Kopenhagen – jung, mobil, hip

Auf der Rennliste der beliebtesten Städte hat sich Kopenhagen quasi dauerhaft einen Platz unter den Top 5 erobert, zumindest in Europa – 2019 noch vor Florenz, Barcelona und Rom. Das hatte sich medial schon auf unterschiedlichen Wegen angekündigt. Als selbst Fernsehzeitschriften (wer kauft denn sowas?!) Porträts der dänischen Hauptstadt brachten und „hyggelig“ das anheimelnde Adjektiv „gemütlich“ im deutschen Sprachgebrauch zu verdrängen schien, war es für uns höchste Zeit, dem ältesten Königreich der Welt einen Besuch abzustatten. Wobei unser Hauptreisegrund im Mai 2019 rein persönlicher Art ist: Unser jüngster Sohn studierte in Kopenhagen, und da verstandes sich von allein, dass wir ihn in seinem natürlichen Habitat erleben wollten. Gedacht, getan. Rasch war über Airbnb eine nette, zentral gelegene Wohnung (in der Hamletsgade in Nørrebro) ausfindig gemacht, ein günstiger Flug gebucht, ganz klassisch ein Reiseführer gekauft und schon ging’s los.
Ach ja, eins noch vorweg, damit das Thema gleich abgehakt ist: Stimmt, Kopenhagen ist teuer – aber man kann hier durchaus ein paar Tage verbringen, ohne sich (im Vergleich zu anderen europäischen Städten) finanziell zu verheben.

Uns hat Kopenhagen begeistert.
Der erste Eindruck: überschaubar (es gibt kaum echte Hochhäuser), im Detail wuselig (Achtung: Radfahrer allüberall), relativ leise, wenig Reklame, freundlich, entspannt, unaufgeregt, leger (bei Kleidung geht alles, solange sie hauptsächlich schwarz-weiß-grau ist 🙂 ), pastell statt grell, offen und international (Englisch ist  zweite Hauptsprache und wird fast überall mit großer Selbstverständlichkeit benutzt) und gute Luft zum Atmen gibt es dank des mäßiges Autoverkehrs auch noch …

Stadterkundung in Kopenhagen ist sehr gut zu Fuß möglich. Und wenn die Füße nicht mehr wollen oder es regnet, kann man auf das ausgezeichnete öffentliche Verkehrsnetz zurückgreifen. Es heißt, dass man hier an keiner Stelle weiter als 350 Meter von einer Haltestelle oder einem Bahnhof entfernt sein soll. Na, wenn das mal stimmt.
Wir hatten Glück mit dem Wetter und waren meistens per pedes unterwegs. Schier endlos kann man immer am Wasser entlanggehen und einen faszinierenden Eindruck von der Skyline der Stadt bekommen. Vielleicht mit der Meerjungfrau beginnen (die definitiv zu den am meisten überschätzten Sehenswürdigkeiten zählt, ähnlich dem Manneken Pis in Brüssel), dann immer in Richtung Süden. Natürlich kann man das auch bequem mit einem Schiff machen, aber dann eben nicht mit Zwischenstopps und Abstechern. Bei gutem Wetter sitzen überall Menschen an und auf den Kaimauern, die die Atmosphäre genießen. Übrigens ohne Verzehrzwang, Picknick ist durchaus OK. Niemand wird schief angesehen, der mit einem Wunschgetränk und einem Imbiss am Wasser sitzt. Wer’s gern professioneller mag, möge am Nyhavn entlangschlendern. Früher war die Gegend mal berüchtigt, mittlerweile hat sich der Straßenzug zur Touristenmeile mit mehrsprachigen Speisekarten herausgeputzt. Hier steht auch das älteste Haus Kopenhagens (Nr. 9, ein blaues Häuschen) mit der Jahreszahl 1681.
Natürlich werden wir mit dieser Kurzdarstellung nicht einmal annähernd den vielen touristischen Attraktionen der Stadt gerecht … Wichtig für den Kurzbesuch ist, dass die meisten Sehenswürdigkeiten im Innenstadtbereich liegen und bequem „abgewandert“ werden können. Ein schöner Blick über die Stadt ergibt sich nach einem sanft ansteigenden Spaziergang den Runden Turm hoch. Er heißt sinnigerweise „Schneckengang“ und windet sich 7,5mal um den hohlen Kern des Turms, und zwar in Kutschenbreite. Denn der Auftraggeber, König Christian IV (Mitte 17. Jh.), wollte die knapp 35 Meter Höhe keinesfalls zu Fuß erklimmen. Auf der Turmplattform hat man einen 360-Grad-Rundumblick auf Kopenhagen. Das lohnt sich auf jeden Fall, zumal man auf halber Höhe beispielsweise auch noch den Bibliothekssaal besuchen kann, wo es ständig wechselte Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen gibt.
Und wer es ein bisschen „verrucht-alernativ“ mag, macht einen Abstecher nach Christiana, wo auf offener Straße, in der Pusher Street, vieles angeboten wird, was die Sinne vernebelt.

Man nimmt direkt wahr, dass Architektur und Design in Kopenhagen eine besondere Rolle spielen. Das zeigt sich nicht nur an den großen repräsentativen Bauten, wie bespielsweise der Oper oder dem Schwarzen Diamanten (dem modernen Teil der Königlichen Bibliothek), sondern auch vielfach im Kleinen. Kopenhagen ist sozusagen der „natürliche Ort“ für ein „Danish Architecture Centre“ (nat. Zentrum für Entwicklung und Verbreitung von Wissen über Architekur, Gebäude und Stadtentwicklung) oder für ein Designmuseum (weltweit größte Sammlung dänischer Designobjekte, vor allem Stühle!). Wir fragen uns, wie es sein kann, dass sich ein so kleines Land mit nur etwa 5,7 Mio. Einwohnern ein solches Standing in Architektur- und Designfragen erarbeitet hat. Das ist weit mehr als „Form folgt Funktion“ in Bauhaus-Manier. Modernes dänisches Design geht in eine Konzeptrichtung („Form folgt Konzept“), wobei Nachhaltigkeit, Individualität und Einfachheit/Klarheit die tragenden Säulen zu sein scheinen und die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk fließend sind.
Apropos Kunst: Kopenhagen hat ein reichhaltiges Angebot an zeitgenössischer Kunst. Wir haben auf mehrfache Empfehlung einen halben Regentag zu einer Fahrt mit dem Regionalzug ins nördliche Humlebæk zum Louisiana Museum für Moderne Kunst genutzt. Ein rundum schönes Erlebnis. Das villenartige Museumsgebäude ist in eine Parklandschaft eingebettet, die direkt am Meer (Øresund) liegt. Neben zeitgenössischer moderner Kunst gibt es hier mehrmals im Jahr Sonderausstellungen. Wir hatten Glück mit Pippilotti Rist, die u.a. Installationen kreiert, die das Raumzeitgefühl ziemlich durcheinanderwirbeln.

Essen und Trinken hält bekanntermaßen Leib und Seele zusammen. In Kopenhagen braucht deshalb niemand um sein Seelenheil zu fürchten. Denn davon verstehen die Dänen einiges. Auch Gourmets pilgern gerne dorthin, weil sie für unterschiedliche Geschmäcker reichlich Angebot finden. Da ist zum einen die internationale Küche – wir haben koreanisch, amerikanisch (nein, keine Burger!) und nepalesisch gegessen, aber selbstverständlich auch dänisch. Der Klassiker schlechthin zur Mittagszeit ist das Smørebrød, ein Stück deftiges Roggenbrot, das man idealerweise wegen des reichlichen Belags (Krabben, Kaviar, Ei, Schweinebraten, Avocado …) nicht sehen darf. Ein echtes Highlight war für uns Kødbyens Fiskebar, wo es frischen Fisch in allen Aufbereitungsformen gibt, und zwar in originellem Ambiente, d.h. in ehemaligen Viehauktionshallen. Wir saßen direkt am Tresen am Eingang zur Küche. Es hat Spaß gemacht, das geschäftige Treiben zu beobachten. Und das Essen war richtig lecker. Empfehlung für Leute, die für ihr Geld arbeiten müssen: einfach blind mit der Kreditkarte zahlen, sonst hat man im Nachhinein das Gefühl, vielleicht doch eine Fischvergiftung eingefangen zu haben 😉

Wer gerne als verkappter oder offen bekennender Monarchist nach London fährt, wird auch in Kopenhagen auf seine Kosten kommen. Wir interessieren uns (leider?) nicht so sehr für das ganze Wer-mit-wem, Fähnchenschwenken und Winken vom Balkon. Fakt ist wohl, dass die „Königs“ in Kopenhagen sehr volksnah und geerdet sind (und vielleicht gerade deshalb genauso oft auf Abwege geraten wie wir Normalos?). Jedenfalls bietet Kopenhagen auch hier das volle Programm: Wachwechsel am Schloss Amalienborg (na klar: Wenn der König zu Hause ist, weht auf dem Dach der Dannebrog, die dänische Flagge).

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