(1) Porto Flavia – Bergbau in Westsardinien

Die Provinz Sulcis Iglesiente (Haupstadt Iglesias) in Westsardinien hat eine alte Bergbautradition, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Seinerzeit brachten die Silberminen den Wohlstand. Mit deren Erschöpfung stellte sich ein allmählicher wirtschaftlicher Niedergang ein. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Ende des spanischen Lehensystems im Bergbau) begann der Wiederaufschwung im großen Maßstab mit dem Abbau von vor allem Blei und Zink, auch Eisen, Silber, Magnesium, Antimon. Unter Mussolini wurde der Bergbau in dieser Region aus Gründen der Autonomie stark forciert. Nach dem Ende des Faschismus waren viele sardischen Bergbauprodukte auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig.

Als stille Zeugen der Industriegeschichte kann man heute in Inglesiente stillgelegte Bergwerke und Förder- und Verarbeitungsanlagen für Mineralien sowie Museen besuchen.

Ein beeindruckendes Beispiel ist der stillgelegte Verladehafen Porto Flavia in Masua. Schon das Umfeld ist spektakulär: Der Blick aufs Meer wird magnetisch angezogen vom 132 Meter hohen Felskegel Pan di Zucchero.

Bis Anfang der 1920-Jahre mussten die Bergarbeiter hier unter schwerster körperlicher Belastung Mineralien wie Zink und Blei in Körben zu kleineren Schiffen tragen, die die Bodenschätze dann zu größeren Schiffen transportierten. Dann ersann ein italienischer Bergbauingenieur namens Cesare Vecelli (1881-1947) ein revolutionär neues Verfahren, das er nach seiner ältesten Tochter Flavia benannte. Unter seiner Leitung wurden 1923/24 zwei lange Tunnel in das Bergmassiv gebohrt. Die Bodenschätze wurden mit einer Elektrobahn über Schienen zu 10 Meter tiefen Trichtern transportiert und fielen sodann auf ein Förderband, das über dem Meer mit einem beweglichen Arm verbunden war. Auf diese Weise ließen sich auch größere Schiffe direkt beladen. Auf einem historischen Foto wird das folgendermaßen dargestellt:

Meerseitig sieht der Stollenausgang so aus:

Die Anlage wurde nach ihrer Schließung in den 1980-Jahren restauriert und kann heute im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Der Blick aufs Meer und den Felskoloss Pan di Zucchero vom offenen Schacht aus ist eine prägende Erinnerung.

Die Anlage ist einzigartig auf der Welt und ihre Konstruktion gilt als ingenieurtechnische Glanzleistung.

Cesare Vecelli, 1881-1947

Sant‘Antioco – schöne Strände, schroffe Felsen

Die Isola di Sant‘Antioco im Südwesten ist mit 109 Quadratkilometern, einer Länge von 18,9 Kilometern und einer Breite von 8,2 Kilometern Sardiniens zweitgrößte Insel. Sie hat etwa 14.000 Einwohner. Also alles in allem recht überschaubar.

Ihre wesentlichen Kennzeichen sind schroffe Felsküstenabschnitte, (zumeist kleinere) Traumbuchten und Karibikstrände, ausgedehnte Feldflächen, alte Kulturen, entspannte Atmosphäre, gute Rad- und Wanderwege (😊).

Wir haben hier Anfang Oktober 2025 vier Tage verbracht und die Insel von einem Campingplatz (Camping Tonnara, etwa auf halber Höhe auf der Westseite) aus vor allem per Fahrrad und zu Fuß erkundet. Der Campingplatz ist in Terrassen angelegt und hat eine sehr gute Infrastruktur, einschließlich eigenem Pizzabäcker und einer sehr coolen Bar). Er liegt direkt an einem kleinen Strand (Cala Sapone), der auf beiden Seiten von einer Felszunge umgeben ist.

Blick auf Camping Tonnara
Einige der Sitz- bzw. Liegegelegenheiten der Bar

Die Tageshöchsttemperaturen bewegten sich während unseres Aufenthalts um 25 Grad, also bestes Radwetter.

Unsere erste Tour ging Richtung Nordwesten, nach Calasetta, dem Fährhafen für die Nachbarinsel Isola di San Pietro. Das Städtchen ist vor etwa 200 Jahren quasi auf dem Reißbrett entstanden, als hier ligurische Flüchtlinge aus dem französischbesetzten Genua zwangsangesiedelt wurden. Alle Straßen verlaufen rechtwinklig zueinander. Das Wahrzeichen ist ein Wachtturm an der höchsten Stelle.

Der Weg nach Calasetta ist im Grunde reizvoller als die kleine Hafenstadt, denn man kommt an wunderschönen Stränden und einer Küste vorbei, die immer wieder zu einem kleinen Halt einlädt, weil sie das Schauen zum Erlebnis macht.

Cala Lunga

Die zweite Radtour, Richtung Süden zum Capo Sperone, war um einiges anspruchsvoller und vielseitiger. Auch diesmal wieder herrliche Panoramen, aber auch ein spannender Einblick in die reiche historische Vergangenheit von Sardinien. Wir legten einen Zwischenstopp bei den sogenannten „Grabkammern der Riesen“ ein. Sie sind ein beeindruckender Beleg der Nuraghenkultur (Bronzezeit, ab 1.600 v.Chr.).

Nicht alle Streckenabschnitte ließen sich im Sattel bewältigen, manchmal half nur noch Schieben 😓.

Ein besonderer Höhepunkt der an Highlights reichen Tour war der Besuch des Torre Cannai. Er schließt sich an einen von mehreren langen Badestränden an der Südostseite Sant’Antiocos an. Der Küstenwachturm selbst ist ein beeindruckendes Bauwerk, aber seine Lage und die liebevolle Gestaltung seines unmittelbaren Umfelds ist geradezu spektakulär. Ein Ort der Ehrfurcht und der inneren Einkehr.

Solche Naturschönheiten klingen noch lange nach. Sie wirken doppelt intensiv, wenn man sie teilt. Und bei einem Aperitif Revue passieren lassen kann.

Lost Place auf Sant‘Antioco in Südsardinien

Uns ist nach Natur, Sonne und Bewegung im Freien – da kommt uns die über einen kleinen Damm mit dem Festland verbundene Isola di Sant‘Antioco im Südwesten Sardiniens gerade richtig. Wir finden einen Campingplatz etwa auf halber Höhe auf der Westseite. Ein guter Ausgangspunkt für Erkundungstouren in alle Richtungen. Eine Lage wie im Bilderbuch: eine Bucht mit einem kleinen Sandstrand, links und rechts ansteigende Felsen, die ins Meer hinausreichen. Und gleich oben eine nette Bar.

Blick auf den Campingplatz Tonnara

Nach dem Einchecken ist rasch ein hübsches Plätzchen gefunden und alles eingerichtet. Dann brechen wir auf zu einem Spaziergang. Wir gehen den Strand entlang und dann südlich ziemlich steil die Felsen hinauf. Von dort haben wir gleich wieder einen tollen Blick auf eine spektakuläre Bucht und das weite Meer.

Wir bleiben am Feldrand, finden aber keinen gangbaren Weg. Unser Blick wandert nach oben, wo wir ein eigenartiges Gebilde entdecken, das wir nicht so richtig einordnen können.

Aber unsere Neugier ist geweckt.

Wir steigen über einen alten Drahtgitterzaun. Es wird ziemlich schnell klar, dass es sich um ein riesiges Areal handelt, das in früheren Zeiten sehr aufwendig gestaltet wurde seit langer Zeit einfach nur sich selbst überlassen war. Das Wohngebäude ist bereits weitgehend eingestürzt, aber man sieht die extravagante Bauweise noch deutlich. Natürlich waren auch die Sprayer schon hier …

Da hätten wir gerne reingeschaut, aber das Haus war leider zu baufällig.

Pool und Garage sind noch ziemlich gut erhalten.

Was bei dieser „Begehung“ auf Schritt und Tritt auffällt: Der Besitzer hatte nicht nur ein Faible für außergewöhnliche Architektur, sondern auch für mediterrane Gartengestaltung, bei der eine Vorliebe für Kakteen ins Auge springt.

Da wir das Gelände von der Meerseite (quasi von hinten) betreten haben, verlassen wir es durch das Eingangstor – wo wir dann auch feststellen, dass wir uns hier gar nicht hätten aufhalten dürfen.

Tja, ist nun mal passiert 😉.

Und was ist nun die Geschichte hinter dieser Geschichte?

Ich frage bei der Rezeption des Campingplatzes nach und erfahre hier, dass die Villa schon seit etwa zwanzig Jahren nicht mehr bewohnt ist. Damals verstarb der Besitzer plötzlich, ohne Erben und ohne seinen Nachlass geregelt zu haben. Und seitdem erobert die Natur mit ihrer eigenen Geschwindigkeit das Terrain wieder.

Klar ins Reich der Legende habe ich die mir angebotene Erklärung verwiesen, dass das Haus durch einen Tsunami zerstört worden sei. In Anbetracht der Lage der Villa hoch oben auf dem Felsvorsprung wäre dann wohl die ganze Insel überschwemmt worden …

Cagliari – bunt und lebendig

Cagliari, etwa 145.000 Einwohner, liegt im Süden Sardiniens und ist die Hauptstadt der Insel. Diese wollten wir uns mal näher anschauen, und zwar an einem Sonntag, weil dann der Autoverkehr nicht so krass ist.

Im Prinzip ist die Stadt eingekeilt zwischen zwei großen Salzseen. Bedauerlicherweise wurden 1943 durch alliierte Bomben fast zwei Drittel der Stadt in Schutt und Asche gelegt, weil sie eine wichtige militärstrategische Rolle spielte. Das sieht man auch heute noch: Insbesondere die landseitigen Viertel sind großenteils stereotype Zweckbauten.

Aber: Cagliari zieht viele junge Sarden an, denn hier gibt es eine Universität, Jobs im Dienstleistungsgewerbe und in der Petrochemie, ein lebendiges und vielseitiges Nachtleben, einen attraktiven Stadtstrand – und eine schnelle Verbindung zum Festland.

Touristisch interessant ist vor allem das historische Zentrum, das aus vier Vierteln besteht: Marina, Stampace, Villanova und Castello. liegen um den Hafen und den Festungshügel herum. Man kann sich daher nicht nur leicht und schnell orientieren. Auch ist alles gut zu Fuß zu bewältigen.

Wir haben gleich unten am Hafen geparkt. Dort verläuft die Via Roma, die sozusagen die Altstadt nach unten begrenzt. Sie ist der breite Boulevard der Hauptstadt, mit Arkaden, einem großen Kaufhaus (La Rinascente) und dem früheren Rathaus, dem Palazzo Civico, Ende des 19. Jahrhunderts aus weißem Marmor gebaut.

Nach einem Cappuccino-Stopp in einem netten Café lassen wir uns durch die Gassen treiben und bewegen uns dann in Richtung der zentralen, autofreien Piazza Yenne, einem beliebten Treffpunkt.

Von dort kann man mit einem Fahrstuhl auf den Festungshügel fahren – oder die Treppen und Gassen hochlaufen. Oberhalb der Piazza Yenne thront der Elefantenturm (Torre dell‘Elefante). Er stammt aus dem 14. Jahrhundert, ist 35 Meter hoch und nach innen mit fünf Plattformen offen gestaltet. An seinem Eingang ist ein kleiner Elefant angebracht, der einen martialischen Hintergrund hat: An ihm wurden die Köpfe der Hingerichteten zur Schau gestellt. Der Durchgang ist mit einem rostigen Fallgitter mit Spitzen bewehrt.

Ganz in der Nähe befindet sich die Universität. Sie liegt innerhalb der nur noch in Teilen erhaltenen Stadtmauer. Wir sind erstaunt, dass wir sie als Besucher betreten und zum Beispiel einen alten Bibliothekssaal besuchen dürfen. Die Bibliothek beherbergt das wichtigste Dokument der sardischen Geschichte, die „Carta de Logu“. Dabei handelt es sich um den 1392 in sardischer Sprache verabschiedeten Rechtscode, der bis 1827 in Sardinien gültig war.

Den baulichen Höhepunkt des Castello-Viertels bildet die Bastione di Saint Rémy, zu der eine breite Marmortreppe hochführt. Das Ensemble wird durch einen Triumphbogen gekrönt.

Von hier hat man eine herrliche Aussicht auf die Umgebung.

In der Mitte die Piazza Costituzione

Wenn man die Marmorstufen zur Bastione di Saint Rémy erklommen hat, steht man auf der Terrazza Umberto I. Sie wurde aus weißem Kalkstein erbaut.

Nur wenige hundert Meter weiter kommt man zu einem kirchlichen Prachtbau, der Kathedrale Santa Maria. Sie befindet sich in der Nachbarschaft des ehemaligen Rathauses, des Palastes des Erzbischofs und des Vizekönigspalastes.

Die Kathedrale stammt zwar eigentlich aus dem 13. Jahrhundert, wurde jedoch zahlreiche Male umgebaut. Die heutige Marmorfront erhielt sie erst im 20. Jahrhundert. Der Innenraum ist barocker Prunk. Uns hat die Krypta beeindruckt, die mehr als 300 Grabkammern beherbergt und deren Gewölbe 600 unterschiedliche Rosetten enthält.

Und sonst?

Cagliari soll auch im Bereich „Streetart“ Spannendes zu bieten haben. Da wir wie Tage zuvor schon mehrfach beeindruckende Murales gesehen hatten, fehlte uns die Motivation, uns auf die diesbezügliche Suche zu machen 🤔.

Und eine schöne Mittagspause mit Blick auf die Kathedrale gab‘s natürlich auch …

Kultur strengt eben auch an 😉

San Sperate – Wandeln im Museumsdorf

Ein Ort, der sich stolz „Paese Museo“ (Museumsdorf) nennt – das ist San Sperate, etwa 20 Kilometer nordwestlich von Cagliari, Sardiniens Hauptstadt an der Südspitze.

Auf Schritt und Tritt begegnet dem Besucher Kunst: vom kleinen Bild an der Hausecke bis zum hausfassadengroßen Gemälde, als Skulptur oder dreidimensionale Darstellung, Foto oder einfach nur künstlerische Verschönerung eines Hauseingangs oder einer Mauer.

Es sollen um die 300 Werke sein, die das 8.500-Seelen-Städtchen zieren. Sie gehören zum Alltagsbild wie die kleine Kaffeebar an der Hausecke oder der Gemüseladen zwei Häuser weiter. Niemand scheint sie so richtig zu beachten oder gar zu pflegen. Die Kunstwerke sind zugeparkt, sie sind verblasst oder der Putz, auf den sie gemalt wurden, bröckelt ab. Ganz normal. Was den Kunstliebhaber entsetzen könnte, wird in San Sperate wahrscheinlich mit Achselzucken kommentiert.

Und genau das macht das Ganze sympathisch.

Die Idee für diese Form der Straßenkunst geht auf Pinuccio Sciola (1942-2016) zurück, der mit seinen „Klangsteinen“ zu Weltruhm gelangte (vgl. dazu den Beitrag „Wo Steine wie das Universum klingen“ in diesem Blog). Er war in der Zeit seiner „Wanderjahre“ in Mexiko zum Anhänger des sogenannten „Muralismo“ geworden und malte Ende der 1960-Jahre seine ersten politischen Murales an die Wände seines Heimatortes, ganz im Geiste der Zeit. Und er initiierte mit viel Überzeugungsarbeit die anderen Bewohner von San Sperate, es ihm gleichzutun. Weitere Orte wie beispielsweise Urzulei oder Orgosolo, das als Zentrum der Murales gilt, haben sich ein Beispiel daran genommen.

Nicht alles ist gut gelungen, nicht alles ist Kunst mit Anspruch, und beileibe nicht alles hat überlebt. Aber wie man hört, hat San Sperate in den letzten Jahren (wieder?) diverse Künstler anlocken können, die den öffentlich Raum gestalten.

Aber jeden Fall bereitet es große Freude, durch die Gassen zu stromern und nach den Werken Ausschau zu halten. Sieh mal hier … Hast du das schon gesehen?

Und manchmal muss man Hindernisse überwinden, um freie Sicht auf die Kunst zu bekommen 😉.

Wir haben bei unserem Streifzug schon einiges zusammengetragen.

Es ist nicht leicht, eine Ordnung in das Gesehene zu bringen. Denn genau das unterscheidet ja eine Kunstgalerie oder ein Museum vom Museumsdorf San Sperate. Man kann die Werke nicht einfach unter einem bestimmten Aspekt zusammenstellen. Sie sind eben, wo sie sind und der Betrachter schlendert durch die Straßen und lässt sich inspirieren. Ein bisschen so, wie die Biene herumfliegt und hier und da Nektar saugt. Ihre Flugbahn lässt sich nicht im Vorhinein bestimmen. Darauf kommt es ja auch nicht an – der Nektar ist das Wesentliche.

Versuchen wir uns dennoch an einer Kategorisierung 😉:

(historische) LANDSCHAFTS- und ALLTAGSSZENEN, zum Teil täuschend echt

DREIDIMENSIONALE DARSTELLUNGEN

CARTOON-ART

MODERNE KUNST

TROMP-L’ŒIL

HAUSVERSCHÖNERUNG

SCHWARZ-WEISS-FOTOS

SKURRILES

Wir sind eine katholische Familie und bitten Zeugen Jehovas, nicht bei uns zu klingeln.
Werkzeugwand
Street-Dictionary
Streetart-Jäger bei Regen

(2) Fundstücke Sardinien – dies und das

Die Kaktusfeige stammt eigentlich aus Mexiko, ist aber auch im Mittelmeerraum verbreitet. Beim Überlandfahren in Sardinien sieht man immer wieder stattliche Exemplare, die mehrere Meter hoch werden können. Die Früchte sind essbar.
Fuhrpark 1
Fuhrpark 2
Dieser kleine Wuschel lief uns in Urzulei hinterher. Sobald wir uns ihm zuwandten, legte er sich flach bäuchlings auf den Boden und zitterte am ganzen Körper – in Erwartung einer Streicheleinheit 😊.
Beim Camping muss man sich immer etwas einfallen lassen. Kippt der Sonnenschirm bei Wind? Kein Problem 😉
Einfach eine Institution: der Aperitif gegen 18.00 Uhr 😊
Die mediterrane Pinie, vom Seewind in Schieflage gebracht
Lichtspiel im Inneren eines großen Felsens am Capo Ferrato
Eigentlich geht’s in Sardinien immer zum „Mare“ – ein schöner Strand ist nie weit.
Kein Strand ohne fliegende Händler, die vom Bauchkettchen über Kinderspielzeug und Tücher bis zu Sonnenschirmen alles verkaufen, was am Strand schön und nützlich ist.

Wo Steine wie das Universum klingen – San Sperate

Der kleine Ort San Sperate liegt etwa 20 Kilometer nordwestlich von Cagliari, der im Süden gelegenen Hauptstadt Sardiniens.

Eigentlich fährt man eher an dem 8.500-Seelen-Ort vorbei. Wenn da nicht etwa 300 sogenannte Wandgemälde (Murales) wären. Sie wurden in den späten 1960-Jahren initiiert vom bekanntesten Sohn von San Sperate: Pinuccio Sciola (1942-2016).

Künstlerische Weltruhm erlangte der Bildhauer und Künstler des Muralismo durch seine „Klangsteine“, die in einem Freilichtmuseum ausgestellt sind, das sehr besuchenswert ist.

Man erhält nach dem Zutritt zum Museum ein paar Grundinformationen über Leben und Werk des Künstlers.

Der Eingangsbereich, wo auch verschiedene Videofilme gezeigt werden.

Im Kern geht es Sciola darum, die im Stein „gespeicherten“ Klänge des Universums hörbar zu machen. Das geschieht über unterschiedlichste Einkerbungen in die Basalt-, Kalk- und Granitsteine, die dann mit einem speziellen glatten Stein (oder auch der bloßen Hand oder einem Geigenbogen) zum Vibrieren gebracht werden. Die Klangfarbe ist u. a. abhängig vom jeweiligen Material, der Stärke und der Länge der gefrästen Steinlamellen bzw. -blöcke und der Witterung.

Bei der englischsprachigen Führung durch die Tochter des Künstlers, Maria Sciola, erhält man einen wirkstarken Eindruck, was diese Konzeptidee in der Praxis bedeutet. Die sphärischen Klänge, ein wenig an Walgesänge erinnernd, mal hell und zart, dann wieder dunkel und volumig, erzeugen eine gewisse Ehrfurcht – und gleichzeitig Neugier und Lust, selbst einmal Hand beziehungsweise Ohr (!) anzulegen. Das ist allerdings nur im Rahmen der Führung erlaubt.

Man darf sich aber ansonsten frei im Klanggarten („Giardino Sonoro“) bewegen und die Originalität der zum Teil massiven Steine bewundern.

In einer Ecke sieht es nach „work in progress“ aus, alles ein bisschen durcheinandergewürfelt …

PS: Pinuccio Sciolas Skulpturen sind auch in Deutschland zu sehen: So gibt zum Beispiel einen Sciola-Stein am Kirchheimer Kunstweg (Kirchheim unter Teck), den Steinvogel im Skulpturenpark des Lehmbruck-Museums (Duisburg) und die Tür aus Stein im Skulpturenpark Schloss Morsbroich (Leverkusen).

Südsardinien – Costa del Sud

Nach knapp vier Wochen sind wir in Südsardinien angekommen, genauer: auf einem netten Campingplatz an der Costa del Sud in der Nähe von Chia. Diese Gegend ist sozusagen der Glutofen von Sardinien. Markenzeichen: schneeweiße Strände, zum Teil ausgetrocknete Lagunenseen, bis zu 30 Meter hohe Dünen, abschnittsweise Felsküste, azurblaues Wasser.

Aber wir haben an diesem Septembertag moderate 25 Grad, ideal also für eine Strandwanderung mit Badestopp.

Wir packen unsere Rucksäcke und laufen direkt vom Campingplatz los – von hier sind es vielleicht 100 Meter, bis man am Wasser ist.

Gleich rechter Hand erhebt sich ein Hügel mit einem Wehrturm, dem Torre de Chia.

Den Turm können wir schließlich aus der Nähe betrachten, ihn aber nicht besteigen. Er ist gesperrt, weil hier derzeit Ausgrabungen stattfinden. Der 13 Meter hohe Turm wurde 1572 errichtet. Der Hügel, auf dem er steht, war Teil einer phönizischen Siedlung (8. Jahrhundert v. Chr.). Nach den Resten dieser Phönizier-Siedlung wird derzeit gegraben.

Der Blick von hier oben, auf die nächste Bucht mit Sandstrand (Spaggia Sa Colonia), ist fantastisch.

Von oben …
… und unten angekommen.

Und es kommen noch einige weitere Buchten mit Stränden, von denen einer genauso schön wie der andere ist, mal größer, mal kleiner. Besonders angenehm: Diese Strände sind unbebaut. Es gibt immer mal eine kleine Bar und ein paar Liegestühle, aber sonst nur Natur. Herrlich.

In den Sommermonaten ist hier richtig viel los, und an den Wochenenden kommen viele Besucher aus Sardiniens Hauptstadt Cagliari. Aber im September mitten in der Woche hat man seine Ruhe, wenn man will.

Allerdings: An einem Strandabschnitt ist richtig was los. Hier haben sich Mitarbeiter einer bekannten Handelskette eingefunden – Betriebsausflug! Eine nette Abwechslung für uns. Die Leute haben großen Spaß bei der Inszenierung von Ritterspielen, mit selbst gebastelten Schlachtrössern, Schwertern und Lanzen 😊.

Übrigens: Als wir wieder zurück auf dem Campingplatz waren, zeigte der Kilometerzähler zwölf Kilometer. Also schon ein ausgedehnter Strandspaziergang. Mit vereinzelten Klettereinlagen 😉.

Agriturismo – speisen wie bei Freunden zu Hause

Unter „Agriturismo“ versteht man landwirtschaftliche Betriebe, die im Nebenerwerb Zimmer vermieten, manchmal auch Stellplätze für Wohnmobile und -anhänger, mit guter und authentischer Küche, also hier echt sardischer Gastronomie. Das Ganze zu moderaten Preisen.

Wenn man durch Sardinien fährt, sieht man immer wieder entsprechende Hinweisschilder. In aller Regel befinden sich diese Betriebe im Binnenland, nicht in unmittelbarer Küstennähe. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Es ist durchaus ratsam, im Voraus einen Tisch zu reservieren, insbesondere wenn der Agriturismo-Hof einen guten Namen hat.

Ein Agriturismo ist kein Restaurant im klassischen Sinn. Der Kontakt zwischen dem Betreiber (im Normalfall eine Familie) und dem Gast ist bedeutend persönlicher. Vor allem: Es gibt keine Speisekarte mit unterschiedlichen Gerichten, sondern ein festes mehrgängiges Menü für alle Gäste. Das Ganze zu einem Festpreis, der auch eine Flasche Wein einschließt. Es ist ein bisschen so, als käme man zu einer großen Familienfeier oder bei Freunden zusammen.

Wir hatten das Thema recherchiert und dann schließlich einen Tisch bei einem Agriturismo unweit von unserem Campingplatz am Capo Ferrato reserviert. Unsere Wahl war das Sa Marighedda, und sie erwies sich als goldrichtig. Der Abend war für uns ein echtes Highlight.

Wir haben richtig gut und richtig viel gegessen. Und ein paar ausgezeichnete Tropfen gab es auch. Es ist doch immer wieder erstaunlich, was so ein menschlicher Magen über mehrere Stunden alles aufnehmen kann 😉. Hier die Übersicht:

Klassischer Vorspeisenteller
Selten ein so zartes Spanferkel gegessen
Süßspeisen wie von einem anderen Stern
Ein Schnäpschen darf auch nicht fehlen

Übrigens: Für das ganze Arrangement – in Spitzenqualität – zahlten wir pro Person 45 Euro (September 2025). Da gibt man gerne noch ein Trinkgeld …

Stippvisite Capo Carbonara

Das Capo Carbonara bildet die südöstliche Spitze von Sardinien. Es ist eine schmale, spitz zulaufende Halbinsel, der wiederum eine kleine Leuchtturminsel (Isola del Cavoli) vorgelagert ist.

Wir nutzen unseren ersten etwas verregneten Nachmittag im September 2025 – nach fast vier Wochen „Sonne pur“ – für eine kleine Erkundungstour zu Fuß.

Parkplätze gibt es genügend am Ende der Straße. Also Auto abstellen, Rucksack schultern und auf geht’s. Wir steuern zunächst einen imposanten leuchtend weißen Wachturm oben auf einem Hügel an. Er wurde im 16. Jahrhundert (1578) den Spaniern zum Schutz vor Piratenangriffen gebaut und ist etwa neun Meter hoch.

So sieht der Giunco-Turm rundum aus – es gibt keinen Eingan.

Von hier oben hat man einen herrlichen Blick auf die Umgebung, beispielsweise auf den Spiagggia di Porto Giunco.

Unsere Wanderung führt uns nach dem Abstieg vom Giunco-Hügel zuerst an einem verfallenen Gebäude vorbei, dann auf teilweise engen Pfaden mal unmittelbar an die Küste, dann wieder durch die Macchia.

Kurz vor unserem Ziel, der Kap-Spitze, von wo aus man übers Meer auf die Leuchtturminsel schauen kann, braut sich am Himmel wieder bedrohlich etwas zusammen. Und daher muss dieses Foto genügen – von der Spitze ist der Blick wohl auch nicht viel besser 😉.

Die Entscheidung, hier den Rückweg anzutreten, war richtig! Dann kaum waren wir am Auto angelegt, öffnete der Himmel wieder seine Schleusen.