Wechselbad zwischen Atlasgebirge und Sahara

Marokko bietet viele Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten, von anspruchsvollen Hochgebirgstouren im Atlasgebirge über Wassersport bis zum Wüstentrekking in der Sahara. Letzteres zählt eindeutig zu den Höhepunkten unserer Rundreise: zwei Tage auf dem Rücken von Dromedaren in der Sahara, nahe Merzouga im marokkanisch-algerischen Grenzgebiet.

Bei unserer Fahrt von Fes nach Merzouga, 450 Kilometer Richtung Süden, Mitte Oktober einmal über den Mittleren Atlas, haben wir durchaus einen bleibenden Eindruck von der rauen und unwirtlichen Schönheit dieses Gebirges bekommen. Unsere Entscheidung für einen Fiat Punto als Verkehrsmittel für unsere Rundreise geriet bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal erheblich ins Wanken. Bei zeitweilig heftigen Regengüssen und Windböen, in den Höhenlagen sogar Schneefall und Nebel, hätten wir uns unbestreitbar in einem geländegängigen Fahrzeug mit Allradantrieb wohler gefühlt. Aber wir kamen sicher und ohne Zwischenfälle ans Ziel, vom Schnee in die sengend heiße Wüste. Auf jeden Fall waren wir froh und erleichtert, als wir die Berge hinter uns lassen und uns schließlich auf die landschaftlich reizvollere Strecke entlang des Ziz-Tals begeben konnten. Man fährt durch ein Band von Palmenhainen, gesäumt von kleinen Lehmdörfern und traditionellen Ksars (befestigten Dörfern), bevor man in Erfoud/Rissani in Richtung des Dünengebiets des Erg Chebbi abbiegt.

Auf uns wirkte diese Szenerie oft wie eine Filmkulisse für einen Abenteuerfilm – aber hier leben die Menschen, hier arbeiten, schlafen, essen und beten sie. Als wir, von unserer Neugier getrieben, einmal vor einem dieser trutzigen Lehmkomplexe anhielten, bot uns ein Anwohner eine Führung an, die wir dankend annahmen – eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich ein Bild vom Leben innerhalb der Mauern zu machen.

Bei unserer Wüstenexkursion wollten wir einen Eindruck davon bekommen, wie die Menschen in früheren Zeiten (und vielerorts heute noch!) durch die Wüste gezogen sind. Und zwar möglichst unverfälscht. Daher hatten wir eine Übernachtung in einem traditionellen Zelt gebucht, bei dessen Errichtung wir helfen wollten. Und so war’s dann auch. Wir zogen also mit zwei Führern und drei Dromedaren (= einhöckrige Kamele) los in die unendliche Sandweite des Erg Chebbi. „Erg“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Sanddüne“ oder „Dünenmeer“. Erg Chebbi ist die größte Sanddüne Marokkos und bis 300 Meter hoch.
Die beiden Führer absolvierten die gesamte Strecke zu Fuß (barfuß!), wir hatten je ein „Wüstenschiff“, das dritte transportierte die Ausrüstung. Die beiden Guides haben uns auch das Essen zubereitet.
Von diesem Camp aus sind wir gestartet:

Dahin irgendwo wollten wir:

Wenn man – ungeübt – mehrere Stunden auf dem Rücken eines Dromedars gesessen hat, Düne hoch, Düne runter, ist man froh, wenn man nach dem ständigen Geschaukel wieder festen (?) Boden unter den Füßen hat. In einer Senke haben wir dann das Packtier entladen und unser Nachtlager aufgebaut.

Wir hatten übrigens erwartet, dass es nachts eisig kalt wird und deshalb auch warme Kleidung eingepackt. Das erwies sich jedoch als vollkommen unnötig, weil es die ganze Nacht ziemlich warm blieb und zudem das Zelt aus Wolldecken die Wärme des Tages erstaunlich gut speicherte. Ebenfalls zu unserer Verwunderung waren wir tagsüber umschwirrt von Fliegen, die man zunächst wegzuscheuchen versucht. Ein sinnloses Unterfangen. Nach einigen Stunden bei gleichmäßigem Trott und in sengender Hitze hat man gelernt, die Plagegeister zu tolerieren. Die Fliegen sind eine Begleiterscheinung der Dattelreife im Tafilalet (Hauptort Erfoud), das mit ca. 25.000 ha Fläche die größte zusammenhängende Dattelpalmoase Marokkos ist.
Wie hindert man ein Dromedar daran, nachts wegzulaufen und stellt dabei gleichzeitig sicher, dass es etwas zu fressen bekommt? Ganz einfach: ein Bein abknicken und festbinden. Denn auf drei Beinen kommt das Tier nicht weit, kann sich aber trotzdem bei der Futtersuche bewegen.

Uns hat vor allem die ganz besondere Stimmung in der Abend- und der Morgendämmerung fasziniert … und die absolute Ruhe. Es war eine sternklare Nacht mit einem einzigartigen Gefunkel am Himmel.

Was für ein Glück.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass in diesem Dünengebiet touristisch „aufgerüstet“ wird, also außer Dromedartouren inzwischen auch Ausfahrten mit dem Motorrad-, Quad- oder Geländewagen im Angebot sind. Das macht sicher Spaß, aber die Motorengeräusche und die Spuren im Sand können das eigentliche Wüstenerlebnis erheblich beeinträchtigen. Für uns hat sich das nicht als Problem erwiesen, weil wir außerhalb der Saison in Erg Chebbi unterwegs waren.

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