Marokko bietet viele Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten, von anspruchsvollen Hochgebirgstouren im Atlasgebirge über Wassersport bis zum Wüstentrekking in der Sahara. Letzteres zählt eindeutig zu den Höhepunkten unserer Rundreise: zwei Tage auf dem Rücken von Dromedaren in der Sahara, nahe Merzouga im marokkanisch-algerischen Grenzgebiet.
Bei unserer Fahrt von Fes nach Merzouga, 450 Kilometer Richtung Süden, Mitte Oktober einmal über den Mittleren Atlas, haben wir durchaus einen bleibenden Eindruck von der rauen und unwirtlichen Schönheit dieses Gebirges bekommen. Unsere Entscheidung für einen Fiat Punto als Verkehrsmittel für unsere Rundreise geriet bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal erheblich ins Wanken. Bei zeitweilig heftigen Regengüssen und Windböen, in den Höhenlagen sogar Schneefall und Nebel, hätten wir uns unbestreitbar in einem geländegängigen Fahrzeug mit Allradantrieb wohler gefühlt. Aber wir kamen sicher und ohne Zwischenfälle ans Ziel, vom Schnee in die sengend heiße Wüste. Auf jeden Fall waren wir froh und erleichtert, als wir die Berge hinter uns lassen und uns schließlich auf die landschaftlich reizvollere Strecke entlang des Ziz-Tals begeben konnten. Man fährt durch ein Band von Palmenhainen, gesäumt von kleinen Lehmdörfern und traditionellen Ksars (befestigten Dörfern), bevor man in Erfoud/Rissani in Richtung des Dünengebiets des Erg Chebbi abbiegt.
Auf uns wirkte diese Szenerie oft wie eine Filmkulisse für einen Abenteuerfilm – aber hier leben die Menschen, hier arbeiten, schlafen, essen und beten sie. Als wir, von unserer Neugier getrieben, einmal vor einem dieser trutzigen Lehmkomplexe anhielten, bot uns ein Anwohner eine Führung an, die wir dankend annahmen – eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich ein Bild vom Leben innerhalb der Mauern zu machen.
Bei unserer Wüstenexkursion wollten wir einen Eindruck davon bekommen, wie die Menschen in früheren Zeiten (und vielerorts heute noch!) durch die Wüste gezogen sind. Und zwar möglichst unverfälscht. Daher hatten wir eine Übernachtung in einem traditionellen Zelt gebucht, bei dessen Errichtung wir helfen wollten. Und so war’s dann auch. Wir zogen also mit zwei Führern und drei Dromedaren (= einhöckrige Kamele) los in die unendliche Sandweite des Erg Chebbi. „Erg“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Sanddüne“ oder „Dünenmeer“. Erg Chebbi ist die größte Sanddüne Marokkos und bis 300 Meter hoch. Die beiden Führer absolvierten die gesamte Strecke zu Fuß (barfuß!), wir hatten je ein „Wüstenschiff“, das dritte transportierte die Ausrüstung. Die beiden Guides haben uns auch das Essen zubereitet. Von diesem Camp aus sind wir gestartet:
Dahin irgendwo wollten wir:
Wenn man – ungeübt – mehrere Stunden auf dem Rücken eines Dromedars gesessen hat, Düne hoch, Düne runter, ist man froh, wenn man nach dem ständigen Geschaukel wieder festen (?) Boden unter den Füßen hat. In einer Senke haben wir dann das Packtier entladen und unser Nachtlager aufgebaut.
Wir hatten übrigens erwartet, dass es nachts eisig kalt wird und deshalb auch warme Kleidung eingepackt. Das erwies sich jedoch als vollkommen unnötig, weil es die ganze Nacht ziemlich warm blieb und zudem das Zelt aus Wolldecken die Wärme des Tages erstaunlich gut speicherte. Ebenfalls zu unserer Verwunderung waren wir tagsüber umschwirrt von Fliegen, die man zunächst wegzuscheuchen versucht. Ein sinnloses Unterfangen. Nach einigen Stunden bei gleichmäßigem Trott und in sengender Hitze hat man gelernt, die Plagegeister zu tolerieren. Die Fliegen sind eine Begleiterscheinung der Dattelreife im Tafilalet (Hauptort Erfoud), das mit ca. 25.000 ha Fläche die größte zusammenhängende Dattelpalmoase Marokkos ist. Wie hindert man ein Dromedar daran, nachts wegzulaufen und stellt dabei gleichzeitig sicher, dass es etwas zu fressen bekommt? Ganz einfach: ein Bein abknicken und festbinden. Denn auf drei Beinen kommt das Tier nicht weit, kann sich aber trotzdem bei der Futtersuche bewegen.
Uns hat vor allem die ganz besondere Stimmung in der Abend- und der Morgendämmerung fasziniert … und die absolute Ruhe. Es war eine sternklare Nacht mit einem einzigartigen Gefunkel am Himmel.
Was für ein Glück. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass in diesem Dünengebiet touristisch „aufgerüstet“ wird, also außer Dromedartouren inzwischen auch Ausfahrten mit dem Motorrad-, Quad- oder Geländewagen im Angebot sind. Das macht sicher Spaß, aber die Motorengeräusche und die Spuren im Sand können das eigentliche Wüstenerlebnis erheblich beeinträchtigen. Für uns hat sich das nicht als Problem erwiesen, weil wir außerhalb der Saison in Erg Chebbi unterwegs waren.
Um auch ein paar Eindrücke von Thailands Süden zu gewinnen, flogen wir aus Chiang Mai nach Bangkok zurück und von dort mit dem Zug nach Surat Tani, wo wir abgeholt und zum Racha Prabha See gebracht wurden. Er liegt in der Nähe des Khao Sok Nationalparks im Südwesten Thailands (auf der Seite der Adaman-See). Dort übernachteten wir auf einem schwimmenden Haus. Die Anfahrt mit dem Longtailboot ist fantastisch, man fährt durch spektakuläre Felsformationen, die hoch aus dem Wasser herausragen.
Wir haben von hier aus verschiedene Bootstouren und kleine Wanderungen unternommen. Abhängig vom Wasserstand wären auch Tubingfahrten (mit einem aufgeblasenen Gummireifen) möglich gewesen. Die Nacht auf dem Stausee ist einzigartig, auch wegen der Geräuschkulisse des Regenwalds. Das Zirpen der Zikaden, die Geräusche der Nashornvögel oder das Gekreische der Affen sind unvergesslich. Wie auf Kommando setzt gegen Abend das Schnarren, Kreischen, Rufen und Gluckern plötzlich ein, so dass man zunächst eine menschliche Quelle vermutet.
Mit dem Boot haben wir der Behausung von Waldarbeitern auf der gegenüberliegenden Seite einen Besuch abgestattet:
Dort in der Nähe gab es eine Tropfsteinhöhle, wo gerade die thailändischen Besucher gerne kleine Geldspenden hinterlassen – gut fürs Karma!
Die Übergangszeiten, also die Morgen- und Abenddämmerung, haben ein eigenen Charme in einer solchen Umgebung. Dann fühlt man sich der Natur besonders nah. Als wir mit dem Boot durchs Wasser glitten, wies unser Guide hier und da auf Tiere hin, die wir ohne ihn in dieser grünen Wand des tropischen Regenwalds niemals wahrgenommen hätten. Kleine Sehschule …
So schnell hatten wir vom Urwald noch nicht genug. Die nächsten Nächte waren wir in Holzhütten an einem Fluss am Rande des Khao Sok Nationalparks untergebracht. Hier konnten wir morgens und abends den Affen bei der Überquerung des Flusses zuschauen – zu unserer Verwunderung schwammen sie einfach hinüber, dabei nahmen die Großen die Kleinen huckepack. Ein frecher und ziemlich aggressiver Bursche wollte erst nach hartnäckiger Aufforderung von unserem Balkon weichen, er hatte unsere Kamera schon fest im Blick. Ich konnte ihn mit einer klaren Ansage („Ich Tarzan, du Jane!“) von seinem Vorhaben abbringen. Wir haben hier tolle Wanderungen durch den Dschungel und entlang von Flussläufen gemacht – ich durfte dabei u.a. hautnah Bekanntschaft mit Blutegeln machen. Bei den Wanderungen kommt es einem vor, als ob man durch einen riesigen tropischen Garten ginge – überall Lianen, Bambus und mit Farn und Moos bewachsene Baumstämme. Im Khao Sok Nationalpark sind außer den reichlich vorhandenen Affen auch Büffel, Bären und Wildhunde anzutreffen, angeblich sogar wilde Elefanten, schwarze Panther und Tiger. Heimisch sind hier außerdem Kobras und Königskobras – deshalb sollte man beim Wandern immer kräftig auftreten, um die Tiere zu warnen und unangenehme Begegnungen zu vermeiden. Wenn’s denn hilft …
Am Treppenaufgang zu unserer Hütte begrüßte uns an einem Abend eine fette Kröte, die sich selbst durch grelleres Licht nicht sonderlich beeindrucken ließ.
Der Schocker war allerdings eine handtellergroße Spinne, die Eva bei der morgendlichen Dusche begrüßte ;-). Im Dschungel schreien eben nicht nur die Affen ;-). Die Spinne machte übrigens beachtlich weite Sprünge, als ich sie entfernen wollte.
Unser Nachbar berichtete beim Frühstück von einer Schlange im Gebälk direkt über dem Bett seines Dschungelhauses. Aber dafür gibt es ja glücklicherweise Mückennetze, die nicht nur lästige Moskitos, sondern auch anderen unerwünschten nächtlichen Besuch im Bett verhindern.
Unsere letzte Station in Thailand vor dem Rückflug über Bangkok war eine kleine Insel in der Adaman-See, die zum Trang-Archipel (insgesamt 47 Inseln) gehört, Ko Ngai, auch Ko Hai genannt, etwa 40 Bootminuten vom Festland entfernt. Ihr wesentliches Kennzeichen ist – neben einem einladenden Strand und wunderschöner Umgebung –, dass sie große Ruhe verströmt. Dort gibt es nur eine überschaubare Hotelanlage mit mehreren kleinen Bungalows (nur abends Elektrizität) und ein paar weiteren Behausungen, die über die Insel verteilt sind und von Saisonarbeitern bewohnt werden. Hier wollten wir die zum Teil intensiven Erlebnisse unserer Reise in aller Ruhe Revue passieren lassen, gut essen, ein paar Spaziergänge machen, baden und schnorcheln und was man sonst so tut, wenn man nichts tut. Ein besonderes Schnorchelerlebnis ist das Eintauchen in eine eingestürzte Höhle, die man per Boot erreichen kann. Beim Zugang schwimmt man durch absolute Dunkelheit, um schließlich in gleißendem Sonnenlicht aufzutauchen (nur mit Guide möglich). Auf Ko Ngai hieß es also noch einmal richtig tief durchatmen, bevor es zurückging in die Alltagshektik und ins feucht-kühle Klima in Deutschland kurz vor dem 1. Advent …
Eine kleine Inselumrundung mit Kletterpartie über wackelige Stege inklusive Waransichtung an einem Tümpel haben wir natürlich schon gemacht. Schließlich wollten auch das Inselinnere und die ganz einsamen Strände erkundet werden. Außerdem schmeckt das Essen nach etwas Aktivität gleich doppelt so gut.
Man kann ja nicht den ganzen Tag immer nur die Füße in den Sand krallen 😉 .
„Rundreise“ ist im Grunde für diesen Beitrag nicht ganz passend, schließlich kann man in drei Wochen ein so großes Land wie Thailand nicht angemessen kennenlernen, wenn man nicht nur Sehenswürdigkeiten „abhaken“, sondern auch etwas erleben möchte. Und wenn man sowohl vom Norden wie auch vom Süden einen Eindruck haben möchte, sollte man längere Strecken per Flugzeug und/oder Nachtzug absolvieren. Inlandsflüge in Thailand sind sehr günstig, Nachtzüge ein tolles Erlebnis! Wir haben bei unserer Reise so ziemlich alles an Verkehrsmitteln genutzt, was zur Verfügung stand: Flugzeuge, Züge, Taxis, Tuk-Tuks, Kleinbusse, Schiffe und Boote, Fahrräder, Elefanten. Und natürlich spielten die eigenen Füße bei der Fortbewegung keine unerhebliche Rolle, wir sind nämlich sehr gerne per pedes unterwegs. Bei den Gefährten sieht man immer wieder originelle Modelle – ob dieses wohl tatsächlich aus der Stuttgarter Karossenschmiede kommt?
Von Bangkok aus fuhren wir zunächst mit einem Minibus Richtung Norden, mit einem Abstecher durch die Außenviertel der Metropole in die geschäftige Hafenstadt Samut Sakhon. Dort gibt es einen Großmarkt mit einer Besonderheit: Mitten durch den Markt führt ein Bahngleis, das bei erstem Hinsehen kaum zu entdecken ist. Wie auf ein geheimes Zeichen kommt aber dann plötzlich hektische Bewegung in die Szenerie, schattenspendende Markisen werden eingeklappt, Körbe und Auslagen mit Gemüse, Obst und frischem Fisch zurückgeschoben, unachtsame Touristen zur Seite gezogen … und ein gelber Stahlkoloss schiebt sich im Schritttempo durch das Gewusel. Wir sind also auf dem Zugmarkt (Train Market), wo der regelmäßig durchfahrende Zug bei ausländischen Besuchern zu Ausrufen des Erstaunens und offenen Mündern führt, aber für die hiesigen Standbesitzer und Kunden Normalität ist. Die Gebühren für die Standplätze am Gleis sind übrigens niedriger als die für die entfernteren, weil sie mit mehr Arbeit verbunden sind.
Diese für den ausländischen Besucher spektakuläre Aktion drängt das vielfältige und überbordende Angebot der Händler schon fast in den Hintergrund. Qualität und Frische sind Trumpf!
Der Train Market hat in unserer Erinnerung einen speziellen Platz, weil wir hier erstmals frittierte Heuschrecken gegessen haben. Gar nicht übel! Und auf jeden Fall gesünder als Kartoffelchips …
Unsere nächste Station war Kanchanaburi, ca. 140 Bahnkilometer nordwestlich von Bangkok. Die Region zählt zu den fruchtbarsten in Thailand, angebaut werden vor allem Baumwolle, Weizen, Zuckerrohr, Tabak und Cassava (= Maniok, in Lateinamerika: Yuca). Die etwa 40.000 Einwohner zählende Stadt ist nicht so interessant, hat aber historisch eine herausragende Bedeutung. Man kann hier ein Stück mit der sog. Todesbahn, die ursprünglich bis nach Burma ging, fahren. Es geht ein Stück am Kwai-Fluss (sprich: Kwä) entlang, über ein hohes Viadukt, das noch komplett aus dem ursprünglichen Baumaterial (Holz) besteht. Bei der rumpeligen Überfahrt hat man das Gefühl, die Konstruktion könnte jeden Moment in sich zusammenfallen.
Hauptattraktion des Ortes ist die Brücke am Kwai, die durch eine Romanverfilmung (1957, 7 Oscars) weltberühmt wurde. Das Werk veranschaulicht am Beispiel einer Gruppe britischer Kriegsgefangener die grausamen Bedingungen, unter denen die japanischen Besatzer im Zweiten Weltkrieg eine etwa 430 km lange Eisenbahnstrecke nach Burma bauen ließen. Ihr Zweck war die Versorgung der japanischen Truppen beim Angriff auf Burma. Allein bei den Arbeiten an dieser „Todesbahnlinie“ kamen 16.000 Kriegsgefangene der Alliierten (Briten, Australien, Niederländer und Amerikaner) und schätzungsweise 100.000 Zwangsarbeiter aus Burma, Indien, China, Indonesien, Malaysia und Thailand um. Sie starben an Unterernährung, Malaria, Cholera oder wurden aus nichtigen Gründen getötet. In Kanchanaburi gibt es ein kleines Museum (Thai-Burmese Railway Centre), wo dieses dunkle Kapitel der japanischen Besatzungsgeschichte in Form von Fotos, Schautafeln, Filmen und Briefen nachvollzogen werden kann. Nebenan liegt ein Friedhof mit Gräbern von britischen, australischen und niederländischen Soldaten. Er wird von der Commonwealth War Graves Commission unterhalten. Für die gestorbenen asiatischen Zwangsarbeiter gibt es keine Gräber, sie wurden irgendwo verscharrt. Eine neuere (2015) und ebenfalls äußerst eindringliche Darstellung der Situation der Kriegsgefangenen beim Bau der „Death Railway“ liefert Richard Flanagan mit seinem Roman „Der schmale Pfad durchs Hinterland“ (The Narrow Road to the Deep North). Das Werk erzählt die Liebes- und Lebensgeschichte des tasmanischen Chirurgen Dorrigo Evans, der als Ranghöchster von 9.000 versklavten australischen Soldaten versucht, seine Kameraden vor dem brutalen Regime der japanischen Besatzer zu schützen. Ein berührendes Buch und ein echtes Meisterwerk der australischen Literatur!
Im Grunde handelt es sich bei der Brücke am Kwai um zwei Brücken. Die Originalbrücke war aus Holz. Sie wurde 1945 von amerikanischen Bombern zerstört. Die 50 m flussabwärts gebaute Stahlbrücke erhielt ebenfalls einen Bombentreffer und wurde 1946 repariert. Diese gilt heute als Brücke am Kwai und ist ein Touristenmagnet erster Güte. So mancher Touri stellt beim eifrigen Fotografieren überrascht fest, dass sie auch noch in Benutzung ist und gar nicht viel Platz zwischen der Waggonseite und dem Geländer ist ;-).
Die Nacht verbrachten wir in auf Pontons schwimmenden Häuschen, ein romantisches Kontrastprogramm zu den teils bedrückenden Gedanken des Tages. Hier wurde den Gästen je eine Hütte mit eigener Hängematte und Schwimmsteig vor der Tür zugewiesen. Die Anlage hat keine Stromversorgung, als Beleuchtung dienen kleine Öllampen, die in der Dunkelheit angenehm flackern. Nach dem Abendessen wurden traditionelle Mon-Tänze aufgeführt. Der Kwai-Fluss eignet sich durchaus zum Schwimmen, aber man muss die starke Strömung beachten, sonst im man im Nu an den Pontons „vorbeigesegelt“ …
Beim Landgang am folgenden Tag sahen wir am Ufer ein paar Elefanten mit ihren Führern, den Mahuts. Für uns eine gute Gelegenheit, Kontakt zu diesen wunderbaren Tieren aufzunehmen. Ein Pfad vom Ufer führte zu einer kleinen Siedlung, die wir uns ebenfalls angeschaut haben.
Reichlich Gelegenheit zum Baden hat man im Erawan Nationalpark mit dem gleichnamigen Wasserfall, unserer nächsten Station. Der Naturpark liegt noch in der Provinz Kanchanaburi. Der Wasserfall hat sieben Ebenen, zwischen der untersten und der obersten liegt eine Wanderstrecke von etwa 1.500 Metern (in gerader Falllinie sind es 500 Meter). Die Umgebung ist paradiesisch, in den meisten Becken kann man sich erfrischen. Wer empfindliche Füße hat, sollte achtgeben: Die Fische knabbern gerne an Hautpartikeln und machen keinen Unterschied zwischen Männer- und Frauenfüßen!
Nach so viel Natur und Erholung war wieder Zeit und Energie für Kultur, die alte Königsstadt Ayutthaya ruft! Von 1350 bis 1767 war Ayutthaya die Hauptstadt Siams (wie Thailand bis 1939 hieß). 33 Könige residierten hier, bis die Burmesen die Stadt fast dem Erdboden gleich machten. „Ayutthaya“ bedeutet „Heilige Stadt“ und liegt am Zusammenfluss dreier Flüsse. Sie war das Zentrum eines prächtigen Königreiches, wo die Elefanten aus goldenen Trögen fraßen. Heute ist Ayutthaya, nur 70 Bahnkilometer nördlich von Bangkok gelegen, eine eher unauffällige Provinzstadt, die vom Glanz früherer Tage lebt. Sie gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wegen der Vielzahl an farbenreichen Chedis (einer Art Tempel) und Palästen lohnt sich ein Spaziergang auf dem weitläufigen Ruinengelände unbedingt. Natürlich kann man das Besuchsprogramm auch auf einem Elefantenrücken absolvieren.
Von Ayutthaya fuhren wir mit dem Nachtzug nachChiang Mai, ein kleines Abenteuer. Die Strecke ist 520 km lang, man braucht dafür laut Fahrplan 9.40 Stunden. Aber mit den Plänen ist das manchmal so eine Sache … Wir kamen nach etwa 11 Stunden am Zielort an. Der Zug rumpelte zeitweilig mit 30 oder 40 km/h vor sich hin und hielt zwischendurch immer mal aus uns nicht ersichtlichen Gründen auf freier Strecke an. Erfreulicherweise ließen sich die Sitze nachts zu Liegen umklappen, so dass man ruhen konnte. Wir denken gerne an die gute Stimmung unter uns Reisenden aus aller Herren Ländern zurück, weniger gern an die hygienischen Verhältnisse.
Und die müden Glieder konnten sich in der nächsten Nacht wieder gut erholen.
Der „klassische Thailand-Tourist“ hält sich normalerweise in Bangkok und an den wunderschönen Stränden im Süden Thailands auf: Pattaya, Ko Samui … Der Norden des Landes hat bedeutend weniger Touristen als der Süden. Er erfreut sich allerdings bei Naturliebhabern und Trekkinganhängern zunehmender Beliebtheit. Nordthailand ist weniger zugänglich, satt-bewachsene Hügel und Berge (hier findet sich der höchste Berg, Doi Inthanon, 2.563 m), schmale Bergpfade, fruchtbare Täler und dichte Dschungel bestimmen das Bild. Die Bewohner des Nordens sind ein buntes Völkergemisch aus den vielen Bergstämmen und den Nord-Thais. Die Bergvölker, mehr als eine Million Menschen, sprechen eigene Sprachen und haben ihre eigenen Traditionen und Lebensweisen. Nordthailand war als Teil des „Goldenen Dreiecks“ (mit Laos und Myanmar) lange Zeit als Zentrum der Opiumproduktion berüchtigt, und der Schlafmohnanbau war das Hauptbetätigungsfeld der Bergvölker. 2003 wurden im Rahmen einer Regierungsinitiative mehr als 2.000 tatsächliche und vermeintliche Drogenhändler erschossen. Seitdem spielt die Opiumgewinnung in dieser Region keine besondere Rolle mehr.
Die Thais nennen Chiang Mai „Rose des Nordens“. Laut offizieller Statistik hat die Hauptstadt des Nordens 135.000 Einwohner, Kenner gehen jedoch vor dem Hintergrund vieler unregistrierter Zuzügler von 350.000 aus. Chiang Mai ist Universitätsstadt und bietet viele Alltags-Annehmlichkeiten einer Großstadt, ebenso Kultur. Auch eine der insgesamt 140 deutschen Auslandsschulen befindet sich hier. Ein Besuch des Nachtmarkts (Night Market), der sich über weite Teile der Innenstadt erstreckt, lohnt sich unbedingt.
Für uns war Chiang Mai Ausgangspunkt für zwei Exkursionen. Dabei handelte sich zum einen um den Besuch eines Elefantencamps inkl. Ausritt, zum anderen eine Trekkingtour mit Übernachtung bei einem Bergvolk. Im Elefantencamp werden die grauen Riesen zu nützlichen und verlässlichen Waldarbeitern ausgebildet. Aber es gibt bedeutend mehr Elefanten, als sie im Wald einsetzbar wären. Mit zirkusähnlichen Darbietungen vor zahlendem Publikum und Ausritten in den Dschungel versuchen die Mahuts (Elefantenführer) sich und ihren Tieren ein Auskommen zu sichern.
Die Trekkingtour führte uns zu einer Siedlung des Palong-Stammes. Wir waren in einer kleinen Gruppe mit sechs Personen plus Guide unterwegs. Die Tour musste vorher bei den Behörden angemeldet werden, weil es in Ausnahmefällen zu unangenehmen Begegnungen mit Drogenkurieren oder Edelholzdieben kommen kann. Es war eine sehr schöne mehrstündige Wanderung, eine eindrückliche Begegnung mit Menschen eines vollkommen anderen Kulturkreises – und eine etwas unruhige Nacht in einer einfachen Hütte auf einer Matte auf dem Boden (Gemeinschaftsunterkunft). Zurück in die Zivilisation ging es mit dem Floß.
Dieser etwa 25 cm lange Gekko am Balken oberhalb der Schlafstätte der Engländerin in unserer Gruppe war der Aufreger der Nacht. Sie war aufgewacht und schaute direkt in die glitzernden Augen der harmlosen Echse. Da war’s endgültig vorbei mit der Nachtruhe, die ohnehin durch die ungewohnte Dschungelgeräuschkulisse beeinträchtigt war 🙂
Bei dieser 8-Millionen-Stadt geht’s schon gleich mit einem Superlativ los: Der offizielle zeremonielle Name lautet nämlich in lateinisch transkribierter Form:
168 Buchstaben … Kein Ort hat mehr. Als Kurzübersetzung gilt Stadt der Engel. Bleiben wir im schnelllebigen Digitalzeitalter lieber bei der gängigen Bezeichnung! Bangkok ist übrigens erst seit Ende des 18. Jahrhunderts Hauptstadt, vorher war es Ayutthaya. Die alte Königsstadt wurde 1767 von den Burmesen erobert und größtenteils zerstört. Bangkok bildete sich in der Folge als vor militärischen Attacken sicherere Alternative heraus.
Nach einem ca. 15-stündigen und 9.000 km langen Flugvon Frankfurt kamen wir am Spätnachmittag in Bangkok an, wurden von einem Fahrer am Flughafen abgeholt und ins Hotel gebracht. Unsere ersten Eindrücke auf der Fahrt: Ganz schön was los hier, Hektik und Stau auf den Straßen. Wir waren zentral untergebracht, in einem Hotel direkt am mächtigen Chao Praya Fluss, nur wenige Gehminuten von der weltberühmten Khao San Road entfernt. Und die haben wir uns nach einer Dusche und einem Päuschen am Abend noch näher angeschaut. Die Khao San hat eine wechselvolle Geschichte. Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten als DER Treffpunkt für internationale Traveller entwickelt, spätestens seit hier ein paar Szenen für „The Beach“ mit Leonardo di Caprio gedreht wurden (1999). Die meiste Zeit geht es hier turbulent zu, das wollten wir uns gleich nach dem Einchecken anschauen, bevor uns die Müdigkeit der Anreise einholte. Die Massen schieben sich durch die Straße – Bars, Restaurants und Imbisse, Stände, wo man u.a. frittierte Insekten (Grillen, Heuschrecken, Skorpione, Maden …) zum Knabbern oder auch Zeugnisse und Ausweisdokumente kaufen kann. Aber wir wollen erstmal nur gucken, kosten kommt später ;-). Natürlich haben wir mit Blick auf das vielfältige Ess- und Trinkangebot noch ein paar Ratschläge im Kopf. Links und rechts immer wieder ein „Guesthouse“, das mit günstigen Übernachtungspreisen wirbt. Von überall her wummert Musik, immer wieder schiebt sich ein knatterndes Moped durch die Menschentrauben. Für europäische Ohren ein Frontalangriff auf die Sinne, und ein guter Vorgeschmack darauf, wie es insgesamt in Bangkok zugeht. Und drückend warm ist es, schnell klebt die Kleidung am Körper.
Am nächsten Morgen, frisch geduscht und gesättigt vom ausgezeichneten Frühstück, wollen wir zunächst ein paar bekannte Sehenswürdigkeiten aufsuchen. Einige lassen sich bequem zu Fuß erreichen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Fußgänger in Bangkok als notwendiges Übel betrachtet werden und mithin keine Rücksicht von den anderen, PS-stärkeren Verkehrsteilnehmern erwarten können. Man muss also wach und schnell sein und die Hackordnung beachten. Auch Abgas- und Feinstaubstandards, wie wir sie aus europäischen Großstädten kennen, sind für Thailand unüblich. Als alternatives Verkehrsmittel bieten sich neben regulären Taxis die schnellen Tuk-Tuks, eine Art Moped mit Kabine, an. Tuk-Tuk-Fahrten sind ein Riesenspaß, treiben aber gelegentlich den Adrenalinspiegel hoch – nicht nur, weil die Fahrer manchmal halsbrecherische Abkürzungen nehmen, sondern auch oft völlig überzogene Preisvorstellungen haben, selbstredend nur bei Touristen. Längere Strecken lassen sich gut mit dem Wassertaxi bewältigen. Der „Klassiker“ ist das sog. Longtailboat, das in aller Regel mit einem LKW-Motor ausgestattet ist und das Wasser lautstark durchquirlt.
Bangkok hat derart viel Sehenswertes, dass man im Rahmen eines normalen mehrtägigen Touristenaufenthalts kaum eine Chance hat, einen umfassenden Überblick zu bekommen. Eine auf jeden Fall wichtige Anlaufstation ist ein großer Rasenplatz im ursprünglichen Kern der Stadt, Sanam Luang. Hier werden traditionell königliche Zeremonien abgehalten werden, beispielsweise Huldigungen zum runden Geburtstag. Aber hier können auch Besucher der Stadt ein Picknick abhalten.
Blick vom Sanam Luang auf Wat Phra Kaeo/Grand PalaceDer nicht mehr als Wohnsitz der königlichen Familie genutzte Gebäudekomplex „Grand Palace“
Um den Sanam Luang herum sind diverse Monumente, Tempel und Institutionen angesiedelt, allen voran der Grand Palace. Wer diese Anlage besuchen möchte, muss eine „schickliche“ Kleiderordnung beachten, unbedeckte Schultern bei den Damen oder haarige Männerbeine in kurzen Hosen sind unerwünscht. Respekt- und achtlose Zeitgenoss/inn/en können sich aber die entsprechende Garderobe vor Ort für ein Entgelt leihen – manchmal mit modisch fragwürdigem Ergebnis:
Anstehen für den GarderobenwechselNicht schön, aber funktional 🙂
Die Anlage des Grand Palace bedeckt eine Fläche von knapp 220.000 qm, ihre Mauereinfassung ist etwa 2 km lang. Sie gehört zu den absoluten Höhepunkten der thailändischen Kultur und ist ganzjährig gut besucht. Es finden laufend Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten statt. Uns haben dort zwei „Wats“ besonders beeindruckt, nämlich der Wat Phra Kaeo und der Wat Po. Norddeutschen mag das „Wat(t)“ zwar leicht von den Lippen gehen, es bedeutet jedoch in buddhistischen Ländern wie Laos, Kambodscha oder Thailand etwas gänzlich anderes: Unter „Wat“ versteht man hier einen von einer Mauer umgebenen, normalerweise religiös genutzten Gebäudekomplex. Der Wat Phra Kaeo ist ein Heiligtum des thailändischen Buddhismus. Er beherbergt den Emerald Buddha (smaragdener Buddha), der tatsächlich aus Jade besteht. Er wird dreimal im Jahr im Rahmen einer Zeremonie in eine festliche saisonale Kleidung (Sommer, Regenzeit, Winter) gehüllt. Der Wat Phra Kaeo ist im Grunde eine buddhistische Tempelanlage ohne Wohnquartier. Es finden sich hier immer Buddhisten zum Gebet ein – die Füße stets von der Buddha-Figur abgewendet, weil die Fußunterseite in ihrer Glaubensvorstellung am weitesten von der Seele entfernt und damit „unrein“ ist. Im Tempel herrscht striktes Fotografierverbot. Das Gebäude ist auch von außen sehr beeindruckend, insbesondere die furchteinflößenden steinernen Tempelwächter (Yaks) und die zierlich anmutenden Fabelwesen mit der Bezeichnung „Kinari“: halb Mensch, halb Reh.
Ebenso die Wandmalereien, die historische und mythologische Szenen sowie Eindrücke aus dem Palastleben darstellen:
Der Wat Po beherbergt einen 45 m langen und 15 hohen, mit unzähligen Goldplättchen verzierten Liegenden Buddha. Die Figur soll den Moment des Übergangs ins Nirvana darstellen. An ihren Füßen sind symbolisch die 108 Zeichen eingearbeitet, an denen man den „Erleuchteten“ erkennen kann.
Bei dieser Fülle an Fantasie und Kreativität ist es dann nur konsequent, selbst die Eintrittskarten in ansprechender Grafik zu gestalten:
Es ist keineswegs so, dass nur an diesen prominenten Orten Glaube und Spiritualität zur Schau gestellt würde. Der Buddhismus ist überall im Land präsent, etwa 94 Prozent der Bevölkerung sind Buddhisten. Ihr Glaube wird der sog. „Theravada-Schule“ zugerechnet und enthält Volksreligion-Elemente wie Ahnenverehrung, lokale Naturgeister, astrologische und numerologische Vorstellungen etc. Der Buddhismus ist fester Bestandteil des Thai-Alltags, allerorts gibt es Möglichkeiten für Gebet und Fürbitte.
Mönche genießen eine hohe Wertschätzung, für sie sind zum Beispiel immer Plätze in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Wartebereich von Flughafen-Abflughallen reserviert. Kein normaler Thai würde es wagen, sich dort hinzusetzen. Das Töten von Tieren innerhalb eines bestimmten Umkreises eines Tempels ist verboten. Religiöse Ämter sind übrigens ausschließlich Männern vorbehalten, in Thailand gibt es beispielsweise keine Frauenorden oder -klöster. Frauen dürfen Mönche nicht berühren oder ihnen direkt Gegenstände oder Essen überreichen – das muss immer durch Männerhand geschehen. Nach einer versehentlichen Berührung muss sich der Mönch einer Reinigungsprozedur unterziehen. Interessanterweise haben Buddha-Darstellungen oftmals eine weibliche Anmutung …
Nicht nur im Zusammenhang mit religiös geprägten Verhaltensregeln wird auch von Besuchern des Landes Respekt und Achtung erwartet. Die Ehrerbietung und Demut des thailändischen Volkes gegenüber dem König und seinem Gefolge scheint für rationale Gemüter aus der westlichen Kultur schwer nachvollziehbar. Über Jahrzehnte besonders beliebt beim Volk war Rama IX. (Bhumibol der Große), der die Geschicke des Landes von 1950 bis zu seinem Ableben im Jahr 2016 lenkte und selbst in politisch turbulenten Zeiten stets als Integrationsfigur anerkannt war. Bis zu seinem Tod war sein Abbild in der Öffentlichkeit stets präsent.
Eine auch nur annähernd vergleichbare Beliebtheit lässt sich bei seinem Nachfolger Rama X. nicht feststellen. Er residiert die meiste Zeit fern von der Heimat in einem Garmischer Luxushotel und macht in erster Linie durch Skandale auf sich aufmerksam. Schlagzeilen wie „Wird er seine Geliebte zur Zweit-Königin machen?“ oder „Hat er seine Schwester verprügelt?“ prägen das Bild. Gleichwohl gilt ebenso für ihn wie seine Familie das Gesetz gegen Majestätsbeleidigung, aufgrund dessen Kritiker zu langen Haftstrafen verurteilt werden können. Daher heißt auch für Thailand-Besucher die Maxime: keine kritischen oder gar abfälligen Bemerkungen über den Regenten und seinesgleichen!
Ein krasses Gegenbild zu Glanz und Glitter findet man beispielsweise in einigen Gegenden von China-Town. Die Thai-Chinesen, hauptsächlich im 19. und frühen 20. Jahrhundert eingewandert, bilden zwar die größte ethnische Minderheit in Thailand, aber die Einwohnerzahl von Samphanthawong (dieses Viertel wird als „China-Town“ bezeichnet) nimmt kontinuierlich ab. China-Town ist nicht mit dem Skytrain (elektr. Hochbahn) erreichbar, wohl deshalb kommen nicht so viele Touristen hierher, sondern eher Thais zum Einkaufen. In diesem Stadtteil geht’s eng zu, unmittelbar an den von Autos befahrbaren Straßen ist der Lärm ohrenbetäubend, die „Luft“ aus Blei. In den Seitengassen befinden sich dicht an dicht kleine Läden und Stände mit typisch südostasiatischem Billigzeug, Restaurants und Imbisse. Uns haben die Straßenzüge fasziniert, wo Schrottfahrzeuge in kleinste Einzelteile zerlegt und zum Verkauf angeboten werden. Nachhaltiger geht’s kaum …
Früher galt Bangkok als „Venedig des Ostens“ – dieser Begriff wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts geprägt. Wenn man bedenkt, dass die erste „richtige“ Straße erst um 1860 gebaut wurde, ist das nachvollziehbar. Damals wurde das öffentliche Leben durch den Chao Phraya Fluss und die Wasserkanäle, die Klongs, bestimmt. Im Zuge der Urbanisierung wurden viele Wasserwege zugeschüttet und Straßen gebaut, mit den üblichen Folgeerscheinungen, wie etwa Überflutungen bei Hochwasser. Trotz U-Bahn und Skytrain ist der Fluss nach wie vor ein wichtiger Verkehrsweg. Er ist schlammig-grau, soll aber recht sauber sein. Fahrten auf dem Chao Praya und durch die Klongs erlauben spannende Einblicke in den Alltag vieler Thais. Dabei nicht vergessen: Fischefüttern ist gut fürs Karma!
Eine weitere spannende Möglichkeit, die Stadt zu erkunden, ist eine Fahrradtour! In Anbetracht unserer ersten Eindrücke von der Verkehrssituation waren wir zwar zunächst skeptisch, aber bekanntermaßen macht nur der Versuch klug – er stellte sich als voller Erfolg und großer Spaß heraus. Wir waren mit einer kleinen Gruppe und mehreren Guides unterwegs. Wenn man eine Straße überqueren muss, stellen die Guides (gut sichtbar in ihren grellgelben T-Shirts) todesmutig einfach ihre Räder quer auf die Fahrbahn und halten die Autos an, bis die Gruppe sicher auf der anderen Seite angekommen ist. Wir waren sowohl in den Wohnvierteln wie auch im Außenbezirk auf einer Bananenplantage mit den Rädern „on the road“. Als wir gerade mit einem Boot auf die andere Seite eines größeren Klongs übersetzten, wurden wir von einem Regenschauer überrascht. Wenn’s hier regnet, dann aber auch aus Kübeln. Aber unsere Guides waren auch auf dieses (alltägliche) Ereignis vorbereitet – bei den ersten Tröpfchen verteilten sie Regenhüllen.
Immer gut und entspannend, besonders nach einer Radtour, ist eine Massage, die man fast überall genießen bekommen kann, wo etwas los ist. Die Thais sind wahre Meister dieser manchmal etwas rustikal wirkenden Entspannungstherapie. Um sie zu genießen, sollten man in Hygienefragen nicht übermäßig empfindlich sein.
Selbstverständlich hat Bangkok auch all die vielen Einkaufsmöglichkeiten anderer Weltmetropolen. Die Kaufhäuser, Shopping Malls, Spezial- und Luxusläden dieser Welt werden einander ja immer ähnlicher. Die größte zusammenhängende Einkaufszone der Stadt befindet sich zwischen dem Mah Boonkrong Shopping Centre an der Phya Thai Road und dem Gaysorn Plaza an der Rajdamri Road – hier kann man auf einer Fläche von etwa 3 Quadratkilometern vom Turnschuh bis zum Maserati alles kaufen, was das Shopperherz höherschlagen lässt und die Kreditkarte zum Glühen bringt. Und spätestens hier wird dann klar, dass das moderne Bangkok neben Buddha noch einer anderen Gottheit frönt: dem Mammon. Und die Türme des Kommerzes sind schon längst über die Tempel hinausgewachsen.
Das Frühjahr 2011 war bei uns beiden mit viel Arbeit verbunden. Daher war uns nach Sonne und Erholung, aber nicht unbedingt nach Pauschalurlaub am Strand. Außerdem waren unsere beiden Söhne schon (fast) erwachsen. Warum also nicht zu zweit ohne viel Vorbereitung und Organisation ins Tropisch-Warme auf Entdeckungstour gehen? Schnell waren mit ein paar Klicks Flüge nach Miami und ein Mietauto (einen Ford Fusion) gebucht, alles andere wollten wir vor Ort und nach Lust und Laune entscheiden.
Dabei kam dann diese Route im Südzipfel des Sunshine State heraus:
Von Key West nach Havanna sind’s nur etwa 100 Meilen …Start- und Endpunkt unserer Tour: Miami
Unsere Unterkünfte haben wir von Mal zu Mal über Buchungsplattformen herausgesucht und gebucht. Dabei machten wir ganz überwiegend positive Erfahrungen. Es waren Herbergen dabei, bei denen wir uns in unserer legeren Kleidung kaum zum Einchecken ins Foyer wagten (aber trotzdem freundlich empfangen wurden). Dort war zu unserer Überraschung das vor Ort gebuchte Frühstück teurer als die Übernachtung. Zu den schlechteren Erfahrungen gehörte ein Motel mit niedrigem Hygienestandard und nur einer Steckdose im Zimmer. Da wurde dann das Trocknen der Haare zur Herausforderung :-).
Zum Zeitpunkt unserer Rundreise im Mai 2011 waren die Vereinigten Staaten noch sichtlich gebeutelt von der Finanzkrise 2008. Das hatte für uns durchaus Vorteile, weil wir von einem günstigen Dollarkurs und insgesamt wenig Tourismusaktivitäten profitierten. Es war überall spürbar, dass die Wirtschaft nicht gerade „brummte“ – und der Sunshine State gehörte zu den am härtesten getroffenen Regionen, die Arbeitslosenquote lag beispielsweise bei 11 Prozent. Am augenfälligsten war die Misere für uns am Beispiel der Immobiliensituation. Die Haus- und Grundstückspreise waren seit 2008 um mehr als die Hälfte eingebrochen, das Überangebot daher immens. „For Sale“-Schilder prägten das Straßenbild. Das veranlasste einen Makler sogar dazu, seine Immobilien wie Billigklamotten in S, M, L und XL feilzubieten.
Tja, und wer zu diesem Zeitpunkt Mut und Kapital hatte, konnte zum Schnäppchenpreis ein Feriendomizil erwerben …
Unser erstes größeres Ziel war Key West, der legendäre südlichste Punkt Floridas und der USA. Die Fahrt ist eine reine Freude. Vom Festland aus geht es ca. 180 km lang von Insel zu Insel, über 42 Brücken immer die Overseas Highway entlang. Die spektakulärste Brücke ist die 11 km lange Seven Mile Bridge. Viele der insgesamt 1.000 Kalkstein- und Mangroveninseln sind nicht bewohnt. Die größte bewohnte Insel ist Key Largo, wo viele auf dem Festland lebende Pendler und Rentner leben.
Man kann (und sollte!) die Fahrt immer mal wieder unterbrechen, um zu baden und das Strandleben zu genießen, zu bummeln und einzukaufen, etwas zu sich zu nehmen, Menschen und Tiere zu beobachten, kurz: dem besonderen „Key Spirit“ nachzuspüren. Wir nahmen uns drei Tage Zeit für die Keys und verbrachten zwei Nächte in Marathon (10.000 Einwohner), auf etwa halber Strecke. Unseren ersten Stopp legten wir bei brütender Hitze im John Pennekamp State Park (Key Largo) ein. Uns haben vor allem die Mangroven dort beeindruckt. Diese einzigartige Baumart, die im Salzwasser wachsen kann und eine wichtige Nahrungsquelle für andere Pflanzen und Tiere ist, hat eine überragende Bedeutung als Sturm- und Wasserbrecher.
Das wohlklingende Islamorada gilt als Zentrum der Mittleren Keys. Hier, genauer gesagt bei MM 81,5 (Mile Marker, gezählt wird ab einer bunten Betonboje bei Key West), gibt es den Wordwide Sportsman, ein Muss nicht nur für Angler. Denn der „Sportsman“ ist nicht nur das weltgrößte Angelkaufhaus der Welt. Unmittelbar darüber befindet sich die Zane Grey Long Key Lounge, von deren Rundumterrasse man einen fantastischen Blick auf das Gelände und die Hafenanlage hat. Dort tummeln sich viele Fische, von denen die bis zu 2,5 m langen Tarpune besonders auffällig sind.
Die Kombination „Angeln – Fisch“ ist – zumindest für uns – unmittelbar mit der Assoziation „essen“ verbunden. Wir sind einem Tipp gefolgt, der nicht gerade als „geheim“ zu bezeichnen wäre, denn das Keys Fisheries Restaurant, „located in the heart of the Florida Keys just north of the 7 Mile Bridge“, gilt als das beste Fischrestaurant der Gegend. Es geht etwas rustikal zu, man bestellt an der Theke und wird dann zur Abholung aufgerufen. Daumen hoch für: Man sitzt beim Essen fast immer direkt am Wasser und, nicht unwesentlich, die Qualität ist hervorragend. Dann darf es auch mal Hummer sein. Eva hatte einen Lobster Wrap, ich einen Lobster Reuben (das ist so eine Art überdimensionales Sandwich), Beilagen dazu … Wenn man dann noch ein kühles Bier in der Hand und den Sonnenuntergang im Gesicht hat, kann’s kaum noch besser werden. We loved it!
Key West ist im 19. Jahrhundert durch Fischerei, Naturschwammtauchen und eine Ananasfabrik zu bescheidenem Wohlstand gekommen, auch als Zwischenstopphafen für Liniendampfschiffe in Richtung Karibik. Das zeigt sich beispielsweise an den Gebäuden.
Auf jeden Fall umgibt diesen Ort eine spezielle Atmosphäre. Hier leben die sogenannten „Conchs“ (sprich „Konks“) – man hat sich nach der Muschelart benannt, die in früheren Zeiten eine wichtige Rolle für die Fischerei spielte. Key West ist heute ein Sammelpunkt für Alteingesessene, Künstler, Studenten, Kuba-Flüchtlinge und Sonnenhungrige unterschiedlichster Couleur. „Fun“ hat einen hohen Stellenwert. Für uns wurde das bei einem für wohltätige Zwecke veranstalteten „Betten-Rennen“ deutlich, ein Riesenspaß auch für die Umstehenden.
Natürlich steht Key West mit seinen 26.000 Einwohnern nicht nur für Spaß und Müßiggang, sondern auch für Kultur. Besonders stolz ist man darauf, dass der Pulitzer- und Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway (1899-1961) hier fast 10 Jahre zu Hause war und beispielsweise „Die grünen Hügel Afrikas“, „Wem die Stunde schlägt“ und „Der alte Mann und das Meer“ verfasste. Das Haus, wo er mit seiner zweiten Frau Pauline lebte, ist als Privatmuseum erhalten und zum Teil mit Originalmöbeln bestückt. Ein Besuch lohnt sich, ebenso wie ein Spaziergang durch die Gartenanlage.
Die Faszination des Schriftstellers liegt sicherlich wesentlich in seiner Persönlichkeitsstruktur begründet. Ich (W.) habe anlässlich unseres Besuchs des Hemingway-Hauses in mein Reisetagebuch notiert:
Hemingway litt ganz offensichtlich an manischer Depression. Krankhafte Sucht, sich Gefahren auszusetzen, um Grenzerfahrungen zu machen und dadurch das Leben zu spüren. Hat sich schon mit 18 als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg gemeldet; Korrespondent im Spanischen Bürgerkrieg; Großwildjäger. 4 Frauen – 3 Ehen hielten nicht länger als 4 Jahre. Als Partner quälend schwierig, als Vater ein Totalausfall. Morgens schreiben, nachmittags fischen, abends saufen im Sloppy Joe.
Was wäre Florida ohne die Everglades? Wie Venedig ohne Wasser. Schließlich sind die Everglades das größte subtropische Feuchtgebiet Nordamerikas mit über 600 Fisch- und 350 Vogelarten. Sie sind ein Ökosystem mit Mangrovenwäldern, Pinienwäldern und Sümpfen und haben eine riesige Flächenausdehnung, ca. 20.000 km², vom Lake Okeechobee bis zu den Ten Thousand Islands im Südwesten Floridas. Das Wasser ist im Prinzip ein langsam fließender 80 km breiter Fluss mit einem Wasserstand von nur 15 cm. Wie die meisten Biotope sind die Everglades in einer prekären Lage. Es drohen Austrocknung und Verschmutzung, viele Tiere und Pflanzen sind vom Aussterben bedroht. Wir wollten darüber mehr erfahren und besuchten, nachdem wir die Keys verlassen hatten, den Everglades-Nationalpark im Südwesten Floridas. Bevor man die Gegend auf Trails und Stegen selbst erkundet, ist es ratsam, im Besucher-Zentrum vorbeizuschauen. Hier wird Wissen unterhaltsam und kurzweilig in unterschiedlichen medialen Formen dargeboten. Dabei haben wir viel gelernt. Neu war zum Beispiel für uns, dass es außer Alligatoren auch Krokodile gibt. Diese kann man aus nächster Nähe in freier Natur erleben – natürlich stets mit dem gebührenden Abstand. In den trockeneren Gefilden sollen auch Pumas unterwegs sein. Kinder unter 12 sollte man dann wohl anleinen 🙂
Anderenorts trafen wir auf „Gators“, die nicht beißen. Warum man die wohl nicht füttern darf?
Unsere nächste größere Station war die Region um Naples an der Westküste Floridas, eine sehr wohlhabende Gegend. Edle und moderne Häuser, Villen und Ferienanlagen, exzellente und äußerst gepflegte Infrastruktur und öffentliche Anlagen, schier unbegrenzte Freizeit- und Shoppingmöglichkeiten, kilometerlange Strände mit feinstem Sand und türkisgrünem Wasser: Vanderbuilt Beach, Bonita Beach, Fort Myers Beach, Bowman’s Beach, Captiva Beach, um nur wenige zu nennen. Man kann gut nachvollziehen, dass man hier zumindest ein Ferienhaus und ein Boot haben möchte, wenn man hier schon nicht dauerhaft wohnen kann 😉 . Trösten wir Normalos uns damit, dass auch der schönste Strand alltäglich wird, wenn er direkt vor der Haustür liegt und in leicht erreichbarer Nähe fünfzig weitere sind. Hier ein paar Eindrücke vom Paradies für Strandspaziergänger, Muschelsucher und Sonnenanbeter:
Ob wohl der Erfinder Thomas Aiva Edison (1847-1931) und der Automobilhersteller Henry Ford (1863-1947) ähnliche Überlegungen angestellt haben, als sie sich ihre Winterquartiere am McGregor Boulevard bei Fort Myers einrichteten? Auf jeden Fall bei Edison dürfte beim Besuch des weitläufigen Geländes mit Wohngebäuden, Labor und botanischem Garten schnell klar werden, dass der Mann nicht etwa Dolce Vita im Sinne hatte, als er sich – auf Anraten seines Arztes – mit seiner Familie hier ansiedelte. Den Swimmingpool ließ er auf Drängen seiner Frau bauen, genutzt hat er ihn selbst nicht. Und den botanischen Garten ließ er vor allem deshalb anlegen, weil er die Pflanzen für seine Experimente nutzen wollte. Er widmete seine ganze Kraft dem Forschen und Entwickeln und hat im Laufe seines Lebens weit über 1.000 Patente angemeldet. Er erfand u.a. den Phonographen, Portland Zement, verschiedene Latexprodukte und gilt als Wegbereiter des Telefons und der Schreibmachine. Auch haben wir ihm die 35-Millimeter-Filmtechnik zu verdanken. Im Gegensatz zu Edison verbrachte Ford nur in der kalten Jahreszeit gelegentlich Zeit auf seinem sonnigen Wohnsitz. Der Erfinder des Model T und Vater der industriellen Massenfertigung gilt in der Gesamtbetrachtung als bedeutend widersprüchlicher als sein Nachbar Edison. Einerseits führte er schon früh den Achtstundentag ein und zahlte Löhne weit über Durchschnitt, andererseits bekämpfte er in seinen Fabriken rigoros Gewerkschaften und war ein glühender Antisemit. Ob deshalb ein Ford-Portät Adolf Hitlers Büro in der NSDAP-Zentrale in München zierte?
Es ist ein großes Vergnügen, mit dem Auto an der Südwestküste Floridas entlangzufahren und sich einfach von Ort zu Ort, von Insel zu Insel treiben zu lassen. Oder vielleicht mit einer Harley?
Ein wirklich schönes Fleckchen Erde, wo Karibik und westlicher Komfort eine einzigartige Sympbiose eingegangen sind und an 361 Tagen im Jahr die Sonne scheint. Zwischen dem Endpunkt des Everglades Parkway in Naples und der Mündung des Suwannee River kurz hinter Cedar Key liegt ein etwa 300 km langer Küstenabschnitt mit grandiosen palmengesäumten Stränden, vorgelagerten (Halb-)Inseln, Haffs und Buchten, Korallenriffs, imposanten Städten und verschlafenen Siedlungen, der seinesgleichen sucht. Ein wesentlicher Unterschied zu Floridas Ostküste besteht in der weitgehenden Abwesenheit des Protzig-Lauten, das das östliche Pendant auszeichnet. Es fällt schwer, einzelne Orte hervorzuheben. Ist der unverbaute Bowman’s Beach (Sanibel) wirklich schöner als der Captiva Beach (auf der gleichnamigen Insel)? Das liegt wohl im Auge des Betrachters. Und wenn wir mal längere Zeit in dieser Region verbringen würden? Uns hat Sarasota beeindruckt: nicht zu groß, 50 km Strände, Inseln ohne Hochhäuser und Apartmentblocks, stattdessen Holzhäuser und kleine Strandhotels. Und eine eingängige Geschichte: Sarasota wurde bekannt durch John Ringling (Sohn eines deutschen Ledermachers), den Gründer des größten Zirkus der Welt, Barnum & Bailey. Er ließ hier 1926 für seine Frau Mable das dem venezianischen Dogenpalast nachempfundene Cà d’Zan errichten, das das Paar dann als Wintersitz nutzte.
Sarasota liegt etwas südlich von St. Petersburg, der Nummer eins der Kunstszene von Florida. Wir wollten dem Salvador DalíMuseum einen Besuch abstatten. Schon die Anfahrt ist beeindruckend. Man fährt über kilometerlange Brücken quasi mitten durchs Meer, von Norden (Tampa) kommend beispielsweise über die Howard Franklin Bridge, aus dem Süden über die Sunshine Skyway Bridge. Das Museum gilt mit über 90 Ölgemälden, 100 Aquarellen und Zeichnungen, 1.300 Grafiken, Fotografien, Skulpturen und weiteren Kunstobjekten als größte Sammlung des Surrealisten außerhalb Spaniens. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie Inhalt und Form zu etwas neuem Ganzen verschmelzen können. Mit der Werkschau und den gut aufbereiteten Zusatzinformationen über Dalí bekommt man einen hervorragenden Eindruck von seiner persönlicher und künstlerischen Entwicklung. Das Gebäude besteht in dem Teil, das die Kunst beherbergt, vorwiegend aus dickem Sichtbeton. Damit sind die Werke hurricansicher. Das Atrium ist aus über 1.000 unterschiedlich großen Glasdreiecken zusammengesetzt, die von innen und außen immer wieder andere Lichtreflexe erzeugen. Als wir dort waren, zog gerade ein Gewitter mit heftigen Regengüssen über das Gebäude. Ein Erlebnis der besonderen Art.
Nach diesem Kultur-Highlight – und einem weiteren Strandbesuch (Fort De Soto State Park, Tierra Verde) – mussten wir wieder den Rückweg an die Ostküste antreten, auf nach Fort Lauderdale, das amerikanische Venedig. Der Verkehr auf dieser Seite Floridas ist bedeutend dichter. Im Grunde ist ja der ganze südöstliche Küstenabschnitt eine einzige urbane Zone, die Städte gehen ineinander über. Wo hört Fort Lauderdale auf und wo fängt Miami an? Stets eine ähnliche Struktur: vorne Strand, oft eine schier endlos lange vorgelagerte Insel, im Küstenbereich mehr Kanäle und Wasserwege als Straßen, ein Boulevard parallel zum Strand, in der Mitte Wohn- und Einkaufsgebäude und hinten die „Wildnis“. Und von oben brennt die Sonne. Wir hatten von unterwegs aus – ein Hoch auf iPad und WLAN – zwei Übernachtungen im 4-Sterne-Westin „geschossen“. Man gönnt sich ja sonst nichts 🙂 . Am Morgen sind wir einfach losgefahren und haben ein paar Stunden am Clearwater Beach verbracht, zu Mittag gab’s frischen Fisch, nachmittags stand Klamottenkauf auf dem Programm, dann wieder Strand. So kann man seine Tage auch verbringen. Und überall „For sale“-Schilder. Tolle 100 qm-Apartments mit Bootsanlegestelle für 180.000 Dollar. Wäre das nicht was? Tagträumereien. Das Boot gehört hier zum Wohnen wie andernorts der Kleinwagen zum Einkaufen. Aber was heißt „Boot“? Zum großen Teil sahen wir bei unseren Spaziergängen an der „waterfront“ hochseetaugliche Schiffe und imposante Yachten. Vor dem Hintergrund unserer europäischen Erfahrungen mussten wir unsere Maßstäbe immer wieder neu justieren. Hier zeigt man gerne, was man hat. Und man hat viel, Krise hin oder her …
In Miami ist vieles ähnlich, aber deutlich schriller. Das zeigt sich insbesondere auf der berühmtesten Flaniermeile Floridas, dem Ocean Drive in Miami Beach, auf der es tagsüber noch vergleichsweise ruhig zugeht. Spätabends und nachts dann treibt das pralle Leben seine Blüten. Die Menschen haben hier ganz offensichtlich ein ausgeprägtes Bedürfnis, sich zu zeigen. Auf diesem Boulevard der Eitelkeiten sind die Mäuse nicht grau, sondern schillern in allen Farben. Gute Laune ist Pflicht. Wir haben uns den Spaß gemacht, einen ganzen Abend direkt auf dem Sidewalk zu essen, ein paar Mojitos zu trinken, dem Treiben zuzuschauen und es tuschelnd zu kommentieren. Mit Größe und Anzahl der Mojitos nahm die „Political Correctness“ unserer Bemerkungen rapide ab 🙂 . Ich (W.) habe damals unmittelbar folgende Eindrücke in mein Reisetagebuch notiert:
An uns schieben sich unterschiedlichste Menschen in spärlicher Kleidung vorbei, viele von ihnen auffällig tätowiert. Die Frauen mit 15-cm-Absätzen, die die ohnehin schon langen Beine ins Unendliche verlängern. Ausschnitte und Oberteile, die mehr zeigen als verhüllen. Die Männer demonstrieren im Tanktop ihre muskulösen Oberkörper, sonnengebräunt, ohne Makel. Auf der Straße wälzt sich zäh eine Lawine aus aufgemotzten Edelmarken, protzigen Boliden und originellen Gefährten in verschiedensten Farben und Ausstattungen dahin. Dazwischen immer wieder eine Harley, keine wie die andere. Alles im Schritttempo, weil es nicht darauf ankommt, Strecke zu machen. Man will gesehen werden. Ein einzigartiges, faszinierendes Schaulaufen, für europäische Augen eher skurril.
Nach einem erfrischenden Bad im Meer am nächsten Tag war dann auch wieder die volle Bereitschaft da, noch etwas zu unternehmen. Miama hat natürlich außer Strand und Ocean Drive ungemein viel zu bieten, schließlich handelt es sich um eine moderne US-amerikanische Großstadt mit ca. 2,4 Millionen Einwohnern. Über den Bevölkerungsmix – etwa 50 % kommen aus Kuba, El Salvador, Nicaragua und Kolumbien – ist das „Latino-Element“ Teil der DNA der Stadt. Spanisch ist neben Englisch die zweite Verkehrssprache. Miami ist nicht nur ein Mode- und Unterhaltungsmekka, sondern auch ein wichtiges Finanz-, Handels- und Verkehrszentrum (Flughafen, Hafen). Es fällt schwer zu glauben, dass diese pulsierende Metropole erst vor kaum 100 Jahren gegründet wurde. Vorher gab es hier nur Sümpfe und Mangrovenwälder. Das heißt logischerweise einerseits, dass Miami keine wirklich alten Gebäude hat. Und es bedeutet andererseits, dass es viele Bauten aus der Hochzeit des Jugendstils, im Englischen „Art Deco“, gibt. Wir haben eine Schwäche für diese Epoche. Damit war eine Führung zu diesem Thema sozusagen Pflicht. Miami hat weltweit die meisten Art-Deco-Gebäude der Welt. Besonders viele gut erhaltene und gepflegte Exemplare aus den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrunderts finden sich im Art Deco Historic District, Miami Beach. Diese Gegend geriet u.a. in die Schlagzeilen, als Gianni Versace 1997 von einem Serienmörder mit zwei Kopfschüssen auf den Stufen seiner Villa an der Ocean Drive niedergestreckt wurde.
Versace-Villa am Ocean Drive, Miami
Treff- und Abholpunkt für Führungen ist das Art-Deco-Welcome-Center. Nach einigen Jahren GB-Aufenthalt empfanden wir es als sehr angenehm, an einer Führung einer in Miami lebenden Britin teilnehmen zu können. Endlich mal wieder „gepflegtes Englisch“ 🙂 .
Einige besonders schöne Art-Deco-Gebäude sind Hotels. Das hat den großen Vorteil, dass man sie ohne Probleme auch von innen bewundern kann, indem man sich in der Lobby einfindet.
Unsere ersten Fernseherfahrungen gehen auf die 1960er-Jahre zurück. In dieser Zeit gab es eine Serie namens „Flipper“, in Deutschland zwischen 1966 und 1972 ausgestrahlt, in der der Ranger Porter Ricks die ‚Coral Key Parks‘ bewacht und dabei von seinen Söhnen Bud und Sandy sowie Flipper, einem klugen Delfin, tatkräftig unterstützt wird. Gemeinsam bestehen sie viele Abenteuer. 1995-2000 wurde ein Remake „Flippers neue Abenteuer“ in vier Staffeln ausgestrahlt. Dieser Flipper (und seine Nachfolger) wurden im Seaquarium von Miami trainiert, auch viele Filmsequenzen hier gedreht. Das Seaquarium gehört zu den ältesten Ozeanarien der USA und bietet neben Delfin- und Orca-Shows auf einem weitläufigen Gelände einen Zoo mit Meeressäugern, Fischen und Reptilien. Wir haben unsere grundsätzlichen Bedenken gegen das Abrichten wilder Tiere beiseitegestellt und dort einen ereignisreichen Nachmittag verbracht. Insbesondere die Orca-und Delfin-Show hat uns beeindruckt.
Uns hat unsere Florida-Reise ausgesprochen gut gefallen. Gerne würden wir uns bei nächster Gelegenheit den sogenannten „Panhandle“, die pfannenstielförmige Region im Nordwesten von Florida, näher anschauen. Sie steht für das „andere Florida“, wo es weniger aufgeregt, insgesamt etwas beschaulicher zugeht und die Strände wunderschön und einsam sein sollen. Ob’s dort auch so tolle „Cuba“-Autos gibt?
Klar, das „Biken“ ist bei Whistler nur die halbe Wahrheit, sozusagen die Sommer-Wahrheit. Im Winter dreht sich in hier selbstverständlich alles ums Skifahren und Snowboarden. Schließlich war der kleine 120 Kilometer nördlich von Vancouver gelegene Ort (10.000 Einwohner) im Jahr 2010 Austragungsort der Olympischen und Paralympischen Winterspiele, und in diesem Zusammenhang wurde noch einmal richtig „aufgerüstet“. Das Gebiet zwischen Blackcomb (2.284 m) und Whistler Mountain (2.182 m) hat über 200 Abfahrten für alle Schwierigkeitsstufen. Zwischen den beiden Bergspitzen verkehrt seit 2008 die Peak2Peak Gondola, die die 4,4 Kilometer lange Strecke zwischen den Gipfeln in elf Minuten absolviert. Ein wahres Winterwunderland. Als wir uns im August 2010 in Whistler einfanden, war natürlich von dem weltbekannten Pulverschnee, der die Herzen der Pistenkönige höherschlagen lässt, nichts zu sehen. Uns, vor allem: unsere Söhne Jost und Arne, interessierte Whistler in erster Linie als Mountainbike-Mekka. Die beiden hatten schon Monate vor unserer Reise diesem Ort entgegengefiebert. Zu Beginn unserer Wohnmobilrundreise hatten wir Whistler nur einen halbtägigen Besuch abgestattet. An diesem Tag fand ein größerer Wettbewerb statt. Aber wir hatten versprochen, dass die Jost und Arne ihre Künste auf der MTB-Piste zwei Tage lang ausprobieren durften, wenn wir auf der Rücktour wieder in Vancouver haltmachten. Gesagt, getan.
Hier ein paar Kostproben von Josts und Arnes artistischen Einlagen:
Was soll also zukünftig als Menschheitsparole gelten?
Zumindest für den jüngeren Teil der Bevölkerung. Der ältere hält sich vielleicht eher an das Nachhaltige 🙂
Zum Abschluss unserer Wohnmobil-Rundreise im August 2010 wollten wir uns noch eine knappe Woche Vancouver gönnen, nach so viel Landschaft und Natur die ideale Abwechslung. Die etwa 630.000 Einwohner (Metropolregion: 2,5 Mio.) zählende Stadt ist hip und landet bei den Rankings der lebenswertesten Städte (Mercer-Studie) regelmäßig bei den Top 5. Und wer hier einmal ein paar Tage verbracht hat, weiß warum. Vancouvers Lage ist einfach fantastisch. Die drittgrößte Stadt Kanadas liegt in der Strait of Georgia, einer großen Bucht des Pazifischen Ozeans, geschützt durch das vorgelagerte Vancouver Island. Dahinter erhebt sich der Bergkamm der oft schneebedeckten Coast Mountains. Jenseits des halbwilden Bergparks im Norden erstreckt sich ein uralter Regenwald, im Süden mündet der Fraser River in den Pazifik. Das ist also das geografische Setting für eine Stadt, von der es heißt, hier könne man am selben Tag im Meer baden und Ski fahren. Markenzeichen der Metropole ist im Innern ihre Internationalität, verschiedenste Ethnien haben sich zu einem bunten, vibrierenden Schmelztiegel zusammengefunden. Im Äußeren dominiert die Wolkenkratzer-Skyline am Coal Harbour, die zwar mächtig wirkt, aber nicht erdrückend. Vancouver ist der größte Hafen Kanadas und ein Zentrum für Forstwirtschaft, Bergbau, Soft– und Biotechnologie, Finanzwesen, Brennstoffzellenherstellung und, last but not least, Tourismus. Der Freizeitwert Vancouvers ist außerwöhnlich hoch. Es gibt ausgedehnte Grünanlagen in der Stadt. Strände und subalpine Wander- und Mountainbike-Wege sowie erstklassige Ski- und Snowboardpisten sind unmittelbar erreichbar. Wassersportenthusiasten finden ein äußerst reichhaltiges Angebot vor. Im Englischen heißt es „spoilt for choice“, wenn man die Qual der Wahl hat. Das traf auch auf uns zu. Es fing schon damit an, dass wir ein richtig cooles Apartment in einem Hochhaus in zentraler Lage (Melville Street) angemietet hatten, mit Zugang zu Schwimmbad, Sauna, Fitnessstudio. Die jungen Leute waren so begeistert, dass sie kaum noch aus dem Haus wollten :-). Von oben hatten wir einen tollen Blick auf die Stadt und auf den Hafen, einschließlich „Start- und Landebahn“ für die Wasserflugzeuge. Mehr als ein Hauch von Luxus …
Einmal in den Fahrstuhl, 36 Stockwerke runter und zwei Minuten zu Fuß und wir waren mitten im städtischen Getümmel:
Oder an der Waterfront, wo es bedeutend entspannter zugeht. Bei bis zu 30 Grad Außentemperatur war die Wasserseite des Burrard Inlet natürlich die Erstoption. Ein besonderer Anziehungspunkt ist Canada Place, ursprünglich für die Expo 1986 erbaut. Seine fünf von weither sichtbaren Teflonsegel erinnern an ein Segelschiff. Es ist heute ein Kreuzfahrtterminal und Kongresszentrum. Hier legen zum Greifen nah Kreuzfahrtriesen an. In einiger Entfernung ziehen Containerschiffe vorbei, auch Fähren, die Menschen und Güter von A nach B transportieren. Wasserflugzeuge starten und landen, wie emsige Hummeln suchen sie manchmal die Lücken zwischen den großen Schiffen. An den Piers liegen in bestimmten Bereichen Jachten, die dem Spaziergänger in dieser Häufung wie ein maritimer Ball der Eitelkeiten vorkommen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei einer Fahrt mit dem Aquabus durch den sogenannten False Creek. Diese Bucht wurde einst von den ersten Entdeckern für die Mündung des Fraser River gehalten und deshalb „Falscher Nebenfluss“ getauft. Die Fährfahrt verläuft von Granville Island im Osten bis zum westlich gelegenen Anleger bei der Science World, einem Kinder- und Wissenschaftsmuseum unter einer aus unzähligen Dreiecken zusammengesetzten sphärischen Kuppel – oder umgekehrt. Die Hafenpromenaden wurden ebenfalls im Rahmen der Expo 1986 hergerichtet. Ein gelungenes Prestigeobjekt …
Ebenfalls nur wenige Gehminuten von unserer Edelherberge entfernt liegt Gastown, die Altstadt. Wobei „alt“ bei einer so jungen Stadt wie Vancouver relativ ist. Immerhin sind hier einige denkmalgeschützte viktorianische Backsteinhäuser zu bewundern. Benannt wurde dieses Viertel nach Gassy Jack („gassy“ bedeutet „geschwätzig“), einem pensionierten Schiffskapitän, der hier 1867 einen Saloon eröffnete, wo es ziemlich ruppig zugegangen sein muss. Zu den meistfotografierten Wahrzeichen Vancouvers gehört die stündlich dampfende Steam Clock an der Ecke Water/Cambie Street.
Das benachbarte Chinatown ist das drittgrößte Nordamerikas, nach New York und San Francisco. Gründungsimpuls für dieses Viertel war die Anwerbung von Eisenbahnarbeitern im ausgehenden 19. Jahrhundert. Das Ambiente Chinatowns ist geprägt von exotischen Lebensmittelgeschäften, Kuriosenständen, unzähligen Restaurants und Imbissen. Ruhepol ist der Dr. Sun Yat-Sen Classical Chinese Garden. Chinatown gehört zum touristischen Pflichtprogramm, ein Besuch lohnt sich auch aus unserer Sicht – im Gesamtvergleich hat uns allerdings die kalifornische Variante in San Francisco am besten gefallen.
Ebenfalls nur wenige Schritt von unserer Wohnung entfernt liegt der Stanley Park, mit ca. 45 Hektar einer der größten Stadtparks Nordamerikas. Er ist eine Mischung aus zedernbestandenem Küstenwald und Rosen- und Rhododendrengärten, einschließlich Lagune mit Vogelparadies. Man kann hier einfach nur spazieren und die Natur genießen. Für Sportbegeisterte bietet der Park ein Meerwasserschwimmbad und diverse Rad– und Wanderwege. Kulturbeflissene schätzen das Freilichttheater Theatre Under The Stars, wer sich für Meeresbewohner der Pazifikküste interessiert, besucht das Vancouver Aquarium. Beliebter Anlaufpunkt für Besucher (und Ziel aller Stadtrundfahrten) im Ostteil des Parks ist Brockton Point, wo dauerhaft verschiedenste indianische Skulpturen ausgestellt sind. Die Kanadier benutzen übrigens den Begriff „First Nations“ für ihre Ureinwohner. Es handelt sich um Totempfähle. Sie sind typisch für die indianische Urbevölkerung an der Nordwestküste Britisch-Kolumbiens. Die Schnitzwerke sind nicht etwa Ausdruck eines Totenkultes, sondern stellen in aller Regel ein reales oder mythisches Ereignis dar.
Wir haben einen Tag für einen Ausflug zur Capilano Suspension Bridge, im gleichnamigen Park nördlich von Vancouver gelegen, genutzt. Die frei schwingende, 136 Meter lange Seilbrücke wurde 1888 gebaut und überspannt den Capilano River heute in 70 Metern Höhe. Uns hat die Begehung viel Spaß gemacht, ob auch Leute mit Höhenangst die Überquerung genießen, sei dahingestellt. Für alle Besucher spannend sind die kostenlosen Öko-Touren, die in kurzen zeitlichen Abständen angeboten werden. Man erfährt dabei viel über das Ökosystem des Regenwaldes.
Wir hätten Vancouver gerne etwas länger erkundet, die Stadt bietet so viel für unterschiedlichste Geschmäcker. Insbesondere die Kombination aus durch Umtriebigkeit geprägtem Stadtgefühl und echtem Naturerlebnis hat bei uns einen dauerhaften Eindruck hinterlassen. Vancouver? Jederzeit wieder!
Wenn es bei uns um die liebste Form des Urlaubs geht, müssen wir nicht lange überlegen: Camping! Darauf sind Eva und ich seit Studienzeiten gepolt, und daran hat sich über Jahrzehnte wenig geändert. Mehrfachen Versuchen zum Trotz: Pauschalurlaub mit „all-in“ kann sicherlich sehr entspannend sein, hat uns aber noch nie richtig gereizt. Die unmittelbare Nähe zur Natur, das Provisorische, das Ungezwungene und das gemeinsame Erleben (auch bei Problemen, die sich bei dieser Urlaubsform geradezu zwangsläufig stellen) ist seit jeher unser Ding. Und dieses „Virus“ hat sich glücklicherweise auf unsere beiden Söhne übertragen. Die Idee, mit einem Wohnmobil durch die Weiten der westkanadischen Landschaft zu reisen, ist vor diesem Hintergrund für uns wie ein Karibik-Strandurlaub mit fünf Sterne-Hotel für Menschen, die in der sogenannten fünften Jahreszeit am liebsten nur die Seele baumeln lassen wollen. Kanada bietet für Outdoor-Enthusiasten so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Für unsere Söhne Jost und Arne bedeutete das in diesem August des Jahres 2010 vor allem „Mountainbikefahren“ in verschiedenen Varianten. Ein zusätzliches Plus mit Blick Frauen-Power und gute Stimmung bei dieser Rundreise durch Britisch-Kolumbien (British Columbia) war die Tatsache, dass auch Josts Freundin Livi mit von der Partie war. Für unser 5er-Team schied damit ein gängige Wohnmobil-Format für Familien von vornherein aus, es musste etwas Größeres her …
Ein Haus auf Rädern also. Und bei diesen Eckdaten entsteht echtes Lkw-Feeling: 9,5 m Länge, mit Slide-Outs (also Seitenvergrößerung, natürlich nur im geparkten Zustand), immer durstig (25-30 l/100 km), Fassungsvermögen des Tanks: 180 l.
Start- und Endpunkt unserer Rundtour war Vancouver, wo wir nach Abgabe des Fahrzeugs noch ein paar Tage Aufenthalt in einer zentral gelegenen Wohnung gebucht hatten, gewissermaßen als Chill-out vor dem Rückflug nach Frankfurt. Zu Vancouver und Whistler gibt es separate Beiträge.
Kanada, im Osten durch den Atlantik, im Westen durch den Pazifik begrenzt, hat bescheidene 38 Millionen Einwohner, ist aber bezogen auf die Fläche nach Russland der zweitgrößte Staat der Erde. Bei drei Wochen Aufenthalt ist es daher geboten, eine Auswahl zu treffen ;-). Bezüglich unserer Route hatten wir uns zwar vorab ein paar Stationen überlegt, jedoch bewusst keine Buchungen getätigt, weil wir uns größtmögliche Flexibilität bewahren wollten. Dabei kam schlussendlich folgende Strecke heraus: Zunächst ging die Reise von Vancouver aus in nördlicher Richtung über Whistler, Kamloops und Revelstoke nach Lake Louise, von dort Richtung Süden im Schwenk nach Nelson, dann über Vernon an den Osoyoos Lake und vorbei an Abbotsford zurück nach Vancouver.
Zur Einordnung mag dieser Überblick dienen:
Kanada ist grün, und das liegt nicht nur an seiner geografischen Lage, sondern vor allem an seinen schier unermesslichen Wasservorräten. Das Land besitzt etwa ein Viertel aller Feuchtgebiete der Welt und mehr als zwei Millionen Seen (!). Ungefähr 7 Prozent der Landfläche bestehen aus Wasser. Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass die Kanadier dem Wassersparen keine besondere Priorität einräumen. Die Allgegenwart des feuchten Elements ist für Reisende natürlich ideal, denn es findet sich überall ein Rast- oder Übernachtungsplatz an einem Fluss oder See, oft mit Möglichkeit zum Wandern/Erkunden oder zum Baden – wenn man sich nicht durch niedrige Wassertemperaturen abschrecken lässt ;-).
Oder man bewegt sich direkt an der Küste entlang. Tief beeindruckt hat uns in dieser Hinsicht gleich unsere erste Fahrt von Vancouver nach Whistler, etwa 120 km auf der A99 Richtung Norden. Die Hälfte der Strecke (bis nach Squamish) folgt man der Küstenstraße, stets an einem Fjord (Howe Sound) entlang. Dieser Abschnitt der A99 wird als „Sea to Sky“ Highway bezeichnet, vollkommen zu Recht, denn der Blick auf Meer, Wolkenformationen am Himmel, Inseln und Festland auf der gegenüberliegenden Seite ist einfach himmlisch. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Stopps zum Fotografieren, nicht nur nur links, sonders auch rechts des Weges.
Auf diesem Streckenabschnitt ist ein Halt bei den Shannon Falls, dem mit 335 Metern dritthöchsten Wasserfall Britisch-Kolumbiens, unbedingt zu empfehlen. Hier kann man auf zwei Plattformen anschauen, wie die Wassermassen in die Tiefe stürzen.
Darf’s vielleicht ein bisschen mehr sein? Denn die Shannon Falls sollten selbstverständlich nicht unser einziger Wasserfall bleiben. Ein besonderes Erlebnis ähnlicher Art sind die Takakkaw Falls im Yoho Nationalpark. Sie sind mit 381 m Höhe (davon 258 m freier Fall) die zweithöchsten Kanadas und die höchsten der kanadischen Rocky Mountains. Schon die Zufahrt ist ein kleines Abenteuer, weil sie über Haarnadelkurven erfolgt, die für Wohnmobile unserer Größe eine echte Herausforderung darstellen. Wir mussten an einigen Spitzkehren sogar zurücksetzen, um die „Kurve zu kriegen“. Da darf man Gas und Bremse keinesfalls verwechseln! Das Wort „Takakkaw“ entstammt der Cree-Sprache und bedeutet „großartig“. Stimmt!
Der Yoho Nationalpark ist Teil eines riesigen Nationalparkgebietes in den Rocky Mountains zwischen Britisch-Kolumbien und Alberta. Zu den bekanntesten gehören Banff und Jasper (Alberta) und Yoho und Kootenay (B.C.), die zusammen eine Fläche von 20.000 Quadratkilometern bedecken. Banff und Jasper sind durch eine der schönsten Panoramastraßen Nordamerikas, Icefields Parkway, miteinander verbunden. Wohin man sich hier auch wendet, überall schroffe Gipfel (mit vielen schneebedeckten 3.000ern) und zerklüftete Gletscher, Eisflächen, fast unnatürlich wirkende türkisfarbene Bergseen, dunkelgrüne Wälder, saftige blumenübersäte alpine Wiesen … Es ist eine einzige Pracht. Und wer für diese Naturschönheiten empfänglich ist, möchte raus und sie hautnah erkunden.
Manche dieser Bergseen wirken mit ihrem von Gletschern gespeistem milchig-türkisfarbenem Wasser geradezu kitschig. Der mit Abstand bekannteste von ihnen ist der Lake Louise – ein Muss für jeden Reisenden im kanadischen Westen. Sein Bild mit dem Mount Victoria (3.464 m) ziert so manches Reisebuch und darf in keinem Blog oder Instagram-Post über die kanadischen Rockies fehlen. Der See wurde 1884 nach Prinzessin Louise Caroline Alberta, einer Tochter von Königin Victoria, benannt. Die Stoney-Indianer nannten ihn „See der kleinen Fische“ – kein Wunder, denn sein Wasser wird auch in heißen Sommern kaum wärmer als 10 Grad Celsius. Um den See herum führt ein etwa 3 Kilometer langer Spazierweg. Er beginnt am Chateau LakeLouise, einem Hotelkomplex mit 550 Zimmern, der einst von der Canadian Pacific Railway erbaut wurde.
Wer etwas ambitionierter ist und gerne die Natur in Ruhe genießen möchte, geht weiter zum Lake Agnes, der 370 m oberhalb von Lake Louise liegt. Dort bietet sich eine Rast in einer bewirtschafteten Hütte, dem Lake Agnes Tea House, an. Auf dem Weg nach oben hat man immer wieder einen tollen Blick auf den Lake Louise. Bei unserem Aufstieg war es außergewöhnlich heiß.
Eine weitere Perle – und Hauptattraktion des Yoho Nationalparks – ist der ebenfalls gletschergespeiste Emerald Lake. Auch ihn kann man umwandern, der Rundweg ist ca. 5 km lang.
Lauter Postkartenfotos, nicht wahr? Richtig, aber selbst (oder gerade?) in der Idylle muss man achtgeben, wohin man tritt und – vor allem – wohin man fährt. So ist denn „Lake Louise“ für uns leider auch damit verbunden, dass ich beim Verlassen des für unser Wohnmobil unangemessen kleinen Parkplatzes das Lenkrad zu früh einschlug und mit der hinteren Stoßstange unseres Monsters einen Pkw übel zerkratzte. Da musste sogar die Polizei ran 🙁 .
Bei manchen Wanderungen in dieser Gegend wird zu bestimmten Zeiten von der Parkverwaltung vorgegeben, dass man sich nur in Gruppen auf den Weg machen darf. Denn hier gibt’s Grizzlys, und eine Begegnung mit einem solchen Koloss sollte man lieber vermeiden. Wir haben auch keinen gesehen, wohl aber einen als weniger gefährlich geltenden Schwarzbären, der immerhin bis zu 300 Kilo auf die Waage bringt. Es kommt zwar jedes Jahr zu sog. Bärenunfällen, aber in Wirklichkeit ist das Risiko sicher überschaubar. Auf jeden Fall wird dadurch der Absatz von Bärensprays (von der Größe eines Handfeuerlöschers) und Bärenglöckchen angekurbelt …
Bären sind natürlich immer auf Nahrungssuche. Insbesondere für Zeltcamper ist dringend geboten, alle Nahrungsmittel sicher und fernab vom Zelt zu lagern. Zu diesem Zweck gibt es auf den Campingplätzen bärensichere Schließfächer. Grundsätzlich eignen sie sich auch für die Aufbewahrung von renitenten Jugendlichen 🙂
Das Fahren in Kanada ist sehr entspannt, außerhalb der Städte und Ortschaften eher ein „Cruisen“. Man hat eben Platz und in aller Regel auch Zeit. Die Campingplätze sind großzügig angelegt und haben normalerweise einen Tisch und Sitzbänke, oft auch eine Feuerstelle. Letztere darf man selbstverständlich nicht benutzen, wenn Waldbrandgefahr besteht. Bei Nacht sind die Fahrbedingungen gänzlich anders, denn nach Einbruch der Dämmerung sind viele Tiere unterwegs. In Waldgebieten muss man unbedingt seine Geschwindigkeit reduzieren und permanent bremsbereit sein. Immer wieder sieht man Augenpaare am Straßenrand glitzern. Wenn man in den Nationalparks am Wegrand Fahrzeuge mit eingeschalteter Warnblinkanlage sieht, ist das meistens ein Hinweis auf Tiersichtungen, also am besten dem Beispiel folgen – aber nicht aussteigen! So sind wir beispielsweise zu unseren Bären-Fotos gekommen. Selbst im Sommer sind die Nächte kühl, ein festes Dach über dem Kopf hat daher auch in dieser Hinsicht Vorteile. Hier noch ein paar Eindrücke vom „Happy Camping“:
Danke fürs Lesen und Zuschauen, wir sind dann mal wieder weg.
Costa Rica ist nicht nur ein tropisches Paradies mit unglaublich reicher Tier- und Pflanzenwelt. Das zentralamerikanische Land bietet auch mit Blick auf Outdoor-Aktivitäten eine Vielzahl von Möglichkeiten. Besonders begeistert hat uns eine Rafting-Tour auf dem Pacuare-Fluss, mitten im Herzen des Regenwalds. Diese durften wir nur mit leichtem Gepäck, maximal 12 kg pro Person, verpackt in Trockentaschen, antreten. Man folgt einem Flusslauf, der von dicht bewachsenen Schluchten umgeben und von diversen Stromschnellen (Klasse III) geprägt ist. Bei „Klasse III“ (von möglichen fünf Stufen) ist folgende Wasser-Definition hinterlegt: „hohe, unregelmäßige Wellen, größere Schwälle, Walzen, Wirbel, Presswasser“. Und so war’s dann auch. Wir wurden von einem erfahrenen Guide angeleitet und haben zunächst ein paar Trainings“runden“ gedreht. Es ist wichtig, dass alle im Boot schnell und präzise seine Kommandos verstehen und umsetzen können. Zur Sicherheit fährt immer ein Begleit-Kajak mit – dann ist es auch kein Drama, wenn es mal heißt „Mann/Frau über Bord!“. Ziel war eine Lodge im Regenwald (Rios Tropicales Lodge), die nur mit dem Boot erreichbar ist. Ein RIESENSPASS!
Unsere Logde im Regenwald:
Monteverde ist u.a. wegen seiner Artenvielfalt ein weltberühmtes Nebelwaldgebiet im Norden Costa Ricas, hier sind Wildtierarten wie Jaguar, Ozelot und der farbenfroh gefiederte Quetzal anzutreffen – wenn man sehr viel Glück hat! Monteverde gehört bereits seit den 1980er-Jahren zu den großen Touristenzielen des Landes. Unser primäres Ansinnen war jedoch nicht die Erkundung des Naturreservats, uns ging es vor allem um eine Canopy-Tour. Dabei rauscht man mit der Regenwaldseilbahn durch die Baumkronen der Urwaldriesen, seilt sich auf den Waldboden ab oder schaukelt im Tarzan-Stil am Seil hängend durch die Bäume. Die Anlage in Monteverde ist mit 13 Kabeln und 18 Plattformen eine der größten im Land. JAAAAAAAA …
Zum „Runterkommen“ kann man danach im sog. Hängebrücken-Park zu Fuß in aller Ruhe die gigantischen Baumkronen erforschen. Die Wege, Stege und Brücken haben eine Gesamtlänge von 3 km. Grüner geht’s kaum.
Pura Vida (wörtlich: das einfache Leben) ist viel mehr als nur ein Spruch oder eine Abschieds- und Begrüßungsformel. Für die „Ticos“, wie sich die Costaricaner gerne nennen, ist Pura Vida eine Lebenseinstellung und steht für alles, was gut ist im und für das Leben. Manche behaupten sogar, die Devise sei Teil der Tico-Seele. Auch als Besucher dieses Landes spürt man dieses Lebensgefühl, das die Menschen sogar frohen Mutes auf Dinge blicken lässt, die vielleicht nicht so gut laufen. Jedenfalls hat sich dieser „Spirit“ definitiv auf uns übertragen, als wir Costa Rica im Juni 2017 mit dem Mietwagen bereisten. Die Tour hatte eine besonderen Charakter, denn wir waren zu viert, mit unseren beiden erwachsenen Söhnen Jost und Arne, unterwegs. Nicht selten hört ja der gemeinsame Familienurlaub auf, sobald die Kinder flügge sind ;-).
Unsere Reise führte uns von der zentral gelegenen Hauptstadt San José auf die karibische Seite des Landes, und zwar in den Nationalpark Tortuguero mit mehrtägigem Aufenthalt in der Mawamba Lodge, danach zum River-Rafting auf dem Pacuare-Fluss mit Übernachtung im Dschungel. Dann standen die Region um den Vulkan Arenal und das Nebelwaldreservat Monteverde auf dem Programm, abschließend, zum „Chillen“, mehrere Tage in Tamarindo auf der Pazifikseite.
Hier unsere Route im Überblick:
Costa Rica, ca. 5 Millionen Einwohner, zwischen Nicaragua im Norden und Panama im Südosten gelegen, ist unter Sicherheitsaspekten unproblematisch (wenn man bestimmte Regeln einhält) und hat eine gute touristische Infrastruktur. Es grenzt im Osten an den Atlantischen Ozean (Karibisches Meer), im Westen an den Pazifischen Ozean. An der schmalsten Stelle beträgt die Entfernung zwischen den Ozeanen nur 100 Kilometer. Das Land wird von mehreren Gebirgsketten mit zahlreichen Vulkanen durchzogen, deren höchster, der Irazú, eine Höhe von 3.432 m erreicht. Es hat drei Klimazonen: die tropische Tiefebene an den beiden Küsten, die Hochebene im Landesinnern und das Hochgebirge (der höchste Berg ist mit 3.820 m der Chirripó). Costa Rica bietet auf relativ wenig Fläche eine atemberaubende Naturvielfalt. Dazu ein paar Fakten:
Zwar macht Costa Rica nur 0,03% der Erdoberfläche aus, repräsentiert aber ca. 4% der Weltartenvielfalt.
In Costa Rica sind ungefähr so viele Vogelarten registriert wie in den USA und Kanada zusammen: 915.
Costa Rica hat ca. 12.000 verschiedene Falterarten und damit mehr als der afrikanische Kontinent.
Ein Viertel der costaricanischen Fläche steht unter Schutz.
Costa Rica ist mit seiner Tierwelt, seinen Feucht- und Nebelwäldern, Vulkanen und riesigen Wasserfällen und wasserreichen Flüssen nicht nur ein Naturspektakel, sondern auch eine Spielwiese für Abenteuerlustige. Und ein paar dieser Abenteuer wollten wir natürlich auch erleben, beispielsweise Rafting (Wildwasserfahrten) oder das sog. „Canopy“, also Drahtseiltouren durch den Regenwald. Zu diesen Themen gibt es einen separaten Blogbeitrag.
Wanderungen und Bootstouren sind eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Natur näher kennenzulernen. Dabei hat man manchmal das Gefühl, sich durch überdimensionale Gartenhäuser oder botanische Gärten zu bewegen. Die Üppigkeit und Farbintensität verschlägt einem immer wieder den Atem.
Momentaufnahmen von verschiedenen Wanderungen:
Bootstouren im Tortuguero-Nationalpark und bei Tamarindo: