Unterwegs in Sulawesi: Fundstücke und Begegnungen

Insbesondere bei unserer Rundtour durch den südlichen Teil von Sulawesi verbrachten wir – wenig überraschend – viel Zeit im Auto. Diese Touren waren nicht nur auf ein zu erreichendes Tagesziel ausgerichtet. Auch der Weg dorthin war Teil des Ziels. Denn wir legten immer wieder kurze Stopps ein, die schlaglichtartig eine bestimmte Facette dieses interessanten und immer noch sehr authentischen Teils von Indonesien beleuchteten. An dieser Stelle sind wir unserem Fahrer Syarif („Ari“) zu besonderem Dank verpflichtet. Ohne ihn hätten wir vieles nicht gesehen und aus erster Hand kennengelernt. Zumeist sind es Menschen, die Ari irgendwann einmal bei seinen Touren getroffen und zu denen er eine Beziehung aufgebaut hat.

Wir listen hier einige Mosaiksteine auf, die nur subjektiv und zufällig ausgewählte Teile eines Gesamtbildes sind, aber dennoch zum Verständnis der Vielfalt Indonesiens beitragen können.

  • Besuch bei einer Familie, die vom Palmzucker lebt: Bei unserer Ankunft ist der „Herr des Hauses“ gerade auf eine Palme geklettert. Er klettert in atemberaubender Geschwindigkeit hinunter, um uns begrüßen. Sodann krabbelt er gleich wieder hoch. Wir schauen bei seiner Frau vorbei, die den Saft der Blütenstände von Zuckerpalmen durch Erhitzen und ständiges Rühren zu einem zähen Sirup verkocht, diesen zum Abkühlen in diverse Behälter wie Kokosschalen-Hälften und dergleichen füllt und die Einheiten beispielsweise auf dem Markt verkauft.
An die Palme angelehnt: die Leiter, an der der Kokosbauer in Windeseile hoch- und hinunterklettert – barfuß und ohne irgendeine Sicherung.
  • Besuch bei einer Familie, die eine kleine Weberei in Bira betreibt – wobei das Weben fest in Frauenhand ist.
  • Halt an der Straße, wo eine Gruppe Arbeiter aus dem Fluss Sand gewinnt – und auf diesem Weg zur Unterspülung der Straße beiträgt.
Der Sand wird mit einer Pumpe hochgesogen..
Das Wasser-Sand-Gemisch wird in ein Becken gepumpt.
Trennung von Sand und Wasser durch ein Sieb; das Wasser läuft dann in den Fluss zurück.
  • Ein Motocross-Rennen im Reisfeld, bei dem die Motorräder mit Reissäcken beschwert werden.
  • Auf eine Kokosnuss – ein Schwätzchen mit Kokosnussverkäuferinnen, die nur wenig Englisch konnten, was jedoch nicht wirklich gestört hat 😊.
  • Der Blautopf von Sulawesi: eine Süßwasserquelle, die das Wasser in den schönsten Blautönen schillern lässt. Wir waren die einzigen Besucher und wären sehr gerne hineingesprungen!
  • Die Plastik-Lehrgärten, in denen auf kreative Weise Plastikmüll verarbeitet und gleichzeitig aktive Wissensvermittlung über Pflanzen betrieben wird.
  • Typische Bugihäuser, häufig auf Stelzen, und oft in Gegenden, die Ari mit „fish and rice – no money“ beschreibt
  • Wasserbüffel: Diese starken und prächtigen Tiere kamen in früheren Zeiten auch auf den Reisfeldern zum Einsatz. Heute dient die Wasserbüffelzucht in Sulawesi im Grunde ausschließlich einem Zweck: der rituellen Opferung bei Beerdigungszeremonien. Und bis dahin haben die Kolosse ein feines Leben. Sie werden gehegt und gepflegt. Seltenere Exemplare (mit besonderer Fellprägung, Albinos) erreichen erreichen Verkaufspreise in Höhe von mehreren zehntausend Euro. In Rantepao, dem kulturellen Zentrum von Tana Toraja, gibt es großen Wasserbüffelmarkt, wo die Tiere in regelmäßigen Abständen gehandelt werden.
Bestimmte Futtermittel werden den Wasserbüffeln per Hand verabreicht.
Die Tiere werden rund um die Uhr gepflegt.
Albino
  • Indonesien ist ein Raucherparadies: Die Mehrheit der männlichen Bevölkerung des 263-Millionen-Einwohner-Landes huldigt dem blauen Dunst (57 Prozent) – damit ist Indonesien Spitzenreiter. Man schätzt, dass etwa 270.000 Kinder täglich zur Zigarette greifen. Geraucht wird fast überall, auch in Läden und Restaurants. Sehr beliebt sind insbesondere bei jungen Männern Nelkenzigaretten, die einen hohen Suchtfaktor haben sollen. Der Zugang zu Zigaretten ist sehr niedrigschwellig: Sie sind sehr billig und werden auch einzeln verkauft. Größter Profiteur dieser Entwicklung ist die Tabakindustrie, die hohe Gewinne erzielt und als Sponsor für unterschiedliche gesellschaftsrelevante Organisationen und Veranstaltungen auftritt.
Zum Trocknen am Straßenrand ausgelegte Tabakblätter.

Kunsthandwerk in Sidemen

Indonesisches Kunsthandwerk hat einen internationalen Ruf. Der Begriff, der einem zuerst einfällt, ist sicherlich „Batik“. Das Wort stammt aus dem Javanischen und ist zusammengesetzt aus „amba“ (schreiben) und „titik“ (Punkt). Die Entwicklungsgeschichte von Batik ist bis ins 12. Jahrhundert belegt. Die Batikfarben und -formen sind sehr vielfältig.

Es wäre vermessen zu meinen, man könnte das Thema „indonesisches Kunsthandwerk“ im Rahmen eines Blog-Posts zufriedenstellend abhandeln. Deswegen greifen wir hier beispielhaft ein paar Facetten auf, die wir in Sidemen – dem eigenen Interesse folgend – näher betrachtet beziehungsweise erlebt haben.

1. Die sogenannten Lontar-Schriften (Palmblätterschriften) stehen in einer jahrhundertealten hindu-buddhistischen Traditionslinie. Sie zählen zu den wichtigsten Geschichts- und Kulturtexten der balinesischen Kultur und decken unterschiedliche Themenfelder ab, die von religiösen Erzählungen über Gesundheitsregeln bis zu Illustrationen reichen. Für die Balinesen ist Lontar die Manifestation von göttlicher Erkenntnis. Deshalb feiern sie halbjährlich Lontar-Zeremonien (Kliwon Wuku Watugunung).

Wir trafen eine junge Frau, die uns anhand von praktischen Beispielen demonstrierte, wie diese Technik funktioniert. Für Lontar werden die Blätter der Asiatischen Palmyrapalme verwendet, die u.a. in Ostbali heimisch ist. Die Blätter müssen bestimmte Maße haben und werden in einem aufwendigen Verfahren halt- und beschreibbar gemacht. Die Schriftzeichen, Symbole und Darstellungen werden mit mit einer Art stumpfem Messer eingeritzt. Es darf nur die Oberfläche des Palmblattes durchdringen. Diese „Gravuren“ werden dann mit Kerzennussasche (auch „Lichtnuss“) gefüllt; die überschüssige Flüssigkeit wird abgewischt.

2. Wer durch Bali reist, kommt unweigerlich – insbesondere in den touristisch geprägten Orten – an Silberschmuckläden und -werkstätten vorbei. Beliebt bei Touristen sind Workshops, bei denen man unter fachkundiger Leitung sein persönliches Schmuckstück herstellen kann. In unmittelbarer Nachbarschaft unserer Unterkunft in Sidemen entdeckten wir beim Nachhausegehen ein Schild „Mei Silver Class“ schauten dort vorbei und Eva entschied sich, am nächsten Tag an einem Workshop mit Mei teilzunehmen.

Im ersten Schritt wird dabei eine bestimmte Menge Silber zusammen mit etwas Kupfer (zur Härtung) zu einem Werkstück verschmolzen.

Sodann wird der Rohling in mehreren Teilschritten mit einer Walze in einen Strang geformt.

Danach wird der Strang in die gewünschte Schmuckstückform gebracht, gehämmert, geschliffen, geätzt und zum Schluss poliert.

Et voilà, das Schmuckstück ist bis aufs Polieren fertig!

3. Sidemen gilt als Zentrum für die sogenannte Songket-Weberei. Dabei werden dem Stoff zusätzliche Gold- oder Silberfäden eingefügt. Songket-Stoffe waren früher der oberen Kaste vorbehalten. Die Webereien, die wir besucht haben, bieten jedoch, dem Kundenwunsch entsprechend, auch andere Stoffe an. Denn Songket-Stoffe haben einen großen Nachteil: Man kann sie nicht einfach in die Waschmaschine stecken 😉.

Eine Mehrheit der angebotenen Schals, Wickelröcke und Schultertücher wird in der Ikat-Technik erstellt. Das Wort bedeutet „verbinden, verknoten“.

Meistens befinden sich die Webstühle in separaten Räumlichkeiten, manchmal aber auch direkt im Verkaufsraum. Übrigens sind in vielen Privathäusern Sidemens gleichfalls Webstühle anzutreffen, die durchaus noch in Benutzung sind.

Abschließend noch eine kurze Demonstration dieser aufwendigen Handwerksarbeit, die hohe Konzentrationsanforderunden stellt:

PS: Natürlich haben wir bei dieser Vielzahl an schönen Stoffen auch das eine oder andere Mitbringsel erstanden 😉.