Nuraghe Palmavera bei Alghero

Nuraghen sind Turmbauten, die typisch für Sardinien sind. Man schätzt, dass insgesamt 10.000 auf der Insel errichtet wurden, von etwa 7.000 sind Überreste vorhanden. Sie konzentrieren sich auf das Zentrum und den Westen Sardiniens.

Auf einer Rundreise wie wir sie über zwei Monate unternehmen, sieht man immer wieder Hinweise auf die Nuraghenkultur (etwa 1600–400 v. Chr.). Sie ist ein entscheidender Faktor des Identitätsverständnisses der Sarden, weil sie als Ursprungskultur empfunden wird.

Nuraghen sind baulich sehr unterschiedlich. Ihr Zweck und ihre Nutzung sind wissenschaftlich nicht zweifelsfrei belegt. Man kennt sie als Kultstätten, Grabanlagen oder Wohn- und Befestigungskomplexe.

Bei unserem Aufenthalt in der Nähe von Alghero bietet sich der Besuch der sehr gut erhaltenen und restaurierten Nuraghe Palmavera an – sie liegt nur ein paar Kilometer von unserem Campingplatz entfernt (an der Straße von Fertilia nach Porto Conte) und ist zudem gut per Fahrrad zu erreichen. Sie wurde zwischen dem 15. und 8. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Sie sah etwa so aus:

Besonders beeindruckend ist der etwa acht Meter hohe Zentralbau. Er bildet den Mittelpunkt eines 879 m² großen und von einer eckigen Mauer umfassten Hofes. In die Mauerecken sind drei kleine Rundtürme und die große so genannte „Versammlungshütte“ (Capanna delle Riunioni) eingegliedert.

Die Versammlungshütte wurde wahrscheinlich auch für rituelle Zwecke verwendet.

Die Infotafeln auf dem Gelände liefern in italienischer und englischer Sprache ausreichend Informationen, um das Wesentliche der Anlage zu erfassen. Sehr angenehm ist, dass man sich auf dem Komplex frei bewegen und durch den teilweise erhaltenen bzw. restaurierten inneren Komplex der zentralen Einheit klettern kann. Das vermittelt Besuchern einen unmittelbaren Eindruck.

PS: Die Cafeteria bietet leckere Snacks und guten Kaffee zu zivilen Preisen.

Sant‘Antioco – schöne Strände, schroffe Felsen

Die Isola di Sant‘Antioco im Südwesten ist mit 109 Quadratkilometern, einer Länge von 18,9 Kilometern und einer Breite von 8,2 Kilometern Sardiniens zweitgrößte Insel. Sie hat etwa 14.000 Einwohner. Also alles in allem recht überschaubar.

Ihre wesentlichen Kennzeichen sind schroffe Felsküstenabschnitte, (zumeist kleinere) Traumbuchten und Karibikstrände, ausgedehnte Feldflächen, alte Kulturen, entspannte Atmosphäre, gute Rad- und Wanderwege (😊).

Wir haben hier Anfang Oktober 2025 vier Tage verbracht und die Insel von einem Campingplatz (Camping Tonnara, etwa auf halber Höhe auf der Westseite) aus vor allem per Fahrrad und zu Fuß erkundet. Der Campingplatz ist in Terrassen angelegt und hat eine sehr gute Infrastruktur, einschließlich eigenem Pizzabäcker und einer sehr coolen Bar). Er liegt direkt an einem kleinen Strand (Cala Sapone), der auf beiden Seiten von einer Felszunge umgeben ist.

Blick auf Camping Tonnara
Einige der Sitz- bzw. Liegegelegenheiten der Bar

Die Tageshöchsttemperaturen bewegten sich während unseres Aufenthalts um 25 Grad, also bestes Radwetter.

Unsere erste Tour ging Richtung Nordwesten, nach Calasetta, dem Fährhafen für die Nachbarinsel Isola di San Pietro. Das Städtchen ist vor etwa 200 Jahren quasi auf dem Reißbrett entstanden, als hier ligurische Flüchtlinge aus dem französischbesetzten Genua zwangsangesiedelt wurden. Alle Straßen verlaufen rechtwinklig zueinander. Das Wahrzeichen ist ein Wachtturm an der höchsten Stelle.

Der Weg nach Calasetta ist im Grunde reizvoller als die kleine Hafenstadt, denn man kommt an wunderschönen Stränden und einer Küste vorbei, die immer wieder zu einem kleinen Halt einlädt, weil sie das Schauen zum Erlebnis macht.

Cala Lunga

Die zweite Radtour, Richtung Süden zum Capo Sperone, war um einiges anspruchsvoller und vielseitiger. Auch diesmal wieder herrliche Panoramen, aber auch ein spannender Einblick in die reiche historische Vergangenheit von Sardinien. Wir legten einen Zwischenstopp bei den sogenannten „Grabkammern der Riesen“ ein. Sie sind ein beeindruckender Beleg der Nuraghenkultur (Bronzezeit, ab 1.600 v.Chr.).

Nicht alle Streckenabschnitte ließen sich im Sattel bewältigen, manchmal half nur noch Schieben 😓.

Ein besonderer Höhepunkt der an Highlights reichen Tour war der Besuch des Torre Cannai. Er schließt sich an einen von mehreren langen Badestränden an der Südostseite Sant’Antiocos an. Der Küstenwachturm selbst ist ein beeindruckendes Bauwerk, aber seine Lage und die liebevolle Gestaltung seines unmittelbaren Umfelds ist geradezu spektakulär. Ein Ort der Ehrfurcht und der inneren Einkehr.

Solche Naturschönheiten klingen noch lange nach. Sie wirken doppelt intensiv, wenn man sie teilt. Und bei einem Aperitif Revue passieren lassen kann.