Begräbniszeremonie in Tana Toraja

BITTE BEACHTEN: Dieser Beitrag enthält möglicherweise verstörende Fotos von Tieropfern.

Die Region Tana Toraja liegt etwa 300 Kilometer nördlich von Makassar und gehört zu den Top-Destinationen für ausländische Reisende, obwohl die Anreise recht beschwerlich ist und einen ganzen Tag in Anspruch nimmt.

Warum?

Das im wahrsten Sinn Offensichtliche zuerst: Die Toraja wohnen anders! Überall sieht diese imposanten schiffartigen Gebäude:

Ein Tongkonan: reich verziert und in der Form eines Schiffes, aber auch an das Gehörn eines Büffels erinnernd

Die Wohnhäuser (Tongkonan) sind in Nordausrichtung (den Göttern entgegen) gebaut und stehen auf eckigen Pfählen. Ihnen gegenüber sind die Alang (Reisspeicher) auf runden Pfosten errichtet. Die Gebäude sind ohne Nägel gebaut, mit feinem Schnitzwerk versehen und in einer definierten Farbgebung (Rot, Schwarz, Weiß, Gelb) und Symbolik gehalten. Eine besondere Rolle spielt der Wasserbüffel – ein weißer Büffelkopf, also ein Albino, an der Frontseite steht für besonderen Reichtum.

Die Anzahl der sowohl vorne wie seitlich am Haus befestigten Büffelhörner repräsentiert den Wohlstand einer Familie.

Diese Hörner schmückten einst die Köpfe von auf Beerdigungen geopferten Büffeln.
Die Hähne stehen für Recht und Gesetz.

Die Toraja heben sich historisch und kulturell stark von den anderen Volksgruppen ab und leben ihre Traditionen aktiv. Sie betrachten sich als Christen (zum Großteil protestantisch), während über 80 Prozent der Bevölkerung Sulawesis muslimisch sind. Dieses Christentum ist jedoch vermengt mit sogenannten animistischen Glaubenselementen. So leben die Toroja einen ausgeprägten Ahnenkult, zu dem auch Beerdigungszeremonien mit Tieropfern (Wasserbüffel und Schweine) gehören.

Die Toraja-Gesellschaft ist in drei Kasten (Ober-, Mittel- und Unterschicht) aufgeteilt, deren Grenzen im Prinzip unüberwindbar (weil durch die Geburt festgelegt) sind. Auch durch Geld und Bildung ist kein Aufstieg möglich. 70 Prozent der Toraja sind Kleinbauern, die in erster Linie vom Nassreisanbau und der Büffelzucht leben. Die wirtschaftliche Basis der Mittelschicht (25 Prozent) ist der Landbesitz.

Neben den Wandermöglichkeiten in der 700 Meter hoch liegenden Region mit tendenziell mild-kühlem Klima sind es vor allem die aufwendigen Beerdigungszeremonien und Bestattungsformen, die die Besucher magisch anziehen. Sie sind öffentlich zugänglich (im Gegensatz beispielsweise zu Hochzeiten) – sofern man sich an bestimmte Kleidungs- und Verhaltensregeln hält. So sollte man (vor allem frau) sich dezent kleiden und ein Gastgeschenk mitbringen, in unserem Fall eine Stange Zigaretten. Vor diesem Hindergrund ist grundsätzlich zu empfehlen, eine solche Zeremonie mit Guide zu besuchen. Unser Guide Johannes führte uns mit viel Geschick und Engagement durchs Geschehen, das auf uns eher wie eine fröhliche Großfamilienzusammenkunft wirkte. Wir fühlten uns willkommen, was sich zum einen darin äußerte, dass wir immer wieder angesprochen wurden, zum anderen darin, dass wir öfter zum Fotografieren gebeten wurden.

Je höher die gesellschaftliche Stellung des oder der Verstorbenen, desto größer ist der Teilnehmerkreis und desto mehr Tiere werden geopfert. So kommt es vor, dass bei einer Beerdigungszeremonie zwanzig und mehr Wasserbüffel und fünfzig Schweine ihr Leben lassen müssen. „Verstorben“ ist ein Mensch nach den Glaubensvorstellungen der Toraja erst nach der Aufbewahrung des Körpers auf der Freifläche unterhalb des Reisspeichers in der ersten Nacht der Beerdigungszeremonie. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt er als „krank“.

Der rote Punkt ist der Sarg mit der Verstorbenen.

Die Toraja glauben, dass das Universum in eine Oberwelt, die Erde und eine Unterwelt eingeteilt ist. Für sie ist das irdische Dasein nur eine kurze Übergangsphase, entscheidend ist die Ankunft im Jenseits, in dessen Mittelpunkt Puang Matua, der Schöpfer aller Dinge, steht. Er steht für eine Art Paradies, das die Toraja „Puya“ nennen. Und Verstorbene können nur nach Puya gelangen, wenn ihre Nachkommen alle erforderlichen Rituale einhalten. Ergo: Je aufwendiger die Beerdigung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Toten nach Puya in die Oberwelt kommen.

Daher behalten die Toraja ihre Verstorbenen nicht selten viele Monate, wenn nicht gar Jahre zu Hause, bis sie die Mittel für die Beerdigung beisammen haben. Bis dahin sind sie als Kranke normale Familienmitglieder, und man stellt ihnen Essen hin, spricht mit ihnen usw. Die Toten werden nach dem Ableben mit Formaldehyd behandelt, um den Verwesungsprozess einzuschränken.

Alle Gäste werden am Eingang namentlich erfasst, und es wird dokumentiert, welches Opfergeschenk und welche anderen Gaben sie mitgebracht haben. Viele Familien kommen mit einem Schwein.

Die Erfassungsstelle am Eingang
Opferschwein

Die Gäste sitzen in verschiedenen Gruppen zusammen und werden mit verschiedenen Speisen und Getränken (einschließlich Reiswein) bewirtet. Es geht recht fröhlich zu. Die Menschen lassen sich gerne fotografieren.

Reiswein für den Gast aus Deutschland

Der Zeremonienmeister ruft in regelmäßigen Abständen die Gäste-Familien auf und diese gehen dann in einer Prozession in den Bereich, in dem sich die engsten Familienmitglieder der verstorbenen Person aufhalten und „kondolieren“.

Hier befinden sich die engsten Familienmitglieder der verstorbenen Person.
Warten auf die nächste Familie

Bei Beerdigungen dieser Größenordnung wird oftmals eine Holzstatue des Toten angefertigt. Diese wird dann später an der Grabstätte platziert.

Die hochrangige verstorbene Person als lebensechte Statue

Erst zu diesem Zeitpunkt wird das mitgebrachte Opfertier rituell (durch Aufschlitzen der Kehle) getötet und das Fleisch unmittelbar verarbeitet.

Der sogenannte Fleischturm
Fleischverteilung

Für uns war das – auch emotional – ein intensiver halber Tag mit vielen schönen menschlichen Begegnungen. Außer uns war vielleicht noch ein Handvoll weiterer Touristen auf dem Gelände. Wir schienen die Menschen in keiner Weise zu stören, viele kamen auf uns zu und versuchten, mit uns ins Gespräch zu kommen. Diese Begegnungen, wie auch die Intensität der Bilder, werden uns lange im Gedächtnis bleiben.

PS: Wenn man über Land fährt bzw. wandert, trifft man immer wieder auf Tongkonan-Siedlungen. Heutzutage wohnen die meisten Menschen in normalen Häusern unmittelbar neben dem Traditionsbau. Der Tongkonan wird dann hauptsächlich für größere (zeremonielle) Zusammenkünfte verwendet:

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