Malmö – Grenzstadt im Aufwind

Bei Malmö hatten wir einen gänzlich anderen Auftakt als in Göteborg: gutes Wetter, kurze Anfahrt, Annäherung an die Stadt durch den Schlosspark. Wir parken hinter dem Opernhaus – hier wird uns unser Ticket sogar an die Webadresse geschickt; dann geht’s zu Fuß über den Opern-Vorplatz (wo ein Witzbold offenbar mit Waschpulver experimentiert hat), vorbei an der Stadtbibliothek mit ihren drei sehr unterschiedlichen und doch zusammenpassenden Gebäuden.

Schon tauchen wir in die grüne Lunge Malmös ein, die Parkanlage Slottsparken und den Kungsparken. Hier bestimmen kleine Seen und breite Kanäle, Bäume und Büsche, eine Windmühle, von Bürgern Malmös angelegte Gärten, Wiesen, Spielplätze und ein wunderbar ins grüne Ensemble eingebettetes Café das Bild. Man vergisst, dass man in der Stadt ist.

Nein, das ist NICHT in Holland 😊
Die Mühle hat früher das Schloss Malmöhus mit Mehl versorgt.

Die Hauptattraktion ist das Schloss Malmöhus. Es wurde 1434 als Münzerei und Grenzfestung gegründet und gehört wegen seiner besonderen historischen Bedeutung zum schwedischen Kulturerbe.

Nach nur wenigen Gehminuten erreicht man von hier die Altstadt Gamla Staden mit den beiden Hauptplätzen Stortorget (Rathaus, Sitz des Regierungspräsidenten Residenzet und Apotheke Lejonet in einem Jahrhundertwendebau) …

Stortorget mit Reiterstandbild König Karl X Gustav, der die ehemals dänischen Provinzen Skåne, Blekinge und Halland eroberte und sie durch den Frieden von Roskilde (1658) endgültig mit dem schwedischen Reich vereinte.
„Lejonet“ bedeutet „Löwe“. Die Gründung der ältesten Apotheke Malmös geht auf das Jahr 1571 zurück.

… und dem kopfsteingepflasterten und von Fachwerk gesäumten Lilla Torget.

Selbstverständlich trifft man beim Herumschlendern in der Altstadt auch immer wieder auf einfache historische Wohnhäuser.

Das älteste Gebäude der Stadt ist die St. Petri Kyrka, die im 14. Jahrhundert im Stil der Backsteingotik errichtet wurde. Sie hat einen geschnitzten Hochaltar und interessante Kalkmalereien in der Taufkapelle – und offenbar auch sehr eigenwillige Pianisten.

Malmö zeichnet sich durch ein spannendes Mit- und Nebeneinander von historisch Gewachsenem und Modernität aus. So war beispielsweise bei unserem Besuch wahrnehmbar, dass die Stadt ihre liberale Position beim Thema „Diversität“ auf unterschiedliche Weise zu verdeutlichen versucht. Wir fanden die Abfalleimer in Regenbogenfarben zwar eher peinlich, aber die bunten Sitzbänke und Fahnen wirkten im Stadtbild erfrischend. Auch einige Schilder wurden ihrer Funktion als Ausrufezeichen durchaus gerecht.

Malmö hat im Laufe der Jahrhunderte schon viele Höhen und Tiefen erlebt. Es war im Mittelalter Zentrum der Heringsfischerei. Unter dänischer Herrschaft blühten ab dem 15. Jahrhundert Geldwirtschaft und Handel. 1658 fiel die Stadt im Frieden von Roskilde an Schweden. Ab 1800 erfolgte eine zum Teil stürmische Industrialisierung. Malmö wurde durch die Werftenkrise ab 1980, einhergehend mit hoher Arbeitslosigkeit und sozialem Niedergang, schwer gebeutelt. Insbesondere der Bau der Öresundbrücke (Eröffnung Sommer 2000) beschleunigte die wirtschaftliche Erholung Malmös erheblich. Inzwischen hat sich die Stadt wieder zu einem der wichtigsten Handelszentren Schwedens gemausert, was sich nicht zuletzt bei den Immobilienpreisen zeigt. Heute ist Malmö mit circa 350.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Schweden.

Wir wollten gerne anhand des neuen Vorzeigeviertels Västra Hamnen nachvollziehen, wie sich der wirtschaftliche Aufschwung am Beispiel einer neu gestalteten ehemaligen Industriebrache architektonisch darstellt. Das weithin sichtbare Wahrzeichen von Västra Hamnen ist der Turning Torso, ein 190 Meter hoher gewundener Turm. Das Wohngebiet wurde ab 2001 entwickelt und gebaut. Uns zog es zunächst in den Yachthafen. An klaren Tagen kann man von dort die Stadtsilhouette von Kopenhagen erkennen. Hier ein paar Eindrücke von Västra Hamnen:

Unser Västra-Hamnen-Fazit: Wir fanden zwar viele Gebäude für sich durchaus interessant und ansprechend. Manche sogar schön, aber gleichzeitig unnahbar. Das Ganze wirkte irgendwie blutleer auf uns. Man fühlte sich als Einzelner etwas verloren. Breite Straßen, wenig Verkehr, leere Spielplätze. Trotz des schönen Wetters war kaum jemand draußen. Die Frage, ob diese Art des Wohnens zu mehr Lebensqualität führt, bezweifeln wir nach unserem Rundgang.

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