Trulli – die Zipfelmützenhäuser von Alberobello

Wenn man zum Beispiel von Bari oder Monopoli aus ins Valle d’Itria fährt, stößt man unweigerlich auf kleine Rundhäuser, zum Teil freistehend, manchmal integriert in größere Wohnkomplexe. Hier einige Beispiele von unserer Fahrt über Land:

Sie werden als Trulli bezeichnet. Von diesen runden bzw. konisch zulaufenden, weiß getünchten Bauten, die von kegelförmigen Dächern aus Bruchstein gekrönt werden, gibt es in dieser Gegend etwa 5.000 Exemplare.

Wer gerne mal für einen halben Tag in die Zauberwelt der putzig anmutenden Behausungen eintauchen möchte, begibt sich am besten nach Alberobello. Der etwa 12.000 Einwohner zählende Ort ist so eine Art Trulli-Epizentrum und daher ein sehr beliebtes Ziel von italienischen wie auch ausländischen Touristen in Apulien.

Die Trulli von Alberobello teilen sich im Wesentlichen auf zwei Viertel auf, die einander gegenüber liegen. Der Stadtteil Monti (ca. 1.000 Trulli) auf der einen Seite des Hangs ist stark geprägt von Läden und Gastronomiebetrieben. Wohltuend dabei ist, dass das Kaufangebot sich überwiegend auf handwerklich erstellte Waren bezieht (deswegen konnten wir auch bei gewebten Tischläufern und Trockentüchern nicht widerstehen). Es ist durchaus vergnüglich, mit Muße durch die Trulli-Gassen zu schlendern und hier und da zu verweilen. Aber: Hier kann auch mal drangvolle Enge entstehen, denn Monti erfreut sich großer Beliebtheit. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich deshalb, vor zehn Uhr morgens einen der ausgewiesenen Parkplätze anzusteuern. Wir fanden an diesem Sonntag Mitte Juni übers Netz einen Parkplatz in einem Olivenhain, nur ein paar Schritte vom Zentrum entfernt, das Ganze für sechs Euro den Tag. Nicht schlecht … Da fühlte sich der erste Cappuccino mit Hörnchen zum Auftakt der Erkundungstour gleich mitfinanziert an. Wer übrigens mal eine Pause einlegen möchte, ohne sich in einem Restaurant oder Café niederzulassen, ist gut in einem Park nahe der Kirche Sant‘Antonio (auch sie in Trulli-Baustil) aufgehoben. Hier gibt es sogar Bänke mit Tisch, und ein Lebensmittelladen, der leckere Panini auf die Faust anbietet, ist gleich nebenan.

Viele Dächer sind oben mit einem Schlussstein versehen, manche sind mit religiösen, magischen Symbolen oder dergleichen bemalt.

Die Symbole sollen den bösen Blick abwenden, die Fruchtbarkeit erhalten … oder dienten der Wiedererkennung

Der zweite Stadtteil, den man sich unbedingt anschauen sollte, ist Aia Piccola (etwa 400 Trulli). Hier geht es bedeutend weniger geschäftig zu. Da Verkaufsläden und auch Bewirtungsangebote fast komplett fehlen, bewegt man sich mit viel mehr Muße durch die engen Gassen. Die Häuschen sind allesamt hübsch herausgeputzt und frisch gestrichen, so dass man zeitweilig vergisst, dass das ja früher Behausungen für arme Leute waren. Wenn man sich ein Trullo von innen anschaut, wird einem schnell wieder bewusst, dass sich hier vormals durchaus mal zehn Menschen in einem einzigen rechteckigen Raum mit kleinen Nischen zum Schlafen, Kochen und Waschen aufgehalten haben. Kleine Kinder schliefen im oberen Bereich auf einem Holzboden, der über eine Leiter zu erreichen war. Selbstverständlich musste auch der Esel noch ein Plätzchen finden. Glücklicherweise war in jenen Zeiten das Wort „Privatsphäre“ noch nicht erfunden … Den Aufbau eines typischen Trullo verdeutlicht dieses Modell:

Aia Piccola hat aus unserer Sicht bedeutend mehr Charme und wirkt „ursprünglicher“ als Monti. Natürlich soll man sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen hüben wie drüben Geld verdienen müssen. Im Viertel Monti liegt der kommerzielle Schwerpunkt in unserer Wahrnehmung in der Kurzzeitvermietung.

Da kann man schon ins Träumen kommen. Wer würde nicht gerne ein paar Nächte in einem dieser schmucken Häuser verbringen und vielleicht mal die besondere Atmosphäre in einem Trulli-Viertel bei Nacht erleben?

Ein anderes Erwerbsmodell praktiziert eine Familie, die ihr Haus für Besucher öffnet. Der Hausherr spricht sogar Deutsch, weil er in den 1960er-Jahren einmal bei Opel in Rüsselsheim gearbeitet hat. Mit großem Stolz präsentieren er und seine Frau nicht nur das Trulli-Innenleben, sondern auch die Fotogalerie mit bekannten Gesichtern aus der italienischen Glitzerwelt. Gegen eine Spende, versteht sich 😉.

Die Bambini schlafen oben …
Die Galerie der Schönen und Reichen, die diesen Trulli bereits besucht haben. Mit von der Partie ist der italienische Nationalspieler Marco Materazzi, der die französische Fußballlegende Zinédine Zidane 2006 in der Verlängerung des WM-Finales derart provozierte, dass dieser ihn mit einem Kopfstoß niederstreckte – die Italiener gewannen das Spiel.

Zu einer dauerhaft erfolgreichen Touristenattraktion gehört selbstverständlich eine gute Story. Bei den Trulli ist es die nicht vollends geklärte Entstehungsgeschichte. So soll der Bau von Trulli im 15. Jahrhundert im Itria-Tal dadurch einen besonderen Schub erfahren haben, dass man sie schneller ab- als aufbauen konnte. Kündigten sich die Steuereintreiber der Obrigkeit an, rissen die Menschen kurzerhand ihre Häuschen ein und die Steuereintreiber mussten mit leerer Steuerschatulle von dannen ziehen. Erst als Ferdinand IV. von Neapel Alberobello zur königlichen Stadt ernannte, gaben die Bewohner diese Bauweise auf und fingen an, Mörtel zu verwenden. Ganz schön schlau, oder?

Bei Freunden in Slawonien

„Ja, machen wir, bestimmt, wir kommen bei euch vorbei!“ Das hatten wir schon öfter gesagt. Da wir fast jedes Jahr einmal in Kroatien sind, wollten wir schon immer mal unsere Freunde besuchen, die von dort stammen. Und bisher hatte es nicht geklappt, weil deren Heimatort nicht gerade auf dem Weg liegt, wenn wir nach Kroatien fahren (und wir möglichst schnell an die wunderschöne Küste wollen). Denn unsere Freunde, Jelena und Nicola, kommen aus Slawonien.

Nein, ein Schreibfehler ist das keineswegs. Die Region ist eben nicht so bekannt wie „Istrien“ oder „Dalmatien“. Slawonien hat keine Küste, es liegt im Hinterland, genauer: im Osten von Kroatien, angrenzend an Ungarn, Bosnien und Serbien. Slawonien gilt als Kornkammer Kroatiens und ist überwiegend flach (sieht man einmal von einem Mittelgebirge im Westen und in der Mitte ab). Wo es viele (offene) Grenzen gibt, mischt sich die Bevölkerung stark. Das gilt auch für Slawonien.

Einige Gebiete Slawoniens (vor allem der Osten und der Westen) waren im KroatienKrieg Anfang der Neunzigerjahre hart umkämpft. Sie wurden im Rahmen der UNTAS-Mission (United Nations Transitional Administration for Eastern Slavonia, Baranya and Western Sirmium) final Kroatien zugeschlagen.

Damals sind Jelena und Nicola als Serben geflohen und fanden in Deutschland Wohnung und Arbeit und, mit den Jahren, ein neues Zuhause. Ihr Sohn Dragan wurde in Deutschland geboren. Die beiden waren Ende dreißig, als sie ihre Heimat verließen, und sie sprachen kein Wort Deutsch. Und ihre Herzen waren schwer, schließlich hatten sie Familie und Freunde zurückgelassen und wussten nicht, was sie in Deutschland erwartete. Sie nutzen ihre Chancen und arbeiteten hart. Sie schafften den kompletten Neuanfang. Heute geht es ihnen gut, und inzwischen können sie als Rentner die Früchte ihrer Arbeit genießen.

Es zieht sie nach wie vor in ihre alte Heimat, dorthin, wo Nicola geboren und aufgewachsen ist. Vielleicht mit zunehmendem Alter noch stärker. Es ist ein kleiner Flecken namens Laze Ćosine, in der Nähe von Požega. Dorthin, oben auf einer Anhöhe, würde es kaum mal einen Touristen verschlagen. Hier haben die wenigen Familien, die hier leben, keinen Wasseranschluss, sie holen ihr Trinkwasser aus dem Brunnen. Elektrischer Strom ist noch vergleichsweise neu. Als Brennmaterial nutzen die Menschen Holz. Man erreicht Laze über eine Schotterpiste.

Wenn man sie denn findet. Eva und ich sind schon viele Tausende Kilometer mit dem Wohnwagengespann durch Europa gefahren. Und wir haben schon diverse vertrackte Orientierungsprobleme gelöst. Mit zwei Navigationssystemen, Experimentierfreude, manchmal auch Wagemut. Aber bei Laze Ćosine mussten wir passen. Um ein Haar hätten wir ein Reh überfahren. Wir fuhren uns im Wald fest und mussten irgendwie zurück. Und wir bewegten uns mehrfach im Kreis. Schließlich half nur noch ein Anruf bei Nicola, der uns dann abholte und ans Ziel brachte, indem er vor uns herfuhr …

Hier ging’s für uns mit dem Wohnwagen nicht weiter – was jetzt??
Also wenden. Aber wie?
Rückwärts in eine kleine Waldlichtung, da kommt Freude auf.

Nachdem wir den Wohnwagen endlich auf dem Hof abgestellt hatten, gab es ein leckeres Essen: Gemüse, Kartoffeln und mehrere Sorten Fleisch, in einem gusseisernen Behältnis (genannt Peka oder Ispod Peke) über dem offenen Feuer gegart, dazu ein kühles Bier. Und das bei sommerlichen Temperaturen. Herrlich!

Nicola ist in Laze ein anderer Mensch“, sagt Jelena manchmal. Wenn dieser mit einem Liedchen auf den Lippen am frühen Morgen mit seinem Traktor in den Wald fährt. Oder die Obstbäume schneidet. Oder im Gästehaus eine Dusche einbaut …

Nicola hält seinen Traktor immer in Schuss.

Denn es gibt in Nicolas Elternhaus und den angrenzenden Nutzbauten unendlich viel zu tun. Mehr als ein einzelner Mensch schaffen könnte, selbst wenn er noch so fleißig ist. Nicola und Jelena hegen und pflegen das alles, weil dies gleichzeitig ein Herkunfts- und ein Sehnsuchtsort ist. Hier sind Nicolas Wurzeln (Jelena stammt aus einem Nachbarort).

Die beiden kennen jeden in Laze. Sitzt man draußen und tuckert jemand mit dem Trecker vorbei, hält dieser gleich an und gesellt sich dazu. Pivo? Oder vielleicht ein Gläschen vom Selbstgebrannten? Und sitzt erstmal einer, kommt gleich der nächste dazu. Das ist hier selbstverständlich. So entsteht manchmal eine stattliche Runde. Die sich dann auch wieder auflöst, weil man ja noch zu tun hat. Man braucht keine Einladung, keine Terminabsprache. Man kommt einfach vorbei. Auf einen Schnaps, einen Kaffee oder ein Stück selbstgebackenen Strudel.

Laze Ćosine ist Teil einer ländlichen Idylle und in diese eingebettet. Ein lauer Sommerabend, ein Sonnenuntergang, der Duft von ursprünglicher Landwirtschaft …

Aber diese Bilder sollten nicht darüber hinwegtäuschen, wie hart es für den Einzelnen sein kann, unter diesen Bedingungen seinen Lebensunterhalt bestreiten zu müssen. Ganz zu schweigen von den vielen Narben, die der Krieg Anfang der 1990er-Jahre in den Herzen und Köpfen der Menschen hinterlassen hat. Wir haben mit Jelena und Nicola einige Ausflüge unternommen, bei denen wir viele Spuren der Kämpfe gesehen haben: zerstörte Häuser, Fassaden mit Einschusslöchern, unzählige verlassene Häuser, Geisterdörfer … Krieg und Vertreibung sind nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht erst mit Putins Einmarsch in die Ukraine nach Europa zurückgekehrt; sie waren vor dreißig Jahren auch schon wieder da.

Für uns war dieser Besuch vor allem wichtig, weil wir mehr über den Hintergrund unserer Freunde Jelena und Nicola erfahren wollten. Wir kennen sie als ausgesprochen großzügige, hilfsbereite und zuverlässige Menschen. Jetzt haben wir einen kleinen Eindruck von ihrer Herkunft bekommen und dafür sind wir unendlich dankbar!

Stadtspaziergang Zadar

Auch an der dalmatinischen Sonnenküste ziehen hin und wieder dunkle Wolken auf und fallen ein paar Tropfen Regen, wie wäre auch sonst das viele Grün zu erklären. Bevor man sich dann mit einem Kaffee und einem guten Buch in den Wohnwagen zurückzieht (das geht ja auch abends noch, und dann kann man den Kaffee gegen ein Glas Plavac Mali eintauschen), bietet sich ein Stadtbesuch an. Zadar liegt für uns (von der vorgelagerten Insel Ugljan aus) zum Greifen nah, die Fähre pendelt fast wie ein Bus ab Preko (dem Fährhafen von Ugljan) zum Festland und zurück. Die Personenfähre hat den Vorteil, quasi direkt in der Altstadt von Zadar anzulegen. Diese liegt auf einer Halbinsel, die nicht sonderlich weitläufig ist. Nach einer etwa halbstündigen Fährfahrt ist man also direkt im Zentrum des touristisch relevanten Geschehens.
Also Stadtbesuch für uns!
Wir kennen die etwa 75.000 Einwohner zählende dalmatinische Küstenstadt von früheren Besuchen und sind gespannt, ob wir im September 2022 Neues entdecken und Bekanntes wiedererkennen werden. Nachdem wir von Bord gegangen sind, führt unser erster Weg zur Meeresorgel. Die ist auf jeden Fall sehens- und erlebenswert, auch zum wiederholten Mal. Zur ihr sind es von der Anlegestelle der Fähre nur ein paar Schritte. Die Orgel, im April 2005 eingeweiht, ist wahrscheinlich inzwischen eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Zadar, und ihr einziges Problem ist, dass es nichts zu sehen gibt. Die Musik spielt sozusagen unter Tage. Die Orgel macht allen Besuchern Spaß, weil sie mit ihren bauchigen Tönen immer wieder neue Melodien produziert, abhängig von Wellengang und Tide. Unter den Stufen und unterhalb vom Meeresspiegel befindet sich ein System von Röhren unterschiedlicher Länge und Durchmesser, die in einem Winkel von 20 Grad angebracht sind. Diese münden in Orgelpfeifen. Durch das Ein- und Ausfließen des Wassers entstehen dann die Klänge. Schon 2006 erhielt die Meeresorgel den „European Prize for Urban Public Space“ – unseres Erachtens vollkommen zu Recht! Leider gibt das Werk fotografisch gar nichts her. Aber, viel wichtiger, es erzeugt Freude und sorgt für kindliches Staunen und Verzückung in den Gesichtern der Menschen ;-).

Zadar wartet mit 3.000 Jahren Geschichte auf, und wo man geht und steht begegnet man Hinweisen darauf. Manchmal eher dezent, dann wieder geradezu wegversperrend. Gelegentlich kommt sie auch als Ansammlung wuchtiger Stolpersteine daher.

Häufig stehen die Zeugnisse der vergangenen Epochen unmittelbar nebeneinander, so wirkt beispielsweise die Korinthische Säule am Petra-Zoranića-Platz etwas deplatziert, wie hingestellt und nicht mehr abgeholt.

Ob diese Säule wohl wirklich in der Römerzeit mal hier gestanden hat?

In der Gesamtbetrachtung dominiert im Stadtbild der venezianische Baustil, was nicht verwunderlich ist, weil die Venezianer vom 15. bis 18. Jahrhundert in Zadar das Sagen hatten. Sie bauten die Stadt auch zu einer imposanten Wehranlage aus (als Reaktion auf die Expansion der Osmanen). Teil dessen ist die Stadtmauer mit ihren vier Toren, das berühmteste davon ist das sogenannte Landtor (Porta Terraferma) mit dem kleinen angrenzenden Hafen Foša.

Der venezianische Markuslöwe über dem Landtor
Treppe zur Stadtmauer
Seetor

Ein Spaziergang über die Stadtmauer lohnt sich. Von dort hat man einen schönen Blick auf die Stadt einerseits und auf den Hafen anderseits.

Die Reste der Stadtmauer lassen sich zum großen Teil begehen. Der Spaziergang endet an einer Stelle, wo die sogenannten Barkajoli seit dem 14. Jahrhundert ihre Fährdienste anbieten. Sie rudern unermüdlich Bewohner und Touristen auf die andere Seite des Stadthafens in die Neustadt und zurück. Eine Tradition, die vom Vater auf den Sohn übertragen wird.

Fährmann im Einsatz

Enge Gassen und große Plätze, oft vor Kirchen, sorgen für Atmosphäre in alten Städten. Zadar hat davon reichlich.

Glockenturm der Kathedrale der Heiligen Anastasia
Der Fünf-Brunnen-Platz – die Brunnen wurden während der türkischen Belagerung im 16. Jahrhundert gebaut.
Das Forum und die Kirche des Heiligen Donatus (9. Jahrhundert; hier finden auch Konzerte statt)

Beim Streifzug durch die Stadt aufgelesen:

So richtig begeistern können wir uns an diesem Tag für Zadar leider nicht. Das liegt sicherlich nicht nur am wolkenverhangenen Himmel. Geschichte und Geschichtliches gibt es zwar reichlich hier, auch die Museen sind offenbar sehr interessant. Aber das Ganze wirkt auf uns eher etwas disparat, wenig homogen. Und vielleicht hat dies wiederum mit der (jüngeren) Geschichte zu tun: Zadar lag Anfang der Neunzigerjahre im Kroatienkrieg unter heftigem Beschuss. Davon waren auch viele historische Bauten betroffen. Und zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Stadt noch lange nicht von den Flächenbombardements durch die Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs erholt. Wenn alles kaputt ist, braucht man zuallererst Wohnraum für die Menschen. Stadtplanerische Überlegungen spielen dabei keine Rolle. Das Ergebnis sieht dann beispielsweise so aus:

Wir haben da als Touristen aus Deutschland gut reden, das ist schon klar. Und wir sehen schon, dass vieles noch im Werden ist. Heilungsprozesse haben ihre eigene Zeitrechnung. Also freuen wir uns auf unsere nächste Begegnung mit Dalmatiens Küstenmetropole. Und ein Eis mit richtig DUNKLER Schokolade.

Begegnungen auf dem Dorffest von Varoš auf Ugljan

Varoš liegt nur etwa zwei Kilometer von unserem Campingplatz entfernt und Teresa, die den kleinen Laden auf unserem Campingplatz betreibt und über alles, was auf Ugljan läuft, Bescheid weiß, hat uns gesagt, da müssen wir hin. Das Örtchen veranstaltet zum Saisonausklang jedes Jahr ein Fest, und das sollte man erlebt haben. Wir hören auf Teresa. Denn Teresa weiß, wo es den frischesten Fisch und das beste Olivenöl gibt. Und wenn man zur Fischfrau geht und einen Gruß von Teresa ausrichtet, packt die einem den Fisch ein, der eben nicht aus der Fischzucht kommt. Mountainbiketrail? Teresa fährt selbst auch und hat die richtigen Tipps parat … Also: Teresa hat unbedingt das Fest in Varoš empfohlen, und deswegen ist der Flecken auch unsere erste Station auf einer Radtour in den Süden der Insel. Wir kommen gegen 11.30 Uhr an, die Vorbereitungen sind in vollem Gang. Das obligatorische Schweinchen gart auf dem Grill vor sich hin, in einem Topf schmort Fleisch mit verschiedenen Zutaten, ebenfalls über dem offenen Feuer. Hmm …

Kein Fest ohne Spanferkel …

Kaum haben wir unsere Räder abgestellt, kommt ein Bär von Mann auf uns zu, begrüßt uns freundlich und fragt uns, was wir trinken möchten. Da wir noch Radfahren wollen, rät er, Mlade, uns zu „Gemischt“, also einer Weißweinschorle. Er wisse aus Erfahrung, dass Bier und Radfahren nicht so kompatibel seien. Er sei auch viel mit dem Rad unterwegs. Er muss dann aber auch gleich weiter; bezahlen lässt er uns nicht. Was für ein herzlicher und unkomplizierter Empfang von fremden Menschen.

Kurz darauf kommen wir mit einer jungen Frau ins Gespräch. Sie heißt Jelena und arbeitet als Kellnerin in einem Restaurant. Sie spricht sehr gutes Englisch. Es stellt sich heraus, dass sie eigentlich von Beruf Grundschullehrerin ist. Sie ist Serbin und hat keine Hoffnung auf eine adäquate Anstellung in ihrem Land. Viele junge Leute gingen weg aus Serbien, weil sie dort keine Zukunft hätten, meint sie. Auf dem Festland in Kroatien sei es für Serben schwierig, Arbeit zu finden, aber auf der Insel sei es einfacher. Wir fragen sie, warum sie es nicht als Lehrerin in Kroatien versuche, das sei doch von der Sprache her kein Problem, und die Ausbildung sei doch wahrscheinlich vergleichbar. Nein, lächelt sie verlegen, das habe sie sich nicht getraut. Sie könne sich auch nicht vorstellen, dass man sie als Serbin einstellen würde. Sie müsse jetzt auch los zur Arbeit. Sie bedankt sich etwas überschwänglich für das Gespräch, setzt sich aufs Fahrrad und radelt davon. Hinten auf dem Rucksack weht ihre weiße Bluse im Fahrtwind, die wohl Teil ihrer Berufskleidung ist.

Wir gehen noch ein wenig herum, studieren ein handgeschriebenes Plakat, das im Zusammenhang mit einer Tombola steht. Jedes Geschäft, ob klein oder groß, hat einen Preis ausgelobt: ein Essen in einem Restaurant, ein paar Liter Olivenöl, eine Übernachtung …

Man läuft sich langsam für das Fest warm. Wir machen uns nach einer knappen Stunde wieder auf den Weg.

Auf den Rückweg, gegen fünf Uhr, schauen wir noch einmal in Varoš vorbei. Schon von weither dröhnt uns die Musik entgegen. Wir wollen noch etwas essen. Es ist schwierig, eine Bestellung aufzugeben, das geht nur schreiend und mit Zeigen, so laut ist die Mucke. Der DJ spielt kroatische Schlager, die offenbar alle kennen, Jung und Alt, fast alle singen mit, es wird in kleinen Gruppen getanzt, zumeist Frauen.

Kaum haben wir uns an einen freien Tisch gesetzt, steuert Mlade wieder auf uns zu. Er kenne uns doch … Jetzt fällt’s ihm wieder ein. Er war den ganzen Tag hier. Mittlerweile ist seine Frau auch dabei, die beiden setzen sich zu uns. Auch ihre beiden Töchter, Anfang zwanzig, sind auf dem Fest. Wir unterhalten uns. Die Familie stammt aus Zagreb und hat seit vielen Jahren ein Haus auf Ugljan. Wir reden über die Familie, vor allem die Kinder. Mlade berichtet, dass er leidenschaftlich gerne Rad fährt, bis zu 150 Kilometer am Tag. Unglaublich. Das ist auch deshalb besonders beeindruckend, weil Mlade keine Hände mehr hat. Die habe er im Krieg Anfang der Neunzigerjahre verloren, sagt er. Das ist sicher eine Verstümmelung, an der man verzweifeln kann. Aber Mlade sagt, das sei vor allem eine Kopfsache, eine Frage des Willens. Er gehe immer davon aus, dass er grundsätzlich alles tun könne, er empfinde keine wirklichen Einschränkungen. Manches sei für ihn schwieriger als für andere, und natürlich sei er in bestimmten Situationen auf Hilfe angewiesen. Aber er lasse es nicht zu, dass seine Kriegsverletzung sein Leben bestimme. Wir sind von diesem sympathischen und frohgemuten Mann mehr als nur beeindruckt.

In den folgenden Tagen ist Mlade immer wieder Thema in den Gesprächen zwischen Eva und mir. Wie kommt er wohl mit den vielen kleinen Herausforderungen des Alltags zurecht? Wie wäscht er sich, wie isst er, wer führt kleine Reparaturen im Haus aus? Und wie würde man selbst mit einem solchen Schicksalsschlag umgehen?

Wer viel reist und die Begegnung mit anderen Menschen sucht, erlebt auch mehr dieser Zufallsbegegnungen, die im besten Fall zum Nachdenken über das eigene Leben anregen. Das kann mal ein kurzer Moment sein, eine Beobachtung oder Wahrnehmung anderer Art, oder auch ein intensiver Austausch. Sie gehören auf jeden Fall zu den kleinen Perlen, die das Leben zum Leuchten bringen.

Panoramablick auf und von Ugljan – die Burgruine Sv. Mihovil

Wir wollten die schöne Insel Ugljan gerne einmal aus der Vogelperspektive betrachten – dazu ist die Burgruine Sv. Mihovil (Heiliger Michael) sehr gut geeignet. Auch wenn der Himmel zunächst etwas verhangen war, zogen wir unsere Wanderschuhe an und machten uns mit gut gepackten Rucksäcken direkt von unserem Campingplatz aus auf den Weg. Hin und zurück knapp 23 Kilometer über Schotterwege und Asphalt mitten durch die Natur – das schien uns ein guter Plan für den Tag. Gleich zu Beginn erwischte uns ein kurzer, heftiger Regenschauer, danach kam die Sonne wieder raus.
Der gut ausgeschilderte Weg führt entlang alter und neu angelegter Olivenhaine und über weite Strecken quer durch dichte Macchia. Wie wir erfahren haben, gibt es hier sehr viel Wild, unter anderem Wildschweine, Fasane und Mufflons. Die Tiere werden in den Wintermonaten bejagt, um ihre Bestände zu kontrollieren. Wir hatten das Glück, auf dem Rückweg mehrere Fasane und sogar ein Mufflon auf einer Steinmauer zu sichten.

Die Burgruine liegt auf einer Höhe von 250 Metern, und insbesondere der letzte Abschnitt des Weges ist steil und anstrengend.

Das Ziel bereits vor Augen.
Gleich ist es geschafft.

Die Befestigungsanlage wurde im 13. Jahrhundert von den Venezianern erbaut und ist in einem schlechten Zustand. An verschiedenen Stellen wurden notdürftig ein paar Reparaturen ausgeführt, von professioneller Restaurationsarbeit ist nichts zu sehen. Auf sicherheitsverwöhnte Nordeuropäer wie uns wirkt es befremdlich, dass Besucher nach Lust und Laune (und Wagemut) überall auf den Mauern herumkraxeln dürfen. Im Eingangsbereich gibt es lediglich ein Schild, auf dem darauf hingewiesen wird, dass derlei Aktivitäten auf eigene Gefahr erfolgen. Und das war’s. Mauern und Treppen haben keinerlei Absicherung.

ABER: Der Ausblick von hier oben ist einfach grandios!
Man hat auf der einen Seite einen freien Blick auf die Nachbarinseln Iž, Dugi Otok und die Kornaten, auf der anderen schaut man auf Zadar und die Umgebung. Man kann sich gar nicht sattsehen. Besonders beeindruckend muss es sein, auf der Burgmauer einen Sonnenaufgang oder -untergang zu erleben.

Man kann unterhalb der Burganhöhe auch einen schönen Strand oder unweit davon eine Höhle besuchen, und Kletterfreunde können sich an steilen Felsformationen versuchen.
Wir haben uns nach einer kräftigenden Brotzeit gleich wieder auf den Heimweg gemacht.

PS: Nach aktuellen Informationen arbeitet man derzeit an einem Konzept für die Restauration der Burg und der Einrichtung eines Museums. Geplant ist offenbar auch eine Zipline.

Wandern und Radfahren auf Ugljan

Das Wichtigste gleich vorweg: Ugljan, die Zadar unmittelbar vorgelagerte Insel, hat viele interessante Touren für Wanderer und Radfahrer zu bieten. Wir waren vor allem mit dem MTB unterwegs (auf Strecken, die für Tourenräder nicht geeignet sind) und zu Fuß.

Die Strecken sind gut beschildert – trotzdem empfehlen wir unbedingt ein Navisystem (wir nutzen in aller Regel die Bezahlversionen von Komoot und Wikiloc). An der Rezeption unseres Camingplatzes eine ausgezeichnete Karte (Ugljan Outdoor) mit Tourvorschlägen bekommen, die die ganze Insel abdecken und von „leicht“ bis „anspruchsvoll“ kategorisiert sind (für Wanderer, Trekking- und MTB-Fahrer).

Aktivurlauber können sich vor diesem Hintergrund mindestens eine Woche auf der Insel vergnügen, ohne dass Langeweile aufkommt 😊. Ganz zu schweigen von dem Spaß, den man am und im Wasser haben kann …

Da wir im Rahmen unseres Krk-Aufenthalts zu diesem Themenbereich exemplarisch eine MTB-Tour beschrieben haben, wollen wir jetzt näher auf eine Wanderung über den Nordteil von Ugljan eingehen.

Start- und Endpunkt der Tour war unser Campingplatz (Camping Ugljan Resort, Westseite der Insel). Im ersten Abschnitt sind wir hauptsächlich über asphaltierte und gut befestigte Schotterwege quer über die Insel zum Küstenort Ugljan auf der Ostseite gelaufen. Dort haben wir uns erstmal einen Cappuccino mit Blick aufs Meer gegönnt. Man sieht hier schon, dass die Saison sich hierzulande ab Mitte September dem Ende neigt. Wir fanden es sehr entspannt und angenehm.

Der Ort Ugljan liegt an einer Bucht, an der man wunderbar entlangschlendern kann. Im Grunde könnte man hier überall baden bzw. schwimmen gehen.

An nördlichen Ende der Bucht trifft man auf eine Klosteranlage in traumhafter Lage, Samostan Sv. Jeronima. Sie datiert aus dem 15. Jahrhundert und wirkt so einladend, dass man gleich einziehen möchte.

Hinter dem Kloster haben wir uns einen Pfad direkt an der Küste gesucht – der unter anderem durch einen Pinienwald mit schönen Badestellen verläuft.

Einfach rein ins erfrischende Nass, wenn einem danach ist!

Der nächste Ort, Sušica, kündigte sich mit ein paar prächtigen Villen an, wirkte aber ansonsten eher etwas verschlafen und vom Tourismus unberührt.

Diese hübschen Mosaikbänke finden sich überall auf Ugljan, derzeit sind es acht. Die erste wurde 2014 fertiggestellt. Sie sind inzwischen das Motiv, das am meisten in den Sozialen Medien geteilt wird. Die Bänke reflektieren immer bestimmte Aspekte der regionalen Geschichte und sind aus den Resten von industriell gefertigten Keramikfliesen zusammengefügt.

Und gleich danach wieder ein Stück die Küste entlang, hier zeigten sich Natur und Menschen besonders kreativ.

Tja, und eigentlich hätten wir kurz hinter Sušika die Insel wieder queren müssen, um nach Muline zu kommen, wo wir in ein Fischrestaurant einkehren wollten. Wenn wir dem empfohlenen Wanderweg gefolgt wären. Aber wir hatten den richtigen Abzweig verpasst und waren auf einem neuen Weg zur Spitze des Nordzipels unterwegs. Und wir bewegen uns ja recht gern außerhalb von gewohnten Pfaden … Ob es da eventuell einen Rundweg gibt? Hm, unsere Karte und auch Google-Maps verzeichneten zwar nichts dergleichen, aber da schienen Arbeiten im Gang zu sein und das erste Stück der insgesamt knapp acht Kilometer langen Strecke war auch ziemlich passabel. Na ja, nicht optimal begehbar … zuerst so:

Dann mehr so, durchaus eine Herausforderung für Sandalenträgerinnen:

Danach so – manchmal sollte man auch Gummistiefel mit auf eine Wanderung nehmen:

Tja, und hinter dem Bagger war dann nichts mehr, nur undurchdringbare Macchia (da hätte wohl auch eine Machete nicht weitergeholfen) und ein schmaler Küstensaum mit diversen Hindernissen.

Das Ende des Weges
Die Buschfrau kämpft sich durch.

Dann hieß die Devise nur noch „Rucksack vor den Bauch und durch“. Dabei beschäftigte uns immer wieder die Frage, ob wir möglicherweise den ganzen Weg zurücklaufen müssen. Man darf annehmen, dass dies Auswirkungen auf die Stimmung gehabt hätte.

Zwischenfazit: Die Umrundung der Nordspitze von Ugljan, ob per pedes oder auf dem Rad, ist KEINE gute Idee! Es ist die bedeutend bessere Option, auf dem empfohlenen Wanderweg zu bleiben 😞.

Mit hängender Zunge schafften wir es aber nach Muline auf der Ostseite, wir fühlten uns ein wenig wie das Ortsschild.

Nach der Strapaze war selbstverständlich eine Wiedergutmachung angesagt: Fischessen bei Dido Šime! Die Konoba war uns empfohlen worden, wofür wir sehr dankbar sind. Tolles Essen in stimmigem Ambiente!

Essen mit Blick aufs Meer

In Muline wurden übrigens Reste einer fast 2.000 Jahre alten Ölmühle gefunden. Nur wenige Hundert Meter vom Restaurant entfernt wurde an der Fundstelle eine Nachbildung gebaut. Hier ist zu erfahren, dass Olivenöl aus Ugljan unter den Römern unter der Bezeichnung „Oleum Liburnicum“ als besonders hochwertiges Speiseöl galt. Seine spezielle Geschmacksnote war offenbar u.a. darauf zurückzuführen, dass die Oliven bis zur Weiterverarbeitung im Meerwasser aufbewahrt wurden.
Auch heute noch spielt die Olive in Ugljan eine herausragende Rolle. Man sieht über die ganze Insel verstreut Olivenhaine, man geht von insgesamt etwa 700.000 Olivenbäumen aus. Einige davon stehen auf unserem Campingplatz …

Am Spätnachmittag zogen vermehrt Wolken auf. Zu nennenswerten Niederschlägen führte das bei uns auf der Insel nicht – ein typisches Phänomen. Der Regen fällt zumeist auf dem Festland.

Aber die Kombination Wolken plus Sonnenuntergang verheißt oft beeindruckende Farbspiele am Horizont und auf dem Boden.

PS: Uns wachsen die Oliven fast in den Wohnwagen hinein.

Bootstour von Ugljan (ggü. von Zadar) in die Kornaten

Wir sieben besteigen das Boot und wissen von Anfang an, dass dies ein richtig guter Tag wird. Miro, kroatienstämmig und ortskundig, hat die Tour organisiert. Er betreibt im normalen Leben ein Restaurant im ostfriesischen Ostrhauderfehn (Landkreis Leer). Aber heute ist er unser Kümmerer, er weiß geradezu intuitiv, woran’s gerade fehlt und hat es bereits gerichtet, bevor andere merken, woran es denn hapern könnte.

Zwei, die wissen, wo’s langgeht: Ante und Miro.

Miro klärt noch ein paar letzte Kleinigkeiten mit unserem Skipper Ante. Dann steuert dieser seinen Kahn souverän-lässig ins freie Wasser, eine verspiegelte Pilotenbrille auf der Nase und eine dünne Selbstgedrehte im Mundwinkel. Cooler Typ. Hin und wieder verschwindet er anfangs noch unter Deck, um noch etwas zu holen – zuletzt schafft er eine Lautsprecherbox herbei und reicht einem aus der Gruppe sein Smartphone, damit dieser eine Spotify-Playlist zusammenstellen kann. Sie beginnt mit Reiner Irrsinns Gassenhauer „Eine weiße Rose“ und endet mit dem ACDC-Hammer „Highway to Hell“ – eine ziemlich bunte Mischung also. Alles kann, nichts muss …

Wir tuckern munter dahin. Die Sonne wärmt an diesem Mittseptembertag, ohne zu brennen. Ein leichtes Lüftchen streicht uns über die Haut. Im Zwerchfell spürt man das sonore Wummern des alten Dieselmotors. Abhängig von der Sitzposition weht einem ab und an ein Abgashauch an der Nase vorbei. Die große Kühlbox mit dem Klappdeckel ist bis bis zum Rand gefüllt mit kühlen Getränken. Wenn das keine guten Voraussetzungen für einen perfekten Tag sind …

Wir schippern in südlicher Richtung die Küste entlang, mit Blick auf Zadar auf der Backbordseite, auf Steuerbord liegt die Ostseite von Ugljan. Es geht vorbei am Fährhafen Preko und an Kukljica, dann unter der Ždrelac-Brücke hindurch – eine 210 m lange Durchgangsbogenbrücke, die seit 1972 Ugljan mit der Nachbarinsel Pašman verbindet.

Inseln, immer wieder Inseln, manche bewohnt, groß und klein, vollkommen nackt und karg, spärlich grün oder ein bisschen bewaldet …

Wir steuern auf den Nationalpark Kornati zu, der insgesamt etwa150 Inseln umfasst. Die Kornaten sind die größte und dichteste Inselgruppe (von denen einige nur wuchtige Felsklippen sind) der kroatischen Adria. Sie sind verkarstet und zeichnen sich durch eine besondere Kargheit aus.

Viele Inseln bedeuten gleichzeitig unzählige Buchten, wo man einfach den Anker herunterrasseln lässt und ins Meer springen kann. Zuerst ein leichtes Zögern, weil man meint, dass das Wasser vielleicht zu flach ist, schließlich sieht man den Meeresboden so deutlich. Aber dann kommt die Erkenntnis, dass das einfach nur bedeutet, dass das das Wasser kristallklar ist. Es glitzert leicht grünlich, und es ist die reine Wonne, beherzt von Bord zu springen und sich mit diesem herrlichen Nass zu umgeben. „Wie in der Karibik, Wahnsinn!“ ruft einer aus der Gruppe und fasst damit unsere Empfindungen passend zusammen.

Ein erstes kühles Bier, ein wohltemperiertes Glas Wein. So allmählich stellt sich der Hunger ein, es geht auf Mittag zu. Und Miro wäre nicht Miro, wenn jetzt nicht eine Konoba am Ufer auftauchen würde, und zwar das Suha Punta auf Otok Kornat. Wir machen längsseits an einem anderen Boot fest und klettern von Bord. Kurze Begrüßung, dann schieben wir zwei Tische direkt am Wasser zusammen. Und schon haben wir die perfekte Kulisse für ein Fischessen erster Güte. Es geht ein bisschen hin und her im Gespräch zwischen dem Kellner und Miro. Fachleute unter sich, da kann man sich nichts vormachen. Dann sind sich die beiden einig. Und wir warten gespannt. Was dann schließlich auf den Tisch kommt, ist eine geschmackliche Sensation für jedermann, der frischen Fisch ohne viel Schnickschnack schätzt. Wir essen, lassen die ganze Szenerie auf uns wirken und schwelgen in dem Gefühl, dass das Leben es offenbar richtig gut mit uns meint.

Einmal auf den Tisch und in die Runde geschaut.
Selbst gefangener Fisch, frischer geht’s nicht.
Miro in seinem Element
Wer möchte Nachschlag?

Auf der Rücktour bestaunen wir schroffe Felsen, an die wir zum Greifen nah heranfahren sowie Inseln, die sich nur ganz allmählich aus dem Meer hervorheben. Und wir legen einen weiteren Badestopp ein, diesmal gesellt sich auch unser Skipper dazu.

Wir sind in Feierlaune. Nicht nur, weil wir beim Bier und beim Wein nachgelegt haben und die Musik die Stimmung unterstreicht. Sondern auch, weil dieser Tag sich so entwickelt hat, wie man ihn sich nur wünschen kann, aber in dieser Form niemals planen könnte. Eben kein Feiertag, sondern ein Feier-Tag.

Ein paar mehr von solchen Tagen vertragen wir schon …

PS: Dieses Erlebnis kam im Grunde durch einen Zufall zustande. Mein Bruder Tjade war auf einem Kurzurlaub mit Kumpeln auf Ugljan, und Eva und ich tourten gerade durch Kroatien. Spontan haben wir ihn bei dieser Gelegenheit besucht.

Zwei aus einem Holz …

Daraus ergab sich für uns die Möglichkeit, an diesem Schiffsausflug teilzunehmen. Ein herzliches Dankeschön an Helmut, Ralf, Wolfgang, Tjade und – last, but not least – Miro, dass wir mit von der Partie sein durften!

Die Adriatische Küstenstraße bis Zadar – einfach cruisen

Die „Jadranska Magistrala“, Gesamtstrecke 658 Kilometer, zählt gehört zu den beeindruckendsten Küstenstraßen der Welt. Sie beginnt im italienischen Triest und endet hinter Dubrovnik an der montenegrinischen Grenze.

Wir sind sie vor fast 40 Jahren schon einmal mit dem Pkw fast ganz bis zum Ende gefahren. Damals gab es die Autobahn hinter der Bergkette als schnelle Alternative noch nicht. Und einfach alles, was mindestens zwei Räder hatte und in den jugoslawischen Süden und weit darüberhinaus wollte, war hier unterwegs. Rund um die Uhr, oft nächtens mit spärlicher Beleuchtung, mit Fahrzeugen, die kein deutscher TÜV wieder vom Hof gelassen hätte. Ich erinnere mich an so manche Schrecksekunde, wenn plötzlich hinter einer engen Kurve ein Scheinwerferpaar in der eigenen Fahrspur aufblitzte und man hart bremsen musste, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. Auf halber Höhe am Fels hängende Autowracks waren zu jener Zeit keine Seltenheit.

Wenn man diese Verkehrsader heutzutage befährt, fühlt sich das eher wie entspanntes Cruisen an. Nervig sind nur die vielen Motorradfahrer, die oft in Gruppen unterwegs sind und die durch halsbrecherische Überholaktionen versuchen beieinanderzubleiben. Geschwindigkeiten über 60 Stundenkilometer sind kaum möglich, oft muss man runter auf 20 oder 30 km/h, um sicher durch die Kurve zu kommen. Das Gekurve hat manchmal etwas Einschläferndes, auch wenn natürlich geboten ist, allzeit hellwach zu sein. Immer wieder bieten sich traumhafte Blicke auf die Küstenlinie, schroffe Felsformationen und kleine Ortschaften.

Unsere heutige Fahrstrecke von Krk nach Biograd bzw. Zadar beträgt etwa 230 Kilometer. Wir haben uns ganz bewusst für die Küstenroute entschieden, weil wir die Schönheit der Landschaft genießen und auch ein wenig in unseren Erinnerungen schwelgen wollen. Es ist doch immer wieder erstaunlich, was so alles an die Oberfläche des Bewusstseins gespült wird, wenn man sich nach Jahren erneut an bestimmte Orte begibt …

Der erste Teilabschnitt unserer Fahrt wird visuell stark vom Blick auf die vorgelagerten Inseln Krk, Cres, später Rab und Pag bestimmt. Wie schlafende Monster liegen sie im Meer, die eine noch karger als die andere.

Zwei Inseln sind Ausdruck eines düsteren Kapitels vor allem jugoslawischer Geschichte: Goli Otok und Otok Sveti Grgur. Hier quälte, folterte und versklavte der Staatsapparat unter Marschall Tito vor allem in der Nachkriegszeit Männer und Frauen, die politisch in Ungnade gefallen waren. Der Umfang mit diesem Thema ist auch für den modernen kroatischen Staat nicht gerade ein Ruhmesblatt: Mit der Auflösung der Lager wurden die meisten Dokumente vernichtet, alle Gebäude wurde dem Verfall preisgegeben. Es ist in erster Linie privaten Initiativen zu verdanken, dass dieses traurige Erbe überhaupt noch zu besuchen ist. Erinnerungskultur? Fehlanzeige.

Krk zum Wandern und Radeln – unbedingt!

Auf dem Weg in den Süden Kroatiens legten wir Mitte September 2022 für drei Tage einen Zwischenstopp auf der Insel mit dem für uns Deutsche so schwierigen Namen „Krk“ ein. Sie gilt, zusammen mit der Schwesterinsel Cres, als größte Insel der Adria, hat eine ausgezeichnete touristische Infrastruktur und bietet reichlich Möglichkeiten, sich auf, im und am Meereswasser zu betätigen – wenn man Felsen und Kiesstrände mag.

Nachdem wir Letzteres in den vorangegangenen Wochen bereits ausgiebig genossen hatten, wollten wir uns auf Krk auf erdverbundene Aktivitäten konzentrieren, für uns bedeutet das vor allem Wandern und Radfahren (MTB).

Unsere Ausgangsbasis war der Campingplatz Aminess Atea Camping Resort in Njivice auf der der Westseite von Krk (Blick auf Cres) – eine Vier-Sterne-Anlage mit großem Angebot und exzellenten Sanitäranlagen. Von unserem Platz waren es nur ein paar Schritte zum Wasser. Da macht es dann schon Spaß, wenn man einfach immer nur am Wasser entlanggeht, dem Treiben zuschaut oder sich vielleicht irgendwo abseits zwischen den Felsen ein Plätzchen zum Baden sucht. Und sich irgendwann ein kühles Getränk genehmigt … Auch das ist ja eine Form des Wanderns 😊.

Für Wanderer und Radfahrer bietet die Insel eine Vielzahl an Touren, organisiert oder auf eigene Faust; regionalspezifische Infos erhält man u.a. an der Rezeption von Hotels, Campingplätzen oder Tourismusbüros. Oder natürlich digital.

Wir schauen vor Ort gerne in unsere WikilocApp und suchen uns dann eine passende Tour heraus. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis wichtig, dass es nicht ratsam ist, mal so draufloszuwandern oder -zufahren. Die Wege sind zwar oft beschildert, aber nicht durchgängig. Da kann man sich leicht irgendwo verfranzen. Bei Touren auf eigene Faust sollte man stets eine gute Karte bzw. einen verlässlichen elektronischen Helfer dabeihaben (Powerbank nicht vergessen!). Ein guter Orientierungssinn reicht definitiv nicht aus.

Uns ist auf Krk aufgefallen, dass man sehr bemüht ist, Anschluss an den JakobswegTourismus zu finden. Es gibt dazu gut aufbereitete Informationen im Netz (caminocroatia.com), überall sieht man Schilder mit der Jakobsmuschel.

Wir waren mehrfach mit dem Mountainbike unterwegs und wollen exemplarisch von einer Tour berichten, die uns in ganz unterschiedliche Gegenden führte und uns einiges abverlangte. Im Wesentlichen deckte sie die Nordspitze der Insel ab und verlief von Njivice über Omišalje an Vinodolski Kanal entlang nach Čižići und von dort zurück zum Ausgangspunkt.

Die nackten Fakten sind wenig spektakulär: 35 Kilometer, Fahrzeit 3,5 Stunden, Höhengewinn bzw. Verlust 496 Meter. Aber die Strecke bietet alles, was beim MTB-Fahren Spaß macht und was es manchmal zur Qual machen kann: Straßen, Waldwege, enge Gassen in den Ortschaften, Strandpromenaden, Wanderwege, Schotterpisten mit Steinen, Felsbrocken und Geröll, extreme Aufstiege und Abfahrten … Heißt auch: Diese Strecke ist für normale Tourenräder NICHT geeignet.

Sehr gut hat uns das Städtchen Omišalj gefallen – da schmeckte nicht nur der Cappuccino besonders lecker 😉

Der Abschnitt nach Čižići verlief durch karge Natur, oft mit Blick aufs Meer, zum Teil über den Jakobsweg. der ja nun einmal nicht zum Radfahren konzipiert ist – deswegen mussten wir auch immer mal absteigen und schieben. Eine gute Gelegenheit, sich schon mal um Kräuter fürs Abendessen zu kümmern!

Und dann von Čižići nach Njivice ging’s nochmal richtig zur Sache: Mehr den Hügel rauf als runter, Schotter und Geröll … Ohne die Stärkung mit einer hervorragenden Pizza im Bistro Tamaris in Čižići hätten wir diese Tortur kaum überstanden!

Und zum Abschluss – und zur Versöhnung – ein Hauch Abendstimmung …
.., und ein großes Bier!

PS: Rennradfahrer kommen vermutlich auf Krk nicht so richtig auf ihre Kosten, auch wenn ihnen das Auf und Ab Freude bereiten dürfte. Viele Autofahrer halten auf den teils engen und befahrenen Straßen nicht genügend Abstand. Außerdem erhöhen die relativ ungeübten Wohnmobilfahrer nicht unbedingtes das Sicherheitsgefühl der Radflitzer.

Mošćenička Draga – ein Stück kroatische Riviera mit Geschichte

Mošćenička Draga ist ein vergleichsweise kleiner Küstenort (1500 Einwohner) an der Kvarner Bucht, kurz vor Opatja, der vormals von der Fischerei und heute vor allem vom Tourismus lebt. Er reicht bis an den Naturpark Učka heran, was ihn auch für Wanderer interessant macht.

Die Anfahrt über die Küstenstraße entlang der der Kvarner Bucht bietet immer wieder Blicke aufs Meer und die Nordspitze der Insel Cres, von denen man kaum genug bekommen kann. Allerdings tut man als Fahrer gut daran, sich auf die kurvenreiche Straße zu konzentrieren, wenn man nicht unverrichteter Dinge den Abhang hinunterschießen möchte!

Mošćenička Draga zeichnet sich in erster Linie durch einen kleinen Hafen und einen langen Kiesbadestrand aus, zu dem parallel eine Promenade verläuft, auf der sich im ersten Abschnitt viele Restaurants und Bars befinden, im hinteren Bereich Hotels und Villen aneinanderreihen. Ganz nett zum Baden, Spazieren und Essen und Trinken also. Einen längeren Aufenthalt können wir uns allerdings (für uns) nicht so richtig vorstellen.

Villen aus den Zeiten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie säumen die Küste der kroatischen Riviera.
Das Geburtstagskind bekommt eine alternative Geburtstagstortenvariante 😉.

Hoch oben auf dem Hügel thront das mittelalterliche Mošćenice, das vormals als eine wichtige Verteidigungsanlage für die Kvarner Bucht galt. Und dieses Örtchen ist für fleißige Treppengeher direkt von der Promenade von Mošćenička Draga aus zu erreichen. Nach exakt 750 Stufen hat man sein Ziel erreicht. Zwischenabschnitte in 100er-Stufen halten den Treppensteiger bei Laune … Belohnt wird man schließlich mit einer grandiosen Aussicht und einem Spaziergang durch einen verschachtelt gebauten Altstadtkern, wo noch normale Menschen wohnen. Zumindest einer von ihnen outet sich mit künstlerischen Ambitionen.

750 Stufen musst du gehn, vielleicht nen Wadenkrampf noch überstehn …

Fast direkt an unserem Campingplatz beginnt ein Wanderweg zum Perun auf 881 Meter Höhe. Er führt an einer kleinen Siedlung (Trebišća) mit Mühlenanlage vorbei. Unsere Wikiloc-App schlägt für den Hinweg eine andere Route vor als für die Rücktour. So haben wir’s dann auch gemacht. Zu Beginn hatte unsere Wanderung eher den Charakter eines Aufstiegs. Es ging so steil zur Sache, dass wir uns hauptsächlich auf dem Vorderfuß bewegten. Und das bei knackiger Sonne. In der oberen Hälfte folgten wir einem schönen Waldpfad.

Das für Autos unzugängliche Trebišća war bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg noch bewohnt. Und bis zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Mühle betrieben. Diese Siedlung am östlichen Hang des Perun erreicht in der dunklen Jahreszeit vier Monate lang kein Sonnenstrahl. Wie die Menschen in dieser bedrückenden Abgeschiedenheit nur überleben konnten …

Zum Perun hat’s dann nicht mehr gereicht. Denn in Trebišća setzte ein Regen ein, der sich rasant in ein Gewitter mit Wolkenbruch entwickelte, der uns fast weggeschwemmt hätte. Wir waren froh, als wir schließlich wieder heil auf dem Campingplatz ankamen.