Holmsland Klit und Ringkøbing Fjord – viel Wasser und wenig Land

Wir haben zwei Nächte auf einem Campingplatz auf Holmsland Klit verbracht. Wir stehen fast direkt an der Düne. Das ist auch gut so, denn es ist ein kräftiger Wind aufgekommen, der immer wieder böig über den Platz pfeift, manchmal bringt er Regen mit. Wir wachen nachts hin und wieder auf, weil der Wohnwagen wankt, als ob jemand daran rütteln würde. Im Zelt wär‘s sicherlich nicht ganz so gemütlich …

Abendlicher Blick von unserem Campingplatz Richtung Nordsee

Jenseits der Düne, auf der Nordseeseite, geht’s ziemlich rau zu. Und nur zwei bis 3 km Richtung Osten ist auch wieder Wasser so weit das Auge reicht. Das ist der Ringkøbing Fjord. 300 Quadratkilometer Wasser und nur durchschnittlich 1,5 m tief. Surfers’ Paradise, na klar. Surfer, die ihren Sport noch nicht so gut beherrschen, surfen einfach mit dem Wind los und laufen dann durchs Wasser zurück 🤔

Merke: Derartige Fjorde gibt’s in Dänemark öfter mal. Ein Fjord muss nämlich nicht von spektakulären Felswänden umgeben sein (wie in Norwegen). Er ist lediglich als „langer, tief und Landesinnere gehender Meeresarm“ definiert.

Auf halber Höhe auf der Dünenhalbinsel liegt Hvide Sande, eine kleine Stadt mit Schleuse und Ziehbrücke, die zu den wichtigsten Fischereihäfen an der dänischen Nordseeküste gehört. Hier gibt’s sonntags sogar Fischauktionen, bei denen die Touristen mitbieten dürfen. Ansonsten ist natürlich vieles auf Tourismus ausgerichtet. Vor allem das Geschäft mit Ferienhäusern scheint eine wesentliche Umsatzquelle zu sein. Sie sind in der Regel an die Landschaft angepasst, flach gebaut, oft sieht man nur die Dächer. Zum großen Teil von Deutschen bewohnt, wie man an den Autokennzeichen sieht 😊 Überhaupt: Wenn man jemanden hier anspricht, zum Beispiel auf Englisch, stellt man schnell fest, dass es Landsleute sind.

Wir haben eine Radtour gemacht, die über Hvide Sande bis nach Ringkøbing führte. Eine tolle Strecke, ausschließlich über Radwege. Was die Hinfahrt sehr erleichterte, erwies sich sich auf der Rückfahrt als etwas widerborstig: der Wind. Es gilt die Ostfriesenregel: Bei Wind nicht ducken, sondern möglichst aufrecht weiterfahren. Nur so ist der Wind nachhaltig charakterbildend.

Skulptur vor einer Eisdiele in Ringkøbing:
Struggle for the survival of the fattest.

Ribe – Perle im Südwesten Dänemarks

Unweit von Rømø, auf halbem Weg zwischen Skærbæk und Esbjerg, liegt der kleine Ort Ribe (ca. 8000 Einwohner). Ribe gilt als älteste Stadt Dänemarks. Die Wikinger nutzten die geschützte Binnenlandlage und trieben um 800 herum bereits Handel mit den Niederlanden und dem Rheinland, der sich in den folgenden zwei Jahrhunderten auf ganz Europa und sogar bis in die arabische Welt ausdehnte. Der wirtschaftliche Niedergang begann mit der Auflösung der Klöster im Rahmen der Reformation in den 1530er-Jahren; 1580 zerstörte ein Feuer mehr als ein Drittel der Stadt; die Schweden-Kriege im 17. Jahrhundert setzten der Stadt sehr zu; zudem versandete der Hafen mit der Zeit immer mehr, sodass größere Handelsschiffe nicht mehr anlegen konnten. Ribe verarmte so sehr, dass die alten Häuser nicht mehr abgerissen und durch neue ersetzt werden konnten. Und genau dies hat sich aus heutiger Sicht als großes Glück erwiesen. Es ist viel von der alten Substanz erhalten geblieben und auch restauriert worden. Inzwischen steht die gesamte Altstadt von Ribe unter Denkmalschutz.

Bei unserem Rundgang sind wir im Wesentlichen den Vorschlägen des Touristenbüros gefolgt – was sich auf jeden Fall bewährt hat. Wir haben die Stadt als echtes Kleinod erlebt und hatten sogar das Glück, einer dänischen Tradition bei Abiturfeiern beiwohnen zu können: Junge Leute zogen laut singend mit Pferdekutschen durch die Stadt und umkreisten u.a. mehrfach den Dom. Dabei müssen die Jahrgangsbesten „zur Strafe“ hinter dem Wagen her laufen. Natürlich wird bei dem ausgelassenen Treiben reichlich getrunken.

Ohne Wikinger geht‘s nicht

Na klar, wenn man schon in Dänemark ist, MUSS man sich auch für die Wikinger interessieren. Unserer Generation ja bestens bekannt von den Hägar-Cartoons. Der Schreckliche ist zwar der Clan-Chef, aber leider nicht die hellste Kerze auf der Torte. Weshalb ihn seine Frau immer wieder zurechtweisen muss. Für die Jüngeren im Leserkreis ist vielleicht „Wickie (und die starken Männer)“ ein Begriff. Der pfiffige Dreikäsehoch aus der Zeichentrickserie findet auch aus dem größten Schlamassel einen Ausweg und stellt stets unter Beweis, dass Köpfchen im Zweifel mehr zählt als Muskelmasse. Und aktuell so richtig Schub hat das Thema natürlich durch den Erfolg der Netflix-Serie „Vikings“ bekommen. Eva war davon weniger begeistert als ich. Ist eben ein richtiger Jungsfilm, mit viel Kloppen und so. Aber wir haben gelernt, dass auch die Frauen bei den Wikingern gekämpft haben. Deshalb war‘s auch okay, dass Eva sich probeweise bei unserem Besuch des „Ribe Vikinge Centers“ in eine entsprechende Kampfmontur gestülpt hat. Steht ihr durchaus, obwohl sie meint, dass der Helm mit dem Nackenschutz ob des Gewichts auf Dauer wahrscheinlich zum Kopfschmerz-Trigger entwickeln könnte. Also eher unwahrscheinlich, dass Schwert, Helm und Schild fester Bestandteil der Damengarderobe werden? Die Kriminologen behaupten ja sowieso, dass Frauen viel lieber zu Gift als zum Schwert greifen würden …

Kommen wir zum ernsthaften Teil der Veranstaltung: Wir waren begeistert von den vielfältigen Möglichkeiten dieses Freilichtmuseums, den Besuchern den Wikinger-Alltag näherzubringen: Wohnen, Tierhaltung und Ernährung, Handwerk, Religion, Unterhaltung und Folklore, vieles zum Anfassen und Ausprobieren. Nette Überraschung am Rande: Die Wikinger, die alles so kenntnisreich in bestem Deutsch erklären und demonstrieren konnten, kamen aus Wanne-Eickel. Man kann sich offenbar auch als ausländische Gruppe für einen solchen Aufenthalt bewerben. Man wohnt und lebt dann – mit Kind und Kegel – in der Anlage und macht alles genauso wie seinerzeit die Wikinger. Glücklicherweise fließt bei den Schaukämpfen kein echtes Blut 😊 Tolle Idee!

Rømøerkundung mit dem Rad

Fußkranke können ja glücklicherweise noch Rad fahren und Dänemark ist bekanntermaßen ein Radlerparadies, ähnlich wie die Niederlande. Damit hören die Ähnlichkeiten zwischen unseren Nachbarn nicht auf: relativ kleines Land am Meer, liberaler Grundzug in der Gesellschaft, Monarchie … da würde einem schon noch mehr einfallen. Aber dass die holländische Seefahrt unmittelbare Spuren in Dänemark hinterlassen hat, überrascht uns schon. Der Reihe nach:

Wir wollen den südlichen Teil unserer Insel erkunden (Ziel Havneby) und kommen auf halbem Wege an der Kirche von Rømø vorbei. Sie ist strahlend weiß und lädt zu einer Erkundung ein. An der Innenseite der nördlichen Friedhofsmauer entdecken wir eine Reihe senkrecht stehender Grabsteine mit Inschriften und Seefahrtdarstellungen. Es handelt sich um sog. „Kommandørstene“. Das Wort „Kommandør“ kommt aus dem Holländischen und bedeutet „Kapitän“. Der Hintergrund ist der Walfang. Im 18. Jahrhundert fuhren viele dänische Seeleute auf holländischen Schiffen nach Grönland, um den damals so begehrten Säuger zu erlegen. In Juvre, einem kleinen Ort im nördlichen Teil von Rømø, gibt es sogar einen Gartenzaun aus Walknochen. Er wurde 1772 errichtet, und man hat die Knochen von Walen verwendet, weil sie leichter zu bekommen waren als Holz oder Steine!

Gartenzaun aus den Kieferknochen von Grönlandwalsen

Auf der Tour nach Havneby halten wir immer mal an, weil es besonders schöne Häuser (oder andere Behausungen) gibt. Havneby selbst ist äußerlich wenig attraktiv. Es steht im Lichte der modernen Fischerei und des Fährbetriebs. Von hier kann man z.B. mit der Fähre auf die Nachbarinsel Sylt übersetzen. auch ein paar einladende Fischgeschäfte bzw. -restaurants findet man.

ABER: Manche Orte entwickeln ihren besonderen Charme erst, wenn man ihnen den Rücken kehrt. Westlich erstreckt sich ein riesiger Strand, der als Eldorado der Strandsegler und Kitebuggyfahrer gilt. Man gewinnt den Eindruck, dass jedes Gefährt ein Original ist. Die kleinen bunten Renner sausen in beachtlichem Tempo über den harten Sand, überall wird gefachsimpelt. Es geht zu wie beim Pferderennen …

Mutter Natur am Strand von Rømø

Dass Rømø mehr als Blasen an den Füßen zu bieten hat, ist doch wohl klar 🙂 Bei Ebbe liegt bei Lakolk (wo unser Campingplatz ist) etwa 1 Kilometer zwischen den Dünen und dem Wasser. Und dieser Strand erstreckt sich von der Nordspitze der Insel über ca. 18 Kilometer bis zur Südspitze. Viel Platz also, sogar zum Autofahren, aber auch vor allem zum Laufen.
Wenn man sich auf diese Weite einlässt, entdeckt man viele kleine Kunstwerke, die Wind und Wellen mit Sand, Muscheln und Strandgut in origineller Form erschaffen haben. Nichts Spektakuläres, eher im Unauffälligen schön.
Wir haben für euch ein paar dieser Kunstwerke für euch zusammengestellt. Vielleicht sind sie die eine oder Blase wert?

Die Kehrseite von langen Strandspaziergängen

Der heutige Tage stand – bei weiterhin bestem Wetter – im Zeichen eines laaaangen Strandspaziergangs auf Rømø. Leider konnten wir nicht ganz bis zur Südspitze der Insel vordringen, weil uns ein tiefer Priel den Weg versperrte. Das Ganze selbstverständlich barfuß, auch wenn viele Strandabschnitte mit Muscheln durchsetzt sind. Gegen Ende der Tour wurde Evas Gang etwas „unrund“. Wie sie später feststellte, hatte das auch einen handfesten Grund: An beiden großen Zehen hatten sich schmerzhafte Blasen gebildet, die ich auf dem Campingplatz fachgerecht versorgen konnte. Wieder einmal zahlte sich die solide Bundeswehrausbildung zum Sanitäter aus 😊 .

Auf in den Norden – Dänemark lässt uns rein

Endlich sind wir wieder unterwegs, der Reisewinterschlaf ist beendet. Nach einem Zwischenstopp bei unserem Freund Christian aus Studienzeiten (Fahrradtouren an der Weser haben auch ihren Reiz!) sind wir seit heute (23.6.20) in Dänemark. Wir hatten uns schon letztes Jahr für eine Skandinavienrundfahrt entschieden, eine gute Wahl in Corona-Zeiten. Der Grenzübergang war für europäische Verhältnisse etwas ungewöhnlich. Es wurden nämlich nicht nur die Ausweise kontrolliert, sondern auch die Dokumente, die einen mindestens sechstägigen Aufenthalt außerhalb von Kopenhagen belegen sollten. Darauf waren wir selbstverständlich vorbereitet, also freie Fahrt! Unser erstes Ziel ist Rømø, eine Insel an der Westküste (also der Nordseeseite), nicht weit von der deutsch-dänischen Grenze entfernt. Die letzten Kilometer geht’s über eine Dammstraße quasi „durchs Meer“. Eine schöne Anfahrt, die uns beide spontan an die Fahrt nach Key West/Florida erinnert. Zugegeben ein etwas herbeibemühter Vergleich. Wir richten uns bei bestem Sommerwetter auf unserem gebuchten Dünenplatz ein, machen danach noch einen Spaziergang zum Meer. Ein Muss, wenn man Nordseewasser im Blut hat 😊 Ja, das fühlt sich alles sehr gut an, ein gelungener Auftakt für eine hoffentlich lange Reise durch den Norden Europas. Außer Dänemark stehen nämlich auch Schweden und Norwegen auf der Agenda. Aber wir wissen derzeit noch nicht, ob das auch klappen wird, denn alles hängt von der Corona-Entwicklung ab.

Tarragona – raus aus dem Schatten von Barcelona!

Tarragona steht ein wenig im Schatten von Barcelona. Alles strebt in die Hauptstadt Kataloniens, da bleiben die Perlen im näheren Umfeld links liegen. Dabei ist das ca. 100 km entfernt liegende Tarragona (132.000 Einwohner) definitiv ein Kleinod. Wir hatten an diesem sonnigen Samstag im Oktober wenig Lust auf trubelige Großstadt und Anstehen bei Sehenswürdigkeiten und haben unsere Entscheidung nicht bereut. Tarragona schien uns geradezu leer. Wir sind in der Altstadt durch diverse Gassen geschlendert, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Der alte Stadtkern wird wesentlich durch zwei Bauelemente bestimmt: Da ist zum einen die Kathedrale, ein zentraler Anziehungspunkt für die Bewohner und die Touristen gleichermaßen, die größte in Katalonien. Hm, Katalonien. Und wie verhält es sich mit dem Gesamtspanienvergleich? Überall wehen hier die Katalonienfahnen, bei erklärenden Texten ist stets Katalanisch die Nummer eins, gefolgt von Spanisch, manchmal auch Englisch dazu. Auf vielen Balkonen sind Banner angebracht: „Freiheit für die politischen Gefangenen“ heißt es darauf kämpferisch. Wir können mit diesem überzogenen Lokalpatriotismus wenig anfangen, zumal Katalonien wie auch das Baskenland bereits weitgehend unabhängig agieren können, wenn sie die Zugehörigkeit zum Staat Spanien nicht grundsätzlich in Frage stellen. Und wäre es – der Brexit lässt grüßen – gut für Europa, wenn sich hier und dort noch kleine eigenständige Staaten bilden (die dann doch wieder am EU-Finanzierungstopf hängen)? Wir haben massive Zweifel, dass diese Kleinstaaterei die EU voranbringen könnte.

Gerne haben wir 5 Euro Eintritt in die Kathedrale investiert, um uns dieses Zeugnis des christlichen Glaubens, das über mehrere Jahrhunderte entstanden ist, von innen anzuschauen. Das Bauwerk deckt von der Romanik bis zur Gotik mehrere Stilrichtungen ab. Besonders beeindruckt hat uns der wunderschöne Kreuzgang. Die Kathedrale wurde zum Teil auf römischen Fundamenten erstellt. Womit wir beim zweiten wichtigen Architekturelement Tarragonas wären. Hier stolpert man geradezu über die Hinterlassenschaften der Römer. Man trifft nicht nur überall auf Mauerreste, Säulen, Türme und Portale. Die Stadt bietet überdies ein sehr gut erhaltenes, großes Amphitheater mit Blick aufs Meer.

Ein weiteres Highlight aus der römischen Vergangenheit ist die Stadtmauer (von ursprünglich 3,5 km stehen noch 1,1 km), die ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. in zwei Phasen gebaut wurde. Ihr vorgelagert sind Wälle, Bastionen und Festungsanlagen aus dem 16.-18. Jahrhundert. Das römische Tarragona hatte übrigens mehr Einwohner als das mittelalterliche.

Tarragonas Altstadt ist kein herausgeputztes Vorzeigeviertel. Hier wohnen Leute. Und es sieht ganz so aus, als ob die Mieten noch erschwinglich wären, auch für die Wenigerbetuchten. Deutliche Anzeichen für eine Gentrifizierung konnten wir nicht beobachten; nur hin und wieder ein kleiner Laden mit originellen kunsthandwerklichen Produkten oder ein nettes Lokal, das in erster Linie von Einheimischen frequentiert wird. Da ist – sehr zu unserer Freude – dann auch Raum für Straßenkunst 😊.

Tarragona hat uns sehr gut gefallen. Es passte irgendwie ins Bild, dass auch der Campingplatz in der Nähe für uns ein Volltreffer war: ruhig, direkt am Meer, toller Strand mit Blick auf eine Burgruine. Verdammt schön, dieses Katalonien.

Guardamar del Segura

Etwas kompliziert: Wenn Alicante in nördlicher, Cartagena in südlicher und Murcia in westlicher Richtung die Eckpunkte eines gleichschenkligen Dreiecks bilden, dann liegt Guardamar (15.000 Einwohner) etwa in der Mitte der Hypotenuse. Eine Küstenstadt an der Mündung des Río Segura, die in ihrer Geschichte zwei existenzbedrohende Herausforderungen zu meistern hatte. 1829 machte ein Erdbeben den Fischerort platt, gegen Ende des Jahrhunderts drohten Sanddünen die Siedlung zu schlucken. Aber ein findiger Ingenieur stoppte die Sandmassen, indem er Pinien anpflanzen ließ. Heute ist dort ein schöner Park. Da verwundert es denn auch nicht, dass Guardamar (span. guardar = hüten, bewahren, bewachen) offenbar spielend mit der nächsten großen Herausforderung, der des Tourismus, gut zurechtkommt. Guardamar ist ziemlich normal geblieben, die Menschen hier leben ihr Leben, Tourismus hin, Tourismus her. Nur die Monate Juli und August sind Ausnahmezustand.

Wir sind nicht zum ersten Mal in Guardamar. Es wohnen Freunde von uns hier, die den Ort vor zehn Jahren zu ihrer Wahlheimat erkoren haben. Und sie haben es nicht bereut. Sie fühlen sich gut integriert und haben sich schon früh ein „belastbares“ Netzwerk aufgebaut. Wir besuchen sie zum zweiten Mal und genießen es, mit ihnen Wanderungen zu unternehmen, über den Mittwochsmarkt zu schlendern, mit ihnen auf ein Bier und ein paar Tapas in ihre Stammkneipe zu gehen oder eine urige Bodega zum Abendessen zu besuchen – selbst wenn es mal für ein paar Stunden wie aus Eimern schüttet!

Guardamar hat viele hübsche Ecken und Plätze. Neben dem kilometerlangen Strand laden sie zum Schlendern und immer mal wieder zum Verweilen ein. Der Park eignet sich gut für längere Spaziergänge im Schatten der Bäume. Neuerdings stößt man an verschiedenen Stellen auf Skulpturen oder Wandmalereien, die kulturtypische Berufe der Stadt darstellen – wie beispielsweise den Fischer oder die Frau, die getrocknete Paprikaschoten zum Trocknen auf einen Faden zieht.

Ein aktuelles Thema, das die Gemüter erregt, ist der allmähliche Verlust einer ganzen Häuserzeile direkt am Strand – hier lebten früher die Fischer. Heute sind die Häuschen zum großen Teil schon nicht mehr bewohnbar, weil das Meer sie immer stärker unterspült. Das Bedauern um den Verlust der Behausungen mischt sich mit großer Ratlosigkeit, wie man diese vielleicht doch noch retten könnte. Vielleicht fällt den Guardamarencos ja doch noch etwas ein? Erfindergeist und Schläue im Angesicht von Naturgewalten scheinen schließlich zum genetischen Code dieser Stadt zu gehören.

Águilas – nicht nur Sandstrände

Von Córdoba aus fahren wir über Granada zurück ans Mittelmeer, Águilas ist unser Ziel. Ein Reisetag. Wir fahren durch halb Andalusien. Kilometer um Kilometer rollen wir zunächst durch eine sanfte, weitläufige Hügellandschaft, auf die in den Sommermonaten gnadenlos die Sonne herunterbrennt. Wir passieren abgeerntete Felder, nicht enden wollende Olivenplantagen. Später wird es stellenweise gebirgig; immer mal wieder Verkehrsschilder, die vor Schneeverwehungen warnen. Man wird daran erinnert, dass Spanien so viel mehr als Strand und Sonne zu bieten hat.

Wir fahren zuerst in Richtung Málaga, dann geht’s im rechten Winkel über Granada, Baza und Murcia nach Águilas, wo wir einen kleinen Campingplatz (Bellavista) außerhalb der Stadt ansteuern. An der Rezeption werden wir in perfektem Deutsch begrüßt – eine junge Frau, die mit ihrem damaligen Freund nach Spanien ausgewandert ist. Ob sie hier am Ziel ihrer Träume angekommen ist? Das werden wir wohl nie erfahren.

Wir freunden uns rasch mit unseren „doppelten“ (1. auf dem Campingplatz, 2. in der Heimat – wir wohnen nur ein paar Kilometer entfernt) Nachbarn an und bekommen von ihnen viele Tipps. So gibt es hier beispielsweise am Samstag einen Bauernmarkt, den wird dann auch besuchen und wo wir unsere ersten Churros essen. Die Spanier lieben dieses Schmalzgebäck, das sie auch noch gerne in flüssige Schokolade tauchen. Zuckerschock, eine interessante Erfahrung, aber – für uns – nicht so unbedingt zur Wiederholung geeignet. Nach dem Besuch des Marktes gehen wir einer weiteren Empfehlung nach: Olivenöl direkt von der Ölmühle. Wir sind unmittelbar überzeugt und decken uns gleich mit unserem Jahresbedarf ein 🙂 – leider gibt es diesen Erzeuger inzwischen nicht mehr.

Águilas selbst ist durchaus einen Besuch wert. Die Promenade zieht sich über einige Kilometer am Sandstrand entlang. Einen tollen Blick auf die Stadt und den Hafen hat man von der Festungsanlage in 85 m Höhe. Sie ist gut erhalten und beherbergt ein kleines Museum. Das Zentrum der Stadt bildet die Plaza de España, die wie ein Garten anmutet. In Águilas gibt man sich auch etwas künstlerisch. Neben einigen eher traditionellen Statuen und einem futuristisch anmutenden Kongresszentrum hat man auch dem Nachwuchs eine Chance zur Gestaltung gegeben: Er hat mehrere Treppen mit grellen Farben und Motiven verschönert. Zwei Windmühlen lassen sich auch besichtigen. Dabei steigt man durch steile, enge Gassen vorbei an kleinen Häuschen auf Hügel, bekommt so intesserante Ausblicke auf das Dächergewirr dieser alten, traditionellen Stadtteile … und gleichfalls einen Eindruck von der damaligen (und der heutigen!) Wohnsituation.

Unser Highlight war eine Wanderung entlang der Küste, die von Strand zu Strand (Cuatro Calas) führte. Besonders beeindruckend fanden wir Sandsteinformationen mit von Menschen angelegten Höhlen, in denen in früheren Zeiten u. a. Kleintiere gehalten wurden. Tafeln am Wegrand informieren über eine ehemalige Erwerbstradition in dieser Gegend: Ein hier wachsendes Gras (Esparto Gras) wurde geschnitten und gewässert. Anschließend machte man daraus diverse Alltagsgegenstände: Körbe, Matten, Sandalen, Hüte, verschiedene Behältnisse zur Lagerung …. Das Gras wurde lange auch zur Papierherstellung genutzt, bis in die 1960er Jahre.