Erste Begegnung mit Coromandel

Die Coromandel-Halbinsel ist gut und schnell von Auckland aus zu erreichen. Sie bietet so ziemlich alles, was man sich im Urlaub erhofft – und ist deshalb auch eine der beliebtesten Ferienregionen in Neuseeland. Sie ist ca. 85 km lang und 40 km breit, durch das Landesinnere zieht sich eine Berglandschaft mit gemäßigtem Regenwald. Die Halbinsel ist gesäumt von zahllosen Stränden, von denen einer schöner ist als der andere. Neben diversen Wassersportaktivitäten und natürlich Wandermöglichkeiten und der Besichtigung letzter Kauriwaldbestände ist hier Gold ein Thema. Weshalb die Halbinsel auch den Namen Gold Country trug. Gold wurde hier von Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1985 gefördert. Heute ist jedoch nur noch eine Goldmine bei Waihi in Betrieb.
Wir sind erst am Nachmittag angereist, bei strahlendem Sonnenschein. Zunächst war die Bergkette zu überwinden. Die Steigungen brachten unseren alten Diesel so manches Mal zum Aufheulen, die engen Kurven wollten einfach nicht aufhören. Schließlich hatten wir die Ostküste und unser Tagesziel, Hot Water Beach, erreicht. Unser Campingplatz liegt nur ein paar Schritte vom Strand entfernt. Und wir wollten unbedingt noch am selben Tag den Sand zwischen unseren Zehen spüren. Also gleich nach dem Einchecken an den Strand. Herrlich. Toller, feiner Sand, mit Muschelsträhnen durchsetzt, klares Wasser, die Sonne stand schon schräg am Himmel. Nach etwa 100 m kamen wir an die ersten Kuhlen im Sand, die ein wenig wie Sandburgen aussahen. Aber drin lagen Leute, die sichtlich Spaß daran hatten, sich in dem Wasser zu suhlen. Deswegen heißt das hier Hot Water Beach. Zwei Stunden vor und nach der Ebbe kann man auf den dann freien Flächen einfach buddeln, bis das warme, stellenweise auch richtig heiße Wasser kommt.
Wir bleiben mindestens noch eine weitere Nacht – hier gefällt es uns besonders und wir wollen ein wenig Ruhe in unser rastloses Camperleben bringen.

Eindrücke aus unserem Alltag

Gestern hat der heftige Wochenende-Feiertag-Verkehr im Großraum Auckland unsere Pläne, weiter nach Süden Richtung Coromandel-Halbinsel zu fahren, durchkreuzt. Enge Straßen, selten zweispurig, Baustellen, Stau … Schöne Grüße aus dem wirklichen Leben.

In Orewa, 40 km vor Auckland, am Pazifik, haben wir ein Plätzchen auf einem Campingplatz direkt am Strand gesucht und den Restmachmittag für Sporteln genutzt. Ohnehin waren „Hausarbeiten“ dringend fällig: Frischwassertank auffüllen, Dumpen, d.h. die Chemietoilette leeren und den Grauwassertank, also den Abwassertank vom Spül- und Waschwasser. Dazu Tanken und Vorräte auffüllen.

Zu dieser Bevorratung gehört auch das Aufladen aller Elektronikgeräte. Wir verfügen über 2 IPhones (eines hat einen Speicher von 256 GB) und ein iPad. Wir können diese Geräte auch während der Fahrt über einen USB-Anschuss laden – eigentlich – aber wir brauchen diesen Anschluss für das Navi. Und der zweite USB-Anschluss im Fahrzeug ist defekt. Wenn wir nicht auf einem regulären Campingplatz mit Stromanschluss stehen oder auf einer langen Wanderung sind, nutzen wir zum Aufladen eine Powerbank.

Zur abendlichen Routine gehört – neben dem Führen des Blogs 😊 – das Überspielen und Sichern unserer Bildmaterialien, von der Kamera auf ein iPhone und das iPad. Bei alldem müssen wir natürlich auch für unser leibliches Woh sorgen!

Über dem Abarbeiten der verschiedenen Tätigkeiten am nächsten Tag wurde es Mittag.

Einkaufen in einem großen Supermarkt hier braucht seine Zeit. Was sollten wir auffüllen? Wo steht was? Welche der vielen angebotenen Sorten einer Ware wollen wir haben? Das Angebot ist sehr amerikanisch – viel Conveniencefood, endlos viele Saucen, sehr viele Fertigprodukte, viele Süßwaren, Snacks, Chips und Co. Wer meint, Neuseeland sei ein Land der Ökofreaks und Gesundheitsfanatiker, wird schnell eines Anderen belehrt. (Sieht man auch sofort bei der Ankunft, aber davon später mehr.) All das macht Einkaufen zu einer zeitraubenden Beschäftigung.

Ein Gutes hatte dies letztlich, wir kamen am frühen Mittag zügig durch Auckland hindurch. Hier geht es direkt an der Innenstadt vorbei über vier- und mehrspurige Autobahnen. Wenn man ortsfremd ist, fordert das schon einigermaßen, auch wenn die Verkehrsdichte erträglich war. Ein Hoch auf moderne Navis, die dabei eine große Hilfe sind.

Der Großraum Auckland erstreckt sich vom Norden zum Süden über gut 100 Kilometer. Mit gut 1,5 Mio Einwohnern lebt hier etwa ein Drittel der Bevölkerung von NZ. Es gibt kaum Hochhäuser, sondern überwiegend Einfamilienhäuser, was bedeutet, dass sich die Stadt über eine große Fläche von gut 1000 Quadratkilometer ausdehnt – andere Quellen geben sogar 5000 an. Zum Vergleich: München nimmt bei vergleichbarer Einwohnerzahl schlappe 310 Quadratkilometer an Fläche ein.

Irgendwann waren wir am Südrand dieses Gebietes, der Verkehr ließ nach und die Autobahn wurde wieder zur einspurigen Landstraße. Es ging weiter zum Highlight jeder Reise, der Halbinsel Coromandel.

Wilde Verfolgungsjagd – den Franzosen auf den Fersen

Der Tag nach unserem Ausflug ans Cape Reinga fing so friedlich an … blauer Himmel, strahlender Sonnenschein. Hätten wir gewusst, was uns an dem Tag erwartete, wohl kaum wäre unser Frühstück so entspannt draußen sitzend verlaufen.

Beim Zusammenpacken stellten wir fest, dass unsere Mappe mit all unseren Unterlagen verschwunden war: Flug- und Mietwagenbestätigungen, Visa für Australien, detaillierte Reiseroutenausarbeitungen, Impfpässe, internationale Führerscheine … Auch mehrmaliges intensives Suchen brachte diese Mappe nicht wieder ans Licht. Zuletzt hatten wir sie bei einer späten Kaffeepause am Vortag an einem Rastplatz nahe dem Kap benutzt. Also blieb uns nur, dort wieder hinzufahren. Gesagt, getan. Wieder 60 Kilometer Richtung Kap. Unterwegs gehen wir im Geiste den Inhalt der Mappe nochmal detailliert durch …. Eigentlich alles nicht so arg … Die meisten Unterlagen waren zur Sicherheit elektronisch in einem Dropbox-Ordner abgelegt. Nur die fehlenden internationalen Führerscheine könnten zum Problem werden. Ob die australische bzw. gegebenenfalls die neuseeländische Polizei mit PDFs zufriedenzustellen wäre? Das war zu bezweifeln. Und wenn jemand die Mappe gefunden hätte, was würde er/sie damit machen? Liegenlassen? Bei der Polizei abgeben oder sonstwo abgeben? Mitnehmen? Uns anrufen? Alles Mögliche denkbar. Wolfgang hatte ja durch die neuseeländische SIM-Karte eine andere Nummer, nicht die in den Unterlagen angegebene.

Am Rastplatz angekommen mussten wir feststellen, dass die Mappe weg war. Offizielle Ansprechpartner fanden wir auch am 5 Kilometer entfernten Kap nicht, nur Parkplatzeinweiser. Dazu war Sonntag und ein langes Wochenende durch den Tag der Arbeit, der auf den folgenden Montag fiel. Enttäuscht fuhren wir die 50 km wieder zurück nach Houruka, dort sollte laut Parkplatzeinweiser eine Polizeistation sein. Und da war auch wieder eine Netzabdeckung, die es Richtung Kap weiter im Norden nicht gibt. Mittlerweile war es Mittag und Zeit für einen Kafffee. Und dabei erhielt Wolfgang eine erlösende Mail:

Wir haben eure Dokumente, ruft uns an. Nadine F.

Große Freude auf unserer Seite. Wir erinnerten uns, dass ein Campervan mit einem französischen Paar gleichzeitig am Rastplatz gewesen war. Wir hatten noch bei der Abfahrt rübergeschaut, die sahen ganz nett aus. Das anschließende Telefonat gestaltete sich dann allerdings sehr schwierig. Nicht nur eine schlechte Verbindung, sondern auch mäßige Englischkenntnisse bzw. ein schnell genuschelter Französischfluss mit südfranzösischem Akzent. Zum Haareraufen. Wir verstanden so viel, dass die beiden mit unserer Mappe mittlerweile 50 km weiter südlich in Ahipara waren. Wir baten sie darum, die Mappe dort bei einem Campingplatz zu lassen, schickten die genaue Adresse per Mail und SMS an die beiden und machten uns wohlgemut auf den Weg. Fast dort angekommen, kam ein Anruf der beiden, dass sie inzwischen mit unseren Papieren auf einer Fähre Richtung Rawene, weitere 60 Kilometer weiter südlich seien. Oh nein, das wurde jetzt einem Katz-und-Maus-Spiel. Wir machten uns ein weiteres Mal auf den Weg. Um unterwegs dann festzustellen, dass unsere Nachrichten die beiden wohl nicht rechtzeitig erreicht hatten, denn in diesem Bereich (der Westküste) gibt es nur eine rudimentäre Netzabdeckung.

Schließlich erhielten wir von den beiden die Nachricht, dass sie sich in der Nähe von Omapere (nochmals 50 km weiter) eine Übernachtungsmöglichkeit suchen und uns die Adresse schicken würden. in Omapere angekommen waren wir sicher, dass nun die Verfolgungsjagd ein gutes Ende finden würde, nur ein bisschen Geduld bis zum Eintreffen der Nachricht. Aber dann war da nur noch Schweigen. Kein Anruf, keine SMS … Ratlos fuhren wir in Omapere die Küstenstraße rauf und runter. Bei einem Halt kamen wir mit einem französischen Pärchen ins Gespräch. Die hatten auch eine verückte Geschichte zu erzählen. Sie waren ursprünglich als Tramper unterwegs, hatten jetzt aber einen alten Van. Ein Neuseeländer, der sie mitgenommen hatte, hatte ihnen diesen für umgerechnet 300 Euro (!) überlassen, weil er ihn nicht mehr wirklich brauchte. Und was sie uns sonst noch erzählten, wäre Stoff für eine (andere) Kurzgeschichte …

Plötzlich klingelte das Telefon. Die Finder unserer Unterlagen hatten eine Bleibe weiter südlich mitten im Waipouri Forest gefunden, wo es noch einige namhafte alte Kauribäume gibt. Ein riesiges Waldgebiet, weitere 40 km weiter. Bei Dunkelheit machten wir uns wieder auf den Weg. Weitere 40 Minuten … schlechte Straße, eng und kurvig … dann endlich ein Hinweis auf den Campingplatz, nochmal 3 Kilometer Schotterpiste. Dort angekommen sind wir mit der Taschenlampe über den Campingplatz gestolpert und habe „unsere Franzosen“ aus dem Bett geklopft. Nach einem kurzen Plausch am offenen Auto (Achtung Stechmücken!) und einem herzlichen Merci hielten wir dann endlich wieder unsere Dokumente in der Hand. Bei der nächsten Kaffeepause an einem Rastplatz werden wir wohl doppelt hinschauen, ob wir nichts vergessen haben!

Die Kauris – viel mehr als nur Holzlieferanten

Wir sind von Cape Reinga auf der Westseite der Nordinsel wieder Richtung Süden gefahren, unser nächstes Fernziel ist die Coromandel-Halbinsel östlich von Auckland. Einmal setzen wir mit der Fähre über (nach Rawene), bei Omapere direkt an der Küste erwischen wir auf einem Lookout gerade noch einen dieser Traumsonnenuntergänge.

Bei eintretender Dunkelheit fahren wir durch den Waipoua-Forest. Im Waipoua-Forest und im Trounson Kauri Park stehen fast drei Viertel aller noch verbliebenen Kauris in Neuseeland. Die Kauris waren schon hier, als noch kein menschlicher Fuß die Insel betreten hatte. Und sie hätten den Menschen fast nicht überlebt. Noch vor ca. 150 Jahren waren weite Teile der Nordinsel von diesem Baum überzogen, und von diesem Bestand sind nur etwa 2 Prozent geblieben. Kauris stehen deshalb unter strengem Schutz, und man muss besondere Vorkehrungen treffen, wenn man einen Kauriwald betritt. Die Schuhe sind aufwändig zu reinigen und zu desinfizieren, sowohl beim Betreten wie beim Verlassen des Walds. Erst vor wenigen Jahren wurde ein Parasit in Neuseeland eingeschleppt, der tödlich für den Kauri sein kann.
Im Waipoua-Forest befindet sich auch der älteste Kauri der Welt, der Tane Mahuta, der „Gott der Wälder“. Ein wirklich ehrfurchteinflößendes Exemplar, dessen Alter auf 2000 Jahre geschätzt wird. Sein Stammumfang beträgt etwa 14 m, seine Äste beginnen auf ca. 18 m Höhe und er ist fast 52 m hoch. Wir fühlen uns an die Mammutbäume in Kalifornien erinnert. Im Waipoua-Forest befinden sich noch einige weitere Exemplare aus der obersten Kauri-Liga. Und Kiwi-Gebiet ist das hier ebenfalls, deshalb werden auch nächtliche Führungen angeboten.

Sowohl die Europäer wie auch die Maoris schätz(t)en den Kauri in besonderer Weise. Für Letztere ist er heilig. Sie verwendeten die glatten Kauri-Stämme für ihre Kriegskanus, ihr Harz wurde als Brennstoff für Fackeln verwendet. Schon Captain Cook entdeckte die Qualitäten des Kauri-Baumes für den Schiffbau, und rasch wurde der Kauri auch zum zentralen Holzlieferanten für den Hausbau. Die Hochzeit des Kauri-Abbaus war die Phase zwischen 1870 bis 1920. Aus Kauri-Wäldern wurde in großem Stil Farmland.

Kauriharz wurde über Jahrzehnte in großen Mengen weltweit exportiert. Die chemische Industrie nutzte es zur Herstellung von Farben, Bodenbelägen und Klebstoff. Heute noch gilt es bei hochwertigen Musikinstrumenten als unübertroffener Lack.

Am eindrucksvollsten wird die Geschichte des Kauri-Abbaus in einem Museum in Matakohe (in der Nähe von Dargaville) dargestellt. Wir haben hier etwa drei Stunden verbracht und waren tief beeindruckt von den vielen Exponaten (u.a. Kauriharzklumpen in gewaltigen Dimensionen und wunderschöne Möbel), nachgestellten Szenen aus dem Leben der Holzfäller und sog. „Gumdigger“ (die die Harzklumpen zutage förderten), der Holzbarone, -händler und -verarbeiter. Es wurden stattliche Maschinenparks zusammengetragen und Werkzeuge zur Holzbearbeitung und -verarbeitung der unterschiedlichsten Art. Auffälligstes Ausstellungsstück ist sicherlich ein 22 m langes Holzbrett aus einem Stück Kauriholz.

Die Riesendünen an der Te Paki-Mündung auf der Nordinsel

Auf unserem Rückweg von Cape Reinga machen wir noch einen kurzen Abstecher zu den Riesendünen, die das nördliche Ende der berühmten Allradstrecke 90-Mile-Beach markieren. Diese wollen wir uns doch nicht entgehen lassen, auch wenn es schon spät am Nachmittag ist. Wir fahren etwa drei Kilometer Schotterpiste und unten angekommen sehen wir einen Lkw, an dem Sandboards vermietet werden. Das ist ganz offensichtlich ein Riesenspaß. Wir stellen unser WoMo ab, durchwaten den Te-Paki-Fluss und erklimmen die Dünen, die sich majestätisch vor uns hinstrecken. Ganz schön beschwerlich – bei jedem Schritt versinkt der Fuß tief im Sand und sackt weit zurück. Ein paar junge Leute in der Nähe von uns vergnügen sich mit ihren Sandboards. Eine sehr angenehme, entspannte Atmosphäre. Wir probieren ein bisschen mit der Kamera herum, Aufnahmen im Gegenlicht. Und wir tollen im Sand, laufen hierhin und dorthin, unbedingt auch auf den „Gipfel“.

Man kann hier übrigens auch mit einem Allrad-Fahrzeug durchs Flussbett preschen und dann – am besten oberhalb der Flutlinie – den Strand entlangrasen. Bei uns wäre das wahrscheinlich schon längst verboten …

Cape Reinga – ein magischer Ort

Schon seit wir aus Auckland Richtung Norden aufgebrochen sind, fragen wir uns, wo die vielen neuseeländischen Schafe denn nur sind. Was wir aber ständig sehen, sind Rinder – schwarz-weiße, braune, tiefschwarze … meist riesige Herden über die Landschaft verteilt.

Gestern und heute auf dem Weg entlang der hundert Kilometer langen Halbinsel Aupuri, an deren Spitze das Cape Reinga liegt, haben wir dann endlich Schafe in nennenswerten Mengen erblickt. Wir hatten uns allen Ernstes schon gefragt, ob jemand beim Schreiben Rinder und Schafe vertauscht haben könnte ;-). Heißt es doch, dass es in diesem Land etwa 22 Millionen Schafe gibt, auf jeden Neuseeländer kommen zurzeit etwa 6. Auch wenn der Bestand in den vergangenen Jahren beträchtlich zugunsten von Milchvieh abgenommen hat (wie eine Internetrecherche hervorbringt), ist das ja nicht unerheblich.

Wir fahren nach diesen Beobachtungen beruhigt weiter Richtung Cape Reinga, dem Sehnsuchtsziel aller Neuseelandtouristen entgegen. Die erstaunlich gut ausgebaute Straße schlängelt sich durch eine traumhafte Landschaft: Ausblicke auf tief sich ins Land ziehende Meeresbuchten auf der Ostseite, Wiesen, bewaldete Erhebungen, Sanddünen, Weiden mit besagten Rindern und Schafen und auch mal Pferden, hin und wieder erblicken wir auch mal Esel, Emus, Strauße und Truthähne! Kaum Ansiedlungen.

Den berühmt-berüchtigten Ninety-Mile-Beach, der sich am Westrand der Halbinsel entlangzieht und in Wirklichkeit nur 65 km lang ist, kann man auf dem Weg nach Norden leider nicht sehen.

Unterwegs gibt unser „Lkw“ immer mal wieder unerklärliche Töne von sich. Da Ignorieren nicht hilft, halten wir schließlich an. Hoffentlich hier oben fernab von Autowerkstätten nichts Schlimmes! Nein, zum Glück nur eine Verschleißerscheinung unseres betagten Gefährts: die Halterung eines Schmutzfängers ist defekt, er droht sich ganz abzulösen. Da kein Draht zur Hand ist, löst Wolfgang das Problem, indem er die Fixierung mit Seil, das wir am Viehgatter gefunden gaben, vervollständigt. Mal sehen, wie lange das hält … Als Camper muss man mit dem auskommen, was man nun mal hat.

Dann sind wir endlich am Kap. Eine der Attraktionen ist der imposante weiße Leuchtturm. Schaut man von hier aufs kräuselnde Meer, sieht man, wie Tasmansee und Pazifik ineinanderfließen. Ein magisches Schauspiel. Man kann sehr gut nachvollziehen, das dies für die Maori ein heiliger Ort ist. Sie glauben, dass die Seelen ihrer Toten über die Wurzeln eines Baumes ins Meer und damit in die Ewigkeit gleiten. Eine schöne Vorstellung, mit der auch wir uns durchaus anfreunden können.

Wir fahren vom Kap ca. 20 Kilometer wieder in Richtung Süden bis zum Te Paki Gate, von wo wir uns auf eine 14 Kilometer lange Rundwanderung begeben und einfach fantastische Natur in unterschiedlichsten Formen erleben. Und wir sind die meiste Zeit allein auf unserem Track! Es ist die pure Freude.

Waitangi – die schwierige Geburt der neuseeländischen Nation

In den 1830er-Jahren nahm der Zustrom an europäischen Einwanderern nach Neuseeland drastisch zu, es herrschten zum Teil chaotisch-rechtlose Zustände, die sowohl die Briten wie auch die Māori-Häuptlinge beunruhigten. Außerdem streckten die Franzosen, die ewigen Konkurrenten, ihre Hand nach Neuseeland aus. Es musste rasch etwas geschehen. Die britische Krone schickte William Hobson als Governor, auf dass dieser für klare Verhältnisse sorge. Innerhalb weniger Tage wurde ein Vertragswerk aufgesetzt, dass von einem Geistlichen vom Englischen in Māori übersetzt wurde. Dieses Vertragswerk, bekannt als Treaty von Waitangi, ist quasi die Verfassung Neuseelands. Es wurde 1840 von ca. 500 Māori-Häuptlingen unterzeichnet. Doch, wie bei Übersetzungen nicht selten der Fall, entsprachen sich die beiden Textfassungen stellenweise weder im Wort- noch im Bedeutungsgehalt. Im Verständnis der Māori beispielsweise kann ein Mensch kein Land besitzen, es ist vielmehr umgekehrt: Der Mensch gehört wie die ganze Natur der Mutter Erde und er darf sie für seine Bedürfnisse nutzen. Deshalb kann ein Māori auch kein Land verkaufen. Und am Kauf dieses Landes hatten die Briten und anderen Europäer ein hohes Interesse. Daher kam es, wie es kommen musste: Streitigkeiten, Auseinandersetzungen, Kämpfe wegen des Vertrages von Waitangi. Diese mündeten 1975 in einem Tribunal, das einen bis heute andauernden Schlichtungsprozess einleitete und die britische Krone zwang, das an den Māori seit dem Treaty of Waitangi verübte Unrecht offiziell einzugestehen.

Die sog. Treaty Grounds gelten als wichtigste historische Stätte Neuseelands. Sie sind ein sehr weitläufiges Gelände mit einem hervorragenden Museum, das die Ereignisse multimedial darstellt, laufenden Ausstellungen, verschiedenen historischen Gebäuden und dem weltweit größten Kanu (waka), in dem 80 Krieger Platz finden. Es gibt zu festen Zeiten Führungen und folkloristische Darbietungen, die den Besuchern die Welt der Māori näherbringen sollen.

Ein Besuch der Waitangi Treaty Grounds ist ein Muss – auch wenn der Eintrittspreis von inzwischen 50 Dollar pro Nase (Neuseeländer zahlen die Hälfte) etwas schmerzt.

Rundwanderung Paihia-Russell

Diese Rundwanderung, insgesamt ca. 24 Kilometer, war äußerst vielfältig. Sie beinhaltete zwei Fährüberfahrten und begann mit einem Boardwalk durch Mangroven, führte durch Wälder mit heftigen An- und Abstiegen, über Felsküste und Sandstrände. Passend zur Mittagspause auf einem Steg am Wasser haben uns ein paar Seeschwalben eine beeindruckende Vorstellung geliefert: Zeitweilig flatterten sie auf der Stelle, um im nächsten Moment wie ein Stein ins Wasser zu stoßen und mit einem Fisch im Schnabel wieder aufzutauchen. Ein tolles Schauspiel!

Da in Neuseeland jetzt Frühling ist, haben wir auch viele interessante Pflanzen und zum Teil grellfarbene Blüten gesehen, und nicht selten umgab uns ein intensiver Jasminduft.

Und bei manchen Wohnlagen konnten wir uns den einen oder anderen grünen Neidpunkt nicht verkneifen …

In Russell haben wir eine Kaffeepause eingelegt. Das ist der älteste Ort Neuseelands – wenn man einmal von den Maorisiedlungen absieht. Russell wirkte eher etwas beschaulich und bieder – das war in den Anfängen keineswegs der Fall. Schon bald nach dem ersten Besuch der Europäer unter James Cook entwickelte sich der Ort zu einem stark frequentierten Landeplatz auf der Südseeroute und zu einem Zentrum des Walfangs.

Shoppen mal ganz anders

Nach einer „freien“ (= auf einem Free-Camping-Platz) Nacht an der Ocean Beach am „Ende der Welt“ sitzen wir beim Frühstück im Camper. Unsere Nachbarn, ein junges Paar aus Deutschland (wie sollte es anders sein), sitzen draußen am Picknicktisch. Die junge Frau friert trotz Anorak. Deutlich sieht man ihr an, dass sie sich nicht so wohlfühlt. Das junge Glück zieht schließlich los zu einer mehrstündigen Wanderung (wie sie uns erzählt haben). Sie mit Pudelmütze und Handschuhen. Nach unserem Frühstück kommt die Sonne raus, Gelegenheit für einen kurzen Spaziergang am Strand entlang und zurück über die Dünen.

Dann Weiterfahrt in die Stadt Whangarei, wir brauchen noch ein paar Dinge. Shopping ist angesagt. Nachdem die etwas schwierige Parkplatzsuche – der Camper passt mit 6,50 m nicht auf normale Parkplätze – geht es Richtung Stadtzentrum. Unterwegs stoßen wir auf mehrere sogenannte „Hospice-Shops“. Der Name ist uns in Auckland schon begegnet. Es sind keine Läden, die in direktem Zusammenhang mit Hospizen stehen, was man annehmen könnte. Sondern Second-Hand-Läden, die für diverse soziale Anliegen Geld sammeln, indem sie gespendete Gebrauchtwaren verkaufen. Um zwar alles vom Eierlöffel über Kleidung bis hin zum Esstisch, je nach Platz und Möglichkeit. Wir werden im ersten Laden fündig: Eine Plastikspülschüssel, Plastikbehälter und ein scharfes Messer für kleines Geld, im zweiten dann finden wir den arg vermissten Deckel für unsere Pfanne. Dann noch Proviant aufstocken, weil gerade ein großer Supermarkt auf unserem Weg liegt. Danach geht’s wieder auf die Piste Richtung Norden. In Paihia machen wir bei traumhaften Blick auf die Bucht kurz Halt und entschließen uns nach kurzem Zögern zu einer Komfortübernachtung auf einem gut ausgestatteten Campingplatz, einem Top 10 Holiday Park – mit Aussicht auf eine heiße Dusche und frische Wäsche!

Kawakawa: Ein Klo als Wahrzeichen – das gibt‘s nur bei den Kiwis

Auf dem Weg zur Bay of Islands an der Nordostküste der Nordinsel fährt man durch einen eher beschaulichen Ort, dessen einzige echte Attraktion ein Klo ist … Es handelt sich um die Hundertwassertoilette (könnte der Name des Künstlers passender sein?) in Kawakawa. Hier lebte der Maler, Architekt und Umweltschützer Friedensreich Hundertwasser von 1973 bis zu seinem Tod im Jahre 2000. Die Toilette, eröffnet 1999, soll Hundertwassers letztes großes Werk gewesen sein. Na, wenn das kein Abgang ist.
Die Bedürfnisanstalt wird ganz normal in ihrer eigentlichen Funktion genutzt. Man muss also Rücksicht und Taktgefühl obwalten lassen, wenn man hier seine Fotos macht :-).
Der Toilette gegenüber wurde eine Sitzbank im Hundertwasserstil errichtet. Vielleicht soll man hier Platz nehmen, wenn sich eine Schlange bilden sollte?
Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darf man davon ausgehen, dass diese Bedürfnisanstalt zu den meistfotografierten der Welt gehört. Ob auch jede/r Fotograf/in hier etwas hinterlässt?

Eines ist jedenfalls sicher, der Ort Kawakawa kann sich glücklich schätzen, solch einen berühmten Bewohner gehabt zu haben, der ihm eine Toilette der ganz besonderen Art vermacht hat. Nützliche Kunst im besten Sinne. Denn nur aus diesem Grund halten die Touristenschwärme auf dem Weg zu aufregenderen Zielen im Norden wie dem Cape Reinga kurz an … und hinterlassen mit etwas Glück ein paar Dollar.

Die ersten drei Fotos gehören zu einem Wandmosaik in Kawakawa, das sicherlich nicht von Hundertwasser stammt, aber durchaus sehenswert ist.