In der Hauptstadt Kambodschas, schön gelegen am Tonle-Sap-Fluss, leben heute etwa zwei Millionen Menschen. In nur wenigen Jahrzehnten hat sich vor allem das Zentrum zu einer modernen, pulsierenden Metropole entwickelt, in der Scharen von Zweirädern und Tuk-Tuks mit großmotorigen Pick-Ups um den Platz auf den Straßen und Bürgersteigen buhlen. Wenig überraschend findet in dieser Hackordnung der Fußgänger kaum Beachtung.
Edle Restaurants und einfache Garküchen stehen in friedlicher Koexistenz nebeneinander, ebenso wie Boutiquen europäischen Zuschnitts und Stände mit Billigkleidung und -schuhwerk. Oder Straßen mit Bars und Bordellen unweit von Öko-Cafés und vegetarischen Restaurants. Besonderen Charme versprühen immer noch einige Bauten aus der französischen Kolonialzeit.
Eine der Hauptattraktionen der kambodschanischen Hauptstadt ist der prächtige Königspalast, bei dessen Bau wohl der thailändische Königspalast in Bangkok Pate stand. Der Eintritt kostet satte zehn Dollar, und Audioguides oder Informationsmaterial gibt es nicht. Da muss man zusätzlich einen persönlichen Guide engagieren. Als dann noch deutlich wurde, dass weite Teile der Palastanlage für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind und in den Innenräumen strenges Fotografierverbot besteht, waren wir schon etwas verärgert. Aber man muss natürlich berücksichtigen, dass der Monarch hier ja noch residiert.
Zugänglich sind die Thronhalle sowie einige kleinere Gebäude auf dem Gelände. Ein besonderes Schmuckstück ist die sogenannte „Silberpagode“, die ihren Namen von den 5.329 Bodenfliesen aus Silber hat (diese sind jedoch weitgehend mit Teppichen bedeckt). Die Pagode beinhaltet darüberhinaus einen lebensgroßen Buddha aus 90 Kilogramm Gold und der Smaragd-Buddha, eine für den nicht-buddhistischen Besucher eher unscheinbare 50 Zentimeter große Figur. Über das Gelände verteilt finden sich außerdem mehrere königliche Grab-Stupas. Uns haben besonders die leider nur zum Teil gut restaurierten großflächigen Wandmalereien mit Szenen aus dem höfischen Leben und Kriegen auf circa 600 Quadratmetern Fläche besonders beeindruckt.
Sehr vermisst haben wir schriftliche Erläuterungen und Erklärungen der Gebäude und Kunstwerke. Leider fehlt offensichtlich jedwedes museumspädagogisches Konzept.
Ein architektonisches Meisterwerk ganz anderer Art ist der schöne Art-déco-Bau des Zentralmarktes (Phsar Thmay) aus den 30er-Jahren, der ein wenig wie ein Raumschiff anmutet. Der Bau hat vier symmetrisch angelegte Gebäudeflügel, wo man sich wunderbar einfach nur treiben lassen kann.
Hier ist alles übersichtlich und gut sortiert. Durch das hohe Dach wirkt der Markt offen und luftig.
Ein Markterlebnis der anderen Markt bietet der Psar Tuol Tom Poung oder Russian Market im Süden der Stadt. In seinen zum Teil sehr verschnörkelten Gängen kann man leicht die Orientierung verlieren. Neben den üblichen Waren wie Klamotten, Schuhen, Schmuck, Souvenirs, Porzellan und Antiquitäten gibt’s im „Russenmarkt“ ein beachtliches Angebot an Reifen und Kfz-Zubehör, Werkzeug, Baumaterialien, Malerbedarf und dergleichen – das kambodschanische Pendant eines Baumarkts. Sein Name geht übrigens darauf zurück, dass die russischen „Berater“ in den 80er-Jahren hier gerne und viel eingekauft haben.
Zum Shoppen gibt’s auch in Phnom Penh reichlich Gelegenheit. Uns fiel besonders die vergleichsweise hohe Zahl an kleineren Boutiquen und Restaurants in bestimmten Vierteln bzw. Straßen (Street 178 und 240) auf, davon einige mit einer ökologischen und auch sozialen Ausrichtung. Insbesondere Frauenherzen schlagen in diesen Gegenden einen kleinen Takt schneller.
Selbst wenn das Preisniveau in diesen Läden deutlich höher ist als andernorts, kann man durchaus das eine oder andere Schnäppchen machen. Und natürlich für die Heimreise in aller Ruhe ein paar schöne Geschenke für Freunde und Verwandte finden.
Auch Dienstleistungen kommen hier nicht zu kurz. Und warum nicht mal einen Frisör konsultieren, wenn der Putz nach fünf Wochen unterwegs etwas außer Kontrolle geraten ist 😉? Sogar ohne Sprachkenntnisse hat das recht passabel funktioniert.
Tolle Restaurants hat Phnom Penh reichlich zu bieten, beispielsweise das Bopha Phnom Penh Titanic Restaurant direkt am Tonle Sap, mit Blick auf an- und ablegende Vergnügungsschiffe. Große Auswahl inklusive vegetarische Gerichte!
Alternativ kann man auch in Rooftop–Restaurants speisen, die einen fantastischen Panoramablick auf die leuchtende Metropole bieten – mit vierzig bis fünfzig US-Dollar für zwei Personen ist man dabei!
Um kein zu schönes Bild zu zeichnen, muss daran erinnert werden, dass wir uns vor allem im Zentrum der Stadt bewegt haben, und auch hier sieht man neben Licht sehr viel Schatten. Kambodscha hat noch einen langen Entwicklungsweg vor sich. Es hat ein signifikant niedrigeres Lebensniveau als die Nachbarländer Vietnam und Thailand, und das spürt man im Alltag deutlich. In diesem Sinne ist die Frau, die zusammen mit ihrer kleinen Tochter vor dem Königspalast Müll sammelt und sortiert, möglicherweise wichtiger als das Gebäude.
Und das Essengehen in tollen Restaurants ist am Ende des Tages eher eine Veranstaltung für ausländische Touristen und einige wenige kambodschanische Gäste. Die Normalverpflegung auf der Straße sieht anders aus, ebenso wie die Anlieferung von Fisch und Meeresfrüchten.
Fazit: Ein Phnom-Penh-Besuch für zwei bis drei Tage lohnt sich auf jeden Fall. Es ist für jedes Interessenprofil etwas dabei. Sehr spannend ist die Gleichzeitigkeit von internationaler Modernität und althergebrachter Lebensweise. Viele Sehenswürdigkeiten sind gut zu Fuß zu entdecken, und wenn‘s mal etwas weiter ist, ordert man für kleines Geld einen Tuk-Tuk und ist im Nu am gewünschten Ort.