Córdoba – die Stadt der drei Kulturen

Einen Superlativ gibt’s gleich vorweg: Córdoba ist die spanische Stadt mit den meisten UNESCO-Weltkulturerbe-Einträgen. Aber das bedeutet glücklicherweise nicht, dass die Stadt nur von und in ihrer Geschichte lebt. Wir haben unsere erste Erkundung noch am Tag, d.h. eigentlich am Abend, unserer Ankunft unternommen. Und zwar zu Fuß, weil wir auf einem der Stadtcampingplätze übernachtet haben. Von dort aus waren wir nach einem 3o-Minuten-Spaziergang mitten im Herzen des Geschehens. Auf dem Weg dorthin fühlten wir uns an Valencia erinnert, denn hier wie dort zieht sich ein langer Grünstreifen durch die Stadt, wo viele Leute unterwegs sind, spazieren, Sport treiben, das Grün und die frische Luft genießen.

Ähnlich wie Sevilla hat Córdoba zwei zentrale Sehenswürdigkeiten: eine Kathedrale, die mitten in eine Moschee hineingebaut ist (in Córdoba: Mezquita) und einen Alcázar, eine imposante Festungsanlage (in Córdoba: Alcázar de los Reyes Cristianos, Festung der Katholischen Könige). Wir haben beide besucht.

Sympathisch: Man kann die Mezquita kostenfrei besichtigen, wenn man Frühaufsteher ist. Denn von 8.30-9.30 Uhr darf man ohne Eintritt hinein. Schon die Außenanlagen der Mezquita (Innenhof und Glockenturm, vormals Minarett) sind beeindruckend. Das Innere der Mezquita ist dennoch eine ganz eigene Kategorie: Ein wunderbarer Stilmix aus maurischer und christlicher Architektur. Das charakteristische und sehr dominante Merkmal ist ein Wald aus Säulen (856 an der Zahl) und Rundbögen, die islamischen Ursprungs sind. Im Zentrum des Gebäudekomplexes erhebt sich die christliche Kathedrale. Man kann sich einer gewissen Ehrfurcht nicht erwehren, wenn man in diesen Räumen wandelt. Vom Glockenturm aus hat man einen tollen Rundblick auf die ganze Stadt.

Von der Mezquita/Kathedrale sind es nur ein paar Schritte zur römischen Brücke, der Puenta Romano, die über den Guadalquivir (weitere Parallele zu Sevilla, das ebenfalls am G. liegt) führt. Von der anderen Uferseite aus macht man dann diese schönen Postkartenfotos 😊.

Zweites Highlight ist der Alcázar de los Reyes Cristianos. Die Burg wurde im 14. Jahrhundert auf den Ruinen römischer und arabischer Bauten errichtet. Besondere Kennzeichen der Burg sind ihr zum Spazieren einladender Garten aus Terrassen, Fischteichen und Orangenbäumen und die römischen Mosaike, die in den 1950er Jahren an der Plaza de la Corredera ausgegraben und im Alcázar ausgestellt werden.

Zum Sichtreibenlassen eignet sich in besonderer Weise das historische Judenviertel, die Judería. Die (sephardischen) Juden gehörten zu den aktivsten und zahlreichsten Mitbürgern im moslemischen Córdoba.

Wir finden, dass Córdoba auf jeden Fall zu den Muss-Zielen in Andalusien gehört. Wahrscheinlich quillt die Stadt in den Sommermonaten schnell vor Touristen über – und dann schieben sich die Massen durch die engen Gassen der Altstadt -, aber zum Zeitpunkt unseres Besuches (17./18.10.2019) hat alles, inkl. Wetter, wunderbar gepasst. Wir hatten sogar ausreichend Muße, uns ein schönes Souvenir in einem Gebäudekomplex mit verschiedenen Kunsthandwerkern zu kaufen.

PS zur Überschrift: Alle drei Kulturen sind im Wortbeitrag genannt: islamisch, jüdisch, christlich. Und als Beigabe kommen natürlich noch die Römer dazu, wie meistens in Europa 😉.

Sevilla – Rundgang durchs historische Zentrum

Um es gleich vorwegzunehmen, die beiden bekanntesten Gebäude Sevillas, den Alcázar und die Kathedrale, haben wir uns nicht von innen angeschaut. Es waren dort schier endlose Menschenschlangen, an unseren beiden Besuchstagen konnte man auf normalem Wege nicht an Eintrittskarten kommen. Vorausbuchung, am besten online, ist also anzuraten! Die Tickets werden zum Teil wie Karten für Fußballspiele oder Musikkonzerte regelrecht versteigert. Die Agenturen haben immer ein bestimmtes Kartenkontingent zur Verfügung, und wenn dieses nicht ausgeschöpft ist, versuchen ihre Verkäufer, die restlichen Karten direkt vor Ort zu loszuschlagen. Natürlich nur als überteuerte geführte Touren.

Insbesondere die Kathedrale (die unter anderem die Gebeine von Christoph Kolumbus enthalten soll) ist bereits von außen sehr imposant. Nachdem die Christen Sevilla 1248 erobert hatten, nutzten sie die Moschee zunächst als Kirche. Nachdem diese allmählich verfallen war, bauten sie diese kolossale Kathedrale. Als Glockenturm nutzten sie das Minarett der Moschee. Dieser Glockenturm ist inzwischen ein zentrales Wahrzeichen von Sevilla: die Giralda. Der Ziegelturm ist 104 m hoch und kann bestiegen werden. So ist das nicht nur in der Religionsgeschichte: Die jeweiligen Sieger drücken der Welt ihren Stempel auf. Ein ähnliches Prinzip gilt für den Alcázar. Er wurde einst im neunten Jahrhundert von den Mauren errichtet und nach der Rückeroberung der Stadt von den Christen ab Mitte des 13. Jahrhunderts übernommen und mehrfach umgebaut. So lief es mit der Alhambra in Granada, der Mezquita in Córdoba usw.

Wir haben uns bei unserer Stadterkundung von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, Viertel zu Viertel, Gasse zu Gasse, Platz zu Platz treiben lassen. Natürlich waren auch einige Läden und Boutiquen dabei und echte Bodegas, wo wir diverse Tapas gekostet haben und nie enttäuscht wurden. Diese kleinen Häppchen sind eine tolle spanische „Institution“ und haben stets Lokalkolorit. Auf diesem Weg kann man für relativ wenig Geld ein leckeres Mittagessen zu sich nehmen, auch mit den Tagesmenüs haben wir gute Erfahrungen gemacht.

In Sevillas Altstadt kann man sich im doppelten Sinn verlieren. Zum einen mit Blick auf die Orientierung, zum anderen hinsichtlich des überbordenden Angebots an engen und engsten Gassen, an faszinierender Architektur, die mehrere Jahrhunderte und verschiedene Kulturen spiegelt. Mal schaut man staunend in einen Innenhof, der an Tausendundeinenacht erinnert (die marokkanischen Riads lassen grüßen!), dann wieder steht man vor einer kleiner Bodega mit allerlei exotischen Speisen. Man kann schier nicht glauben, dass sich mancherorts Autos durchzwängen können. Bis dann doch ein Handwerker seinen Transporter mit meist vorsorglich eingeklappten Seitenspiegeln um die Ecke lenkt und dabei links und rechts die Reifen am Bordstein oder direkt an der Wand zum Quietschen bringt. Man kommt aus dem Staunen und Bewundern kaum raus. Wie schön.

Sevilla ist auch wirtschaftlich durchaus eine Größe. Das ist uns bereits bei der Fahrt vom Campingplatz ins Zentrum aufgefallen. Die Stadt liegt weit von der Küste entfernt, hat aber durch den Guadalquivir einen direkten Zugang zum Meer. Der Hafen sieht aus der Ferne wie ein Seehafen aus. Sevilla war 1992 Expo-Stadt, in diesem Zusammenhang wurden nicht nur sechs neue Brücken erstellt. Auch die Autobahn nach Madrid wurde gebaut, Flughafen und Bahnhof erweitert. Von diesen Infrastrukturmaßnahmen profitiert Sevilla heute noch. Als Fußgänger muss man auf der Hut sein, denn leicht gerät man auf die Radspur und ist damit unmittelbar auf Kollisionskurs mit den Radlern oder den Elektroscootern. Bei den Pferdekutschen (bestimmt mehr als in Wien!) hört man ja wenigstens das Hufgetrappel und kann rechtzeitig Platz machen.

Sevilla – Metropol Parasol

Paris hat sein Centre Pompidou und Sevilla sein Metropol Parasol. Natürlich hinkt der Vergleich, wie meistens, aber irgendwie ist auch was dran. Da hat eine Stadt außergewöhnlichen Mut zur Form bewiesen und die Besucher geben ihr recht. Der Künstler und Architekt Jürgen Mayer Hermann gewann mit einer kühnen Idee eine Ausschreibung der Stadt Sevilla und baute das wahrscheinlich größte Holzgebilde der Welt, mitten in einem traditionellen Viertel auf dem Gelände eines vormals hässlichen Parkplatzes. Es wird im Volksmund gerne als „fliegende Waffel“ bezeichnet. Der etwas surreale Panaromaweg erlaubt grandiose Aussichten auf die Stadt. Das Gebilde beherbergt einen Markt sowie, im Untergeschoss, beim Bau zutage getretene Reste einer römischen Siedlung. Da sag noch einer, die Deutschen wären technikverliebte Langweiler. Gut gemacht, Herr Mayer Hermann!

Sevilla – Plaza de España

Der Plaza de España liegt mitten im Parque de María Luisa und ist einfach nur atemberaubend schön. Es ist eine gewaltige halbkreisförmige Ziegel- und Kachelkonstruktion, die 1928 (neben weiteren Gebäuden) für die Exposición Iberiamericana errichtet wurde. Eine Filmkulisse erster Güte, mit großer Liebe zum Detail erstellt. Jede der 50 Provinzen Spaniens ist mit Kachelbildern und -bänken aus der jeweiligen Geschichte dargestellt. Hier tummeln sich die Touristen, um sich in ihrer Lieblingspose ablichten zu lassen. Das war natürlich auch für uns eine große Versuchung 😉.

Die Herren dürfen ihre Herzensdame selbstverständlich auch gerne mal zum Ausflug im Ruderboot bitten.

Wir hatten das Glück, einer hervorragenden Flamenco-Darbietung beiwohnen zu dürfen.

Sevilla – Ambiente, Glanz und Bürde

Wir haben uns zwei Tage lang in Sevilla die Füße platt gelaufen und sind immer noch etwas atemlos – immer wieder „schau mal hier“ und „hast du das schon gesehen“. Nur gut, dass wir das zu zweit erleben. Wir sind noch ganz besoffen von der überbordenden Schönheit vieler Bauwerke, den engen Gassen, den tollen Bodegas mit ihren Tapas- Verlockungen, den wunderbar schattigen Grünanlagen, den Geschäften, Innenhöfen wie marokkanische Riads … Und wenn man die philosophische Fakultät der Universität besucht, beginnt man zu glauben, dass hier sogar Fabriken schön sind. Denn was heute Teil der Universität ist, war früher einmal eine Tabakfabrik, die halb Südeuropa mit Rauchwaren versorgt hat.

Wie sollen wir nun diese vielfältigen Eindrücke in ein paar Sätze kleiden und mit einer kleinen Auswahl an Fotos illustrieren, wenn wir nach zwei Tagen bereits 200 Sevilla-Fotos auf dem Datenträger haben? Zumal auch der geneigte Leser zum Lesen und Bilderscrollen nicht einmal eine Minute Zeit aufbringt?

Vielleicht fangen wir einfach mal ganz klassisch an:

Sevilla ist die Hauptstadt der autonomen Region Andalusien, viertgrößte Stadt Spaniens und hat heute etwa 700.000 Einwohner. Die Altstadt Sevillas ist die größte Spaniens und neben Venedig und Genua eine der größten Europas. Der außergewöhnliche Reichtum dieser Stadt ist über Jahrhunderte gewachsen. Hier waren schon die Römer; hier gab es einen intensiven maurischen Einfluss, der sich vor allem auch in der Architektur manifestiert. Sevilla ist eng mit dem Katholizismus und den Namen Magellan und Columbus verbunden. Die Entdeckung Amerikas machte Sevilla zu einer der bedeutendsten Metropolen seiner Zeit. Durch das Handelsmonopol mit der Neuen Welt war Sevilla mehr als zwei Jahrhunderte hindurch Operationsbasis für die überseeischen Unternehmungen im Atlantik und im Pazifik. Was hier so freundlich mit „Unternehmungen“ bezeichnet ist, kann (und sollte) man auch als „Beutezüge“ betrachten. Denn der Reichtum und der Glanz von Sevilla beruhen zu einem Großteil auf der brutalen Ausbeutung Lateinamerikas und der Unterjochung der indigenen Völker dieser Region. Dabei gingen die weltlichen und die kirchlichen Herren der Welt in aller Regel eine unheilige Allianz ein. Das macht nicht alles schlecht, was heute ist. Aber es gehört zur Entwicklungsgeschichte und historischen Wahrheit dieser Stadt wie das Salz ins Meer.

Sinnbild für diesen Sachverhalt ist der Torre del Oro, der Turm des Goldes. Er stammt aus der Zeit der Mauren und wurde in den Zeiten des expansiven Kolonialismus von der sog. „Silberflotte“ der spanischen Krone als Lagerstätte für Edelmetalle genutzt. Die Edelmetalle kamen dann in die Casa de la Moneda (16.-18. Jh.), wo z.B. lt. Augenzeugen „eine so große Masse an Gold“ geprägt wurde, „dass man sie sich kaum vorstellen konnte“. Von dem damit verbundenen Leid der Menschen machen wir uns erst recht keine Vorstellungen.

Bevor wir uns also mit den vielen Facetten der Schönheit dieser Stadt beschäftigen, wollen wir dieses Symbol der Ausbeutung nicht nur Lateinamerikas auf uns wirken lassen.

Faro – im Schatten der schönen Schwestern

Wir fahren mit der Erwartung nach Faro, dass uns die Stadt – so wie Lagos, Tavira und andere Algarveorte, die wir uns angeschaut haben, ihren eigenen Charme offenbart. Immerhin ist Faro die Hauptstadt der Region mit weitreichender Geschichte. Römer, Mauren, Portugiesen und Briten, alle haben ihren Stempel hinterlassen. Aber wie das so ist mit den Erwartungen im Leben. Schon auf dem Weg vom Parkplatz Richtung Innenstadt stellt sich der Eindruck des Schmuddeligen ein. Hier fehlen Steine im Pflaster, dort liegt Hundedreck, halb verfallene Häuser direkt neben ganz passablen Geschäften, Gerüche, über deren Ursprung wir gar nicht nachdenken wollen. Vieles wirkt „halbfertig“ – so als hätte man mitten im Aufbereiten der alten Schätze die Lust verloren (oder sind die Mittel ausgegangen bzw. ausgeblieben?). Besonders empfinden wir dies beim Bummel durch die historische Altstadt, eine Befestigungsanlage, die in ihren Anfängen immerhin auf das 9. Jahrhundert und die Mauren zurückgeht. Die die Altstadt komplett umschließenden Mauern sind insbesondere in einem meerseitigen Abschnitt mit Grafitischmierereien verunstaltet. Teile der Mauer liegen einfach so herum. Ein Baden-Württemberg-Aufkleber in diesem Umfeld kommt uns gerade recht! Die engen Gassen und das Zentrum dieser Anlage, der weitläufige Platz mit Kathedrale, Bischofspalast, Rathaus und Priesterseminar sind unbedingt sehenswert. Und eben darum wirken die Ruinen in der direkten Nachbarschaft wie Schläge in die Magengrube. Es sind noch viele Anstrengungen nötig, um den Verfall aufzuhalten.

Ein Kleinod ist das hafenseitige Eingangstor, der Arco de Vila, ein Nationaldenkmal. Auf seinen Türmen kann man mehrere Storchennester ausmachen – und das nicht nur dort, denn die Störche scheinen Faro insgesamt zu schätzen. Ihre Nester lassen sich auch andernorts in der Stadt ausmachen. 15 Storchenpaare sollen es sein, die sich hier heimisch fühlen.

Vielleicht hat Faro den Charakter eines Durchgangsortes nicht abschütteln können. Solche Orte müssen bekanntlich funktionieren, aber nicht unbedingt schön sein. Im Abstand von wenigen Minuten dröhnen die Flugzeuge im Landeanflug über die Stadt, um immer wieder Hunderte von sonnenhungrigen Algarvetouristen auszuladen, die dann wieder möglichst rasch auf die Küstenregion verteilt zu werden. Auch Faro verfügt über einen Strand, aber der liegt 8 Kilometer vom Zentrum entfernt.

Tavira – historische Stadt mit viel Atmosphäre

Wir sind mit dem MTB von Fuseta nach Tavira gefahren und freuen uns darüber, dass wir auf den 14 Kilometern fast ausschließlich Nebenstrecken für unsere Tour nutzen können. Dabei greifen wir auf unsere Wikiloc-App zurück, was aber wegen der guten Beschilderung gar nicht nötig gewesen wäre.

Das Städtchen fängt uns unmittelbar mit seinem Charme ein. Im Zentrum führt eine Brücke mit sieben Bögen über den Fluss. Vom großen Marktplatz kommend zieht einen diese Brücke, deren Fundamente aus der Römerzeit stammen, magisch an. Sie verbindet zwei Stadtteile miteinander und ist für den Autoverkehr gesperrt. Man kann also ganz in Ruhe die Häuser und Restaurants fotografieren, die in der Nähe der Brücke quasi im Wasser stehen.

Einen herrlichen Blick auf die Stadt hat man von der alten Burgruine, deren Mauern man an verschiedenen Stellen erklimmen kann. Im Innern der Ruine ist ein hübscher Garten angelegt. Natürlich hat Tavira auch mehrere schöne Kirchen (Igrejas) zu bieten, die wir uns bei dem schönen Wetter nur von außen anschauen. Wichtiges Bauprinzip der christlichen Kirchen: am besten direkt auf der Moschee errichten, damit möglichst wenig an die andere Religion erinnert.

Tavira war bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts ein wichtiges Zentrum für den Thunfischfang. Damit war es dann vorbei, als die großen Thunfischschwärme ihre Routen änderten. Warum dies der Fall war, ist unter den Fachleuten nicht ganz geklärt. Ein Erklärungsansatz ist, dass das Wasser für die Thunfische zu trübe geworden ist und sie daher in tiefere Wasserschichten abwanderten.

Der durch den Fischfang und die Salzgewinnung entstandene Wohlstand klingt auf jeden Fall in Tavira auch heute noch nach. Die zum Teil verwinkelten Gassen mit ihren niedrigen Häusern sind gut in Schuss, das Zentrum insgesamt wirkt sehr gepflegt. Und die EU hat hier im Rahmen der touristischen Regionalförderung sicherlich nicht nur ein Scherflein beigetragen. Die vielen Hinweisschilder bei den Bauwerken belegen das. Win-win für die Portugiesen und die europäischen Nachbarn, die sich gleichermaßen an den gemeinsam finanzierten Bauwerken und der touristischen Infrastruktur erfreuen.

Kulinarisch bleibt uns Tavira mit einem ausgezeichneten Gemüseeintopf bei leider unterirdischem Service und einem tiefschwarzen Schokoladeneis der Extraklasse in Erinnerung 😋.

Fuseta – Fischerei und Salzgewinnung mit hohem Sympathiefaktor

Fuseta, frühere Schreibweise Fuzeta, macht vor, dass der Tourismus nicht zwangsläufig den Charakter verdirbt. Schon ein kleiner Spaziergang durch den Ort verdeutlicht, dass die Menschen hier ihr Leben weiterleben, auch wenn Gäste da sind. Es gibt noch viele kleine Geschäfte, deren Sortimente auf die hier wohnenden Menschen abgestimmt sind. Am zentralen Marktplatz sitzen die Frauen bei einem Kaffee zusammen und unterhalten sich angeregt. Die alten Männer beobachten das Geschehen von Sitzbänken aus, wechseln hin und wieder ein Wort miteinander. Natürlich sind auch Touristen unterwegs, aber sie dominieren nicht das Bild.

Direkt am Hafen steht eine zweigeteilte Markthalle: Auf der einen Seite wird Fisch angeboten, auf der anderen hauptsächlich Gemüse. Und gleich daneben rauchen die Grills, wo der Fisch seiner uralten Bestimmung zugeführt wird, sehr zu Evas Verzücken. Nach dem ersten kleinen Rundgang kündigt sie an, dass die kommenden Tage nur noch Fisch auf den Teller kommt, entweder im Restaurant oder in der eigenen Küche auf dem Campingplatz. Nach 29 Ehejahren weiß ich schon lange, wann Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat. Also Fisch als Hauptgericht, bei den Beilagen kann ich mich vielleicht einbringen 😉.

Apropos Campingplatz: Der liegt wirklich optimal, denn man kann von ihm aus zu Fuß in nur wenigen Minuten mitten im Ort oder am Sandstrand sein. Wer’s etwas einsamer haben möchte, fährt mit der Fähre oder einem Wassertaxi auf eine der vorgelagerten Sandinseln.

Nach wie vor sind – außer dem Tourismus – Fischfang, Muschelzucht und Salzgewinnung wichtige Einnahmequellen von Fuseta. Man kann den Fischern dabei zusehen, wie sie ihre Boote und ihr Gerät für die nächste Ausfahrt präparieren. Oder Ton- oder Kunststoffkrüge reinigen, mit denen sie auf traditionelle Art Tintenfische fangen. Ein kleiner Ausflug (wir haben das mit dem Rad erledigt) zu den Salzwiesen lohnt sich allemal. Die sind frei zugänglich, und es ist gleichermaßen spannend wie lehrreich, sich zwischen den Salzfeldern in unterschiedlichen Reifezuständen hin- und herzubewegen. Das Salz, das „weiße Gold“ längst vergangener Tage, wird am Ende des Gewinnungsprozesses mit Schaufelbaggern auf LKW verladen und zur Raffinade abtransportiert. Heute gibt es nur noch sprachliche Reminiszenzen an den früheren Wert des Salzes: „Salär“ = Gehalt, Bezahlung. Auch ist bekannt, dass die römischen Legionäre ihren Sold (!) teilweise in Form von Salz statt klingender Münze ausbezahlt bekamen.

Für uns ist es übrigens ein echtes Highlight, dass es einen gut beschilderten Radweg von Fuseta zum benachbarten Tavira gibt, der mitten durch die Salzgärten und Felder führt. Hier ist auf jeden Fall das Mountainbike das Transportmittel der Wahl!

Auch nach dem Tode alles andere als gleich – der Friedhof von Fuseta

Mit Beerdigungsriten und dem Umgang mit den Toten ist das so eine Sache – in den verschiedenen Kulturen geht man unterschiedlich mit dem Thema um. Bei einem Streifzug durch Fuseta, einem kleinen Fischerort an der Ostalgarve, stoßen wir auf eine hübsche Kirche und wir können der Versuchung nicht widerstehen, auch den Friedhof zu besuchen. Wir sind die einzigen Besucher, daher wird niemand etwas dagegen haben, dass wir ein paar Fotos machen. Gleich fällt auf, dass vielleicht im Moment des Todes, aber sicherlich nicht nach dem Ableben alle gleich sind. Für manche reicht es nur zu einem Urnengrab in einem Schubfach. Für andere muss es schon ein Mausoleum sein. Zwischen diesen beiden Extremen ist vieles denk- und umsetzbar. Ganz wie im Leben: Es kommt darauf an, wie viel man investieren kann und will.

Etwas gruselig sind die Mausoleen für unseren Geschmack schon: Sie sehen aus wie kleine Häuser und wenn man durch die verglaste, häufig auch mit Gardinen behängte Eingangstür schaut, entdeckt man in Regalen Särge, die mit Häkeldeckchen bedeckt sind, Bilder der Toten und künstliche Blumensträuße enthalten die Mausoleen in der Regel ebenfalls. Unwillkürlich zieht man die Luft durch die Nase ein, Geruchsprobe. Ohne Befund. Das liegt daran, dass diese Särge innen mit einem speziellen Bleimantel ausgestattet sind.

Die meisten Gräber sind mit ovalen Fotoplättchen versehen, mit den Bildern der Verblichenen. Hier und dort sind kleine Figürchen aufgestellt. Der Blumenschmuck ist in aller Regel aus Plastik, richtiges Grünzeug würde ja binnen Stunden verwelken. Viele Gräber sind mit Marmorplatten bedeckt, einige auch mit der kostengünstigeren gefliesten Variante. Vom ganzen Friedhof geht eine große Kühle und Ruhe aus. Während wir im Norden eher darauf Wert legen, dass unsere Toten es schön grün haben, scheint es für die Portugiesen wichtiger zu sein, dass es angenehm kühl ist. Das ist ja durchaus nachvollziehbar bei den hohen Temperaturen hierzulande …

Wir denken darüber nach, wie wir es denn gerne nach unserem Ableben hätten. Die finale Lösung fällt uns nicht gleich ein, aber wir sind uns einig, das es definitiv kein Mausoleum portugiesischer Art sein sollte.

Alvor und Praia três Irmãos

Alvor ist ein kleiner Ort in der Nähe von Portimão, früher einmal ein Fischerörtchen. Auch heute wird noch gefischt, aber die Haupteinnahmequelle ist hier schon lange der Tourismus, vor allem aus GB. Nettes Kirchlein, hübscher Hafen, Essen und Trinken in allen Schattierungen.

Über einen insgesamt 3 Kilometer langen Holzsteg kommt man zum Strand, der sich ebenfalls über Kilometer hinzieht. Und dann kommt der Hammer: hohe Felsformationen mit Grotten, die wiederum zu kleinen Stränden führen – je nach Tide unterschiedlich erreichbar. Hier lassen wir einfach mal die Bilder sprechen 😊.