Südafrika

Im kühl-trüben deutschen Herbst in den Sommer reisen, Neues entdecken und Sonne tanken? Vielleicht einen neuen Kontinent kennenlernen und dafür nicht gleich 12 Stunden fliegen? Das ging uns im Kopf herum, als wir im Frühjahr 2013 anfingen, über unsere Reisepläne nachzudenken. Unsere beiden Söhne waren zu diesem Zeitpunkt schon erwachsen, den beiden konnten wir getrost das Haus für ein paar Wochen überlassen.
Südafrika sollte es sein.
Den organisatorischen Aufwand wollten wir für uns in Grenzen halten, aber gleichzeitig viel sehen und erleben. Deshalb ließen wir uns von einem Reiseanbieter eine Baustein-Reise zusammenstellen, mit Mietwagen und vorgebuchten Unterkünften und Aktivitäten. Dabei wurde rasch klar, dass man Südafrika nicht in drei Wochen „bereisen“ kann, wenn man nicht die meiste Zeit im Auto bzw. im Flugzeug sitzen möchte. Denn die Distanzen sind riesig. Allein die südafrikanische Provinz Westkap beispielsweise ist mit etwa 130.000 Quadratkilometern so groß wie Griechenland. Die Nord-Süd-Ausdehnung der Republik Südafrika (so die offizielle Bezeichnung) beträgt etwa 1.400 Kilometer, die Ost-West-Ausdehnung 1.800 Kilometer. Das 60 Millionen Einwohner zählende Südafrika ist fast 3,5mal so groß wie Deutschland. Wer sich also einen längeren Aufenthalt in Kapstadt gönnen, aber auch den an der Grenze zu Mosambik liegenden Kruger-Nationalpark im Osten des Landes besuchen möchte, wird in aller Regel in ein Flugzeug steigen müssen. Da unser Reiseverständnis nicht darauf beruht, viele Ziele in möglichst kurzer Zeit „abzuhaken“, wollten wir uns auf eine überschaubare Region beschränken. Und damit waren wir schnell bei der Garden Route, die von der Mossel Bay in der Provinz Westkap bis nach Port Elizabeth in der Provinz Ostkap verläuft, im Kern entlang der Nationalstraße 2 (s. Markierung). Unser Ausgangs- und Zielort war dabei Kapstadt. Wir legten mit unserem Opel Corsa etwa 2.200 Kilometer zurück und hatten ausreichend Zeit für Wanderungen und Exkursionen.

Die Definitionen, was denn nun zur Garden Route gehört und was nicht (mehr), gehen auseinander. Ungeachtet dessen bietet sie auf relativ kleiner Fläche eine große landschaftliche Vielfalt, insbesondere einige Küstenabschnitte sind spektakulär.

Südafrika ist Outdoor-Land, und im Rahmen der von uns gewählten Route ist von der Bergtour bis zu Walbeobachtungen und Wassersport alles möglich. Auch die sogenannten „Big Five“ (Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard) bekommt man bei Safaris vor die Linse.
November ist für Südafrika eine sehr gute Reisezeit, weil dann der Sommer beginnt, aber noch nicht so viel los ist. Wir haben auf unserer Reise auch einmal eine Phase mit lang anhaltendem, heftigem Regen erlebt, was in dieser Jahreszeit wohl eher selten vorkommt.

Man kann nicht nach Südafrika reisen, ohne sich Gedanken zum Thema „Sicherheit“ zu machen.
Unsere Kurzformel lautet: In dem meisten Gegenden und ebenso in Kapstadt kann man sich als Tourist frei bewegen, lediglich zu bestimmten Zeiten in bestimmten Gegenden sollte man Vorsicht walten lassen. Nächtliche Überlandfahrten sollte man vermeiden. Die Schwierigkeit für unsereinen besteht darin, dass man die Regeln nicht intuitiv kennt und beispielsweise als Fußgänger dort unterwegs ist, wo man besser im Auto (= Taxi) säße.
Die meisten offiziellen Gebäude, Hotels und Unterkünfte usw. sind in besonderer Weise geschützt, zum Beispiel mit Alarmanlagen, Sicherheitstoren, Zäunen und Stacheldraht. Uns wurde erklärt, dass das schon wegen der Versicherung notwendig sei. Das ist für Europäer, insbesondere Deutsche, gewöhnungsbedürftig und führt zu Irritationen. Die Welt scheint in Südafrika in zwei Sphären eingeteilt, und zwar in einen Innen- und einen Außenbereich. „Innen“ steht für „innerhalb eines meterhohen Zaunes, eines stacheldrahtbewehrten Tores, eines mit Kameras überwachten und mit Gittern gesicherten Hauses …“ – hier ist man sicher, gibt sich ungezwungen. Und alles außerhalb ist tendenziell eine Gefahrenzone, wo man sich nicht länger als unbedingt nötig aufhält. Das bedeutet konkret: Wenn man in einem Hotel oder einem Gästehaus untergebracht ist, dann geht man, zumindest in manchen Gegenden, nicht „einfach so“ raus, schon gar nicht bei Dunkelheit. Man geht nicht einem Impuls folgend „um die Häuser“. Zumindest erkundigt man sich zuerst, ob das möglich ist.
Ich erinnere mich, wie wir mal spontan von unserer Kapstädter Unterkunft aus losgegangen sind, um etwas essen zu gehen. Mehrfach hielten besorgte Autofahrer an, um sich zu erkundigen, ob bei uns alles OK sei und ob wir nicht lieber mit dem Taxi fahren wollten. Und das war in einer „guten Gegend“ bei Sonnenschein. Zurück sind wir dann brav in ein Taxi gestiegen, zumal es schon dunkel war.
Dieser Sachverhalt macht vor allem – wieder einmal – deutlich, auf welcher Insel der Glückseligkeit wir in Europa/Deutschland leben. Öffentliche Sicherheit ist ein wertvolles Gut und integraler Bestandteil der Bewegungsfreiheit. Dieses Gut steht in direkter Abhängigkeit vom Ausmaß des sozialen Gefälles in einem Land. Geht es zu vielen Menschen zu schlecht, bedrohen das die Bewegungsfreiheit von allen.
Wir sind übrigens auf unseren Reisen immer sehr gut damit gefahren, eventuelle Risiken rational einzuschätzen und auf unser Bauchgefühl zu vertrauen. Nicht hinter jedem Baum wetzt ein Gewalttäter sein Messer … Angst ist meistens ein schlechter Berater.
Und wir haben viel zu oft medial geprägte Bilder im Kopf, die wenig mit der Realität zu tun haben. Hinfahren und sich vor Ort selbst ein Bild machen ist in aller Regel immer die beste Option.