(1) Porto Flavia – Bergbau in Westsardinien

Die Provinz Sulcis Iglesiente (Haupstadt Iglesias) in Westsardinien hat eine alte Bergbautradition, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Seinerzeit brachten die Silberminen den Wohlstand. Mit deren Erschöpfung stellte sich ein allmählicher wirtschaftlicher Niedergang ein. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Ende des spanischen Lehensystems im Bergbau) begann der Wiederaufschwung im großen Maßstab mit dem Abbau von vor allem Blei und Zink, auch Eisen, Silber, Magnesium, Antimon. Unter Mussolini wurde der Bergbau in dieser Region aus Gründen der Autonomie stark forciert. Nach dem Ende des Faschismus waren viele sardischen Bergbauprodukte auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig.

Als stille Zeugen der Industriegeschichte kann man heute in Inglesiente stillgelegte Bergwerke und Förder- und Verarbeitungsanlagen für Mineralien sowie Museen besuchen.

Ein beeindruckendes Beispiel ist der stillgelegte Verladehafen Porto Flavia in Masua. Schon das Umfeld ist spektakulär: Der Blick aufs Meer wird magnetisch angezogen vom 132 Meter hohen Felskegel Pan di Zucchero.

Bis Anfang der 1920-Jahre mussten die Bergarbeiter hier unter schwerster körperlicher Belastung Mineralien wie Zink und Blei in Körben zu kleineren Schiffen tragen, die die Bodenschätze dann zu größeren Schiffen transportierten. Dann ersann ein italienischer Bergbauingenieur namens Cesare Vecelli (1881-1947) ein revolutionär neues Verfahren, das er nach seiner ältesten Tochter Flavia benannte. Unter seiner Leitung wurden 1923/24 zwei lange Tunnel in das Bergmassiv gebohrt. Die Bodenschätze wurden mit einer Elektrobahn über Schienen zu 10 Meter tiefen Trichtern transportiert und fielen sodann auf ein Förderband, das über dem Meer mit einem beweglichen Arm verbunden war. Auf diese Weise ließen sich auch größere Schiffe direkt beladen. Auf einem historischen Foto wird das folgendermaßen dargestellt:

Meerseitig sieht der Stollenausgang so aus:

Die Anlage wurde nach ihrer Schließung in den 1980-Jahren restauriert und kann heute im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Der Blick aufs Meer und den Felskoloss Pan di Zucchero vom offenen Schacht aus ist eine prägende Erinnerung.

Die Anlage ist einzigartig auf der Welt und ihre Konstruktion gilt als ingenieurtechnische Glanzleistung.

Cesare Vecelli, 1881-1947