kaputt ist, braucht man zuallererst Wohnraum für die Menschen. Stadtplanerische Überlegungen spielen dabei keine Rolle. Das Ergebnis sieht dann beispielsweise so aus:

Wir haben da als Touristen aus Deutschland gut reden, das ist schon klar. Und wir sehen schon, dass vieles noch im Werden ist. Heilungsprozesse haben ihre eigene Zeitrechnung. Also freuen wir uns auf unsere nächste Begegnung mit Dalmatiens Küstenmetropole. Und ein Eis mit richtig DUNKLER Schokolade.

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