Das Queen Victoria Building: Rule Britannia, Britannia rules the waves …

Für Englandfans ist das QVB (Queen Victoria Buildung) ein Muss! Hier drängt sich die englische Vorgeschichte Australiens massiv auf, hier kann man so richtig in Nostalgie schwelgen. Und eine Geschichte mit royalem Glanz, die weit in die Zukunft reicht, gibt es auch: Anlässlich eines Besuchs von Königin Elisabeth II Anfang der 90er-Jahre erhielt der Oberbürgermeister einen Brief, der auf königliche Anordnung erst von einem seiner Nachfolger zu öffnen ist – dem Nachfolger, der im Jahr 2085 die Geschicke der Stadt leitet. Er beinhaltet eine Botschaft für die Sydneysider, die zu verlesen ist. Dieser Brief wird in der Kuppel des QVB aufbewahrt. Wenn das kein Stoff für wilde Spekulationen ist …

PS: Und wenn man dann das Gebäude verlässt und draußen auf dem Bürgersteig an der Bushaltestelle eine lupenreine Schlange sieht, weiß man, wie nachhaltig der britische Spirit noch ist :-).

Sydney bei Nacht

Von Singapurs nächtlicher Skyline waren wir begeistert, und auch Sydney hat in dieser Hinsicht Außergewöhnliches zu bieten. Vom Wohnzimmer unseres Hauses in der Slade Street in Rozelle haben wir den direkten Blick auf das Lichtermeer. Wollte man heute ein Häuschen in einer solchen Wohnlage kaufen, müsste man auch bei bescheidener Ausstattung mindestens 2,5 Millionen Dollar hinblättern, haben wir uns sagen lassen. Lassen wir diese wunderschönen Aus- und Augenblicke doch einfach auf uns wirken …

Sydney chillt

Das Wochenende ist zum Ausgehen da. Das fängt laut unserem Gastgeber John auf jeden Fall schon am Freitagnachmittag an, dann trifft man sich „zum Einstand“ und glüht schon mal vor. Dass sei selbstverständlich, egal ob Arbeiter, Banker, Angestellter, Selbstständiger oder, wie er, Rentner. „Having a good time“ scheint vor allem am Wochenende obligatorisch für jeden Australier. Freitag- und Samstagabend zieht es die Bewohner von Sydney in Scharen in die diversen Ausgehmeilen. The Rocks, das historische Stadtviertel an der Harbour Bridge mit zahlreichen Cafés, Pubs, Restaurants und Dachterrassen füllt sich und an den Quays von Darling Harbour kann man wunderbar Studien treiben. Aber auch in den Pubs der Wohnviertel steppt der Bär – jedenfalls in unserem, das als „arty“ und hipp gilt. Und es sind mitnichten nur junge Leute, auf die man trifft, selbst Familien mit kleinen Kindern sind unterwegs.

Dabei scheint für die weibliche Bevölkerung unabhängig vom Alter die Regel zu gelten, dass man sich richtig herauszuputzen hat. Come on, we’re going out, tart yourself up … Egal, ob das Outfit unbequem ist – frau ständig an superkurzen Röcken zuppeln muss, friert, mit den megahohen Highheels kaum richtig gehen kann … spielt alles keine Rolle, solange frau nur irgendwie auffällt. Für die Herren genügt aber „casual“ vollkommen, da bedarf es keiner größeren Anstrengung. Es sei angemerkt, dass die Bewertung dieser landeskundlichen Besonderheit zwischen den Verfassern dieses Blogs unterschiedlich ist 😊.

Übrigens, obwohl die Abgabe von Alkohol viel strenger reglementiert ist als in Deutschland, sieht man hier abends auch Kinder in Restaurants und Pubs. Auch wenn sonst vieles an England erinnert – das ist auf jeden Fall anders. Ganz im Gegensatz dazu steht die strikte Handhabung beim Kauf von Alkohol: Der ist wie bei uns erst mit 18 möglich, wird aber streng gehandhabt. Bis 25 muss man immer damit rechnen, sein Alter per Ausweis belegen zu können, heißt es. Uns jedenfalls hat man ungefragt Wein verkauft!

Noch etwas zum gleichen Thema: Obwohl die Australier in Sachen Alkohol kein Kind von Traurigkeit sind, in der Öffentlichkeit, beispielsweise in den Parks, ist das Trinken von Alkohol untersagt.

Bei den Preisen in Australien fragen wir uns, wie die Leute sich das Ausgehen leisten können und haben uns noch nicht so richtig einen Reim drauf machen können. Auf jeden Fall sind die Mieten und die Immobilienpreise down under horrend, damit können selbst hochpreisige Städte wie Stuttgart, München, Hamburg … nicht annähernd mithalten. Wir Deutsche würden wahrscheinlich zuerst beim Ausgehen sparen, aber das sehen die Aussies wohl anders.

Als Besonderheit beim Essen im Restaurant gilt das BYO = bring your own. Bei der telefonischen Bestellung des Tisches fragt man nach BYO. Und wenn das OK ist, darf man seinen eigenen Wein zum Essen mitbringen, gegen ein kleines Aufgeld von 2-3 Dollar pro Flasche. Vielleicht wäre das auch eine Idee für Deutschland, wo der Kellner ja schon die Nase rümpft, wenn man nur ein Glas Leitungswasser zum Essen bestellt.

Ach ja, zum Thema Trinken (jetzt mal ohne Alk) gefällt uns hier sehr, dass es in Parks, Strandnähe und dergleichen häufig die Möglichkeit gibt, sich kostenlos mit Wasser zu versorgen. Und selbst an Tresen von öffentlichen Institutionen und Cafés, beispielsweise in der Oper oder in den Museen, wo Bier, Wein u. a. verkauft wird, gibt es die Möglichkeit, sich kostenlos mit Trinkwasser zu versorgen. Das wäre doch mal nachahmenswert in Europa!

Ein Regentag für die Kunst: die Art Gallery of New South Wales in Sydney

Tja, auch das ist ein Klassiker: Schlechte Wetterprognose, idealer Tag fürs Museum. Aber für uns hat sich der Besuch der Art Gallery of New South Wales in der Nähe des Hyde Parks als das Gegenteil eines Lückenbüßers herausgestellt. Von außen wirkt das Gebäude etwas klassizistisch-unterkühlt, innen pulst jedoch das pralle Leben. Vielleicht hat das damit zu tun, dass der Eintritt kostenfrei ist. Gleiches trifft auf die Führungen zu. Da sind Familien und Paare unterwegs, Junge und Alte, exotisch aussehende Kunstliebhaber und sehr viele Normalos. Man hat das Gefühl, dass das wesentlicher Teil des Galeriekonzeptes ist. Jede und jeder ist willkommen.

Uns hatte vor allem die Abteilung mit Aborigine-Kunst angesprochen, aber wir sind dann doch der Versuchung gefolgt, uns noch einiges darüber hinaus anzusehen. Der erste Blick auf die Werke der australischen Ureinwohner: grobe Symbolzeichnungen. viele Punkte, Rauten und kleine Striche, die uns an Kinderzeichnungen erinnern. Keine realistischen Darstellungen. Spannender wird es, wenn man die erläuternden Texte liest oder bei einer Führung mithört. Dann versteht man ein paar Hintergründe und andere Bedeutungsdimensionen. Interessant auch die verwendeten Materialien, zum Beispiel Baumrinde als Malfläche. Bei der Farbgestaltung sind erdige Brauntöne dominant.

 

In den anderen Abteilungen des Hauses kommen andere Schwerpunkte zum Tragen: asiatische Kunst, bestimmte Künstler und Sammlungen, nach unserem Eindruck teilweise etwas bunt gemischt (Picasso neben Bacon und einem jungen australischen Künstler, gefolgt von einem Militärmaler aus der Napoleon-Zeit, aber warum denn eigentlich nicht?), bei älteren Werken mit gewissem Schwerpunkt bei den Engländern (was nicht verwundert). Aber alles toll präsentiert: gute Beleuchtung, angenehmes Raumklima, gute Mischung der Gemälde mit Skulpturen, Installationen und Videos … Und eine schöne Cafeteria mit reichhaltigem Angebot.

Bravo!

Sydney – ein Sonnentag am Strand von Manly

Auf Anraten unseres AirBnB-Gastgebers John haben wir heute einen Strandtag in Manly – und nicht in Bondi Beach – eingelegt. Man fährt mit der Fähre von der zentralen Anlegestelle Circle Quay etwa 30 Minuten und schon ist man da. In Manly Beach gibt es im Hafenbereich einen Aldi – dem mussten wir aus lauter Nostalgie erstmal einen Besuch abstatten und etwas Proviant einkaufen. Und dann gleich runter an den Strand und die Füße ins Wasser stecken und den Surfern zuschauen. Natürlich hatten wir uns wieder eine Wanderung vorgenommen :-). Immer an der Küste entlang bis zum Northhead Sanctuary. Der Weg bietet außer wunderschönem Sandstrand im ersten Abschnitt mächtige Klippen, viel Grün und ein paar interessante Tiere, zum Beispiel den Beach Dragon oder einen truthahnähnlichen Vogel. In einigen Abschnitten auch die Zeichen kürzlicher Buschbrände. Dort regt sich nach den regenreichen letzten Wochen wieder erstes Grün – beispielsweise sprießt der sogenannte Grasbaum erneut, der früher hier häufig vorkam, inzwischen aber selten wurde und daher besonders gehegt wird. Aus schwarzen Stümpfen, wachsen grasgrüne Büschel. Die Stämme, die viel höher werden können, sehen auch im nicht abgebrannten Zustand wie „verbrannt“ aus.
Wir haben uns auch etwas Zeit genommen für einen Memorial Walk, bei dem an verschiedenen Stellen an gefallene australische Soldaten erinnert wird. Im Grunde haben die Australier stets auf der Seite der Briten gekämpft – gegen die Buren in Südafrika, im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Und wenn in Europa beispielsweise von der Siegermacht Großbritannien die Rede ist, vergessen wir Europäer, dass die Australier (und Neuseeländer) hierbei in aller Regel ebenfalls ihren Blutzoll entrichtet haben.

Danke, John, Manly war ein sehr guter Tipp!

Sydney Opera House und Royal Botanic Gardens

Natürlich haben wir das wahrscheinlich berühmteste Opernhaus der Welt und Wahrzeichen von Sydney schon an unserem ersten Tag gesehen und darüber kurz berichtet. Aber dieses faszinierende Bauwerk verdient auf jeden Fall noch eine eigene Erwähnung. In diesem Zusammenhang geht ein ganz herzliches Dankeschön an Elisabeth und Carsten, die uns eine Führung durch die Oper in Form eines Gutscheins geschenkt haben. Es war wirklich klasse, dass wir auf diese Weise einen genaueren Blick ins Innenleben und auf die Entstehungsgeschichte der Oper werfen konnten. Die Führung wurde sehr professionell durchgeführt, von einer echten Lady mit einer wunderbar geschulten Stimme. Das Gebäude wurde auf dem Landvorsprung Bennelong Point errichtet und hat damit eine einzigartige Lage, mit freiem Blick auf das zweite Wahrzeichen, die Harbour Bridge. Ein junger dänischer Architekt namens Jorn Utzon gewann in der 1950er-Jahren völlig überraschend die Ausschreibung für das Opera House, und zwar auf der Basis von Skizzen. Es wurden damals eine Bauzeit von vier Jahren und Gesamtkosten in Höhe von 7 Millionen Dollar kalkuliert. Am Ende waren es dann sechzehn Jahre und über 100 Millionen. Utzon gab in den 60er-Jahren vor dem Hintergrund der steigenden Kosten und politischer Streitigkeiten resigniert auf und kehrte nach Dänemark zurück. Ein Team von australischen Architekten übernahm daraufhin die Arbeiten und vollendete das Bauwerk. Ähnlichkeiten mit der Hamburger Oper sind sicherlich rein zufällig …
Das Besondere an diesem Bauwerk ist, dass es quasi von außen nach innen gebaut wurde. Utzon hatte bei der Konzeption die akustischen Anforderungen fast gänzlich außer Acht gelassen. Dieses mussten dann seine Nachfolger übernehmen. Entscheidend für die Finanzierung der Sydney Opera House war übrigens eine zu diesem Zweck ins Leben gerufene Lotterie.

Als Teilnehmer einer Führung hat man die Möglichkeit, vergünstigte Karten für eine Veranstaltung im Opera House zu erwerben. Diese Chance haben wir genutzt und uns Dario Fos „Zufälliger Tod eines Anarchisten“ angeschaut.

Nur ein paar Schritte von der Oper entfernt liegen die Royal Botanic Gardens, in denen man wunderbar lustwandeln kann, mit Blick aufs Meer, die Oper, die Harbour Bridge … Hier waren mal die Felder der ersten Sträflingskolonie. Uns haben hier vor allem die mächtigen Bäume imponiert. Die Geschichte der Sträflinge wird auf eindrucksvolle Weise in den Hyde Park Barracks beleuchtet, die in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes als Australian Convict Site aufgenommen wurden. Was eher wenig bekannt ist: Die Strafgefangenen mussten ihr Dasein nicht in Gefängnissen fristen, sondern durften Häuser bauen und Familien gründen – mit dem Ziel, in Australien eine echte Kolonie zu etablieren. In der unmittelbaren Umgebung des Hyde Parks gibt es noch einige weitere Gebäude von historischer und kultureller Bedeutung, wie beispielsweise die Münzprägeanstalt Sydney Mint. Wir haben die State Library besucht, deren Besonderheit verschiedene Dauerausstellungen (wie beispielsweise über die Geschichte der Aboriginees) sind.

 

Von Sydney ins Grüne – die Blue Mountains als Regenwald

Auch die Bewohner von Sydney packen gerne am Wochenende ihren Rucksack und machen sich auf den Weg zum Blue Mountains National Park, der ungefähr zwei Zugstunden westlich von Sydney liegt. Dort gibt es viele Eukalyptusbäume, die bei flirrender Hitze bläulich schimmern – daher der Name. Wer die Wahl hat, fährt lieber an einem Wochentag, weil dann weniger los ist.
Für uns war der Sonntag kein Problem, weil die Wetter-App eine eher düstere Vorhersage machte und eine Regenwahrscheinlichkeit von satten 70 % prognostiziert hatte. Wenn das so weitergeht, brauchen wir dringend eine neue App :-)!
Die Blue Mountains sind ein ca. 1000 Meter hohes Plateau, das von mehreren Bächen durchzogen ist, viele schroffe Felswände und beeindruckende Wasserfälle aufweist. Touristisch ist die Region gut erschlossen. Hoch oben auf dem Felskamm reihen sich einige kleine Ortschaften (die wichtigsten sind Katoomba, Leura und Wentworth Falls) aneinander, die nicht nur die Touristen mit allem Notwendigen versorgen.

Wir hatten uns für eine Rundwanderung zu den Wentworth Falls entschieden und waren enttäuscht, dass dieser und ein weiterer Track gesperrt waren – wegen Steinschlags. Wir haben deshalb mehrere kleinere Wege und einige Aussichtspunkte miteinander kombiniert, um aus der Situation das Beste zu machen. Ganz so häufig kommt man ja nicht in diese Gegend …
Ein wenig schade war, dass das Wetter sich wenig fantasievoll zeigte und sich genau an das hielt, was die App vorhergesagt hatte. Wir gingen zunächst etwa zwei Stunden im stärker werdenden Nieselregen, dann weitere zwei Stunden in solidem Dauerregen. Dadurch sind uns leider auch die allseits gelobten tollen Aussichten auf das Tal und die Wasserfälle zum großen Teil versagt geblieben. Der Canyon hüllte sich in einen dichten Regennebel, gute Landschaftsfotos waren damit ein Ding der Unmöglichkeit. Wir sind aber unverdrossen weitermarschiert und wurden dafür letztendlich belohnt worden. Denn die Wanderwege mit ihren Kletterpartien zu einzelnen Aussichtspunkten und Wasserfällen haben bei einer solch ungewöhnlichen Wetterlage einen eigenen Charme. Wir waren mit unseren Wanderschuhen und Regenjacken auch recht gut gerüstet für diese Verhältnisse. Und eine Brotzeit hatten wir selbstverständlich ebenfalls dabei. Ein Highlight war für uns, dass wir u.a. auf den Spuren von Charles Darwin gewandelt sind, der genau hier schon einmal mit einer kleineren Expedition unterwegs war. Einer vor Ort befindlichen Infotafel ist zu entnehmen, dass Herr Darwin wohl mehr Glück mit dem Wetter hatte!

Sydney im Dauersonnenschein?

Wer denkt bei Sydney schon an mieses Wetter? Da scheint immer die Sonne und die coolen Surfer kurven am Bondi Beach um die Haie rum.

Mitnichten.

Wir kamen bei strömendem Regen und heftigen Böen in Sydney an, bei ca. 14 Grad. Und das nach einer knappen Woche bei sommerlichen-schwülen Temperaturen in Singapur. Tja, so kann’s laufen im Travellerleben. Wir haben also erstmal unsere warmen Sachen herausgekramt und einen großen heißen Kaffee getrunken. Und dann ging’s per Taxi zu unserer Unterkunft. 60 Dollar (der Kurs steht bei 1:1,25), ganz schön happig. Wir wohnen bei John, einem Engländer, der vor 38 Jahren nach Australien kam und irgendwie hier hängengeblieben ist. Er hat ein kleines Häuschen im zweitältesten Stadtteil, Rozelle, ist Rentner und lebt sehr gut von seinen Untermietern im Souterrain (die pro Woche 700 Dollar zahlen) und seinen AirB&N-Gästen. Wir haben ein Zimmer und teilen den Rest des Stockwerkes mit John. Von der Terrasse aus haben wir einen tollen Blick auf die berühmte Skyline von Sydney.
Den ersten Abend haben wir „zu Hause“ verbracht, nachdem wir am Spätnachmittag die Umgebung erkundet haben. Bei ostfriesischem Wetter. Und dabei hat uns nicht nur letzteres an England erinnert, sondern auch die Häuser und Läden und die Menschen in vielem. Aus Nostalgie haben wir uns gleich einmal Fish’n Chips gegönnt. Das war allerdings ein richtiger Reinfall. Gut nur, dass unser Magen das anstandslos ertragen hat. Na ja, wir haben ihn mit einer Flasche australischem Merlot beschwichtigt, die wir anschließend zusammen mit unserem Hauswirt getrunken haben. Der war entschieden besser. Der erste volle Tag war schon VIEL besser. Kurze Fahrt mit dem Bus, dann auf die Fähre in Richtung „The Rocks“, dem Zentrum. Wir schippern geradewegs auf die Harbour Bridge und die Oper zu, der Himmel bricht auf, die Sonne kommt durch. Ja, so soll es sein. Der Schnuppertag war sehr beglückend, hier die ersten Eindrücke:

Jugendstil in Singapur – Gruß aus Europa

Es wäre sicherlich noch vieles nachzutragen, aber eins muss auf jeden Fall noch erwähnt werden – wir schauen nämlich fast in jeder Stadt nach Bauwerken dieses Stils: Jugendstil in Singapur!

Wer Art-déco-Bauten im Tigerstaat anschauen möchte, muss sich auf den Weg nach Tiong Bahru machen und sollte seine Mittagspause in einem der besten Hawker-Zentren der Stadt einlegen, dem Tiong Bahru Market. Unser Auftakt dort war ein Besuch des Qi-Tian-Gong-Tempels (ja, die Chinesen sollen in unserem Reiseblog auch Erwähnung finden!). Der Tempel ist eher klein und leicht mit einem Verkaufsladen zu verwechseln. Aber es handelt sich immerhin um den ersten Tempel Singapurs, der einem Affengott gewidmet ist. Und dieser soll Glück (kann man immer gebrauchen), Wohlstand (gib mir mehr davon, etwas mehr davon vertrag ich schon) und Scharfsinn (YES!) bringen. Also nichts wie rein und ein paar Stäbchen anzünden. Wir haben sofort gespürt, dass das mit dem Scharfsinn eindeutig richtig ist, die Geschichte mit dem Wohlstand stellt sich wahrscheinlich noch ein (oder sollten wir Fortuna doch noch im Kasino am Marina Bay Sands Hotel herausfordern?). Und Glück? Das scheint bei uns ein Dauerzustand zu sein ;-).

Die in den 30er- und 50er-Jahren ursprünglich als Sozialwohnungen gebauten Häuser wurden zunächst nur zögerlich angenommen. War ihr Stil den Kolonial- und asiatischen Stil gewohnten Stadtbewohnern doch sehr fremd. Sie nannten sie „aero-flats“, da sie die Formen an Flugzeuge erinnerten – sagt jedenfalls Marco Polo.

In diesem Viertel erlebt man eine äußert bunte Mischung an Menschen, Kulturen und Lebensstilen. Da ist natürlich ein starkes chinesisches Element, aber man stößt genauso auf eine von einem Franzosen gegründete Backstube mit echten Croissants, nette Boutiquen, einen reizenden Kinderbuchladen, ein Öko-Café mit hervorragendem Kaffee (zu astronomischen Preisen), einer Vinothek.

Oder soll’s vielleicht doch eine Fußmassage bei „Nimble & Nead“ sein?

In dieses Bild passen auch die Art-déco-Häuser. Sie hauchen den Geist von Paris, Berlin oder Brüssel in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts, immer wieder durchsetzt von asiatischen Stilmitteln. Wie beispielsweise kleinen Hausgottaltärchen an Hauswänden oder neben Eingangstüren, bestückt mit Räucherstäbchen.

Amüsant fanden wir ein Zentrum, wo die SPD-Chefs und -Chefinnen sich sicherlich ein paar Tipps für ihre ewig nörgelnde Zauderertruppe holen könnte …

Singapur – einfach nur mal draufgeschaut …

Eines gleich vorweg: Dieses sind Einzelwahrnehmungen, die sich an der Oberfläche bewegen. Wir fragen dabei nicht nach dem Wie und Warum. Also naiv im besten Sinn. Wir haben keine Hintergrundinformationen eingeholt, wissen nichts über die Sozialsysteme dieses Stadtstaates. Aber wer mal auf dem Weg zu einem wichtigen Geschäftstermin in die Hundescheiße getreten ist (Achtung Berlin!), der weiß einen barrierefreien Bürgersteig durchaus zu schätzen.

Also: Nicht selten kann man an Ort und Stelle allseits gerühmte Features nicht oder nur mäßig nachvollziehen. Doch die viel beschworene Sauberkeit Singapurs ist keine Reiseführer-Mär. Die unmittelbare Umgebung wird von den Bewohnern der Stadt offenbar mühelos und so selbstverständlich wie das Atmen sauber gehalten. Ansammlungen von Papier, Plastiktüten oder Flaschen in Parks und an Straßenrändern? Kippen an Haltestellen? Überquellende Mülleimer an öffentlichen Plätzen? Hundedreck? Schmierereien an Wänden? Plakate mit Infos, die kaum jemand lesen will? Alles Fehlanzeige. Und das nicht nur an den touristischen Hotspots. Diesen Zustand verdankt die Stadt ebenfalls dem Einsatz zahlreicher Reinigungskräfte, die beispielsweise auch einzelne, von Bäumen herabgefallene Blätter mit großem Eifer von Rasenflächen sammeln. Und wenn man denkt, dass ein Heer von Aufpassern die Singapurer anhält, nichts wegzuwerfen und kaugummikauende oder anderweitig sündigende Bürger abstraft, liegt man verkehrt. Zwar geistert der Name „fine City – Stadt der Geldstrafen“ durch die Medien, aber wir konnten das nicht nachvollziehen. Noch ein Wort zum Rauchen. An und um öffentliche Gebäude herum wird grundsätzlich nicht geraucht. Raucher sind eher eine Minderheit und für diese ist es offenbar selbstverständlich, ihren Glimmstängel an einem Abfalleimer zu entsorgen und nicht achtlos wegzuschnipsen. Im Gegensatz dazu haben viele Nikotinabhängige in Europa noch nicht einmal gemerkt, dass Zigarettenkippen (vor allem im öffentlichen Raum) ein Ärgernis sind und diese weder in der Fußgängerzone noch am Strand etwas zu suchen haben.

Wer schon einmal verzweifelt auf der Suche nach dem dringend benötigten stillen Örtchen durch eine Stadt geirrt ist, wird Singapur sehr zu schätzen wissen. Definitiv eine Stadt für schwache Blasen! Kein Mangel an öffentlichen Toiletten. Dazu kommt, dass man diese generell ohne Nasenklammer und Gummihandschuhe benutzen kann. Selbst an stark frequentierten Orten. Und nicht ein einziges Mal fehlte das Toilettenpapier! Selbstredend kostenlos für die Benutzerinnen und Benutzer. Bravo! Es ist also machbar, wenn man das will.

Höflich, zuvorkommend und sehr hilfsbereit haben wir die Singapurer erlebt. Unfreundlichkeit oder Gleichgültigkeit waren absolute Ausnahmen. Wenn wir uns mit dem Stadtplan in der Hand hilfesuchend umschauten, sprach man uns an. Aber nie aufdringlich.

Wer macht hier die einfachen, „niederen“ Arbeiten? Es fällt auf, dass die Straßenreinigung, das Heer der Gärtner, die Pflegekräfte und die einfachen Bauarbeiter an den zahlreichen Großbaustellen, die wir über die Stadt verteilt vorfanden, eher von dunkler Hautfarbe waren, meist klein und zartgliedrig. Inder, Malaien? Zeitweise Geduldete? Keine Ahnung … aber es scheint uns, als kämen vor allem die Bauarbeiter und sonstige, im Freien Arbeitende nicht aus Singapur, sondern aus weniger begünstigten Ecken dieses Kontinents.

In den Hawker-Zentren, die wir gern und häufig besuchten, sitzen alle Alters- und Berufsgruppen – hippe Junge und klapprige Alte, gut gekleidete Bankangestellte und Arbeiter im Blaumann – einträchtig nebeneinander und essen. Das Wegräumen der benutzten Teller, Schalen, Essensreste wird allerdings überwiegend von älteren Frauen und Männern, manches Mal auch sehr alt und gebrechlich, öfters von durch Behinderungen Eingeschränkten erledigt. Das schien für alle selbstverständlich … trotz allgegenwärtiger Hinweise, dass man sein Tablett mit gebrauchtem Geschirr doch bitte in bereitstehende Regale räumen solle. Diese hatten interessanterweise Abteile für „halal“, also für das nach muslimischen Regeln zubereitete Essen, und „non-halal“.

In unserem Hotel wurde der Zimmerservice interessanterweise auch von Männern erledigt. Bei einem Trinkgeld nach dem Hochtragen der Koffer zeigte man sich eher peinlich berührt. Taxifahrer halten sich an die Preise. Touristennepp, das Gefühl, übers Ohr gehauen zu werden, weil man sich nicht auskennt und sich ggf. sprachlich nicht zur Wehr setzen kann, haben wir nicht erlebt. Kleinkriminalität: Immer wieder ist zu beobachten, dass die Leute ihre Laptops und Taschen in Restaurants und Kneipen einfach auf den Stühlen hängen/stehen lassen, offenbar rechnet niemand damit, beklaut zu werden.

Zugang zu Kunst und Kultur ist für alle kostenlos oder für kleines Geld (z.T. haben Einheimische günstigere Eintrittspreise) zugänglich, das scheint ein wichtiges Anliegen. Die Aufbereitung von Informationen über Sehenswürdigkeiten und geschichtliche Ereignisse ist in einheitlicher Gestaltung, „auf den Punkt“ und professionell. Öfters auch durch lebensgroße Figurengruppen veranschaulicht.

Fünf Sterne für Singapur! Und ein zusätzliches würden wir für einen guten deutschen Bäcker vergeben 😊