Balinesisches Mondfest im Tempel

Wenn man nach Bali kommt, fällt sofort die Gläubigkeit der Menschen ins Auge. Aus Java kommend ist das grundsätzlich für uns kein ungewohntes Bild. Aber Java ist ganz überwiegend muslimisch geprägt, während die Balinesen mehrheitlich der Hindu-Dharma-Religion angehören, einer speziellen, balinesischen Form des Hinduismus.

Spiritualität und Rituale bestimmen den balinesischen Alltag. Tempel, groß wie klein, sind allgegenwärtig, weshalb Bali auch die „Insel der 1.000 Tempel“ genannt wird.

In Pemuteran sind auch Moslems im Straßenbild, zum Beispiel Frauen und Mädchen, die im flatterndem Hijab auf dem Motorroller vorbeiknattern. Und der Gebetsaufruf des Muezzin, der Adhan (Azān), ist auch hier unüberhörbar. Nur: Uns kommt es uns fast so vor, als würden Muslime und Hindus sich einen Wettstreit liefern, denn zeitweilig parallel zum Muezzin erklingen am Abend verschiedene Gamelan-Instrumente, mal einzeln, mal zusammen. „Gamelan“ ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche traditionelle Musikensembles in Indonesien: Metallophone. Gongs, Saiteninstrumente, Trommeln, Flöten usw.

Wenn wir nun am Abend bei einem kühlen Bier auf unserer kleinen Terrasse den Tag Revue passieren lassen, fragen wir uns, ob denn das wohl immer so ist in Bali.

Nein, erfahren wir von unserem Gastgeber Budi beim Frühstück, aber möglicherweise hätten wir gemerkt, dass Vollmond sei. Und Vollmond spielt im Kalender der Bali-Hindus eine besondere Rolle.

Zu Vollmond veranstalten die Gläubigen ein Tempelfest, und was wir da hören, ist quasi die musikalische Vorbereitung, das Warmspielen.

Unser Interesse ist sofort geweckt, also ziehen wir gegen Abend los. Die ersten beiden Tempel, die wir ansteuern, bereiten sich ganz offensichtlich nicht auf eine Zeremonie vor. Aber dann, fast wollen wir aufgeben, sehen wir an der Hauptstraße, dass da etwas los sein muss. Der Verkehr wird von speziell gekleideten Ordnungskräften geregelt, die Gamelanmusik wird lauter. Es geht eine lange geschmückte Treppe hinauf.

Oben betritt man eine Art Vorplatz. Hier sitzt zur Rechten das Gamelanorchester, dessen Darbietung für unsere Ohren zunächst atonal wirkt. Aber die Wahrnehmung verändert sich mit der Zeit unserer Anwesenheit.

Hier eine kurze Hörprobe:

Ständig gehen festlich-elegant gekleidete Frauen an uns vorbei, die auf dem Kopf mit Gaben gefüllte bunte Körbe ins Tempelinnere tragen. Gaben und auch Geldspenden werden in Listen, die am Rand des Vorplatzes aushängen, angegeben.

Auf dem Vorplatz begrüßt uns freundlich ein Herr, der uns bereitwillig die Abläufe erklärt und uns darauf hinweist, dass wir den inneren Tempelbereich nur mit einem Sarong und einem geknoteten Gürtel betreten dürfen.

Eva hat ein Tuch dabei, also gehen wir nacheinander hinein. Dabei bestätigt sich, dass es nicht unbedingt gleich gut aussieht, wenn zwei Menschen das Gleiche tragen 🤔.

Der Zweck heiligt die Mittel.

Im inneren Tempelbereich geht es gleichzeitig förmlich-rituell und fröhlich-entspannt zu. Vielleicht hat das damit zu tun, dass die Gläubigen ohne Nachdenken stets genau wissen, was wie zu tun ist, weil sie die Prozesse und Regeln durch ständige Wiederholung verinnerlicht haben.

Hier beten einige Gläubige, die aus anderen Gemeinden angereist sind.
Der „Heiler“ sitzt etwas abseits und hat in der Gemeinschaft eine zentrale Stellung.

Weiter vorne türmen sich die Gabenkörbe in farbfroher Opulenz.

Die Gaben werden am nächsten Morgen von den Gemeindemitgliedern verspeist.

Wir wurden als Fremde von allen Seiten mit einem offenen Lächeln bedacht, so dass wir uns stets willkommen fühlten. Ein schönes Erlebnis!