Südwestspitze der Algarve

Wir fühlen uns, als hätten wir mit Blick auf unseren Campingplatz den Jackpot geknackt: Der „Yellow! Village Turiscampo“ in Luz an der Südwestalgarve ist mit seiner Anlage (u.a. mehre Swimmingpools, Restaurants, beste Sanitäreinheiten, sehr professioneller Betreiber) ein einsamer Stern. Die Wetter-APP sagt nur „Sonne, Sonne“, was will der Camper mehr. Wir buchen also gleich sieben Nächte. Warum weiterziehen, wenn es schön ist? Hier gibt’s schließlich einiges zu erkunden.

Die erste Wanderung (insgesamt ca. 11 km) von Luz aus geht immer an der Küste entlang bis nach Burgau – wo es auch wieder einen Strand gibt. Nicht zu groß, wenig los. Ein netter Ort zum Chillen. Dann nehmen wir uns einen Tag, um ein paar Hightlights abzufahren: Ein magischer Anziehungspunkt ist natürlich der westlichste Punkt Europas, das Cabo de São Vicente, mit steil abfallenden Felswänden, tosender Brandung und einem imposanten Leuchtturm, wie es sich für das Ende der Welt gehört. Hier gibt es auch die „letzte Bratwurst vor Amerika„, selbstverständlich echte Thüringer. Die Bude ist schon lange eine über die Medien bekannte Institution. Und für uns ist die Bratwurst das Frühstück.

Nur wenige Kilometer vom Kap entfernt liegt die Ruine einer maurischen Festungsanlage (Forta de Belize), die unbedingt sehenswert ist.

Weiter in Richtung Sagres: Dort folgt dann wiederum eine Festung, die das Tor zu einer kleinen Halbinsel darstellt, die Fortaleza. Hier soll sich (wohl nur) der Legende nach die Seefahrtsschule von Heinrich dem Seefahrer befunden haben. Heinrich (15. Jh) galt als Meister der Navigation. Seine Theorien beruhten auf der alten arabischen Wissenschaft der Astronomie. Die Halbinsel hinter dem Fort lädt zu einen ausgedehnten Spaziergang ein. Die hohen, schroffen Klippen gebieten Abstand. Im hinteren Teil der Halbinsel hört man das „Ungeheuer von Sagres“ brüllen: Mächtige Wellen drücken Luft durch eine horizontale Höhle im Fels – das Schnauben kann durchaus ohrenbetäubend sein, zumal es von einem um die Höhlenöffnung herum gebauten Labyrinth verstärkt wird. Der Eintritt ins Fort lohnt sich auf jeden Fall.

Unser nächster Stopp ist der Stadtstrand von Sagres. Die Praia de Mareta ist wie die Praia do Beliche ein Surferparadies. Was für ein Anblick! Immer wieder versuchen die Wellenreiter (viele liegend, einige stehend) aufs Brett zu kommen, aber nur wenigen gelingt es auch, die Brecher für ein paar Sekunden zu bezähmen. Wir können uns gar nicht sattsehen. Die steigende Flut vertreibt uns vom Strand auf die Terrasse einer Bar, von wo aus wir das Treiben auf dem Meer bei einem Glas Bier weiter verfolgen. Auf jeden Fall die richtige Entscheidung, denn so mancher Sonnenanbeter wird durch die plötzlich vordringenden Wellen jäh aus seinen Träumen gerissen und muss in wilder Panik seinen Platz verlassen – Frauen und Kinder zuerst!

Zambujeira do Mar und der Wanderweg Rota Vicentina

Wir haben uns vier Tage in Zambujeira eingenistet, auf einem Campingplatz, der ganzjährig geöffnet ist. Er liegt ca 800 Meter außerhalb des Ortes, bietet großzügige, in Terrassen angelegte Stellplätze und ist außerordentlich sauber.

Von hier aus unternehmen wir unsere Streifzüge, gehen mal auf dem Küstenwanderweg in Richtung Norden, dann nach Süden. Der Rota Vicentina umfasst eine Gesamtlänge von 350 Kilometer, etwa die Hälfte davon verläuft an der Küste. Immer wieder stockt einem der Atem, weil die Aussicht auf Meer und Brandung, steile Felswände, tiefe Buchten und einsame Strände sicherlich zum Feinsten gehören dürfte, was Europa in dieser Hinsicht zu bieten hat. Immer wieder macht die Kamera „Klick“ und nochmal „Klick“, weil man diese tollen Eindrücke konservieren möchte. Wir haben bestes Wetter, es ist Ende September und für unser Empfinden immer noch sommerlich warm.

Auch zum Radfahren (MTB) gibt es reichlich Gelegenheit.

Etwa drei Kilometer von Zambujeira in nördlicher Richtung entfernt liegt Porto de Pesca, wo die Fischer den Fang jeden Tag frisch anlanden und sozusagen direkt auf den Teller bringen, gleich oben an der Hafenstraße. Wer auf frischen Fisch steht, ist hier goldrichtig!

Übrigens dauern die Wanderungen immer länger als geplant. Zum einen, weil man zum Teil durch tiefen Sand geht, zum anderen, weil man ständig stehenbleibt, um die Natur zu bewundern. Bei Steinesammlern (eine derartige Neigung besteht ja bei den Weermanns ;-)) ist der Rucksack schnell gefüllt. Und die Flora lädt auch stets aufs Neue zum Verweilen ein. Eine Besonderheit hier sind beispielsweise die Lackzistrosen, deren Blattwerk durch das produzierte Harz (Labdanum) ungemein klebrig ist und die daher einen intensiven Duft verströmen. Der ganzen Pflanze inklusive klebriger Masse werden Heilkräfte nachgesagt, weshalb die Menschen in dieser Gegend früher ihre Ziegen in die Lackzistrosenbüsche scheuchten, auf dass sich der „Lack“ in deren Fell ansammeln möge. Daraufhin wurden die Tiere geschoren und die klebrigen Haare ausgekocht. Der Mensch ist nun mal erfinderisch …

Lissaboner Luft schnuppern

Mehr als „schnuppern“ kann man an einem Tag in Lissabon (sprich: Lischboa) nicht. Aber wir sind ein bisschen stadtmüde, daher muss das für einen ersten Flirt mit der portugiesischen Hauptstadt und den Lisboetas, so heißen die Bewohner, reichen. Wir können ja nochmal vorbeischauen, wenn uns danach ist.

Ein sonniger Tag, und wir lassen uns einfach treiben. Nichts muss, alles kann. Nach der Ankunft am U-Bahnhof wollen wir uns erstmal stärken. Gleich gegenüber vom Haupteingang liegt ein großer „Foodmarket“ mit allen erdenklichen Leckereien. Wir bestellen Kaffee und „Pastéis de Nata„, Vanille-Sahnetörtchen in knusprigem Blätterteig. Die kleinen Kalorienhämmer gehören zu Portugal wie der Strand zum Meer. Die Dinger haben definitiv einen extrem hohen Suchtfaktor …

Lissabon ist hip. Selbst in der Nachsaison drängen sich die Touristen an den Plätzen, die „man“ gesehen haben muss. Beliebtes Transportmittel für die Besucher aus aller Herren Länder ist das Tuk Tuk. Die kleinen wendigen Autorikschas, die wir vor allem aus Thailand kennen, flitzen, teils auch in der E-Variante, durch die Gassen, Stadtinfos durch den Fahrer inklusive. Auf jeden Fall eine weniger schweißtreibende Art, das hügelige Lissabon zu erkunden.

Lissabons Charme geht nicht nur auf seine Lage am Fluss zurück. Der Blick auf den Tejo ist aus vielen Perspektiven schön, sowohl unmittelbar vom Ufer wie von den höheren Lagen der Stadt. Es ist auch das Nebeneinander von Modernität und Internationalität und Altem, Stehengebliebenem. Gerade in den historischen Stadtvierteln findet man noch kleine Cafés, Läden in bester Tante-Emma-Manier, Stehkneipen. Und immer wieder rumpeln die altmodischen Straßenbahnen hügelauf und -ab. Legendären Ruf genießt die Linie 28, die an vielen zentralen Sehenswürdigkeiten vorbeiführt und zum Touristenpflichtprogramm gehört. Es ist übrigens durchaus eine Herausforderung, in der 28 einen Sitzplatz zu ergattern! Und ein Riesenspaß, am offenen Fenster mit dem musealen Gefährt im Zentimeterabstand an parkenden Autos oder an Touris vorbeizuschrammen, die sich verschreckt an die Hauswände pressen,

Die Straßenbahnen sind nicht die einzige Gemeinsamkeit zwischen Lissabon und San Francisco. Eine weitere Parallele ist das Erdbebenrisiko. Das letzte große Beben ereignete sich 1755; die nächste größere Erschütterung wird in absehbarer Zeit erwartet. Und die stadtnahe Brücke Ponte 25 April über den Tejo erinnert von der Bauweise sehr an ihren Gegenpart auf der anderen Seite des Atlantiks.

Lissabon hat viele Gesichter. Eines davon ist pompös und stolz. Geht man über den weitläufigen Praço do Comércio und schaut in Richtung Triumphbogen (Arco Triunfal), dann wird schlagartig klar, dass Portugal in früheren Zeiten eine Weltmacht war, deren Reichtum sich vor allem auf Kolonien in Afrika und Südamerika gründete. Aber das ist lange her … Ein besonderes Ereignis der jüngeren Geschichte ist sicherlich die Überwindung der langjährigen Diktatur im Jahre 1974 (Nelkenrevolution). Seitdem hat sich das einstige „Armenhaus Europas“ vor allem mit der finanziellen Unterstützung durch die EU zu einem modernen Land entwickelt, das in vielen Bereichen auf Augenhöhe mit den anderen EU-Staaten agiert. Und Lissabon braucht den Vergleich mit beliebten europäischen Metropolen beileibe nicht zu scheuen. Für uns ist nach dem ersten Tête-a-Tête jedenfalls klar: Wir freuen uns auf ein Wiedersehen.

Sintra – alle müssen hin!

Sintra, etwa 30 Kilmeter nordwestlich von Lissabon, einstige Sommerresidenz der portugiesischen Königsfamilie, UNESCO-Weltkulturerbe, Touristenattraktion ersten Ranges. Und wenn so viele Besucher (vor allem in den Sommermonaten) kommen, muss alles reibungslos organisiert sein. Bei „Sintra“ handelt es sich gleichermaßen um einen Ort und einen Komplex aus mehreren ikonischen Bauwerken: Palacio Nacional (Stammsitz der Könige des Hauses Avis) – charakteristisches Merkmal sind die konischen Küchenschornsteine -, Castelo dos Mouros (erhalten ist nur noch eine imposante Ruine), Palacio da Pena (ebenfalls königliche Sommerresidenz), ein aufwendiger Bau im mittelalterlichen Burgenstil mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bauelemente, errichtet Mitte des 19. Jahrhunderts, unter Einbeziehung eines Klosters aus dem 16. Jahrhundert.

Letzteren haben wir uns angeschaut, er liegt hoch über dem Städtchen. Wie nicht anders zu erwarten, mussten auch wir zunächst für unsere Tickets, dann für den Einlass ins Gebäude (innen strenges Fotografierverbot!) anstehen, aber alles im erträglichen Rahmen. Unangenehm, zumindest für die Nichtbeschirmten 😊, der Nieselregel. Aber der war bestimmt gut für den riesigen Park, der den Bau umgibt.

Aus der Not eine Tugend machend – Park und Burg waren von Nebel eingehüllt – habe ich den Palast ausschließlich in Schwarzweiß fotografiert, das passte besser zu den wetterbedingt beschränkten Möglichkeiten.

Unabhängig vom Wetter ein zweites Mal besuchen? Eher nicht. Die wilde Stilmischung der Gebäude wirkt wenig überzeugend. Und das Ganze bei schönerem Wetter mit bedeutend mehr Besuchern? Da wird man nur noch durch die Gänge geschoben.

Der Ort Sintra kommt dann wieder in Farbe …

Cascais – Perle an der Tejo-Mündung

Cascais (35.000 Einwohner) liegt etwa 25 Kilometer westlich von Lissabon und hat eine direkte Bahnverbindung zur Hauptstadt. Das war auch der Grund, weshalb wir das Städtchen als Basis angesteuert haben.

Aber Cascais verdient durchaus eine eigene Würdigung. Hier und in der Umgebung gibt es nämlich einiges zu sehen und erleben. Am imposantesten ist sicherlich die wuchtige Zitadelle, die viele Jahre als königliche Sommerresidenz diente. Und wenn man die Hafenpromenade entlang- und einige Wohnviertel durchschlendert, fällt auf, dass offenbar immer mehr Wohlhabende Cascais als Zweitwohnsitz auserkoren haben. Viele sicherlich mit portugiesischem Pass, aber auch Briten, Franzosen und Deutsche scheinen Klima und Atmosphäre hier zu schätzen. Die Marina des ehemaligen Fischerortes kann sich sicherlich mit vielen an der spanischen oder französischen Mittelmeerküste messen. Der Ortskern (Fußgängerzone) lädt zum Shoppen, Essen und Trinken ein.

Die Sandstrände ziehen sich bei Cascais kilometerlang hin. Ebenso gehören dramatische Felswände und meterhoch spritzende Gischt an diesem Küstensaum ins Angebot des Atlantiks. Surfprofis schätzen die Praia da Guincho, wo die Wellen nie unter 1,5 bis 2 Meter bleiben (Grund für die Austragung von Surfmeisterschaften – Anfänger und Normalos tun besser daran, sich „ruhigere“ Strände zu suchen). Besonders spektakuläre Anziehungspunkte sind die Boca do Inferno, der Höllenschlund, und die Cabo da Roca, der westlichste Punkt Europas. Wunderbare Orte, um sich den Sommerwind durch die Haare wehen zu lassen, gerne mit einem Sundowner in der Hand. Natürlich findet sich hier immer an den unmöglichsten Stellen ein Plätzchen für ein Liebesschloss.

Wer beim Strandspaziergang nicht höllisch aufpasst, wird übrigens schnell Opfer der manchmal tückischen Wellen – dann muss man mit der Konsequenz leben, dass man aussieht, als hätte man keine Blasenkontrolle mehr 😊.

Porto – die Traurig-Schöne an der Mündung des Douro

Porto (ca. 240.000 Einwohner) ist nach Lissabon die größte Stadt des Landes und ist ein echter Anziehungspunkt. Beim Rundgang durch die Stadt kann man nicht übersehen, dass Portugal mal zu den ärmsten Ländern Europas gehörte. Selbst im von Touristen am stärksten frequentierten Altstadtviertel Ribeira sind die Zeichen des Verfalls unübersehbar. Die alte Bausubstanz zerfällt, das Geld reicht nur fürs Nötigste, und das Nötigste ist in aller Regel nicht das Schönste. Manche Häuser stützen sich gegenseitig, um nicht einzufallen. Aber wenn die Sonne scheint ….

Mindestens ebenso deutlich ist, dass sich in der Stadt einiges getan hat. Am sinnfälligsten ist das bei der Metro: modern, chic, sauber. Die haben wir auch benutzt, um von unserem Campingplatz nach Porto zu kommen. Die Station liegt nur wenige Kilometer entfernt, an einem riesigen Outlet-Shoppingcenter, ideal zum Abstellen unseres Autos.

Dann also rein ins Getümmel, nach bewährter Methode mit einem Stadtplan vom Tourismusbüro und Unterstützung durch Google-Maps. Was uns unmittelbar auffällt: Porto ist hügelig! Wohl auch deshalb treten Radfahrer kaum in Erscheinung. Zweite Erkenntnis: Die Portuenser fahren Auto! Glücklicherweise gibt es jedoch auch viele Plätze, Straßen und enge Gassen, wo man sich ausschließlich per pedes bewegt.

Die Einwohner Portos werden von ihren Landsleuten Tripeiros (= Kuttelesser) genannt, was auf eine hiesige kulinarische Vorliebe zurückgeht. Diese soll daher rühren, dass in Porto in früheren Zeit für den Proviant der Seefahrer gesorgt wurde, die von hier aus in Richtung Überseegebiete in See stachen. Dabei wurde Fleisch in großer Menge eingepöckelt, die Innereien der Tiere durften die Stadtbewohner verzehren. Nicht gerade schmeichelhaft.

Unser Weg führt uns über die zentrale Achse Avenida dos Aliados an diversen historischen Gebäuden vorbei (Rathaus, Theater, Kathedrale und unzählige Kirchen, Bank- und Geschäftshäuser im Zuckerbäckerstil), einige beeindrucken uns in besonderer Weise. Da sind beispielsweise der Bahnhof S. Bento zu nennen, ein Schmuckstück mit vielen Azulejogemälden (Azulejos sind die für Portugal typischen blau bemalten Kacheln) zu Themen wie Eroberungen, Weinanbau und – in einem Bahnof naheliegend – Transportwesen; die Börse und eine zum Eventstandort umgebaute Markthalle; das Café Majestic (wo man i.d.R. für ein Plätzchen anstehen muss); die Livraria Lello, eine seit 1906 bestehende Buchhandlung, die der britische „Telegraph“ 2017 zur Nummer 1 der schönsten Buchhandlungen der Welt kürte und deren Einlass über Tickets geregelt werden muss (trotzdem sehenswert!).

Geradezu atemberaubend ist der Blick von der Altstadt auf die Luis-I-Brücke (1886). Von der Bauweise her ist die Nähe zum Eiffelturm nicht von der Hand zu weisen; der Erbauer war tatsächlich ein Schüler von Gustave Eiffel. Die Brücke ist zweistöckig angelegt: Oben verkehren nur die Metro und Fußgänger, unten fahren auch Autos. Zur Gesamtkonstruktion gehören auch Fahrstühle und eine Drahtseilbahn. Das Viertel am gegenüberliegenden Ufer gehört zu Vila de Gaia, der mit Porto konkurrierenden Stadt am anderen Douroufer. Dort wird in Lagerhäusern und Kellern der Portwein gemischt, gelagert und verkostet, der Porto weltberühmt gemacht hat. Im Fluss sehr malerisch liegen alte Segelkähne, mit denen man früher den Douro hinauf zu den bis zu 100 Kilometer entfernten Weinanbaugebieten segelte. Heute erledigen das Tanklastzüge auf der Straße. Wenn der Nachmittag bei Sonne allmählich in den Abend übergeht, ist die Atmosphäre an den Douro-Ufern in der Nähe der Brücke einzigartig. Natürlich herrscht überall emsiges Treiben, dennoch kann man ruhigere Plätzchen finden und einfach das ganze Ensemble auf sich wirken lassen. Dabei dann vielleicht noch ein Gläschen Wein …

Noch ein Hinweis zur Geschichte des Portweins: Die Briten, die im 17. Jahrhundert keinen französischen Wein importieren durften, entdeckten aus der Not heraus den portugiesischen Wein für sich. Er verdarb jedoch häufig auf der langen Schiffsreise nach Britannien. Um ihn haltbarer zu machen, setzte man ihm Branntwein zu. Damit war der im Vergleich zum Wein hochprozentigere Portwein geboren. Und das ist auch der Grund für die vielen englischen Namen der Portverarbeiter und -händler.

Portugal – frischerer Fisch geht nisch

Bis auf Weiteres haben wir Spanien „Adios“ gesagt und sind nach Portugal gefahren. Eine weitere Facette im grenzenlosen Europa: Bezahlautobahnen in Portugal sind kompliziert! Am Häuschen Ein Ticket ziehen und bei der Ausfahrt zahlen … Das ist leider nur eine von vielen Varianten. Und es gibt mehrere Betreiberfirmen mit unterschiedlichen Bezahlsystemen. Wenn man dann in die Foren schaut, liest man unterschiedliche Horrorgeschichten. Wir haben uns im Vorfeld nicht mit diesem Thema beschäftigt, weil wir uns gedacht haben, dass sich dies schon ergeben wird. Im Ergebnis stellen wir unser Navi auf „Mautstraßen vermeiden“ ein und fahren über die Dörfer. Dabei kriegt man natürlich auch mehr mit, aber mit dem Auto-Wohnwagen-Gespann ist das manchmal ein Abenteuer. Dennoch schaffen wir es mit dieser Methode bis auf einen netten Campingplatz in der Nähe von Porto. Wir haben von hier einen kurzen Weg zum Meer, auch eine Metrostation ist nicht weit.

Am ersten Abend essen wir ein wunderbares Fischgericht in einem Restaurant direkt gegenüber vom Eingang des Campingplatzes. Ein toller Portugal-Auftakt.

Und am nächsten Morgen folgt ein weiteres Erlebnis. Ganz in der Nähe landen Fischer ihren Fang an, der dann auch gleich am Strand verkauft wird. Das lassen wir uns nicht entgehen. Wir setzen uns am Morgen um kurz nach acht aufs Rad – der Einsatz sollte sich lohnen: Wir sind dabei, wie die Boote an Land gezogen werden; wie der Fang sortiert und schließlich verkauft wird. Und klar: Wir erstehen zwei Fische fürs Abendessen.

Santiago de Compostela – Sehnsuchtsort der Pilgerscharen

Santiago hat nur etwa 80.000 Einwohner und genießt dennoch Weltruhm als Wallfahrtsort. Alljährlich strömen über 150.000 Pilger und zigtausende von Besuchern in die Stadt, vor allem in der wärmeren Jahreshälfte. Im Juli und August platzt Santiago de Compostela aus allen Nähten, im September ist es verhältnismäßig ruhig. Wir haben also doppelt Glück: Wir verbringen den 17. September hier und das ist ein sonniger Tag, um die 25 Grad.

Das Einparken im Parkhaus in fußläufiger Nähe zur berühmten Kathedrale ist Millimeterarbeit. Wir fragen uns, warum man bei der Einfahrt nicht gleich einen Schuhlöffel überreicht bekommt – damit man später ohne Quetschungen wieder ins Fahrzeug einsteigen kann. Aber geschenkt. Nach ein paar Schritten sind wir auf dem zentralen Platz, dem Praza do Obradorio (klar, das ist kein Spanisch, sondern Galizisch und heißt „Platz der Arbeiter“). Vor uns erhebt sich die mächtige Kathedrale, die über viele Jahrhunderte gebaut wurde. Deswegen hat sie romanische, gotische und barocke Elemente. Barock dominiert eindeutig. Das opulent und leicht schwülstig Wirkende ist nicht unbedingt unsere liebste Stilrichtung, aber wir können gut nachvollziehen, warum für manche Menschen dieses Bauwerk zu den schönsten Gotteshäusern der Welt zählt.

Rund um den Platz sind weitere imposante Gebäude angesiedelt: Das Museo da Catedral; das Hostal dos Reis Católicos, das früher einmal den Armen und Gebrechlichen als Krankenhaus diente und heute ein luxuriöses Hotel ist; der elegante Pazo de Raxol, in dem das Rathaus unterbracht ist – um nur einige zu nennen.

Der Platz vor der Kathedrale hat eine besondere Stimmung. Das für viele Attraktionen inzwischen übliche touristische Brimborium findet sich hier kaum, auch sind keine Cafés oder Verkaufsstände erlaubt. Viele Pilger sitzen einfach auf dem groben Pflaster und schauen auf die Kathedrale. Man sieht ihnen die Anstrengungen der letzten Wochen an. Einige hocken in kleinen Gruppen zusammen, manche allein. Sie haben es geschafft, sind z.T. über 700 Kilometer gewandert, um sich in Santiago de Compostela ihren letzten Stempel fürs Wanderbuch und ihr offizielles Zertifikat abzuholen. Einige haben die Strecke mit dem Rad absolviert. Viele junge Menschen sind dabei, aber es sind insgesamt die unterschiedlichsten Altersklassen vertreten. Ganz offensichtlich muss man auch kein Supersportler sein, um die Strecke zu absolvieren. Wir sagen: Respekt! Gerne wüssten wir auch, wie viele Menschen diese Wanderung mit dem Symbol der Jakobsmuschel aus religiösen Motiven auf sich nehmen.

Santiago ist die Stadt der Legenden, und manche überschreiten die Grenze zur Lächerlichkeit, zumindest für unseren Geschmack. Aber der Mensch braucht Geschichten, auch wenn sie bei näherer Betrachtung absurd erscheinen. Bester Beleg dafür ist ja eigentlich die Gründungsgeschichte Santiagos selbst. Da wurden einfach Knochen flugs zu Originalgebeinen vom Apostel Jakobus erklärt, und schon hatte die christliche Pilgerei einen weiteren Zielort, neben Rom und Jerusalem. Ein besonderes Legendenerlebnis bietet sich dem geneigten Pilger bei der Besichtigung des Inneren der Kathedrale – die im Übrigen seit Jahren eher einer Baustelle nahekommt (und das, obwohl unser betagter Reiseführer angibt, dass wohl bis 2014!!! mit Restaurationsarbeiten zu rechnen sei … na ja, man denke nur an den Berliner Flughafen). Die Besucher stehen geduldig in beeindruckend langer Schlange an, um eine Statue von Jakobus aus dem 13. Jh zu küssen oder zu umarmen. Andere Traditionen wie seinen Kopf dreimal an einer Statue des Kathedralen-Baumeisters Mateo zu stoßen, um etwas von dessen Klugheit zu übernehmen, führten dazu, dass dessen Nase inzwischen ganz platt ist und man diese fragwürdige Praxis durch Absperrbänder verhindert. Eine hiesige Käsespezialität, Tetilla (Nippel) – genauso sieht sie auch aus -, basiert auf einer weiteren Lege: Örtlichen Machthabern erschienen die Steinbrüste der Königin Esther so aufreizend, dass sie sie abfeilen ließen, was die Stadtbewohner veranlasste, besagten Käse zu  erfinden.Widerstand der besonderen Art …

Wir folgen über mehrere Stunden einem vom Tourismusbüro empfohlenen Weg, vorbei an vielen Plätzen, Parkanlagen, Kirchen, anderen interessanten Bauwerken, altertümlichen Markthallen, durch z.T. enge Gassen. Die Stadt ist nicht überlaufen. Ganz in Ruhe und mit viel Zeit zum Verweilen schlendern wir durch das fast vollständig autofreie Altstadtviertel, hin und wieder geht’s sogar mal eine kleine Anhöhe hinauf.

Nach einem spätnachmittäglichen Mittagessen machen wir uns nach ein paar weiteren Schlenkern auf den Heimweg. Um eine weitere Stadt-Erfahrung reicher. Danke, schönes Santiago de Compostela!

Rundfahrt O Grove

O Grove (span. El Grove) ist eine kleine Halbinsel ca. 100 km von Santiago de Compostela entfernt. Das Kleinod bietet eine Vielzahl von größeren und kleineren Stränden – und deshalb haben wir uns auf einem Campingplatz in San Vicente do Mar „eingenistet“, der uns als optimaler Ausgangspunkt für unterschiedliche Aktivitäten dienen soll. Nach unserem Geschmack nicht unbedingt ein Ort, den man im Juli/August besuchen sollte. Dann ist hier ohne Zweifel viel los. Hier machen viele Spanier Urlaub, vor allem aus dem Binnenland und aus dem Süden, weil sie die eher gemäßigten Temperaturen schätzen. Schließlich sind wir in Galicien und das ist eine feuchte Region, in der es im Schnitt doppelt so viel regnet wie im übrigen Spanien. Deshalb soll der Galicier ca. 100 verschiedene Wörter für „Regen“ haben (da wird der Ostfriese grün vor Neid und der Eskimo kommt ins Grübeln, ob er mit seinem Repertoire an Bezeichnungen für Schnee mithalten kann). Wir können durchaus auf Feuchtes von oben verzichten und sind über Sonne und Temperaturen in den Mittzwanzigern geradezu verzückt.

Am Ankunftstag machen wir einen langen Spaziergang am Strand entlang – schöne Strände, immer wieder durchbrochen durch mächtige, vom Meer rundgemahlene Felsen. Wir wollen später noch etwas essen; das dürfte eigentlich in einer Region, die vor allem für ihre Meeresfrüchte bekannt ist, wohl kein Problem sein. Und Google zeigt auch viel Restaurants an, die noch geöffnet sind. Aber dann treffen Wunschbild und Realität hart aufeinander: Wohin der sonst so nützliche elektronische Helfer uns auch führt: Nix mehr los, Nachsaison 😐, die spanischen Sonntagsausflügler, die wir am Strand gesehen haben, verlassen scharenweise die Halbinsel Richtung Heimat.

Also zu nachtschlafender Zeit Spiegelei auf Schwarzbrot (noch bei DM in Deutschland besorgt), Tomatensalat und Käse im Wohnwagen … Na ja, könnte schlimmer kommen.

Und am Folgetag mit Wikiloc-Unterstützung eine Radtour um die Halbinsel herum. Auch an den Hauptstraßen OK, weil wenig Verkehr ist. Einen längeren Erkundungsaufenthalt legen wir in O Grove, dem namengebenden Hauptort der Halbinsel, ein. Hier beobachten wir eine Schar von Muschelsammlerinnen bei ihrer schweren Arbeit: Sie harken bei Ebbe den Meereskies durch, klaubende Muscheln auf und tragen sie dann in Plastikeimern ans Ufer. O Grove ist überdies bekannt für seine exzellenten Golfplätze und Edelresidenzviertel. Die schauen wir uns natürlich ebenso an. So protzig sind sie nun aber auch wieder nicht …

Nach einer Mittagspause mir reichlich Gambas folgen wir dem Küstensaum und sehen und erleben, wovon diese Region – neben dem Tourismus – vor allem lebt: der Küstenfischerei und der Muschelzucht. Kilometer um Kilometer Muschelfarmen, so weit das Auge reicht, weit draußen im Meer. So weiß man dann auch einzuordnen, dass es in O Grove eine Kapelle aus Jakobsmuschelschalen gibt. Muscheln sind hier Religion.

Etwas schade, dass wir an den vielen kleinen Stränden, an denen wir vorbeiradeln, nicht einfach den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und im Sand die Sonne und den Blick auf Felsen und Meer genießen können. Aber uns sitzt eine Gewitterankündigung für den frühen Abend im Nacken. Apropos „radeln“: Das ist, gemessen am realen Fahrerlebnis, etwas schönfärberisch. Denn es gab auf dieser Tour diverse Abschnitte, die wir nur radschiebend zu Fuß absolvieren konnten, weil der tiefe Sand uns keine Chance zum Aufsitzen ließ. Dennoch eine schöne Tour!

PS: Das Gewitter hat sich in den Weiten des Atlantik verflüchtigt, bei uns sind nur ein paar spärliche Tröpfchen angekommen.

Oviedo – historisches Flair in der asturischen Hauptstadt

Oviedo (210.000 Einwohner) ist die asturische Hauptstadt. Die Altstadt wird von der Kathedrale dominiert (ein Muss für Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela), darum herum wuselt es, besonders am Wochenende. Herrlich, wenn man sich einfach treiben lassen kann, hie und da eine Kleinigkeit essen und trinken, Leute beobachten, darüber nachdenken, welche großen und kleinen Geschichten sich wohl hinter den Gesichtern verbergen könnten. Uns fällt auf, dass sich die Damen heute besonders herausgeputzt haben, während die Herren mit Blick auf ihr Outfit deutlich abfallen. Und viele Männer sind mit Hund unterwegs, nicht selten handelt es sich um kleine Vierbeiner, die andernorts in Europa eher von Damen in der Handtasche herumgetragen werden. Hmm.

Wir haben Glück, weil heute auch Folklore in Hülle und Fülle dargeboten wird. Historistische Gewänder, Chorgesänge mit Dudelsackbegleitung (!) und Tänze überall im Zentrum. Es ist nämlich die Fiesta de San Mateo – und das ist Oviedos größtes Fest! Eine ganze Woche lang herrscht Ausnahmezustand.

Auch einer Hochzeit dürfen wir für ein paar Minuten beiwohnen und uns am Glück des Brautpaars und der teils aufwändigen Garderobe der Damen erfreuen.

Oviedo verströmt viel Atmosphäre. Und wer Cidre mag, ist hier goldrichtig. Siderias gibt es reichlich in der Altstadt, insbesondere in der Calle de la Cascona, die als „bulevar de la sidra“ gilt. Das verwundert kaum, denn Asturien produziert ca. 80 Prozent des spanischen Apfelweins. Salud!