Rømøerkundung mit dem Rad

Fußkranke können ja glücklicherweise noch Rad fahren und Dänemark ist bekanntermaßen ein Radlerparadies, ähnlich wie die Niederlande. Damit hören die Ähnlichkeiten zwischen unseren Nachbarn nicht auf: relativ kleines Land am Meer, liberaler Grundzug in der Gesellschaft, Monarchie … da würde einem schon noch mehr einfallen. Aber dass die holländische Seefahrt unmittelbare Spuren in Dänemark hinterlassen hat, überrascht uns schon. Der Reihe nach:

Wir wollen den südlichen Teil unserer Insel erkunden (Ziel Havneby) und kommen auf halbem Wege an der Kirche von Rømø vorbei. Sie ist strahlend weiß und lädt zu einer Erkundung ein. An der Innenseite der nördlichen Friedhofsmauer entdecken wir eine Reihe senkrecht stehender Grabsteine mit Inschriften und Seefahrtdarstellungen. Es handelt sich um sog. „Kommandørstene“. Das Wort „Kommandør“ kommt aus dem Holländischen und bedeutet „Kapitän“. Der Hintergrund ist der Walfang. Im 18. Jahrhundert fuhren viele dänische Seeleute auf holländischen Schiffen nach Grönland, um den damals so begehrten Säuger zu erlegen. In Juvre, einem kleinen Ort im nördlichen Teil von Rømø, gibt es sogar einen Gartenzaun aus Walknochen. Er wurde 1772 errichtet, und man hat die Knochen von Walen verwendet, weil sie leichter zu bekommen waren als Holz oder Steine!

Gartenzaun aus den Kieferknochen von Grönlandwalsen

Auf der Tour nach Havneby halten wir immer mal an, weil es besonders schöne Häuser (oder andere Behausungen) gibt. Havneby selbst ist äußerlich wenig attraktiv. Es steht im Lichte der modernen Fischerei und des Fährbetriebs. Von hier kann man z.B. mit der Fähre auf die Nachbarinsel Sylt übersetzen. auch ein paar einladende Fischgeschäfte bzw. -restaurants findet man.

ABER: Manche Orte entwickeln ihren besonderen Charme erst, wenn man ihnen den Rücken kehrt. Westlich erstreckt sich ein riesiger Strand, der als Eldorado der Strandsegler und Kitebuggyfahrer gilt. Man gewinnt den Eindruck, dass jedes Gefährt ein Original ist. Die kleinen bunten Renner sausen in beachtlichem Tempo über den harten Sand, überall wird gefachsimpelt. Es geht zu wie beim Pferderennen …

Mutter Natur am Strand von Rømø

Dass Rømø mehr als Blasen an den Füßen zu bieten hat, ist doch wohl klar 🙂 Bei Ebbe liegt bei Lakolk (wo unser Campingplatz ist) etwa 1 Kilometer zwischen den Dünen und dem Wasser. Und dieser Strand erstreckt sich von der Nordspitze der Insel über ca. 18 Kilometer bis zur Südspitze. Viel Platz also, sogar zum Autofahren, aber auch vor allem zum Laufen.
Wenn man sich auf diese Weite einlässt, entdeckt man viele kleine Kunstwerke, die Wind und Wellen mit Sand, Muscheln und Strandgut in origineller Form erschaffen haben. Nichts Spektakuläres, eher im Unauffälligen schön.
Wir haben für euch ein paar dieser Kunstwerke für euch zusammengestellt. Vielleicht sind sie die eine oder Blase wert?

Die Kehrseite von langen Strandspaziergängen

Der heutige Tage stand – bei weiterhin bestem Wetter – im Zeichen eines laaaangen Strandspaziergangs auf Rømø. Leider konnten wir nicht ganz bis zur Südspitze der Insel vordringen, weil uns ein tiefer Priel den Weg versperrte. Das Ganze selbstverständlich barfuß, auch wenn viele Strandabschnitte mit Muscheln durchsetzt sind. Gegen Ende der Tour wurde Evas Gang etwas „unrund“. Wie sie später feststellte, hatte das auch einen handfesten Grund: An beiden großen Zehen hatten sich schmerzhafte Blasen gebildet, die ich auf dem Campingplatz fachgerecht versorgen konnte. Wieder einmal zahlte sich die solide Bundeswehrausbildung zum Sanitäter aus 😊 .

Auf in den Norden – Dänemark lässt uns rein

Endlich sind wir wieder unterwegs, der Reisewinterschlaf ist beendet. Nach einem Zwischenstopp bei unserem Freund Christian aus Studienzeiten (Fahrradtouren an der Weser haben auch ihren Reiz!) sind wir seit heute (23.6.20) in Dänemark. Wir hatten uns schon letztes Jahr für eine Skandinavienrundfahrt entschieden, eine gute Wahl in Corona-Zeiten. Der Grenzübergang war für europäische Verhältnisse etwas ungewöhnlich. Es wurden nämlich nicht nur die Ausweise kontrolliert, sondern auch die Dokumente, die einen mindestens sechstägigen Aufenthalt außerhalb von Kopenhagen belegen sollten. Darauf waren wir selbstverständlich vorbereitet, also freie Fahrt! Unser erstes Ziel ist Rømø, eine Insel an der Westküste (also der Nordseeseite), nicht weit von der deutsch-dänischen Grenze entfernt. Die letzten Kilometer geht’s über eine Dammstraße quasi „durchs Meer“. Eine schöne Anfahrt, die uns beide spontan an die Fahrt nach Key West/Florida erinnert. Zugegeben ein etwas herbeibemühter Vergleich. Wir richten uns bei bestem Sommerwetter auf unserem gebuchten Dünenplatz ein, machen danach noch einen Spaziergang zum Meer. Ein Muss, wenn man Nordseewasser im Blut hat 😊 Ja, das fühlt sich alles sehr gut an, ein gelungener Auftakt für eine hoffentlich lange Reise durch den Norden Europas. Außer Dänemark stehen nämlich auch Schweden und Norwegen auf der Agenda. Aber wir wissen derzeit noch nicht, ob das auch klappen wird, denn alles hängt von der Corona-Entwicklung ab.

Tarragona – raus aus dem Schatten von Barcelona!

Tarragona steht ein wenig im Schatten von Barcelona. Alles strebt in die Hauptstadt Kataloniens, da bleiben die Perlen im näheren Umfeld links liegen. Dabei ist das ca. 100 km entfernt liegende Tarragona (132.000 Einwohner) definitiv ein Kleinod. Wir hatten an diesem sonnigen Samstag im Oktober wenig Lust auf trubelige Großstadt und Anstehen bei Sehenswürdigkeiten und haben unsere Entscheidung nicht bereut. Tarragona schien uns geradezu leer. Wir sind in der Altstadt durch diverse Gassen geschlendert, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Der alte Stadtkern wird wesentlich durch zwei Bauelemente bestimmt: Da ist zum einen die Kathedrale, ein zentraler Anziehungspunkt für die Bewohner und die Touristen gleichermaßen, die größte in Katalonien. Hm, Katalonien. Und wie verhält es sich mit dem Gesamtspanienvergleich? Überall wehen hier die Katalonienfahnen, bei erklärenden Texten ist stets Katalanisch die Nummer eins, gefolgt von Spanisch, manchmal auch Englisch dazu. Auf vielen Balkonen sind Banner angebracht: „Freiheit für die politischen Gefangenen“ heißt es darauf kämpferisch. Wir können mit diesem überzogenen Lokalpatriotismus wenig anfangen, zumal Katalonien wie auch das Baskenland bereits weitgehend unabhängig agieren können, wenn sie die Zugehörigkeit zum Staat Spanien nicht grundsätzlich in Frage stellen. Und wäre es – der Brexit lässt grüßen – gut für Europa, wenn sich hier und dort noch kleine eigenständige Staaten bilden (die dann doch wieder am EU-Finanzierungstopf hängen)? Wir haben massive Zweifel, dass diese Kleinstaaterei die EU voranbringen könnte.

Gerne haben wir 5 Euro Eintritt in die Kathedrale investiert, um uns dieses Zeugnis des christlichen Glaubens, das über mehrere Jahrhunderte entstanden ist, von innen anzuschauen. Das Bauwerk deckt von der Romanik bis zur Gotik mehrere Stilrichtungen ab. Besonders beeindruckt hat uns der wunderschöne Kreuzgang. Die Kathedrale wurde zum Teil auf römischen Fundamenten erstellt. Womit wir beim zweiten wichtigen Architekturelement Tarragonas wären. Hier stolpert man geradezu über die Hinterlassenschaften der Römer. Man trifft nicht nur überall auf Mauerreste, Säulen, Türme und Portale. Die Stadt bietet überdies ein sehr gut erhaltenes, großes Amphitheater mit Blick aufs Meer.

Ein weiteres Highlight aus der römischen Vergangenheit ist die Stadtmauer (von ursprünglich 3,5 km stehen noch 1,1 km), die ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. in zwei Phasen gebaut wurde. Ihr vorgelagert sind Wälle, Bastionen und Festungsanlagen aus dem 16.-18. Jahrhundert. Das römische Tarragona hatte übrigens mehr Einwohner als das mittelalterliche.

Tarragonas Altstadt ist kein herausgeputztes Vorzeigeviertel. Hier wohnen Leute. Und es sieht ganz so aus, als ob die Mieten noch erschwinglich wären, auch für die Wenigerbetuchten. Deutliche Anzeichen für eine Gentrifizierung konnten wir nicht beobachten; nur hin und wieder ein kleiner Laden mit originellen kunsthandwerklichen Produkten oder ein nettes Lokal, das in erster Linie von Einheimischen frequentiert wird. Da ist – sehr zu unserer Freude – dann auch Raum für Straßenkunst 😊.

Tarragona hat uns sehr gut gefallen. Es passte irgendwie ins Bild, dass auch der Campingplatz in der Nähe für uns ein Volltreffer war: ruhig, direkt am Meer, toller Strand mit Blick auf eine Burgruine. Verdammt schön, dieses Katalonien.

Guardamar del Segura

Etwas kompliziert: Wenn Alicante in nördlicher, Cartagena in südlicher und Murcia in westlicher Richtung die Eckpunkte eines gleichschenkligen Dreiecks bilden, dann liegt Guardamar (15.000 Einwohner) etwa in der Mitte der Hypotenuse. Eine Küstenstadt an der Mündung des Río Segura, die in ihrer Geschichte zwei existenzbedrohende Herausforderungen zu meistern hatte. 1829 machte ein Erdbeben den Fischerort platt, gegen Ende des Jahrhunderts drohten Sanddünen die Siedlung zu schlucken. Aber ein findiger Ingenieur stoppte die Sandmassen, indem er Pinien anpflanzen ließ. Heute ist dort ein schöner Park. Da verwundert es denn auch nicht, dass Guardamar (span. guardar = hüten, bewahren, bewachen) offenbar spielend mit der nächsten großen Herausforderung, der des Tourismus, gut zurechtkommt. Guardamar ist ziemlich normal geblieben, die Menschen hier leben ihr Leben, Tourismus hin, Tourismus her. Nur die Monate Juli und August sind Ausnahmezustand.

Wir sind nicht zum ersten Mal in Guardamar. Es wohnen Freunde von uns hier, die den Ort vor zehn Jahren zu ihrer Wahlheimat erkoren haben. Und sie haben es nicht bereut. Sie fühlen sich gut integriert und haben sich schon früh ein „belastbares“ Netzwerk aufgebaut. Wir besuchen sie zum zweiten Mal und genießen es, mit ihnen Wanderungen zu unternehmen, über den Mittwochsmarkt zu schlendern, mit ihnen auf ein Bier und ein paar Tapas in ihre Stammkneipe zu gehen oder eine urige Bodega zum Abendessen zu besuchen – selbst wenn es mal für ein paar Stunden wie aus Eimern schüttet!

Guardamar hat viele hübsche Ecken und Plätze. Neben dem kilometerlangen Strand laden sie zum Schlendern und immer mal wieder zum Verweilen ein. Der Park eignet sich gut für längere Spaziergänge im Schatten der Bäume. Neuerdings stößt man an verschiedenen Stellen auf Skulpturen oder Wandmalereien, die kulturtypische Berufe der Stadt darstellen – wie beispielsweise den Fischer oder die Frau, die getrocknete Paprikaschoten zum Trocknen auf einen Faden zieht.

Ein aktuelles Thema, das die Gemüter erregt, ist der allmähliche Verlust einer ganzen Häuserzeile direkt am Strand – hier lebten früher die Fischer. Heute sind die Häuschen zum großen Teil schon nicht mehr bewohnbar, weil das Meer sie immer stärker unterspült. Das Bedauern um den Verlust der Behausungen mischt sich mit großer Ratlosigkeit, wie man diese vielleicht doch noch retten könnte. Vielleicht fällt den Guardamarencos ja doch noch etwas ein? Erfindergeist und Schläue im Angesicht von Naturgewalten scheinen schließlich zum genetischen Code dieser Stadt zu gehören.

Águilas – nicht nur Sandstrände

Von Córdoba aus fahren wir über Granada zurück ans Mittelmeer, Águilas ist unser Ziel. Ein Reisetag. Wir fahren durch halb Andalusien. Kilometer um Kilometer rollen wir zunächst durch eine sanfte, weitläufige Hügellandschaft, auf die in den Sommermonaten gnadenlos die Sonne herunterbrennt. Wir passieren abgeerntete Felder, nicht enden wollende Olivenplantagen. Später wird es stellenweise gebirgig; immer mal wieder Verkehrsschilder, die vor Schneeverwehungen warnen. Man wird daran erinnert, dass Spanien so viel mehr als Strand und Sonne zu bieten hat.

Wir fahren zuerst in Richtung Málaga, dann geht’s im rechten Winkel über Granada, Baza und Murcia nach Águilas, wo wir einen kleinen Campingplatz (Bellavista) außerhalb der Stadt ansteuern. An der Rezeption werden wir in perfektem Deutsch begrüßt – eine junge Frau, die mit ihrem damaligen Freund nach Spanien ausgewandert ist. Ob sie hier am Ziel ihrer Träume angekommen ist? Das werden wir wohl nie erfahren.

Wir freunden uns rasch mit unseren „doppelten“ (1. auf dem Campingplatz, 2. in der Heimat – wir wohnen nur ein paar Kilometer entfernt) Nachbarn an und bekommen von ihnen viele Tipps. So gibt es hier beispielsweise am Samstag einen Bauernmarkt, den wird dann auch besuchen und wo wir unsere ersten Churros essen. Die Spanier lieben dieses Schmalzgebäck, das sie auch noch gerne in flüssige Schokolade tauchen. Zuckerschock, eine interessante Erfahrung, aber – für uns – nicht so unbedingt zur Wiederholung geeignet. Nach dem Besuch des Marktes gehen wir einer weiteren Empfehlung nach: Olivenöl direkt von der Ölmühle. Wir sind unmittelbar überzeugt und decken uns gleich mit unserem Jahresbedarf ein 🙂 – leider gibt es diesen Erzeuger inzwischen nicht mehr.

Águilas selbst ist durchaus einen Besuch wert. Die Promenade zieht sich über einige Kilometer am Sandstrand entlang. Einen tollen Blick auf die Stadt und den Hafen hat man von der Festungsanlage in 85 m Höhe. Sie ist gut erhalten und beherbergt ein kleines Museum. Das Zentrum der Stadt bildet die Plaza de España, die wie ein Garten anmutet. In Águilas gibt man sich auch etwas künstlerisch. Neben einigen eher traditionellen Statuen und einem futuristisch anmutenden Kongresszentrum hat man auch dem Nachwuchs eine Chance zur Gestaltung gegeben: Er hat mehrere Treppen mit grellen Farben und Motiven verschönert. Zwei Windmühlen lassen sich auch besichtigen. Dabei steigt man durch steile, enge Gassen vorbei an kleinen Häuschen auf Hügel, bekommt so intesserante Ausblicke auf das Dächergewirr dieser alten, traditionellen Stadtteile … und gleichfalls einen Eindruck von der damaligen (und der heutigen!) Wohnsituation.

Unser Highlight war eine Wanderung entlang der Küste, die von Strand zu Strand (Cuatro Calas) führte. Besonders beeindruckend fanden wir Sandsteinformationen mit von Menschen angelegten Höhlen, in denen in früheren Zeiten u. a. Kleintiere gehalten wurden. Tafeln am Wegrand informieren über eine ehemalige Erwerbstradition in dieser Gegend: Ein hier wachsendes Gras (Esparto Gras) wurde geschnitten und gewässert. Anschließend machte man daraus diverse Alltagsgegenstände: Körbe, Matten, Sandalen, Hüte, verschiedene Behältnisse zur Lagerung …. Das Gras wurde lange auch zur Papierherstellung genutzt, bis in die 1960er Jahre.

Córdoba – die Stadt der drei Kulturen

Einen Superlativ gibt’s gleich vorweg: Córdoba ist die spanische Stadt mit den meisten UNESCO-Weltkulturerbe-Einträgen. Aber das bedeutet glücklicherweise nicht, dass die Stadt nur von und in ihrer Geschichte lebt. Wir haben unsere erste Erkundung noch am Tag, d.h. eigentlich am Abend, unserer Ankunft unternommen. Und zwar zu Fuß, weil wir auf einem der Stadtcampingplätze übernachtet haben. Von dort aus waren wir nach einem 3o-Minuten-Spaziergang mitten im Herzen des Geschehens. Auf dem Weg dorthin fühlten wir uns an Valencia erinnert, denn hier wie dort zieht sich ein langer Grünstreifen durch die Stadt, wo viele Leute unterwegs sind, spazieren, Sport treiben, das Grün und die frische Luft genießen.

Ähnlich wie Sevilla hat Córdoba zwei zentrale Sehenswürdigkeiten: eine Kathedrale, die mitten in eine Moschee hineingebaut ist (in Córdoba: Mezquita) und einen Alcázar, eine imposante Festungsanlage (in Córdoba: Alcázar de los Reyes Cristianos, Festung der Katholischen Könige). Wir haben beide besucht.

Sympathisch: Man kann die Mezquita kostenfrei besichtigen, wenn man Frühaufsteher ist. Denn von 8.30-9.30 Uhr darf man ohne Eintritt hinein. Schon die Außenanlagen der Mezquita (Innenhof und Glockenturm, vormals Minarett) sind beeindruckend. Das Innere der Mezquita ist dennoch eine ganz eigene Kategorie: Ein wunderbarer Stilmix aus maurischer und christlicher Architektur. Das charakteristische und sehr dominante Merkmal ist ein Wald aus Säulen (856 an der Zahl) und Rundbögen, die islamischen Ursprungs sind. Im Zentrum des Gebäudekomplexes erhebt sich die christliche Kathedrale. Man kann sich einer gewissen Ehrfurcht nicht erwehren, wenn man in diesen Räumen wandelt. Vom Glockenturm aus hat man einen tollen Rundblick auf die ganze Stadt.

Von der Mezquita/Kathedrale sind es nur ein paar Schritte zur römischen Brücke, der Puenta Romano, die über den Guadalquivir (weitere Parallele zu Sevilla, das ebenfalls am G. liegt) führt. Von der anderen Uferseite aus macht man dann diese schönen Postkartenfotos 😊.

Zweites Highlight ist der Alcázar de los Reyes Cristianos. Die Burg wurde im 14. Jahrhundert auf den Ruinen römischer und arabischer Bauten errichtet. Besondere Kennzeichen der Burg sind ihr zum Spazieren einladender Garten aus Terrassen, Fischteichen und Orangenbäumen und die römischen Mosaike, die in den 1950er Jahren an der Plaza de la Corredera ausgegraben und im Alcázar ausgestellt werden.

Zum Sichtreibenlassen eignet sich in besonderer Weise das historische Judenviertel, die Judería. Die (sephardischen) Juden gehörten zu den aktivsten und zahlreichsten Mitbürgern im moslemischen Córdoba.

Wir finden, dass Córdoba auf jeden Fall zu den Muss-Zielen in Andalusien gehört. Wahrscheinlich quillt die Stadt in den Sommermonaten schnell vor Touristen über – und dann schieben sich die Massen durch die engen Gassen der Altstadt -, aber zum Zeitpunkt unseres Besuches (17./18.10.2019) hat alles, inkl. Wetter, wunderbar gepasst. Wir hatten sogar ausreichend Muße, uns ein schönes Souvenir in einem Gebäudekomplex mit verschiedenen Kunsthandwerkern zu kaufen.

PS zur Überschrift: Alle drei Kulturen sind im Wortbeitrag genannt: islamisch, jüdisch, christlich. Und als Beigabe kommen natürlich noch die Römer dazu, wie meistens in Europa 😉.

Sevilla – Rundgang durchs historische Zentrum

Um es gleich vorwegzunehmen, die beiden bekanntesten Gebäude Sevillas, den Alcázar und die Kathedrale, haben wir uns nicht von innen angeschaut. Es waren dort schier endlose Menschenschlangen, an unseren beiden Besuchstagen konnte man auf normalem Wege nicht an Eintrittskarten kommen. Vorausbuchung, am besten online, ist also anzuraten! Die Tickets werden zum Teil wie Karten für Fußballspiele oder Musikkonzerte regelrecht versteigert. Die Agenturen haben immer ein bestimmtes Kartenkontingent zur Verfügung, und wenn dieses nicht ausgeschöpft ist, versuchen ihre Verkäufer, die restlichen Karten direkt vor Ort zu loszuschlagen. Natürlich nur als überteuerte geführte Touren.

Insbesondere die Kathedrale (die unter anderem die Gebeine von Christoph Kolumbus enthalten soll) ist bereits von außen sehr imposant. Nachdem die Christen Sevilla 1248 erobert hatten, nutzten sie die Moschee zunächst als Kirche. Nachdem diese allmählich verfallen war, bauten sie diese kolossale Kathedrale. Als Glockenturm nutzten sie das Minarett der Moschee. Dieser Glockenturm ist inzwischen ein zentrales Wahrzeichen von Sevilla: die Giralda. Der Ziegelturm ist 104 m hoch und kann bestiegen werden. So ist das nicht nur in der Religionsgeschichte: Die jeweiligen Sieger drücken der Welt ihren Stempel auf. Ein ähnliches Prinzip gilt für den Alcázar. Er wurde einst im neunten Jahrhundert von den Mauren errichtet und nach der Rückeroberung der Stadt von den Christen ab Mitte des 13. Jahrhunderts übernommen und mehrfach umgebaut. So lief es mit der Alhambra in Granada, der Mezquita in Córdoba usw.

Wir haben uns bei unserer Stadterkundung von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, Viertel zu Viertel, Gasse zu Gasse, Platz zu Platz treiben lassen. Natürlich waren auch einige Läden und Boutiquen dabei und echte Bodegas, wo wir diverse Tapas gekostet haben und nie enttäuscht wurden. Diese kleinen Häppchen sind eine tolle spanische „Institution“ und haben stets Lokalkolorit. Auf diesem Weg kann man für relativ wenig Geld ein leckeres Mittagessen zu sich nehmen, auch mit den Tagesmenüs haben wir gute Erfahrungen gemacht.

In Sevillas Altstadt kann man sich im doppelten Sinn verlieren. Zum einen mit Blick auf die Orientierung, zum anderen hinsichtlich des überbordenden Angebots an engen und engsten Gassen, an faszinierender Architektur, die mehrere Jahrhunderte und verschiedene Kulturen spiegelt. Mal schaut man staunend in einen Innenhof, der an Tausendundeinenacht erinnert (die marokkanischen Riads lassen grüßen!), dann wieder steht man vor einer kleiner Bodega mit allerlei exotischen Speisen. Man kann schier nicht glauben, dass sich mancherorts Autos durchzwängen können. Bis dann doch ein Handwerker seinen Transporter mit meist vorsorglich eingeklappten Seitenspiegeln um die Ecke lenkt und dabei links und rechts die Reifen am Bordstein oder direkt an der Wand zum Quietschen bringt. Man kommt aus dem Staunen und Bewundern kaum raus. Wie schön.

Sevilla ist auch wirtschaftlich durchaus eine Größe. Das ist uns bereits bei der Fahrt vom Campingplatz ins Zentrum aufgefallen. Die Stadt liegt weit von der Küste entfernt, hat aber durch den Guadalquivir einen direkten Zugang zum Meer. Der Hafen sieht aus der Ferne wie ein Seehafen aus. Sevilla war 1992 Expo-Stadt, in diesem Zusammenhang wurden nicht nur sechs neue Brücken erstellt. Auch die Autobahn nach Madrid wurde gebaut, Flughafen und Bahnhof erweitert. Von diesen Infrastrukturmaßnahmen profitiert Sevilla heute noch. Als Fußgänger muss man auf der Hut sein, denn leicht gerät man auf die Radspur und ist damit unmittelbar auf Kollisionskurs mit den Radlern oder den Elektroscootern. Bei den Pferdekutschen (bestimmt mehr als in Wien!) hört man ja wenigstens das Hufgetrappel und kann rechtzeitig Platz machen.

Sevilla – Metropol Parasol

Paris hat sein Centre Pompidou und Sevilla sein Metropol Parasol. Natürlich hinkt der Vergleich, wie meistens, aber irgendwie ist auch was dran. Da hat eine Stadt außergewöhnlichen Mut zur Form bewiesen und die Besucher geben ihr recht. Der Künstler und Architekt Jürgen Mayer Hermann gewann mit einer kühnen Idee eine Ausschreibung der Stadt Sevilla und baute das wahrscheinlich größte Holzgebilde der Welt, mitten in einem traditionellen Viertel auf dem Gelände eines vormals hässlichen Parkplatzes. Es wird im Volksmund gerne als „fliegende Waffel“ bezeichnet. Der etwas surreale Panaromaweg erlaubt grandiose Aussichten auf die Stadt. Das Gebilde beherbergt einen Markt sowie, im Untergeschoss, beim Bau zutage getretene Reste einer römischen Siedlung. Da sag noch einer, die Deutschen wären technikverliebte Langweiler. Gut gemacht, Herr Mayer Hermann!