Sehr gefreut haben wir uns auf eine Whalewatching Tour in der Plettenberg Bay. Leider war das Wetter an diesem Tag nicht so gut – böig, zeitweilig hat es auch geregnet. Der Ausflug hat sich trotzdem gelohnt. Es ist durchaus eine Herausforderung, die großen Säuger im Meer zu entdecken und dann auch noch zu fotografieren, insbesondere bei Seegang. Denn sobald der Mann im Ausguck auf einer Seite des Bootes Wale sichtet, bewegen sich alle Gäste gleichzeitig auf diese Seite und hantieren dabei mit ihren Kameras herum. Und wer eine gute „Schussposition“ hat, gibt sie nicht wieder frei. Hat man den Wal – vielleicht sogar eine Mamma mit Kalb – bei dieser Schaukelei endlich im Sucher und drückt auf den Auslöser, fotografiert man vielleicht gerade noch einen abtauchenden Rücken oder eben nur noch einen Wirbel im Wasser. Nicht selten nur noch Wasser. Außerdem hatten unsere Wale keine richtige Lust auf die spektakulären Sprünge, die man immer im Fernsehen sieht :-(. Na sowas. Da hatte man es mit den Robben auf den Felsen schon etwas leichter.
In der Plettenberg Bay sind ganzjährig Buckelwale (Humpback Whales), von Juni bis November ebenfalls Südliche Glattwale (auch Südkaper, Southern Right Wales) zu sehen. Sie schwimmen relativ nah an der Küste entlang, so dass man sie auch bei Strandspaziergängen oder von Aussichtspunkten aus sichten kann.
Nur wenige Kilometer hinter „Plett“, wie die Südafrikaner Plettenberg nennen, beginnt der Tsitsikamma Nationalpark, der sich von hier insgesamt über 100 Kilometer bis Kap St. Francis erstreckt. Er ist seit 2010 Teil des Garden–Route–Nationalparks. „Tsitsikamma“ kommt aus der Khoi-Sprache und bedeutet „wasserreicher Platz“. Hier befindet sich einer der letzten ursprünglichen Urwälder Südafrikas mit einer üppigen und vielfältigen Vegetation, weil viel Regen fällt. Die Felsküste ist gleichermaßen malerisch wie spektakulär. Wir waren mit unserer Unterkunft innerhalb des Parks mittendrin in dieser begeisternden Natur. In der Mündung des Storms River gibt es eine Hängebrücke, zu der man auf der einen Seite hinab- und auf der anderen Seite eine steile Anhöhe hinaufsteigen kann. Dabei ist gutes Schuhwerk und Spaß am Kraxeln erforderlich. Die Aussicht von oben ist gigantisch.
Wir hatten die ganze Nacht das Meeresrauschen im Ohr und konnten am Morgen auf unserer Terrasse mit Meerblick frühstücken:
Dabei hatten wir Besuch von Rock Dassies, wie der Klippschliefer (auch Klippdachs) in Südafrika, wo sie häufig vorkommen, heißen. Die putzigen Pflanzenfresser sehen wie Meerschweinchen aus und gehen normalerweise in Gruppen auf Nahrungssuche.
Direkt an unserer Bleibe entlang verlief der 48 Kilometer lange Otter Trail. Er gilt als eine der schönsten Wanderrouten des Landes, dauert fünf Tage und kann nur mit Voranmeldung gegangen werden. Schon der Abschnitt von unserer Hütte bis zu einem Wasserfall hat uns begeistert!
Kapstadt war für einen längeren Aufenthalt klar gesetzt bei unserer Südafrika-Reise. Leider war im November kein Direktflug aus Deutschland möglich, wir hätten einen Zwischenstopp in Johannesburg einlegen müssen. Da wir einige Jahre in Großbritannien gelebt haben, war es uns sympathischer, von Deutschland nach London zu fliegen und von dort direkt nach Kapstadt. Wir wollten spätabends ab London fliegen, am nächsten Morgen den Mietwagen in Empfang nehmen und zu unserer Unterkunft in Stellenbosch fahren, einchecken, einen Tag ausruhen. Zwischen Deutschland und Südafrika gibt es – abhängig von der Jahreszeit – entweder gar keine Zeitverschiebung oder plus eine Stunde, also ist Jetlag kein Thema. Ein guter Plan, aber eben nur ein Plan :-(. Denn als wir bereits in der British-Airways-Maschine auf der Startbahn saßen, gab es technische Probleme und das Flugzeug hob nicht ab. Funkenschlag in einer Turbine, Feuerwehreinsatz, prüfen, Fluggäste vertrösten … Was sich so flott dahinschreiben lässt, dauerte in der tristen Wirklichkeit mehrere Stunden und war ziemlich nervig. Schlussendlich wurden wir mitten in der Nacht mit quietschroten Doppeldeckerbussen auf irgendwelche Hotels in London verteilt und flogen erst 24 Stunden später ab. Und mussten die Zeit bis dahin mit Lesen, Rumhängen und Essen verbringen.
Nach der verspäteten Ankunft in Kapstadt holten wir rasch das Auto ab und fuhren zur Unterkunft. Wir hatten nämlich als allererste Aktivität am „zweiten“ Tag eine fünfstündige Radtour durch die Weinberge von Stellenbosch gebucht, mit Wein- und Brandy-Verkostung. Wir waren spät dran und konnten gerade noch unser Gepäck aufs Zimmer bringen, schon ging’s in die Pedale … Glücklicherweise war unsere Radgruppe klein und wir hatten beim Radeln keinen Gegenverkehr. Denn Weinproben, sommerliche Hitze, Müdigkeit und körperliche Betätigung sind keine ideale Kombination, aber das Kölsche Grundgesetz stellte seine Gültigkeit unter Beweis: Et hätt noch immer jot jejange.
Die drei großen Topanbaugebiete in Südafrika (Küstenregion, Boberg, Breede River/Karoo) produzieren Weine, die international zu den besten gehören. Sie sind in grandiose Landschaften eingebettet. Einen guten Eindruck gewinnt man bei der sogenannten Vier–Pässe–Fahrt (Hellshoogte, Franschhoek, Viljoen, Sir Lowry’s), die das Hottentots‘ Holland Nature Reserve umschließt und über Stellenbosch und Franschhoek führt. Die reine Fahrzeit beträgt etwa 3,5 Stunden. Stellenbosch liegt 50 Kilometer östlich von Kapstadt im fruchtbaren Eerste-River-Tal, ist das Zentrum dieser Weinregion und auch Sitz der renommierten Stellenbosch Universität (1918 gegründet, ca. 30.000 Studenten). Stellenbosch gilt als zweitälteste Stadt Südafrikas, deren Gründung im Jahr 1679 auf Simon van der Stel zurückgeht. Mit der Ansiedlung von im Weinbau versierten Hugenotten in diesem Gebiet entwickelte sich auch die Qualität des südafrikanischen Rebensafts in Richtung der europäischen Standards. Sowohl in Stellenbosch wie im beschaulicheren Franschhoek finden sich viele Beispiele kapholländischer wie auch viktorianischer Architektur. Zur Geschichte von Stellenbosch gehört freilich auch sein fragwürdiger Ruf als Zentrum der Apartheid-Ideologie, mit der Universität als Kaderschmiede. Afrikaans, die auf dem Holländischen basierende traditionelle Sprache der Buren in Südafrika, ist in dieser Region die dominierende Amtssprache, aber selbstverständlich kommt man mit Englisch sehr gut zurecht. Die Weingüter in und um Stellenbosch und Franschhoek sind nicht nur EINEN Besuch wert. Die Weine, die wir hier gekostet haben, waren ausgezeichnet, und die Gastronomieangebote bewegen sich auf hohem Niveau. Es ist ein besonderes kulinarisches Vergnügen, sich bei sommerlich-warmen Temperaturen auf der schattigen Terrasse eines Weinguts den vielerlei Gaumenversuchungen hinzugeben. Beim edlen Tropfen fällt auf, dass die südafrikanischen Winzer bedeutend experimentierfreudiger sind als die europäischen Kollegen und beispielsweise keinerlei Berührungsängste beim Thema Cuvées haben.
Eine weitere Beobachtung, die einen Unterschied zwischen den Kulturen betrifft: Unsereiner ist natürlich in Anbetracht der üppigen Rebenpracht geneigt, sich spontan auf einen ausgedehnten Spaziergang in die Weinberge zu begeben, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Wir gehen als Deutsche davon aus, dass Weinberge, Wälder und Felder stets der Öffentlichkeit zugänglich sind und diese auch ein Recht hat, sie als Naherholungsorte zu nutzen. Das ist in Südafrika anders, hier gibt der Eigentümer den Takt vor, daher heißt es normalerweise: Betreten verboten – unterstrichen durch Stacheldrahtumzäunungen. Manchmal würden deutsche Winzer sich derartige Verhältnisse sicherlich auch wünschen!
Auf den Wein folgte ein weiterer Gruß aus der Heimat, und zwar bei der Ortsbezeichnung: Wir orientierten uns bei der Weiterfahrt an der Beschilderung „Heidelberg“, es ging quer durch südafrikanisches Farmland, die letzten 15 Kilometer eine Schotterpiste entlang. Wir hatten nämlich einen Farm-Aufenthalt gebucht, bei dem uns der Bauer einen Einblick in sein Dasein geben wollte. Die Skeiding Guest Farm lebt hauptsächlich von der Rinder- und Straußenzucht und hat im Tourismus eine zusätzliche Einnahmequelle. Das Essen hier ist ausgezeichnet, viele Zutaten kommen aus der eigenen Produktion. Wir waren an diesem Novemberwochenende die einzigen Gäste und wurden am Abend von der Tochter des Hauses mit einem fantastischen Essen (Butternut Soup, Gemüse, Straußsteaks vom Grill, Tipsy Tart als Dessert) verwöhnt. Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Pick-up zum Tierefüttern mit raus und haben bei der Gelegenheit einiges über die Landwirtschaft in Südafrika gelernt. Diese unendliche Weite der Landschaft vor der Kulisse einer Bergkette am entfernten Horizont strahlt eine große Ruhe aus und hat etwas Erhabenes.
Wir wollten mehr über Strauße erfahren, und dazu war reichlich Gelegenheit in Oudtshoorn, unserer nächsten Station. Die Fahrt dorthin verlief durch ein Gebiet namens Little Karoo, eine Halbwüste, die sich über 300 Kilometer von Montagu bis Uniondale erstreckt und zwischen den Langebergen im Süden und den Swartbergen im Norden eingebettet ist. Auch in Oudtshoorn waren wir in einem wunderschönen Guesthouse mit hervorragender Küche untergebracht.. Uns wurde klar, dass diese Südafrika-Reise ein erhebliches Taillenvergrößerungspotenzial in sich barg ;-).
Oudtshoorn ist mit ca. 60.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt in der Little Karoo und gilt als „Welthauptstadt der Straußenzucht“, und dieser Wirtschaftszweig ist neben dem Tourismus die Haupteinnahmequelle der Region. Strauße wurden zunächst primär wegen ihrer Federn gezüchtet; die erste Straußenfarm wurde in Südafrika gegründet. In den Boom-Jahren der Straußenfederproduktion zählte man in der Region um Oudtshoorn um die 100.000 Tiere. Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war die Epoche der „Feder-Barone“ – so nannte man die Straußenfarmer und Federhändler, die durch den Strauß zu Reichtum gelangten und sich verschnörkelte Villen mit Jugendstileinrichtung („Straußenpaläste“) bauten. Die Damenwelt wollte ihre Hüte mit hübschen Federn schmücken, und in Haushalt und Industrie kamen die Federn des flugunfähigen Vogels wegen ihrer elektrostatischen Eigenschaften als Staubwedel und Reinigungsbürsten zum Einsatz. Entsprechende Kunststoffalternativen gab es damals noch nicht. Heutzutage spielt der Strauß in erster Linie eine Rolle als Fleischlieferant, Hauptabnehmer ist die Europäische Union. 2011 verfügte die EU vor dem Hintergrund der Vogelgrippe einen Importstopp für Straußenfleisch aus Südafrika, was dramatische Folgen für die Straußenfleischproduktion in Südafrika hatte: Tausende von Tieren mussten gekeult, viele Betriebe geschlossen werden. Inzwischen hat sich die Situation wieder entspannt. Straußenleder gilt als sehr hochwertig. Es wird gerne für Accessoires verwendet und zeichnet sich durch seine Weichheit und ein genopptes Narbenbild aus.
Strauße sind die größten Vögel der Welt. Sie können Geschwindigkeiten von bis zu 70 km/h erreichen und ohne große Mühe 30 Minuten lang 50 km/h schnell laufen. Die Männchen werden im Ausnahmefall bis zu 2,80 Meter groß und haben eine Gewicht von bis zu 160 Kilogramm, die Weibchen erreichen eine Höhe von bis zu 1,90 Meter und wiegen bis 110 Kilogramm. Beide bebrüten das Gelege (mit bis zu 25 Eiern), das Männchen vorwiegend nachts (deshalb sein schwarzes Gefieder), das Weibchen tagsüber (hat zu diesem Zweck graubraunes Gefieder). Sehen Strauße sich bedroht, kommen ihre nach vorne gerichteten krallenartigen Zehen zum Einsatz. Sie können damit einen Menschen und sogar Raubtiere wie Löwen töten.
Strauße haben die größten Augen aller Landlebewesen (Durchmesser bis zu 5 cm). Sie können andere Tiere in einer Entfernung von bis zu 3,5 Kilometern erkennen. Da bleibt leider nicht viel Platz fürs Hirn …
So lange sein Kopf bedeckt ist, glaubt der Strauß, es wäre Nacht. Dieses Verhalten macht man sich auch beim Reiten der Tiere zunutze ;-).
Von Oudtshoorn fuhren wir wieder Richtung Süden, mit dem Tagesziel Plettenberg Bay an der Garden Route. Dazu querten wir eine landschaftlich reizvolle Gebirgskette (Kammanassieberge).
Gleichschirmfliegers HimmelreichGute Aussichten beim Abendessen
Essaouira, 85.000 Einwohner, Touristen-Hotspot am Atlantik, hat eine lange und wechselhafte Geschichte, aber die eigentliche Gründung der Stadt – unter dem Namen Mogador – geht auf das Jahr 1760 zurück, als Sultan Sidi Mohamed Ben Abdallah einem gefangenen französischen Architekten (Thédore Cornut) den Bauauftrag für den Hafen und die Altstadt erteilte. So erklärt sich der an europäische Militärarchitektur angelehnte rechtwinklige Grundriss der Medina (Altstadt), die noch heute vollständig von einer Mauer umgeben ist, – in unserer Wahrnehmung gar keine schlechte Idee, weil man sich bedeutend besser orientieren kann, ohne dass das Flair Schaden genommen hätte. Und die UNESCO scheint das auch nicht gestört zu haben, denn sie erkannte die Medina von Essaouira 2001 als Weltkulturerbe an.
Die frühere Bezeichnung Mogador, die heute nur noch für die vorgelagerte Insel verwendet wird, geht vermutlich auf die Portugiesen zurück, die im 15. und 16. Jahrhundert einige Abschnitte an der marokkanischen Atlantikküste eroberten. In diesem Zusammenhang begannen sie 1506 mit dem Bau von Befestigungsanlagen, auf die auch die heute bei Sonnenuntergangsanbetern so beliebte und mit Bronzekanonen bestückte Mauer zurückgeht.
Wir fanden bei unseren Spaziergängen auch manche Abschnitte auf der Innenseite der Befestigungsmauer sehr attraktiv.
In den späten 1960er-Jahren war Essaouira eine Art Pilgerort für Hippies – die Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie vor allem mit Drogen für kleines Geld mag dafür eine Grundlage gewesen sein. Als sich dann auch noch Jimi Hendrix für ein paar Tage in der näheren Umgebung einfand, war der Status Essaouiras als „place to be“ für junge Andersdenkende etabliert. Noch heute umrankt den Ort ein Flair der Leichtigkeit und künstlerisch anmutender Lässigkeit, weshalb Essaouira den Ruf eines Aussteiger– undKünstlerparadieses hat.
Eine wichtige Haupteinnahmequellen für Essaouira ist neben dem Tourismus der Fischfang. Im Fischereihafen liegen hunderte von Booten dicht an dicht. Die vom Fang zurückkehrenden Kutter verkaufen ihren Fisch direkt am Kai. Man spürt man unmittelbar, dass Fischerei und Handel als Geschäft betrieben werden – und nicht etwa als touristische Veranstaltung und Kulisse für hübsche Fotos. Der ungeschönte Umgang mit dem Fisch als Ware wirkt für unsere Augen zeitweilig geradezu verstörend. Was im Netz landet, wird auch verwertet – ganz gleich, ob es sich um geschützte Arten (wie zum Beispiel Haie) handelt oder nicht. Auch das Riechorgan hat einiges zu verarbeiten.
Wer also gerne Fisch isst, ist hier definitiv richtig. Das Angebot ist reichlich und von bester Qualität, ob in den Fischrestaurants oder an den Imbissständen. Es ist stets ratsam, den Preis für eine Mahlzeit zu verhandeln, bevor man sich an den Tisch einer Imbissbude setzt.
Als Badeort ist Essaouira nicht nur bei den Marokkanern (vor allem im Sommer) sehr beliebt. Es finden sich zunehmend auch Europäer ein, vor allem Franzosen. Nicht ohne Grund ist die Hafenstadt als „windy city“ bekannt und zieht immer mehr Surfer an. Für uns war schwer nachvollziehbar, dass bei den meisten marokkanischen Familien die Männer und Kinder ausgiebig in den Wellen herumtollen können – selbstverständlich in normalen Badeklamotten -, während die Frauen offenbar nur verhüllt Sonne und Meer genießen (?) durften. Aber wir haben auch marokkanische Surfer-Gruppen gesehen, bei denen Männlein und Weiblein kaum unterscheidbar waren. Tja, die Welt ist bunt, aber ein Phänomen ist wohl universell: Alle Menschen schauen in der sommerlichen Abenddämmerung gerne aufs Wasser.
Etwa 160 Kilometer südöstlich von Agadir liegt die 7.000 Einwohner zählende Dattelpalmoase Tafraoute, 1.000 Meter über dem Meeresspiegel am Hang des westlichen Anti-Atlas. Der Ort selber ist touristisch nicht sonderlich interessant, die Umgebung jedoch um so mehr – gerade auch dann, wenn sich bei der Bewunderung imposanter Granitlandschaften erste Ermüdungserscheinungen zeigen und die Lust am Grün entsprechend gestiegen ist. In den fruchtbaren umliegenden Tälern bieten sich mannigfaltige Möglichkeiten für Wanderungen und Erkundungen. Insbesondere das 15 Kilometer lange Vallée des Ammeln (Tal der Ammeln) lohnt einen Besuch. Es ist benannt nach dem gleichnamigen Berbervolk, das für seine Geschäftstüchtigkeit berühmt ist. Landwirtschaftlich vertreten sind neben Gerste, Kartoffeln und Gemüse vor allem Baumfrüchte wie Oliven, Mandeln, Granatäpfel und Arganien, aus deren Samen Öl hergestellt wird. Tendenziell wird die Bewirtschaftung der Flächen leider immer schwieriger, denn die durch den Klimawandel bedingte Wasserknappheit stellt die Bauern mit zunehmender Härte vor unlösbare Probleme. Erschwerend kommen beim Oasenfeldanbau in Marokko traditionell gewachsene Wasserverteilungssysteme zum Tragen, die durch Vererbungen zu Komplikationen und damit Streit und Missgunst führen.
Der bedornte, trockenheitsresistente, verholzende und immergrüne Arganbaum gilt als Marokkos kostbarster Baum. Ursprünglich im einem begrenzten Bereich Nordafrika beheimatet, ist sein Verbreitungsgebiet heute ausschließlich der Südwesten Marokkos. Ausgewachsen sind Bäume 8 bis 12 Meter hoch, in seltenen Fällen erreichen sie auch 20 Meter Höhe.
Arganöl (auch Arganienöl) wird durch Pressung der Samenplättchen der reifen Beerenfrucht des Arganbaums gewonnen. Einerseits hat die wachsende Nachfrage nach diesem Öl zu einer Industrialisierung geführt, die vielen kleinbäuerlichen Betrieben zunächst die Existenzgrundlage entzog. Andererseits wurde vor diesem Hintergrund mit staatlich-marokkanischer und internationaler Unterstützung eine Vielzahl von Kooperativen ins Leben gerufen, die die Tradition des handproduzierten Arganöls gewährleisten konnte. Die jahrhundertealten Kenntnisse und Praktiken zur Nutzung des Baumes und seiner Früchte sind von der UNESCO seit 2014 als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Zur Gewinnung eines Liters Arganöl sind etwa zwei Tage Handarbeit erforderlich, die fast ausschließlich von Frauen geleistet wird. Sie schließen sich in Kooperativen zusammen, tragen zur Verbesserung des Familieneinkommens bei und erarbeiten sich damit ein Stück Selbstständigkeit. Arganöl findet sowohl als Speiseöl wie auch in Pflegeprodukten Verwendung.
Auch marokkanische Ziegen mögen Argan! Allerdings vor allem das Blattwerk und die Umhüllung der Früchte. Zu diesem Zweck kraxeln sie mit großem Geschick in den Arganbäumen herum und lassen sich dabei von fotografierenden Touristen in keiner Weise beeindrucken :-).
Das Top-Skigebiet von Marokko, sozusagen das Sankt Moritz des Hohen Atlas, liegt nur etwa 70 Kilometer südlich von Marrakesch auf 2.650 Metern Höhe am Nordrand des Djebel-Toubkal-Massivs: Oukaimeden. Moderne Liftanlagen bringen Wanderer, Skifahrer und Snowboarder auf den Djebel Oukaimeden (3.265 m). Aber im Vergleich zu den europäischen Alpen beispielsweise stecken Wintersport und Bergtourismus in Marokko noch in den Kinderschuhen. Es fehlt in vielen Regionen an entsprechender Infrastruktur. Das ist einer der Gründe, dass Bergwanderungen in Marokko in der Regel nur mit Führer durchgeführt werden sollten, denn die Wege sind kaum beschildert, Einkehr- oder gar Übernachtungsmöglichkeiten eine Seltenheit. Mit Blick auf Bergtouren am besten erschlossen ist die Region um Imlil. Wir haben mehrere Gebirgswanderungen unternommen, stets mit Führer, und dabei in einer Unterkunft in einem kleinen Bergdorf übernachtet. Das ursprüngliche, mit viel Sorgfalt und Liebe eingerichtete Gästehaus inmitten eines bezaubernden Gartens war nur zu Fuß zu erreichen, den Transport des Gepäcks durch Esel organisierten die Dorfbewohner. Hier ging es wunderbar familiär zu, das traditionelle Abendessen bei Kerzenschein nahmen alle Gäste gemeinsam ein. Dazu kam, dass einer der Gäste gerade Geburtstag hatte und wir einfach mitfeiern durften :-).
Man befindet sich hier in einer Bergwelt von karger Schönheit. Mächtige Felsmassive, schroff zerklüftetes Gelände, Geröllfelder und steil abfallende Canyons bestimmen das Bild. In den Senken ist es auch mal grün. Bei diesen Wanderungen kommt man durch abgeschiedene Bergdörfer, wo die Zeit stehengeblieben scheint. Es ist allenthalben spürbar, dass die Menschen kaum über das Allernötigste verfügen. Als Wohlstandseuropäer hat man Mühe, sich vorzustellen, wie die Menschen unter diesen unwirtlichen Bedingungen überleben können. Uns macht das demütig und dankbar, dass der Zufall es so gut mit uns gemeint hat.
Die sogenannte Route des Kasbahs (offiziell der Abschnitt von Quarzazate bis Errachidia an der N10, auch „Straße der 1.000 Kasbahs“) gehört zu den schönsten Reiserouten in Südmarokko. Sie führt an jahrhundertealten, aus Stampflehm gebauten Berber-Wohnburgen und langgestreckten Dattelpalmoasen vorbei. Die Grundlage für das Leben und das Grün in dieser Region ist der Dades-Fluss (Dadés), der sich über die Jahrtausende eine spektakuläre Schlucht mit zum Teil bizarren Felsformationen gegraben hat (Gorges du Dadés). Bei Quarzazate vereinigt sich der Dades mit anderen Wasserläufen zum Fluss Dra.
„Kasbah“ ist lt. Wikipedia „in der ursprünglichen Bedeutung die arabische Bezeichnung für eine innerhalb oder außerhalb von Städten gelegene Festung. Das ländliche Gegenstück zur Kasbah ist der Ksar, ein befestigtes Dorf“. Der Parade-Ksar schlechthin und Musterbeispiel traditioneller Berberarchitektur in Südmarokko ist Aït Benhaddou (Ait Ben Haddou), etwa 30 Kilometer nordwestlich von Quarzazate gelegen, UNESCO-Weltkulturerbe. Dieser Ksar, der in Teilen noch von Familien bewohnt ist und den Charakter eines Museumsdorfs hat, ist definitiv einen Besuch wert. Ait Ben Haddou diente als Filmkulisse für diverse Hollywood-Produktionen, beispielsweise „Sodom und Gomorrha“, „Lawrence von Arabien“, „James Bond 007 – Der Hauch des Todes“, „Gladiator“ oder „Games of Thrones“, um nur wenige zu nennen. Die Filmarbeiten tragen dazu bei, die Lehmbauten zu renovieren. Während der Zeit des französischen Protektorats hatten die Bewohner von Ait Ben Haddou der Kolonialmacht zugearbeitet, deshalb ließ die marokkanische Regierung die Ksaranlage seit der Erlangung der Unabhängigkeit 1956 allmählich verfallen. Das Blatt wendete sich erst, als man schließlich ihr touristisches Potenzial erkannte. Große Renovierungsarbeiten wurden zuletzt 2000 bis 2015 durchgeführt.
Gibraltar ist nicht, wie oft vermutet, der südlichste Punkt von Kontinentaleuropa, sondern das südwestlich davon liegende Tarifa, etwa 45 km entfernt. Von Tarifa aus kann man bei gutem Wetter die marokkanische Hafenstadt Tanger und auch das Rif-Gebirge erkennen. Die Meerenge von Gibraltar ist an dieser Stelle nur 13,5 km breit. Es ist also quasi nur ein Katzensprung von Europa nach Afrika. Dennoch liegen Welten dazwischen. Hier das Abendland mit christlicher Tradition, dort die arabisch-muslimische Kultur, wo zum Teil vollkommen andere Regeln und Rituale den Alltag bestimmen. Hier die Staatsform der Demokratie, dort eine Monarchie, in der der König mit seiner Familie alle wichtigen Fäden in der Hand hält, Staatsoberhaupt und religiöser Führer in einer Person. Marokko ist ein Land der krassen Gegensätze, mit einem halben Dutzend Millionenstädten, die sich in vielerlei Hinsicht nicht großartig vom westlichen Metropolen unterscheiden, und einem Hinterland, das in manchen Gegenden mittelalterlich anmutet.
Wir wollten dieses Land im Oktober 2014 mit dem Mietwagen auf eigene Faust erkunden. Wir folgten dabei einer vorher festgelegten Route, die Übernachtungen waren vorab gebucht – was sich auch als durchaus sinnvoll erwies; denn insbesondere in ländlichen Regionen findet sich nicht so einfach „spontan“ eine Unterkunft, und Nachtfahrten sollte man tunlichst vermeiden.
Unser Startpunkt Casablanca hat für uns von vornherein einen gewissen Klang – kommt uns doch sogleich der Filmklassiker mit Humprey Bogart („Rick“) und Ingrid Bergman („Ilsa“) aus dem Jahr 1942 in den Sinn: Schau mir in die Augen, Kleines … Zwar gibt es in Casablanca eine freie Nachbildung von „Rick’s Café Américain“, aber die macht die 6-Millionen-Stadt auch nicht so richtig attraktiv. Casablanca gilt als Stadt der sozialen Missstände und der vierspurigen Straßen, die mitten durchs Zentrum laufen. Wir haben hier daher nur eine Nacht verbracht, unser Auto in Empfang genommen und uns vor der Weiterreise DIE überragende Sehenswürdigkeit Casablancas angeschaut, die Moschee Hassan II. Sie gehört zu den größten Moscheen der Welt und verfügt über das zweithöchste Minarett. Sie wurde anlässlich des 60. Geburtstags des damaligen Königs Hassan II. (des Vaters des heutigen Regenten Mohammed VI.) erstellt und 1993 eingeweiht. Es heißt, an diesem Bauwerk hätten 2.500 Arbeiter und 10.000 Handwerker sechs Jahre lang gebaut. Die Gebetshalle bietet Platz für 25.000 Gläubige, auf einer Gebetsplattform im Außenbereich können sich 80.000 Menschen einfinden. Das Dach des Hauptgebäudes lässt sich öffnen, nachts strahlt ein grüner Laserstrahl in Richtung Mekka. Die Hassan-II-Moschee ist das einzige islamische Gebetshaus in Marokko, das von Nichtmuslimen betreten werden darf. Sie ist ein Bau der Superlative und hat uns diesem Sinne durchaus beeindruckt. Aus weltlicher Sicht sei allerdings die Frage erlaubt, ob nicht angesichts der phänomenalen Kosten dieses Prachtbaus eine anderweitige Verwendung der Mittel – beispielsweise für soziale Zwecke – für das marokkanische Volk einen größeren Nutzen gehabt hätte. Freilich ließe sich eine ähnliche Argumentation ebenso für zahlreiche historische wie auch moderne Protzbauten auf der Welt anführen, die wir uns gerne anschauen und in Bild und Text festhalten …
Knapp 100 km nordöstlich von Casablanca, ebenfalls direkt an der Küste, liegt Rabat, die Hauptstadt Marokkos und die erste Königsstadt von insgesamt vier auf unserer Rundreise. Kern dieser geschichtsträchtigen Kulturstadt ist die Medina (Altstadt), an der Mündung des Flusses Bou Regreg gelegen. Sie ist hauptsächlich in blauen und weißen Farben gehalten und lädt zum Schlendern und Fotografieren ein. Andalusien lässt grüßen! Der Basar bietet neben allerlei Souvenirs für die nicht allzu zahlreichen Touristen alles, was der marokkanische Haushalt braucht, von frischem Obst bis zur Teekanne.
Flussseitig im Norden die Medina abgrenzend liegt die riesige Festungsanlage Kasbah des Oudaias. Sie wurde im 12. Jahrhundert als Wehrburg errichtet – von ihren Mauern hat man einen fantastischen Blick auf die Flussmündung, das Meer und auf die Rabat gegenüberliegende Stadt Salé.
Marokko bietet eine besondere Übernachtungsmöglichkeit, die Riads. Ein Riad ist ein traditionelles marokkanisches Haus mit einem lichten Innenhof und vielen Gartenelementen. Früher waren Riads Residenzen von Honoratioren oder wohlhabenden Kaufleuten. Heutzutage fungieren sie in der Regel als Hotels bzw. Gästehäuser. Normalerweise liegen sie mitten in der Medina und sind daher nur zu Fuß durch enge Gassen zu erreichen. Riads sind Oasen der Ruhe und ein wunderbarer Gegenpol zur hektischen Betriebsamkeit der Medinas. Unsere erste Riad-Übernachtung (im Riad Kalaa in Rabat) hat uns sofort von diesem Konzept überzeugt!
Von Rabat nach Fes sind es circa 235 km,. Nach Lektüre unseres Reiseführers beschlossen wir, der kleinsten der Königsstädte, Meknes, an der man kurz vor Fes vorbeikommt, keinen Besuch abzustatten und uns stattdessen auf Fes zu konzentrieren. Damit hatten wir Zeit für ein paar Zwischenstopps, die sich durchaus gelohnt haben.
Nach einem ausgiebigen Frühstück im Riad „Lune et Soleil“ waren wir für unsere Fes-Stadterkundung bereit. Ein typisches Frühstück à la marocaine besteht aus einem „café nous-nous“ (halb Kaffee, halb Milch), Pfannkuchen, frisch gepressten Fruchtsäften, Joghurt, Spiegel- oder Rühreiern, Brot und süßem Aufstrich. Das hält eine Weile vor :-).
Fes, 1 Million Einwohner und Hauptstadt bis1912, gilt sowohl als eine der schönsten Städte als auch als DAS Zentrum des Islam und islamischer Kultur in Marokko. Es ist reich an Kunstschätzen und Kulturstätten und hat mit der 860 gegründeten Kairaouine eine der ältesten Universitäten der Welt. Die mittelalterliche Medina, Fès el Bali, hat den Ruf eines „Juwels der arabisch-muslimischen Zivilisation“. Hier kann man sich wunderbar treiben lassen – und im Labyrinth der Gassen auch leicht verirren. Und wenn man die Orientierung verloren hat, fragt man sich am besten zum nächsten Stadttor durch und taucht erneut in das Gedränge ein. Das bekannteste Tor (und Wahrzeichen der Stadt) ist das Bab Boujeloud, das im 13. Jahrhundert errichtet wurde. Es hat auf der einen Seite blaue, auf der anderen grüne Fliesen. Von hier führen die parallel verlaufenden Hauptachsen der Medina an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbei.
Hier ein paar Eindrücke aus dem bunten Treiben in den Souks, die vor allem von Händler- und Handwerkergassen (Kupferschmiede, Ziseliere, Schneider, Lederwarenhersteller usw.) geprägt sind.
In den verwinkelten Gassen der Altstadt sind Esel und Maultiere wie in alten Zeiten die optimalen Lasttiere. Sie schleppen alles herbei, was hier gebraucht wird. Und natürlich der Mensch selbst, der hier beispielsweise mit dem kostbarem Gut Wasser unterwegs ist.
Unweit vom Bab Bouleloud befindet sich ein Schmuckstück arabischer Architektur, die Medersa Bou Inania. Die Koranschule wurde um 1450 gebaut und zählt mit ihren Kachelmosaiken, filigranen Inschriftenfriesen und Gipsstrukturen und zu den prächtigsten Sakralbauten aus dem Mittelalter. Der Innenhof ist mit Carrara-Marmor ausgelegt. Die handwerkliche Kunst in derartigen Gebäuden ist nicht gegenständlich, weil die Darstellung von Menschen, Tieren oder gar des Propheten oder Gottes im Islam verboten ist.
Ein besonderes Erlebnis und ein Muss bei einem Fes-Besuch ist das Gerber-Viertel. Von den Panoramaterrassen der Lederwarenhändler gewinnt man einen Eindruck von diesem Handwerk, das – so scheint es zumindest – noch wie vor Hunderten von Jahren betrieben wird. Hier werden in geradezu archaischer Art die Tierhäute vom restlichen Fleisch getrennt und in unzähligen Bottichen den unterschiedlichen Phasen des Gerbprozesses unterworfen. Die hier arbeitenden Männer steht zum Teil hüfthoch in den gemauerten Behältnissen, die im Gesamtarrangement wie ein gigantischer Malkasten wirken. Gesund kann diese Form der Maloche nicht sein … Aber für den westlichen Besucher auf jeden Fall spektakulär – nicht nur visuell, sondern auch wegen des infernalischen Gestanks. Im Gerberviertel von Fes wird vor allem Schaf-, Ziegen- und Rindsleder verarbeitet, selten auch das kostbare Kamelleder.
Am Ende eines solchen Tages voller außergewöhnlicher Eindrücke zieht man sich gerne in sein Riad zurück, um den Tag bei einem guten Essen Revue passieren zu lassen. Das „klassische“ marokkanische (bzw. nordafrikanische) Gericht ist Tajine. Als „Tajine“ bezeichnet man sowohl das geschmorte Gericht selber wie auch das Kochgeschirr, in dem es zubereitet wird. Das aus Lehm gebrannte Schmorgefäß hat eine runde flache Form mit einem konischen Deckel und einem Loch oben. Was da alles unter dem Deckel gegart wird, ist wohl nur durch die menschliche Fantasie begrenzt, denn es gibt hunderte von Rezepten: mit Fisch oder Fleisch oder vegetarisch, mit unterschiedlichsten Gemüsesorten, mit/ohne Backpflaumen oder Oliven … In Marokko wird übrigens normalerweise beim Essen nicht geredet, der Genießer schweigt. Die Konversation wird erst nach dem Essen wieder eröffnet. An diese Regel haben wir uns in trauter Zweisamkeit natürlich nicht gehalten, schließlich gab es viel zu erzählen.
Die Teezeremonie (Pfefferminztee: thé à la menthe) dagegen ist ein sozialer Akt, bei dem eifrig palavert werden darf. Dabei wird frische Minze in eine silberne Kanne gesteckt, oft zusammen mit grünem Tee, und mit heißem Wasser aufgegossen. Sodann wird das Gebräu aus großem Abstand in auf einem Silbertablett platzierte Teegläser gegossen und mit reichlich (!) Zucker gesüßt.
Auch in Marrakesch, der vierten Königsstadt, waren wir mitten in der Medina untergebracht, so dass wir die meisten Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichen konnten. Die „Perle des Südens“ hat unter den Königsstädten am ehesten den Charakter einer Metropole. Offiziell hat sie etwa eine Million Einwohner, inoffiziell geht man von bis zu vier Millionen aus, die hier irgendwie ein Auskommen suchen. Marrakesch ist hektisch und ein echter Touristenmagnet, mit allen Schattenseiten. Auch die „rote Stadt“ (wegen der vielen in Rot-, Rosa- und Ockertönen gehaltenen Häuser) hat schöne Stadttore, beeindruckende Gebäude, Kunst- und Kulturstätten und wuselige Souks. Aber das Highlight schlechthin ist der Djemaa el Fna, der Platz der Geköpften bzw. Gehenkten, der als „Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes des Menschheit“ unter dem Schutz der UNESCO steht. Man kann sich der besonderen Faszination dieses Platzes, der gleichermaßen Marokkaner wie ausländische Besucher in seinen Bann schlägt, kaum entziehen. Je nach Tageszeit dominieren unterschiedliche Aktivitäten in diesem Schmelztiegel, der arabische, berberische und schwarzafrikanische Traditionen vereint. Man sieht Schlangenbeschwörer, Wunderheiler und Quacksalber, Feuerschlucker, Akrobaten, Wahrsager, Geschichtenerzähler, Musikanten, Krämer … Und alle buhlen um die Gunst der Flaneure, manche eher verhalten, andere fast aggressiv. Mit Eintritt der Abenddämmerung bestimmen Essensstände und Garküchen das Bild, dann ziehen dichte Aroma- und Rauchschwaden über den Platz. Das beliebteste Café ist das legendäre Café de France. Wer hier einen Platz auf der Dachterrasse ergattert, kann in aller Ruhe von oben das emsige Treiben auf dem Platz beobachten.
Und nach dem Essen auf dem Djemaa el Fna? Ausruhen im Riad, ist doch klar :-).
Marokko bietet viele Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten, von anspruchsvollen Hochgebirgstouren im Atlasgebirge über Wassersport bis zum Wüstentrekking in der Sahara. Letzteres zählt eindeutig zu den Höhepunkten unserer Rundreise: zwei Tage auf dem Rücken von Dromedaren in der Sahara, nahe Merzouga im marokkanisch-algerischen Grenzgebiet.
Bei unserer Fahrt von Fes nach Merzouga, 450 Kilometer Richtung Süden, Mitte Oktober einmal über den Mittleren Atlas, haben wir durchaus einen bleibenden Eindruck von der rauen und unwirtlichen Schönheit dieses Gebirges bekommen. Unsere Entscheidung für einen Fiat Punto als Verkehrsmittel für unsere Rundreise geriet bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal erheblich ins Wanken. Bei zeitweilig heftigen Regengüssen und Windböen, in den Höhenlagen sogar Schneefall und Nebel, hätten wir uns unbestreitbar in einem geländegängigen Fahrzeug mit Allradantrieb wohler gefühlt. Aber wir kamen sicher und ohne Zwischenfälle ans Ziel, vom Schnee in die sengend heiße Wüste. Auf jeden Fall waren wir froh und erleichtert, als wir die Berge hinter uns lassen und uns schließlich auf die landschaftlich reizvollere Strecke entlang des Ziz-Tals begeben konnten. Man fährt durch ein Band von Palmenhainen, gesäumt von kleinen Lehmdörfern und traditionellen Ksars (befestigten Dörfern), bevor man in Erfoud/Rissani in Richtung des Dünengebiets des Erg Chebbi abbiegt.
Auf uns wirkte diese Szenerie oft wie eine Filmkulisse für einen Abenteuerfilm – aber hier leben die Menschen, hier arbeiten, schlafen, essen und beten sie. Als wir, von unserer Neugier getrieben, einmal vor einem dieser trutzigen Lehmkomplexe anhielten, bot uns ein Anwohner eine Führung an, die wir dankend annahmen – eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich ein Bild vom Leben innerhalb der Mauern zu machen.
Bei unserer Wüstenexkursion wollten wir einen Eindruck davon bekommen, wie die Menschen in früheren Zeiten (und vielerorts heute noch!) durch die Wüste gezogen sind. Und zwar möglichst unverfälscht. Daher hatten wir eine Übernachtung in einem traditionellen Zelt gebucht, bei dessen Errichtung wir helfen wollten. Und so war’s dann auch. Wir zogen also mit zwei Führern und drei Dromedaren (= einhöckrige Kamele) los in die unendliche Sandweite des Erg Chebbi. „Erg“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Sanddüne“ oder „Dünenmeer“. Erg Chebbi ist die größte Sanddüne Marokkos und bis 300 Meter hoch. Die beiden Führer absolvierten die gesamte Strecke zu Fuß (barfuß!), wir hatten je ein „Wüstenschiff“, das dritte transportierte die Ausrüstung. Die beiden Guides haben uns auch das Essen zubereitet. Von diesem Camp aus sind wir gestartet:
Dahin irgendwo wollten wir:
Wenn man – ungeübt – mehrere Stunden auf dem Rücken eines Dromedars gesessen hat, Düne hoch, Düne runter, ist man froh, wenn man nach dem ständigen Geschaukel wieder festen (?) Boden unter den Füßen hat. In einer Senke haben wir dann das Packtier entladen und unser Nachtlager aufgebaut.
Wir hatten übrigens erwartet, dass es nachts eisig kalt wird und deshalb auch warme Kleidung eingepackt. Das erwies sich jedoch als vollkommen unnötig, weil es die ganze Nacht ziemlich warm blieb und zudem das Zelt aus Wolldecken die Wärme des Tages erstaunlich gut speicherte. Ebenfalls zu unserer Verwunderung waren wir tagsüber umschwirrt von Fliegen, die man zunächst wegzuscheuchen versucht. Ein sinnloses Unterfangen. Nach einigen Stunden bei gleichmäßigem Trott und in sengender Hitze hat man gelernt, die Plagegeister zu tolerieren. Die Fliegen sind eine Begleiterscheinung der Dattelreife im Tafilalet (Hauptort Erfoud), das mit ca. 25.000 ha Fläche die größte zusammenhängende Dattelpalmoase Marokkos ist. Wie hindert man ein Dromedar daran, nachts wegzulaufen und stellt dabei gleichzeitig sicher, dass es etwas zu fressen bekommt? Ganz einfach: ein Bein abknicken und festbinden. Denn auf drei Beinen kommt das Tier nicht weit, kann sich aber trotzdem bei der Futtersuche bewegen.
Uns hat vor allem die ganz besondere Stimmung in der Abend- und der Morgendämmerung fasziniert … und die absolute Ruhe. Es war eine sternklare Nacht mit einem einzigartigen Gefunkel am Himmel.
Was für ein Glück. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass in diesem Dünengebiet touristisch „aufgerüstet“ wird, also außer Dromedartouren inzwischen auch Ausfahrten mit dem Motorrad-, Quad- oder Geländewagen im Angebot sind. Das macht sicher Spaß, aber die Motorengeräusche und die Spuren im Sand können das eigentliche Wüstenerlebnis erheblich beeinträchtigen. Für uns hat sich das nicht als Problem erwiesen, weil wir außerhalb der Saison in Erg Chebbi unterwegs waren.
Um auch ein paar Eindrücke von Thailands Süden zu gewinnen, flogen wir aus Chiang Mai nach Bangkok zurück und von dort mit dem Zug nach Surat Tani, wo wir abgeholt und zum Racha Prabha See gebracht wurden. Er liegt in der Nähe des Khao Sok Nationalparks im Südwesten Thailands (auf der Seite der Adaman-See). Dort übernachteten wir auf einem schwimmenden Haus. Die Anfahrt mit dem Longtailboot ist fantastisch, man fährt durch spektakuläre Felsformationen, die hoch aus dem Wasser herausragen.
Wir haben von hier aus verschiedene Bootstouren und kleine Wanderungen unternommen. Abhängig vom Wasserstand wären auch Tubingfahrten (mit einem aufgeblasenen Gummireifen) möglich gewesen. Die Nacht auf dem Stausee ist einzigartig, auch wegen der Geräuschkulisse des Regenwalds. Das Zirpen der Zikaden, die Geräusche der Nashornvögel oder das Gekreische der Affen sind unvergesslich. Wie auf Kommando setzt gegen Abend das Schnarren, Kreischen, Rufen und Gluckern plötzlich ein, so dass man zunächst eine menschliche Quelle vermutet.
Mit dem Boot haben wir der Behausung von Waldarbeitern auf der gegenüberliegenden Seite einen Besuch abgestattet:
Dort in der Nähe gab es eine Tropfsteinhöhle, wo gerade die thailändischen Besucher gerne kleine Geldspenden hinterlassen – gut fürs Karma!
Die Übergangszeiten, also die Morgen- und Abenddämmerung, haben ein eigenen Charme in einer solchen Umgebung. Dann fühlt man sich der Natur besonders nah. Als wir mit dem Boot durchs Wasser glitten, wies unser Guide hier und da auf Tiere hin, die wir ohne ihn in dieser grünen Wand des tropischen Regenwalds niemals wahrgenommen hätten. Kleine Sehschule …
So schnell hatten wir vom Urwald noch nicht genug. Die nächsten Nächte waren wir in Holzhütten an einem Fluss am Rande des Khao Sok Nationalparks untergebracht. Hier konnten wir morgens und abends den Affen bei der Überquerung des Flusses zuschauen – zu unserer Verwunderung schwammen sie einfach hinüber, dabei nahmen die Großen die Kleinen huckepack. Ein frecher und ziemlich aggressiver Bursche wollte erst nach hartnäckiger Aufforderung von unserem Balkon weichen, er hatte unsere Kamera schon fest im Blick. Ich konnte ihn mit einer klaren Ansage („Ich Tarzan, du Jane!“) von seinem Vorhaben abbringen. Wir haben hier tolle Wanderungen durch den Dschungel und entlang von Flussläufen gemacht – ich durfte dabei u.a. hautnah Bekanntschaft mit Blutegeln machen. Bei den Wanderungen kommt es einem vor, als ob man durch einen riesigen tropischen Garten ginge – überall Lianen, Bambus und mit Farn und Moos bewachsene Baumstämme. Im Khao Sok Nationalpark sind außer den reichlich vorhandenen Affen auch Büffel, Bären und Wildhunde anzutreffen, angeblich sogar wilde Elefanten, schwarze Panther und Tiger. Heimisch sind hier außerdem Kobras und Königskobras – deshalb sollte man beim Wandern immer kräftig auftreten, um die Tiere zu warnen und unangenehme Begegnungen zu vermeiden. Wenn’s denn hilft …
Am Treppenaufgang zu unserer Hütte begrüßte uns an einem Abend eine fette Kröte, die sich selbst durch grelleres Licht nicht sonderlich beeindrucken ließ.
Der Schocker war allerdings eine handtellergroße Spinne, die Eva bei der morgendlichen Dusche begrüßte ;-). Im Dschungel schreien eben nicht nur die Affen ;-). Die Spinne machte übrigens beachtlich weite Sprünge, als ich sie entfernen wollte.
Unser Nachbar berichtete beim Frühstück von einer Schlange im Gebälk direkt über dem Bett seines Dschungelhauses. Aber dafür gibt es ja glücklicherweise Mückennetze, die nicht nur lästige Moskitos, sondern auch anderen unerwünschten nächtlichen Besuch im Bett verhindern.
Unsere letzte Station in Thailand vor dem Rückflug über Bangkok war eine kleine Insel in der Adaman-See, die zum Trang-Archipel (insgesamt 47 Inseln) gehört, Ko Ngai, auch Ko Hai genannt, etwa 40 Bootminuten vom Festland entfernt. Ihr wesentliches Kennzeichen ist – neben einem einladenden Strand und wunderschöner Umgebung –, dass sie große Ruhe verströmt. Dort gibt es nur eine überschaubare Hotelanlage mit mehreren kleinen Bungalows (nur abends Elektrizität) und ein paar weiteren Behausungen, die über die Insel verteilt sind und von Saisonarbeitern bewohnt werden. Hier wollten wir die zum Teil intensiven Erlebnisse unserer Reise in aller Ruhe Revue passieren lassen, gut essen, ein paar Spaziergänge machen, baden und schnorcheln und was man sonst so tut, wenn man nichts tut. Ein besonderes Schnorchelerlebnis ist das Eintauchen in eine eingestürzte Höhle, die man per Boot erreichen kann. Beim Zugang schwimmt man durch absolute Dunkelheit, um schließlich in gleißendem Sonnenlicht aufzutauchen (nur mit Guide möglich). Auf Ko Ngai hieß es also noch einmal richtig tief durchatmen, bevor es zurückging in die Alltagshektik und ins feucht-kühle Klima in Deutschland kurz vor dem 1. Advent …
Eine kleine Inselumrundung mit Kletterpartie über wackelige Stege inklusive Waransichtung an einem Tümpel haben wir natürlich schon gemacht. Schließlich wollten auch das Inselinnere und die ganz einsamen Strände erkundet werden. Außerdem schmeckt das Essen nach etwas Aktivität gleich doppelt so gut.
Man kann ja nicht den ganzen Tag immer nur die Füße in den Sand krallen 😉 .
„Rundreise“ ist im Grunde für diesen Beitrag nicht ganz passend, schließlich kann man in drei Wochen ein so großes Land wie Thailand nicht angemessen kennenlernen, wenn man nicht nur Sehenswürdigkeiten „abhaken“, sondern auch etwas erleben möchte. Und wenn man sowohl vom Norden wie auch vom Süden einen Eindruck haben möchte, sollte man längere Strecken per Flugzeug und/oder Nachtzug absolvieren. Inlandsflüge in Thailand sind sehr günstig, Nachtzüge ein tolles Erlebnis! Wir haben bei unserer Reise so ziemlich alles an Verkehrsmitteln genutzt, was zur Verfügung stand: Flugzeuge, Züge, Taxis, Tuk-Tuks, Kleinbusse, Schiffe und Boote, Fahrräder, Elefanten. Und natürlich spielten die eigenen Füße bei der Fortbewegung keine unerhebliche Rolle, wir sind nämlich sehr gerne per pedes unterwegs. Bei den Gefährten sieht man immer wieder originelle Modelle – ob dieses wohl tatsächlich aus der Stuttgarter Karossenschmiede kommt?
Von Bangkok aus fuhren wir zunächst mit einem Minibus Richtung Norden, mit einem Abstecher durch die Außenviertel der Metropole in die geschäftige Hafenstadt Samut Sakhon. Dort gibt es einen Großmarkt mit einer Besonderheit: Mitten durch den Markt führt ein Bahngleis, das bei erstem Hinsehen kaum zu entdecken ist. Wie auf ein geheimes Zeichen kommt aber dann plötzlich hektische Bewegung in die Szenerie, schattenspendende Markisen werden eingeklappt, Körbe und Auslagen mit Gemüse, Obst und frischem Fisch zurückgeschoben, unachtsame Touristen zur Seite gezogen … und ein gelber Stahlkoloss schiebt sich im Schritttempo durch das Gewusel. Wir sind also auf dem Zugmarkt (Train Market), wo der regelmäßig durchfahrende Zug bei ausländischen Besuchern zu Ausrufen des Erstaunens und offenen Mündern führt, aber für die hiesigen Standbesitzer und Kunden Normalität ist. Die Gebühren für die Standplätze am Gleis sind übrigens niedriger als die für die entfernteren, weil sie mit mehr Arbeit verbunden sind.
Diese für den ausländischen Besucher spektakuläre Aktion drängt das vielfältige und überbordende Angebot der Händler schon fast in den Hintergrund. Qualität und Frische sind Trumpf!
Der Train Market hat in unserer Erinnerung einen speziellen Platz, weil wir hier erstmals frittierte Heuschrecken gegessen haben. Gar nicht übel! Und auf jeden Fall gesünder als Kartoffelchips …
Unsere nächste Station war Kanchanaburi, ca. 140 Bahnkilometer nordwestlich von Bangkok. Die Region zählt zu den fruchtbarsten in Thailand, angebaut werden vor allem Baumwolle, Weizen, Zuckerrohr, Tabak und Cassava (= Maniok, in Lateinamerika: Yuca). Die etwa 40.000 Einwohner zählende Stadt ist nicht so interessant, hat aber historisch eine herausragende Bedeutung. Man kann hier ein Stück mit der sog. Todesbahn, die ursprünglich bis nach Burma ging, fahren. Es geht ein Stück am Kwai-Fluss (sprich: Kwä) entlang, über ein hohes Viadukt, das noch komplett aus dem ursprünglichen Baumaterial (Holz) besteht. Bei der rumpeligen Überfahrt hat man das Gefühl, die Konstruktion könnte jeden Moment in sich zusammenfallen.
Hauptattraktion des Ortes ist die Brücke am Kwai, die durch eine Romanverfilmung (1957, 7 Oscars) weltberühmt wurde. Das Werk veranschaulicht am Beispiel einer Gruppe britischer Kriegsgefangener die grausamen Bedingungen, unter denen die japanischen Besatzer im Zweiten Weltkrieg eine etwa 430 km lange Eisenbahnstrecke nach Burma bauen ließen. Ihr Zweck war die Versorgung der japanischen Truppen beim Angriff auf Burma. Allein bei den Arbeiten an dieser „Todesbahnlinie“ kamen 16.000 Kriegsgefangene der Alliierten (Briten, Australien, Niederländer und Amerikaner) und schätzungsweise 100.000 Zwangsarbeiter aus Burma, Indien, China, Indonesien, Malaysia und Thailand um. Sie starben an Unterernährung, Malaria, Cholera oder wurden aus nichtigen Gründen getötet. In Kanchanaburi gibt es ein kleines Museum (Thai-Burmese Railway Centre), wo dieses dunkle Kapitel der japanischen Besatzungsgeschichte in Form von Fotos, Schautafeln, Filmen und Briefen nachvollzogen werden kann. Nebenan liegt ein Friedhof mit Gräbern von britischen, australischen und niederländischen Soldaten. Er wird von der Commonwealth War Graves Commission unterhalten. Für die gestorbenen asiatischen Zwangsarbeiter gibt es keine Gräber, sie wurden irgendwo verscharrt. Eine neuere (2015) und ebenfalls äußerst eindringliche Darstellung der Situation der Kriegsgefangenen beim Bau der „Death Railway“ liefert Richard Flanagan mit seinem Roman „Der schmale Pfad durchs Hinterland“ (The Narrow Road to the Deep North). Das Werk erzählt die Liebes- und Lebensgeschichte des tasmanischen Chirurgen Dorrigo Evans, der als Ranghöchster von 9.000 versklavten australischen Soldaten versucht, seine Kameraden vor dem brutalen Regime der japanischen Besatzer zu schützen. Ein berührendes Buch und ein echtes Meisterwerk der australischen Literatur!
Im Grunde handelt es sich bei der Brücke am Kwai um zwei Brücken. Die Originalbrücke war aus Holz. Sie wurde 1945 von amerikanischen Bombern zerstört. Die 50 m flussabwärts gebaute Stahlbrücke erhielt ebenfalls einen Bombentreffer und wurde 1946 repariert. Diese gilt heute als Brücke am Kwai und ist ein Touristenmagnet erster Güte. So mancher Touri stellt beim eifrigen Fotografieren überrascht fest, dass sie auch noch in Benutzung ist und gar nicht viel Platz zwischen der Waggonseite und dem Geländer ist ;-).
Die Nacht verbrachten wir in auf Pontons schwimmenden Häuschen, ein romantisches Kontrastprogramm zu den teils bedrückenden Gedanken des Tages. Hier wurde den Gästen je eine Hütte mit eigener Hängematte und Schwimmsteig vor der Tür zugewiesen. Die Anlage hat keine Stromversorgung, als Beleuchtung dienen kleine Öllampen, die in der Dunkelheit angenehm flackern. Nach dem Abendessen wurden traditionelle Mon-Tänze aufgeführt. Der Kwai-Fluss eignet sich durchaus zum Schwimmen, aber man muss die starke Strömung beachten, sonst im man im Nu an den Pontons „vorbeigesegelt“ …
Beim Landgang am folgenden Tag sahen wir am Ufer ein paar Elefanten mit ihren Führern, den Mahuts. Für uns eine gute Gelegenheit, Kontakt zu diesen wunderbaren Tieren aufzunehmen. Ein Pfad vom Ufer führte zu einer kleinen Siedlung, die wir uns ebenfalls angeschaut haben.
Reichlich Gelegenheit zum Baden hat man im Erawan Nationalpark mit dem gleichnamigen Wasserfall, unserer nächsten Station. Der Naturpark liegt noch in der Provinz Kanchanaburi. Der Wasserfall hat sieben Ebenen, zwischen der untersten und der obersten liegt eine Wanderstrecke von etwa 1.500 Metern (in gerader Falllinie sind es 500 Meter). Die Umgebung ist paradiesisch, in den meisten Becken kann man sich erfrischen. Wer empfindliche Füße hat, sollte achtgeben: Die Fische knabbern gerne an Hautpartikeln und machen keinen Unterschied zwischen Männer- und Frauenfüßen!
Nach so viel Natur und Erholung war wieder Zeit und Energie für Kultur, die alte Königsstadt Ayutthaya ruft! Von 1350 bis 1767 war Ayutthaya die Hauptstadt Siams (wie Thailand bis 1939 hieß). 33 Könige residierten hier, bis die Burmesen die Stadt fast dem Erdboden gleich machten. „Ayutthaya“ bedeutet „Heilige Stadt“ und liegt am Zusammenfluss dreier Flüsse. Sie war das Zentrum eines prächtigen Königreiches, wo die Elefanten aus goldenen Trögen fraßen. Heute ist Ayutthaya, nur 70 Bahnkilometer nördlich von Bangkok gelegen, eine eher unauffällige Provinzstadt, die vom Glanz früherer Tage lebt. Sie gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wegen der Vielzahl an farbenreichen Chedis (einer Art Tempel) und Palästen lohnt sich ein Spaziergang auf dem weitläufigen Ruinengelände unbedingt. Natürlich kann man das Besuchsprogramm auch auf einem Elefantenrücken absolvieren.
Von Ayutthaya fuhren wir mit dem Nachtzug nachChiang Mai, ein kleines Abenteuer. Die Strecke ist 520 km lang, man braucht dafür laut Fahrplan 9.40 Stunden. Aber mit den Plänen ist das manchmal so eine Sache … Wir kamen nach etwa 11 Stunden am Zielort an. Der Zug rumpelte zeitweilig mit 30 oder 40 km/h vor sich hin und hielt zwischendurch immer mal aus uns nicht ersichtlichen Gründen auf freier Strecke an. Erfreulicherweise ließen sich die Sitze nachts zu Liegen umklappen, so dass man ruhen konnte. Wir denken gerne an die gute Stimmung unter uns Reisenden aus aller Herren Ländern zurück, weniger gern an die hygienischen Verhältnisse.
Und die müden Glieder konnten sich in der nächsten Nacht wieder gut erholen.
Der „klassische Thailand-Tourist“ hält sich normalerweise in Bangkok und an den wunderschönen Stränden im Süden Thailands auf: Pattaya, Ko Samui … Der Norden des Landes hat bedeutend weniger Touristen als der Süden. Er erfreut sich allerdings bei Naturliebhabern und Trekkinganhängern zunehmender Beliebtheit. Nordthailand ist weniger zugänglich, satt-bewachsene Hügel und Berge (hier findet sich der höchste Berg, Doi Inthanon, 2.563 m), schmale Bergpfade, fruchtbare Täler und dichte Dschungel bestimmen das Bild. Die Bewohner des Nordens sind ein buntes Völkergemisch aus den vielen Bergstämmen und den Nord-Thais. Die Bergvölker, mehr als eine Million Menschen, sprechen eigene Sprachen und haben ihre eigenen Traditionen und Lebensweisen. Nordthailand war als Teil des „Goldenen Dreiecks“ (mit Laos und Myanmar) lange Zeit als Zentrum der Opiumproduktion berüchtigt, und der Schlafmohnanbau war das Hauptbetätigungsfeld der Bergvölker. 2003 wurden im Rahmen einer Regierungsinitiative mehr als 2.000 tatsächliche und vermeintliche Drogenhändler erschossen. Seitdem spielt die Opiumgewinnung in dieser Region keine besondere Rolle mehr.
Die Thais nennen Chiang Mai „Rose des Nordens“. Laut offizieller Statistik hat die Hauptstadt des Nordens 135.000 Einwohner, Kenner gehen jedoch vor dem Hintergrund vieler unregistrierter Zuzügler von 350.000 aus. Chiang Mai ist Universitätsstadt und bietet viele Alltags-Annehmlichkeiten einer Großstadt, ebenso Kultur. Auch eine der insgesamt 140 deutschen Auslandsschulen befindet sich hier. Ein Besuch des Nachtmarkts (Night Market), der sich über weite Teile der Innenstadt erstreckt, lohnt sich unbedingt.
Für uns war Chiang Mai Ausgangspunkt für zwei Exkursionen. Dabei handelte sich zum einen um den Besuch eines Elefantencamps inkl. Ausritt, zum anderen eine Trekkingtour mit Übernachtung bei einem Bergvolk. Im Elefantencamp werden die grauen Riesen zu nützlichen und verlässlichen Waldarbeitern ausgebildet. Aber es gibt bedeutend mehr Elefanten, als sie im Wald einsetzbar wären. Mit zirkusähnlichen Darbietungen vor zahlendem Publikum und Ausritten in den Dschungel versuchen die Mahuts (Elefantenführer) sich und ihren Tieren ein Auskommen zu sichern.
Die Trekkingtour führte uns zu einer Siedlung des Palong-Stammes. Wir waren in einer kleinen Gruppe mit sechs Personen plus Guide unterwegs. Die Tour musste vorher bei den Behörden angemeldet werden, weil es in Ausnahmefällen zu unangenehmen Begegnungen mit Drogenkurieren oder Edelholzdieben kommen kann. Es war eine sehr schöne mehrstündige Wanderung, eine eindrückliche Begegnung mit Menschen eines vollkommen anderen Kulturkreises – und eine etwas unruhige Nacht in einer einfachen Hütte auf einer Matte auf dem Boden (Gemeinschaftsunterkunft). Zurück in die Zivilisation ging es mit dem Floß.
Dieser etwa 25 cm lange Gekko am Balken oberhalb der Schlafstätte der Engländerin in unserer Gruppe war der Aufreger der Nacht. Sie war aufgewacht und schaute direkt in die glitzernden Augen der harmlosen Echse. Da war’s endgültig vorbei mit der Nachtruhe, die ohnehin durch die ungewohnte Dschungelgeräuschkulisse beeinträchtigt war 🙂